Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 759/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_759/2017            

 
 
 
Urteil vom 29. November 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St.
Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV (Berechnung des Leistungsanspruchs;
Verzichtseinkommen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
4. Oktober 2017 (VV.2017.168/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. Der 1963 geborene, seit 1. Juni 2003 eine Invalidenrente der
Invalidenversicherung beziehende A.________ meldete sich Ende März 2006
erstmals zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) an. Nachdem ihm bis Ende
November 2008 entsprechende Leistungen ausgerichtet worden waren, teilte ihm
die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau mit, ab Dezember 2008 bestehe zufolge
Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens seiner Ehefrau kein Anspruch
auf EL mehr (Verfügungen vom 30. Juni und 27. November 2008, Schreiben vom 15.
Oktober 2009).  
 
A.b. Auf erneute Anmeldung im Dezember 2015 hin verneinte die Ausgleichskasse
einen EL-Anspruch, wobei sie wiederum ein hypothetisches Ehegattinneneinkommen
anrechnete (Verfügung vom 8. April 2016). Daran wurde mit Einspracheentscheid
vom 26. August 2016 festgehalten. Die dagegen eingereichte Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau ab (in Rechtskraft erwachsener Entscheid
vom 18. Januar 2017).  
 
A.c. Am 3. Februar 2017 verfügte die Ausgleichskasse, A.________ stehe auch ab
1. Januar 2017 kein Anspruch auf EL zu; die Arbeitsbemühungen seiner Ehefrau im
massgebenden Zeitraum seien in qualitativer Hinsicht ungenügend, weshalb das
hypothetische Erwerbseinkommen in der Berechnung belassen werde. Die daraufhin
erhobene Einsprache wurde mit Entscheid vom 11. Mai 2017 abschlägig beschieden.
 
 
B.   
Das in der Folge angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 4. Oktober 2017). 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids seien ihm
Ergänzungsleistungen für die Monate September bis Dezember 2016 von monatlich
mindestens Fr. 1'491.10 und ab Januar 2017 von monatlich mindestens Fr.
1'525.10 zuzusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft
es nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr aufgegriffen werden (BGE
134 I 65 E. 1.3 S. 67 f. und 313 E. 2 S. 315, je mit Hinweisen).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Die konkrete Beweiswürdigung ist wie die darauf beruhende
Sachverhaltsfeststellung nur unter diesem eingeschränkten Blickwinkel
überprüfbar (Urteile 9C_801/2008 vom 6. Januar 2009 E. 2.2 und 9C_410/2008 vom
8. September 2008 E. 3.3.1). Demgegenüber ist die richtige Anwendung der
Beweiswürdigungsregeln durch das kantonale Versicherungsgericht nach Art. 61
lit. c ATSG eine Rechtsfrage und als solche im Rahmen der den Parteien
obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei zu prüfen (BGE 132 V 393 E.
3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 3, in: SVR 2009
IV Nr. 56 S. 174).  
 
1.2.2. Die Festsetzung des hypothetischen Einkommens im Rahmen der Bestimmung
von Ergänzungsleistungen stellt, soweit sie auf der Würdigung konkreter
Umstände beruht, eine Tatfrage dar, welche lediglich unter eingeschränktem
Blickwinkel überprüfbar ist. Rechtsfrage ist dagegen, nach welchen
Gesichtspunkten die Entscheidung über die Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit erfolgt (Urteil 9C_12/2013 vom 19. November 2013 E. 1.3).
 
 
2.   
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob Bundesrecht verletzt wurde, indem die
Vorinstanz die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Ehegattin des
Beschwerdeführers für die Zeit ab Januar 2017 als zumutbar beurteilt und
deswegen bei der EL-Berechnung unter dem Titel des Verzichtseinkommens ein
hypothetisches Einkommen angerechnet hat.  
 
2.2. Die hierfür massgeblichen Rechtsgrundlagen wurden im angefochtenen
Entscheid zutreffend dargelegt (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG; BGE 134 V 53 E. 4.1
S. 61). Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass ernsthafte, aber
erfolglose Bewerbungen die natürliche Vermutung der Verwertbarkeit einer
Erwerbsfähigkeit zu widerlegen vermögen. Ein hypothetisches Erwerbseinkommen
darf daher nicht angerechnet werden, wenn die betreffende Person trotz
ausreichender Arbeitsbemühungen keine Stelle findet. Diese Voraussetzung gilt
grundsätzlich als erfüllt, wenn die Person beim Regionalen
Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zur Arbeitsvermittlung angemeldet ist sowie
qualitativ und quantitativ ausreichende Stellenbemühungen nachweist (Urteil
9C_549/2016 vom 13. Juli 2017 E. 5.3 mit diversen Hinweisen; vgl. ferner Ziff.
3424.07 zweites Lemma der Wegleitung des Bundesamts für Sozialversicherungen
über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL], Stand 1. Januar 2016).  
 
3.  
 
 
3.1. Das kantonale Gericht hat in einlässlicher Würdigung der Aktenlage,
namentlich der Arbeitsbemühungen der Ehefrau des Beschwerdeführers im
relevanten Zeitraum, erwogen, die fehlende Regelmässigkeit der Bewerbungen
mache deutlich, dass die Eheleute ihrer Schadenminderungspflicht auch 2017
nicht in rechtsgenügender Weise nachgekommen seien. Die Beschwerdegegnerin habe
dem Beschwerdeführer daher zu Recht ein hypothetisches jährliches
Erwerbseinkommen seiner Ehefrau in der Höhe von Fr. 49'128.- bis 30. April 2017
bzw. von Fr. 46'227.- ab 1. Mai 2017 angerechnet. Ein Anspruch auf EL sei
folglich nicht ausgewiesen.  
 
3.2. Was der Beschwerdeführer dagegen letztinstanzlich vorbringt, vermag diese
Beurteilung jedenfalls nicht in einem qualifiziert unrichtigen Licht erscheinen
zu lassen. Der Einwand, die von seiner Ehefrau getätigten Arbeitsbemühungen
seien zwei Fachpersonen unterbreitet worden, welche diese sowohl in
quantitativer wie qualitativer Hinsicht als genügend eingestuft hätten (E-Mail
eines Mitarbeiters des RAV Thurgau, Regionalstelle U.________, vom 4. Oktober
2016, E-Mail des Geschäftsführers der Bildungszentrum B.________ vom 12. März
2017), erlaubt zwar, wie hiervor dargelegt (E. 2.2), grundsätzlich gewisse
Rückschlüsse darauf, dass seitens der betroffenen Person viel getan wurde, um
eine Stelle zu finden. Wie im angefochtenen Entscheid jedoch zumindest nicht
offensichtlich fehlerhaft (E. 1 hiervor) festgestellt wurde, fehlt es
vorliegend, indem sich der Einsatz der Ehefrau des Beschwerdeführers für die
Stellensuche jeweils auf wenige Tage im Monat beschränkt hat, zum einen an
einer fortlaufenden und vor allem unverzüglichen ("zeitnahen") Vorgehensweise
im Bewerbungsprozedere. Ferner wurden in den - sich auch mengenmässig eher im
unteren Bereich bewegenden - Bewerbungen oftmals standardisierte, nicht auf das
jeweilige Stellenprofil hin zugeschnittene Formulierungen verwendet. Dies
schmälert, worauf auch der Geschäftsführer der NewPlacement Academy in seiner
Stellungnahme hingewiesen hat, die Chancen für eine erfolgreiche Stellensuche.
Schliesslich bedurfte es auf Grund der vorhandenen beruflichen Qualifikationen
der Ehefrau mit der Vorinstanz für das Verfassen entsprechender
Bewerbungsschreiben keiner zusätzlichen, sich mittels Kursbesuchen zunächst
anzueignender Fähigkeiten.  
Vor diesem Hintergrund hält die vom kantonalen Gericht bestätigte Anrechnung
eines hypothetischen Erwerbseinkommens, welches in betraglicher Hinsicht nicht
beanstandet wird, im Rahmen der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis (E.1 hiervor)
stand. Diese Beurteilung ist auch für die Zeit bis Ende 2016 massgeblich,
weshalb die Rüge bezüglich des entsprechenden vorinstanzlichen Nichteintretens
nicht durchdringt. 
 
4.   
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 29. November 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl 

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