Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 73/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_73/2017  
 
 
Urteil vom 14. März 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless. 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald E. Pedergnana, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen 
vom 6. Dezember 2016 (IV 2013/556). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1966 geborene A.________ arbeitete ab dem 26. August 2009 als Mitarbeiterin
Kasse bei der Genossenschaft B.________. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis
am 6. September 2010 fristlos wegen angeblicher Unregelmässigkeiten bei der
Auswertung des Kassenkontrollsystems. Der zugezogene Amtsarzt wies A.________
gleichentags wegen aktueller Suizidalität in die Psychiatrische Klinik
C.________ ein, wo sie bis zum 10. Dezember 2010 hospitalisiert blieb
(Austrittsbericht vom 20. Dezember 2010). Im Februar 2011 meldete sie sich
unter Hinweis auf einen erlittenen Nervenzusammenbruch sowie auf eine
Depression bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle
des Kantons St. Gallen erteilte Kostengutsprache für ein Aufbautraining bei der
D.________ GmbH vom 18. April bis zum 15. Juli 2011 (Mitteilung vom 27. Mai
2011) sowie für dessen Verlängerung bis zum 4. November 2011 (Mitteilung vom 8.
Juli 2011; Schlussbericht der D.________ GmbH vom 4. Januar 2012). Nach zwei
erfolglosen Arbeitsversuchen im Restaurant E.________ und im Café F.________
schloss die IV-Stelle die beruflichen Massnahmen ab (Mitteilung vom 12.
November 2012). Zur Prüfung der Rentenfrage ordnete sie eine psychiatrische
Begutachtung bei Dr. med. G.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, an.
Gestützt auf dessen Expertise vom 19. April 2013 (Diagnose: Dysthymie) wies die
Verwaltung das Leistungsbegehren mangels Invalidität ab (Verfügung vom 21.
Oktober 2013). 
 
B.   
Auf Beschwerde der A.________ hin holte das Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen eine psychiatrische Expertise beim Spital H.________, Klinik für
Psychiatrie und Psychotherapie, ein (Gutachten von Dr. med. I.________, FMH
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 1. September 2016; Diagnose: mittelgradige
depressive Episode bei Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung wegen
der Ereignisse vom 6. September 2010). Gestützt darauf hiess das
Versicherungsgericht die Beschwerde gut und sprach A.________ für den Zeitraum
vom 1. September 2011 bis zum 28. Februar 2012 (bzw. 29. Februar 2012) eine
ganze sowie ab dem 1. März 2012 eine halbe Invalidenrente zu. Es wies die Sache
zur Ermittlung des Rentenbetrages an die IV-Stelle zurück (Entscheid vom 6.
Dezember 2016). 
 
C.   
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Verfügung vom
21. Oktober 2013 zu bestätigen. 
A.________ und das kantonale Versicherungsgericht schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Beschwerden an das Bundesgericht gegen selbstständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide sind nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den
Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der
Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden
Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde
(Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur
neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind
Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim
Bundesgericht angefochten werden können (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.).
Anders verhält es sich nur dann, wenn der unteren Instanz, an welche
zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die
Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE
135 V 141 E. 1.1 S. 143 mit Hinweis).  
 
1.2. Durch den angefochtenen kantonalen Entscheid wird die IV-Stelle in
Abweichung zu ihrer Verfügung vom 21. Oktober 2013 verpflichtet, der
Versicherten ab 1. September 2011 eine ganze und ab dem 1. März 2012 eine halbe
Rente auszurichten. Die Rückweisung dient einzig der Ermittlung des
Rentenbetrags, mithin der Umsetzung des vom kantonalen Gericht Angeordneten,
und belässt der Verwaltung keinen Entscheidungsspielraum. Angefochten ist damit
ein Endentscheid und auf die Beschwerde ist einzutreten (vgl. Urteil 9C_862/
2013 vom 19. Februar 2014 E. 1.2 mit Hinweis auf SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131,
9C_684/2007 E. 1.1).  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG
). Indes prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht
der Beschwerde (vgl. Art. 42 Abs. 1 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236).  
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Versicherten auf eine Rente der
Invalidenversicherung. Die Vorinstanz legte die diesbezüglich massgebenden
Rechtsgrundlagen zutreffend dar. Es betrifft dies insbesondere die Bestimmungen
und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Anspruch auf eine
Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG), zur Bemessung der Invalidität anhand
der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG und Art. 28a
Abs. 1 IVG) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte
und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit
Hinweis). Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat dem psychiatrischen Gerichtsgutachten des Dr. med.
I.________ vom 1. September 2016 Beweiskraft beigemessen, wonach die
Versicherte an einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 Ziff. F32.1)
leide. Gestützt darauf stellte das kantonale Gericht fest, im Zeitraum zwischen
September 2010 und November 2011 habe eine vollständige Arbeitsunfähigkeit
bestanden. Ab Dezember 2011 sei die Versicherte für adaptierte Tätigkeiten
wiederum zu 50 % arbeitsfähig gewesen. Sie habe deshalb Anspruch auf eine ganze
Rente ab September 2011 und auf eine halbe Rente ab März 2012.  
 
4.2. Die IV-Stelle bestreitet das Vorliegen einer Erwerbsunfähigkeit und damit
einer Invalidität mit der Begründung, eine Therapieresistenz sei nicht mit dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt.  
 
5.  
 
5.1. Gemäss dem zur Publikation vorgesehenen Urteil 8C_130/2017 vom 30.
November 2017 sind sämtliche psychischen Leiden, nach Urteil 8C_841/2016 vom
30. November 2017 namentlich auch leichte bis mittelschwere Depressionen, an
den Grundsätzen von BGE 141 V 281 zu messen. Somit ist in Bezug auf Letztere
eine invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Gesundheitsschädigung
nicht bereits mit dem Argument der fehlenden Therapieresistenz auszuschliessen
(vgl. Urteil 9C_845/2016 vom 27. Dezember 2017 E. 3.4 mit Hinweis). Für die
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sind daher systematisierte Indikatoren
beachtlich, die - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer
Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen)
andererseits - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen
einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2 S. 285 ff., E. 3.4-3.6 und 4.1 S. 291 ff.).  
 
5.2. Nach altem Verfahrensstandard eingeholte Gutachten verlieren nicht per se
ihren Beweiswert. Vielmehr ist im Rahmen einer gesamthaften Prüfung des
Einzelfalls mit seinen spezifischen Gegebenheiten und den erhobenen Rügen
entscheidend, ob ein abschliessendes Abstellen auf die vorhandenen
Beweisgrundlagen vor Bundesrecht standhält (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309).  
 
5.2.1. Mit Bezug auf die Gesundheitsbeeinträchtigung (vgl. BGE 141 V 281 E.
4.3.1.1 S. 298) ist zunächst festzuhalten, dass sowohl die behandelnden Ärzte
wie auch Gerichtsgutachter Dr. med. I.________ von einer bereits seit Jahren
(konkret seit der fristlosen Kündigung im September 2010) bestehenden
mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 Ziff. F32.1) ausgehen. Gemäss dem
Gerichtsgutachter würden formal gar die Kriterien für ein schweres depressives
Geschehen vorliegen, weshalb die depressive Störung je nach Anwendung des
Algorithmus zur Bestimmung des Schweregrades zwischen mittel- und schwergradig
ausgeprägt sei (vgl. Ergänzungsbericht vom 20. Oktober 2016). Einzig
Administrativgutachter Dr. med. G.________ diagnostizierte (ohne Einfluss auf
die Arbeitsfähigkeit) lediglich eine Dysthymie (ICD-10 Ziff. F34.1). Die
diesbezüglichen vorinstanzlichen Erwägungen, wonach dieser seine
Schlussfolgerung nicht genügend begründet habe, stützen sich auf das
Gerichtsgutachten des Dr. med. I.________ und werden von der Beschwerdeführerin
nicht bestritten. Weiterungen dazu erübrigen sich (vgl. E. 2.2 hievor).  
 
5.2.2. Was den Verlauf und den Ausgang von Therapien als wichtige
Schweregradindikatoren (Urteil 8C_841/2016 vom 30. November 2017 E. 4.5.2)
anbelangt, stellte die Vorinstanz unter Hinweis auf die Expertise des Dr. med.
I.________ fest, die Behandlungsoptionen seien nicht vollständig ausgeschöpft.
Obwohl zusätzliche Massnahmen kaum eine rasche Besserung des
Gesundheitszustands brächten, sei dennoch eine psychotherapeutische
Auseinandersetzung mit dem Ereignis bei der Genossenschaft B.________ sowie ein
Ausbau der psychopharmakologischen Therapie zu empfehlen. Es bestehen somit
noch gewisse bisher ungenutzte therapeutische Möglichkeiten. Es gilt indes zu
Gunsten der Versicherten zu berücksichtigen, dass sie sich seit 2011 in
stationärer, teilstationärer und ambulanter Behandlung befindet, wobei
insbesondere etwa alle zehn bis vierzehn Tage Sitzungen bei Dr. med.
J.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, stattfanden. Es ist davon
auszugehen, dass im Rahmen dieser Behandlung auch das für die Versicherte so
zentrale Thema der Ereignisse rund um die fristlose Kündigung thematisiert
wurde. Sie lässt sich zudem (wenn auch aus gutachterlicher Sicht nicht optimal)
medikamentös behandeln. Diese regelmässige und relativ engmaschige Therapie
spricht für einen hohen Leidensdruck, was im Hinblick auf den beweisrechtlich
entscheidenden Aspekt der Konsistenz bedeutsam ist (vgl. nachfolgend E. 5.2.5;
BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303 f.).  
Rückschlüsse auf den Schweregrad einer Gesundheitsschädigung ergeben sich nicht
nur aus der medizinischen Behandlung (vgl. zuvor), sondern auch aus der
Eingliederung im Rechtssinne (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 300). Diesbezüglich
ist der Versicherten zugute zu halten, dass sie sich stets um eine
Eingliederung bemühte. Insbesondere absolvierte sie ein Aufbautraining in der
D.________ GmbH und unternahm zwei (gescheiterte) Arbeitsversuche. Dem
Gerichtsgutachten lässt sich entnehmen, dass die Versicherte trotz
zwischenzeitlich abgeschlossener beruflicher Massnahmen (vgl. Mitteilung vom
12. November 2012) seit Sommer 2013 wiederum einer Erwerbstätigkeit nachgeht,
zuletzt in einem Pensum von 50 % als Küchenmitarbeiterin im Spital M.________. 
 
5.2.3. Unter dem Indikator Komorbidität (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.3 S. 300) ist
eine Gesamtbetrachtung der Wechselwirkungen und sonstigen Bezüge der
diagnostizierten mittelgradigen depressiven Episode zu sämtlichen begleitenden
krankheitswertigen Störungen erforderlich. In Präzisierung von BGE 141 V 281 E.
4.3.1.3 fallen Störungen unabhängig von ihrer Diagnose bereits dann als
rechtlich bedeutsame Komorbiditäten in Betracht, wenn ihnen im konkreten Fall
ressourcenhemmende Wirkung beizumessen ist (Urteil 8C_130/2017 vom 30. November
2017 E. 8.1, zur Publikation bestimmt). Dr. med. I.________ stellte einzig die
Verdachtsdiagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 Ziff.
F43.1) als Folge der Bezichtigung des Diebstahls am Arbeitsplatz. Zugleich wies
er aber darauf hin, das Ereignis am Arbeitsplatz erfülle formal die Definition
für eine traumatische Erfahrung nicht. Damit erübrigen sich Weiterungen unter
dem Indikator Komorbidität.  
 
5.2.4. Verschiedene behandelnde Ärzte diagnostizierten bei der Versicherten
emotional-instabile und histrionische Persönlichkeitszüge (vgl. u.a. Berichte
des Dr. med. J.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, Klinik K.________,
vom 25. Januar 2011 und des Dr. med. L.________, FMH Innere Medizin, vom 29.
Dezember 2012). Damit bestehen zumindest Hinweise auf die im Komplex
Persönlichkeit (Persönlichkeitsdiagnostik, persönliche Ressourcen; BGE 141 V
281 E. 4.3.2 S. 302) zu prüfenden Merkmale, die im Rahmen der umfassenden
Ressourcenprüfung erschwerend ins Gewicht fallen können. In der Folge
vermochten aber weder Dr. med. G.________ noch Dr. med. I.________ in ihren
Gutachten entsprechende Diagnosen zu stellen. Der Gerichtsgutachter begründete
dies jedoch primär damit, die für eine sichere Diagnose akzentuierter
Persönlichkeitszüge oder einer Persönlichkeitsstörung erforderlichen fundierten
Informationen zur Persönlichkeitsentwicklung im Rahmen eines Gutachtens nicht
erheben zu können. Die Versicherte gab gegenüber beiden Gutachtern nur wenige
soziale Kontakte und einen kleinen Freundeskreis an. Entsprechend beschrieb Dr.
med. I.________ einen deutlichen sozialen Rückzug. Im Gegenzug ist zu
berücksichtigen, dass der soziale Kontext (BGE 141 V 281 E. 4.3.3 S. 303)
betreffend die Familienverhältnisse sowie die Berufstätigkeit durchaus gewisse
Ressourcen ausweist, auf welche die Versicherte zurückgreifen kann: Sie wohnt
zusammen mit ihrem Ehemann, welcher als IV-Rentner häufig zu Hause weilt, sowie
mit ihren beiden erwachsenen Töchtern. Zudem pflegt sie, wenn auch mittlerweile
reduziert, nach wie vor Kontakt zu einer alten Freundin. Insbesondere aber geht
sie in einem Pensum von 50 % einer Erwerbstätigkeit als Küchengehilfin im
Spital M.________ nach. Diese Tätigkeit in einem Team setzt regelmässige und
zielgerichtete Kontakte mit Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen voraus.  
 
5.2.5. Bei der Konsistenzprüfung (BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303) stellte Dr. med.
I.________ keine Diskrepanz zwischen der subjektiven Beschwerdeschilderung, den
Fremdangaben (des Hausarztes sowie der älteren Tochter der Versicherten), der
psychometrischen Untersuchung sowie dem Verhalten der Versicherten in der
Untersuchungssituation fest. Es finden sich in den Akten auch keine Hinweise
auf ungleichmässige Einschränkungen des Aktivitätenniveaus in vergleichbaren
Lebensbereichen.  
 
5.3. Insgesamt erscheint anhand der massgeblichen Indikatoren nachvollziehbar,
dass bei der Versicherten zwar gewisse Ressourcen vorhanden sind, sie diese
aufgrund des mittelschweren (bis schweren; vgl. E. 5.2.1 hievor) depressiven
Geschehens aber nicht voll ausschöpfen kann. Damit verletzt die Vorinstanz im
Ergebnis kein Bundesrecht, indem sie von einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % in
der Zeit von September 2010 bis November 2011 und von 50 % in angepasster
Tätigkeit ab Dezember 2011 ausgeht.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat der anwaltlich
vertretenen Beschwerdegegnerin zudem eine Parteientschädigung gemäss
eingereichter Kostennote auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das Bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'893.30 zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. März 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner 

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