Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 630/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_630/2017  
 
 
Urteil vom 9. Mai 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann. 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sebastian Lorentz, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
 Sammelstiftung B.________, 
vertreten durch lic. iur. Daniel C. Bürgi, 
Beschwerdegegnerin, 
 
1. Pensionskasse der Zürich Versicherungs-Gruppe, c/o Zürich
Versicherungs-Gesellschaft, Mythenquai 2, 8002 Zürich, 
2. BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8006 Zürich. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge (Invalidenleistungen), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 17. Juli 2017 (BV.2015.00022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ bezog für die erwerblichen Folgen seiner Rückenbeschwerden ab 1.
Dezember 1998 bis 31. August 2003 eine ganze Rente, vom 1. September 2003 bis
28. Februar 2005 eine halbe und ab 1. März 2005 wieder ein ganze Rente der
Invalidenversicherung. Am 4. März 2005 wurde er (ein drittes Mal) operiert
(Dekompression und Anschlussspondylodese L2-L4). Ab 1. September 2006 war
A.________ als Geschäftsführer des Spitals C.________ tätig, bis 31. Oktober
2006 zu 40 %, danach zu 100 %. Damit war er bei der Sammelstiftung B.________
berufsvorsorgeversichert. Wegen gesundheitlich bedingter Arbeitsunfähigkeit
seit Juli 2007 löste das Spital das Arbeitsverhältnis auf Ende August 2007 auf.
U.a. gestützt auf die Gutachten der SMAB AG Swiss Medical Assessment and
Business-Center vom 13. Juni 2012 und von PD Dr. med. D.________, Orthopädische
Chirurgie FMH Wirbelsäulenchirurgie, vom 22. Mai 2014 sprach ihm die IV-Stelle
des Kantons Zürich mit Verfügungen vom 17. Februar und 14. November 2014
rückwirkend ab 1. Juli 2007 bis 31. März 2010 sowie ab 1. Juni 2013 eine ganze
Rente zu. 
 
B.   
Am 18. März 2015 erhob A.________ gegen drei Vorsorgeeinrichtungen, darunter
die Sammelstiftung B.________, Klage und beantragte zur Hauptsache die
Ausrichtung einer Invalidenrente der beruflichen Vorsorge. Mit Entscheid vom
17. Juli 2017 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich das
Rechtsmittel ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, der Entscheid vom 17. Juli 2017 sei aufzuheben, soweit er die
Sammelstiftung B.________ betreffe, und es seien ihm die obligatorischen und
reglementarischen Leistungen dieser Vorsorgeeinrichtung vom 1. Juli 2007 bis
zum 31. Mai 2013 sowie vom 1. Juni 2013 bis auf weiteres, zuzüglich Verzugszins
von 5 % ab 18. März 2015, zuzusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts (durch die Vorinstanz; Art. 105 Abs. 1 BGG) kann
nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. wie die
Beweiswürdigung willkürlich ist (BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444) oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Unter den zweiten Tatbestand fallen u.a. die unvollständige Feststellung
rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes
in Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Anspruchsberechtigten (
Art. 73 Abs. 1 und 2 BVG; Urteil 9C_653/2016 vom 2. März 2017 E. 1.1 mit
Hinweis). 
 
In Bezug auf die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung
gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Diesbezügliche Mängel sind in der
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf
ungenügend begründete Rügen oder blosse appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid, womit lediglich die eigene Sichtweise wiedergegeben wird, wie die
Akten tatsächlich zu würdigen und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen
seien, tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 137 II
353 E. 5.1 S. 356). 
 
2.   
Streitgegenstand ist die Leistungspflicht der Sammelstiftung B.________ im
Zusammenhang mit der beim Beschwerdeführer aufgrund von Rückenbeschwerden am 1.
Juli 2007 wieder aufgelebten Invalidität (Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 29bis IVV
). 
 
3.   
Invalidenleistungen der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge werden von
derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, bei welcher die ansprechende Person
bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat,
versichert war (Art. 23 lit. a BVG; BGE 138 V 409 E. 6.2 S. 419). Der Anspruch
setzt einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der während
des Vorsorgeverhältnisses (einschliesslich Nachdeckungsfrist für die Risiken
Tod und Invalidität nach Art. 10 Abs. 3 BVG) bestandenen Arbeitsunfähigkeit und
der allenfalls erst später eingetretenen Invalidität voraus (Art. 28 und 29 IVG
i.V.m. Art. 26 Abs. 1 BVG; BGE 134 V 20 E. 3.2 S. 22). 
Um den zeitlichen Konnex zu unterbrechen, was die Leistungspflicht der in
Betracht fallenden Vorsorgeeinrichtungen entfallen lässt, sind zwei
Voraussetzungen erforderlich, die kumulativ gegeben sein müssen: In einer
anderen als der angestammten, dem Leiden besser angepassten Tätigkeit muss
während einer bestimmten nach den Umständen zu bemessenden Zeitdauer (BGE 134 V
20 E. 3.2.1 S. 22) eine (annähernd) vollständige Arbeitsfähigkeit von über 80 %
bestehen (Urteil 9C_147/2017 vom 20. Februar 2018 E. 4.4 [zur Publikation in
der Amtlichen Sammlung bestimmt]). Diese Tätigkeit muss bezogen auf die
angestammte die Erzielung eines den Anspruch auf eine Rente der
Invalidenversicherung ausschliessenden Einkommens erlauben (Urteil 9C_623/2017
vom 26. März 2018 E. 3 mit Hinweisen). 
 
Eine Vorsorgeeinrichtung, die ihre Leistungspflicht damit bestreitet, die
Arbeitsfähigkeit sei bereits zu Beginn des Vorsorgeverhältnisses gesundheitlich
bedingt eingeschränkt gewesen, trägt hierfür die Beweislast (Art. 8 ZGB; Urteil
9C_658/2016 vom 3. März 2017 E. 6.1 mit Hinweisen). Umgekehrt hat der
Leistungsansprecher die Folgen von Beweislosigkeit zu tragen, wenn er geltend
macht, der enge zeitliche Konnex zwischen einer vorbestandenen
berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit (Einbusse an
funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf von mindestens 20 %; Urteil
9C_147/2017 vom 20. Februar 2018 E. 4.4) sei während der Dauer des
Vorsorgeverhältnisses unterbrochen worden. 
 
4.   
Nach für das Bundesgericht verbindlicher Feststellung der Vorinstanz (E. 1)
hatte beim Beschwerdeführer vor dem Antritt der Stelle als Geschäftsführer des
Spital C.________ am 1. September 2006 eine erhebliche - mit der im Juli 2007
eingetretenen Invalidität sachlich zusammenhängende (BGE 134 V 20 E. 3.2 S. 22)
- Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 % bestanden. Die Leistungspflicht der
Beschwerdegegnerin setzt somit voraus, dass der enge zeitliche Konnex während
des Vorsorgeverhältnisses bis zum Ablauf der Nachdeckungsfrist Art. 10 Abs. 3
BVG am 30. September 2007 unterbrochen wurde. Das kantonale
Sozialversicherungsgericht hat dies verneint. Es hat festgestellt, Dr. med.
E.________, welcher den Beschwerdeführer am 4. März 2005 operiert hatte, stelle
bei seiner Einschätzung der Arbeitsfähigkeit von 100 % im Bericht vom 6.
Oktober 2006 massgeblich auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers ab.
Deren Glaubhaftigkeit sei indessen in Frage zu stellen, da sie variierten je
nach der eingenommenen Rechtsposition, d.h. je nachdem, ob es um den Anspruch
auf eine Rente der Invalidenversicherung oder der beruflichen Vorsorge gehe.
Sodann habe das Spital C.________ den Beschwerdeführer bereits im Juli 2006 auf
den 1. September 2006 als Geschäftsführer eingestellt und das Pensum von
anfänglich 40 % ab 1. November 2006 auf 100 % erhöht. Dieses Vorgehen könne nur
damit erklärt werden, dass die Anstellung aus Sicht des Spitals entweder den
Charakter eines Arbeitsversuchs hatte oder massgeblich auf sozialen Erwägungen
beruhte. Der Umstand, dass es nicht üblich sei, eine Chefposition versuchsweise
oder aufgrund von sozialen Überlegungen zu besetzen, ändere daran nichts. Im
Übrigen erscheine angesichts des Berichts des Dr. med. F.________ vom 5.
Februar 2007, wonach der Beschwerdeführer täglich unter belastungs- und
bewegungsabhängigen Schmerzen leide, und des Berichts desselben Arztes vom 21.
Dezember 2007, welcher seine Angaben bestätigte, ab Juli 2007 gleich gänzlich
arbeitsunfähig gewesen zu sein, nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er davor
während drei Monaten oder länger über ein (annähernd) 100 %iges
Leistungsvermögen verfügt habe (vgl. Art. 88a Abs. 1 IVV und BGE 134 V 20 E.
3.2.1 S. 22). 
 
5.   
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes sowie
eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung und als Folge davon eine einseitige
Beweiswürdigung. Seine Vorbringen, soweit damit nicht unzulässige
appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid geübt wird (E. 1), sind
indessen nicht stichhaltig: 
 
5.1. In mehreren ärztlichen Berichten wurde zwar erwähnt, am 1. November 2006
habe die Arbeitsfähigkeit 100 % betragen bzw. ab 13. Juli 2007 habe eine (neue)
Arbeitsunfähigkeit von 100 % bestanden. Daraus allein kann jedoch nicht
gefolgert werden, der Beschwerdeführer sei innerhalb dieses Zeitraums während
mindestens drei Monaten ununterbrochen zu mehr als 80 % arbeitsfähig gewesen,
was den zeitlichen Konnex allenfalls hätte unterbrechen können. Dies gilt umso
mehr, als die Ausführungen des Dr. med. F.________ in den Berichten vom 5.
Februar und 21. Dezember 2007, welche gegen diese Annahme sprechen, nicht
bestritten werden. Der Medienmitteilung des Spitals C.________ vom 22. August
2007, soweit hier von Bedeutung, lässt sich im Übrigen nur entnehmen, dass der
Beschwerdeführer "wegen gesundheitlicher Probleme" die Stelle als
Geschäftsführer aufgab bzw. aufgeben musste.  
 
5.2. Weiter hat die Vorinstanz das Schreiben des Beschwerdeführers vom 14.
Dezember 2006 an die IV-Stelle nicht ausdrücklich gewürdigt, wie vorgebracht
wird. Dieses Dokument ist indessen nicht von Bedeutung für die Frage, ob die
Stelle als Geschäftsführer beim Spital C.________ als blosser
Eingliederungsversuch zu betrachten ist, welcher den engen zeitlichen Konnex
zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität nach Art. 23 lit. a BVG nicht zu
unterbrechen vermochte (BGE 134 V 20 E. 3.2.1 S. 22). Gemäss Beschwerdeführer
ergibt sich aus dem Schreiben vom 14. Dezember 2006, dass diese Anstellung
einzig und allein zum Ziel hatte, wieder erwerbstätig zu sein. Die subjektiven
Beweggründe für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sind jedoch nicht
entscheidend dafür, ob diese (retrospektiv) als Arbeitsversuch zu qualifizieren
ist. Vielmehr kommt es zusätzlich darauf an, ob eine dauerhafte
Wiedereingliederung wahrscheinlich war, was die Vorinstanz mit Bezug auf die
Stelle als Geschäftsführer beim Spital C.________ verneint hat. Der
Beschwerdeführer bezeichnet sich im Übrigen selber als "damals
Rekonvaleszenten", der "Skepsis in den Genesungsprozess" hatte, "der Angst
davor hatte, sich zu überlasten, um dann erneute Operationen und
Rehabilitationen über sich ergehen lassen zu müssen".  
 
5.3. Schliesslich kann offenbleiben, inwiefern bei der Anstellung des
Beschwerdeführers als Geschäftsführer, welcher ein mehrstufiges Assessement zu
durchlaufen hatte, (auch) soziale Erwägungen des Spitals C.________ eine Rolle
spielten. Solche könn (t) en ebenso wenig wie seine subjektiven Beweggründe
darüber entscheiden, ob der zeitliche Konnex nach Art. 23 lit. a BVG zwischen
der vorbestandenen Arbeitsunfähigkeit und der im Juli 2007 wiederaufgelebten
Invalidität unterbrochen wurde. Abgesehen davon verfügt ein Arbeitgeber nicht
über die medizinische Kompetenz zu beurteilen, ob gesundheitliche
Beeinträchtigungen bzw. das Belastungsprofil eine voraussichtlich dauernde
Aufgabenerfüllung zu 100 % erwarten lassen. Der Beschwerdeführer macht nicht
geltend, es habe im Hinblick auf die Anstellung beim Spital C.________ eine
fachärztliche Untersuchung stattgefunden. Wie er im Übrigen selber vorbringt,
hatte er "diese Stelle aufgrund seiner Kompetenzen und auch aufgrund seiner
politischen Vernetzung trotz seines Rückenleidens erhalten". Daraus ist zu
schliessen, dass der Arbeitgeber die fachliche Eignung und das politische
Mandat als Kantonsrat höher gewichtete als das Risiko, aus gesundheitlichen
Gründen die Tätigkeit als Geschäftsführer in absehbarer Zeit nicht mehr
erfüllen zu können.  
 
6.   
Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
7.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse der Zürich
Versicherungs-Gruppe, der BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich, dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Mai 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler 

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