Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 599/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_599/2017  
 
 
Urteil vom 26. Juni 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
 B.________, 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
8. August 2017 (VBE.2016.460). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Seit der Gründung der C.________ AG am 24. Juni 2011 war A.________ als
einziges Mitglied deren Verwaltungsrates und B.________ als Geschäftsführer
(jeweils mit Einzelunterschrift) im Handelsregister eingetragen. Die
Gesellschaft war der Ausgleichskasse des Kantons Aargau als beitragspflichtige
Arbeitgeberin angeschlossen. Ab dem 30. Mai 2012 liess die Ausgleichskasse die
C.________ AG für offene Beitragsforderungen mehrfach betreiben; ab dem 14.
Oktober 2013 wurden diverse Verlustscheine ausgestellt. Am 18. Oktober 2013
orientierte die Ausgleichskasse A.________ über eine mögliche
Schadenersatzpflicht. Am 24. Oktober 2013 trat A.________ aus dem
Verwaltungsrat aus; am 6. Februar 2014 wurde B.________ als (einziger)
Verwaltungsrat und Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Am 16. April
2015 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet und am 29. Februar 2016
das Verfahren mangels Aktiven eingestellt. 
 
Mit Verfügung vom 29. Juli 2015 verpflichtete die Ausgleichskasse A.________
zur Bezahlung von Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge in
der Höhe von Fr. 168'194.85. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 2.
September 2015 fest. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau (nach Beiladung von B.________) mit Entscheid vom 8. August 2017 ab. 
 
C.   
A.________ beantragt die Aufhebung des Entscheids vom 8. August 2017 und -
sinngemäss - des Einspracheentscheids vom 2. September 2015. 
 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. B.________ und das
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
A.________ reicht zwei weitere Eingaben ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen (Art.
100 Abs. 1 BGG). Weder das Replikrecht (vgl. Art. 29 Abs. 1 und 2 BV resp. Art.
6 Ziff. 1 EMRK; BGE 139 I 189 E. 3.2 S. 191 f.; 138 I 154 E. 2.3.3 S. 157) noch
ein gerichtlich (hier nicht) angeordneter zweiter Schriftenwechsel (vgl. Art.
102 Abs. 3 BGG) oder das Recht auf Akteneinsicht (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV; BGE
132 V 387 E. 3 S. 388) gewährt einen Anspruch darauf, ausserhalb der
Beschwerdefrist Aspekte vorzutragen, die bereits mit der Beschwerde hätten
vorgebracht werden können (Urteile 9C_478/2017 vom 5. März 2018 E. 2; 8C_478/
2016 vom 7. Oktober 2016 E. 2; vgl. auch Art. 47 Abs. 1 BGG). Eine ergänzende
Beschwerdeschrift bleibt einzig im Rahmen der internationalen Rechtshilfe in
Strafsachen vorbehalten (vgl. Art. 43 BGG).  
 
Die Ausführungen der Ausgleichskasse betreffen nur prozessuale Aspekte. Auf die
ausschliesslich materiellen Vorbringen in den nachträglichen Eingaben des
Beschwerdeführers ist daher nicht einzugehen. 
 
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
und Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S.
236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280).  
 
2.   
Nach Art. 52 AHVG, welcher sinngemäss auch im Bereich der Invalidenversicherung
(Art. 66 IVG), der Erwerbsersatzordnung (Art. 21 Abs. 2 EOG, SR 834.1), der
Arbeitslosenversicherung (Art. 6 AVIG, SR 837.0) und der Familienzulagen (Art.
25 lit. c des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über die Familienzulagen
[Familienzulagengesetz, FamZG; SR 836.2]) Anwendung findet, hat ein
Arbeitgeber, der durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von
Vorschriften einen Schaden verschuldet, diesen der Ausgleichskasse zu ersetzen.
Ist der Arbeitgeber eine juristische Person, so können subsidiär gegebenenfalls
die verantwortlichen Organe in Anspruch genommen werden. Mehrere nach Art. 52
AHVG Schadenersatzpflichtige haften solidarisch (Art. 52 Abs. 2 AHVG). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat den Schaden für entgangene, von der C.________
AG für die Zeit vom 1. April 2012 bis zum 30. September 2013 geschuldete
Sozialversicherungsbeiträge (samt Verwaltungskosten, Verzugszinsen sowie Mahn-
und Betreibungskosten) auf Fr. 168'194.85 festgelegt. Weiter hat es eine
Verletzung der Beitragszahlungspflicht (Art. 14 Abs. 1 AHVG; Art. 34 ff. AHVV
[SR 831.101]) durch die Arbeitgeberin und damit eine Widerrechtlichkeit bejaht.
Das Verhalten des Beschwerdeführers als formelles Organ der Arbeitgeberin hat
es ebenfalls als widerrechtlich erachtet. Sodann hat es ein Verschulden des
Beschwerdeführers bejaht; dieser habe angesichts der konkreten Umstände den
Schaden grob fahrlässig herbeigeführt. Schliesslich hat es einen (natürlichen
und adäquaten) Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der
Widerrechtlichkeit angenommen. Folglich bestätigte es die Schadenersatzpflicht
im Betrag von Fr. 168'194.85; die entsprechende Forderung hielt es nicht für
verjährt.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Ausgleichskasse
habe ihn nicht rechtzeitig über die zahlreichen Ausstände und seit dem 30. Mai
2012 eingeleiteten Betreibungen in Kenntnis gesetzt. Sie sei erst nach
Vorliegen der ersten Pfändungsverlustscheine im Oktober 2013 an ihn gelangt.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat habe die C.________ AG den
Druckereibetrieb für rund Fr. 300'000.- verkauft, was die Ausgleichskasse im
Januar 2014 gewusst habe. Aus dem Verkaufserlös hätten die ausstehenden
Beitragsforderungen bezahlt werden können. Diesbezüglich habe die
Ausgleichskasse keine Sicherungsmassnahme getroffen und die Gesellschaft habe
den Erlös schliesslich missbräuchlich anderweitig verwendet. In diesem Sinn
bestreitet der Beschwerdeführer sein Verschulden und die Kausalität seines
Vorgehens für den Schaden; zumindest aber hält er eine Herabsetzung der
Schadenersatzpflicht auf 10 % des Schadens für angezeigt. Ausserdem beruft er
sich auf die Verjährung.  
 
4.  
 
4.1. Vorab hat das kantonale Gericht (verbindlich; E. 1.2) festgestellt, dass
B.________ seit 1988 einzelzeichungsberechtigter Verwaltungsrat der D.________
AG war. Über diese wurde am 24. Juni 2011 der Konkurs eröffnet. In der Folge
sei B.________ verpflichtet worden, für entgangene Sozialversicherungsbeiträge
Schadenersatz von Fr. 131'310.20 zu bezahlen. Im entsprechenden
Beschwerdeverfahren sei B.________ durch A.________ anwaltlich vertreten
worden.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die subsidiäre Organhaftung stellt keine Kausalhaftung dar, sondern
setzt immer ein qualifiziertes Verschulden mindestens in Form von grober
Fahrlässigkeit voraus (Urteile 9C_228/2008 vom 5. Februar 2009 E. 4.2; H 211/04
vom 17. März 2005 E. 2 mit Hinweisen). Bei feststehender Widerrechtlichkeit
gilt jedoch die Vermutung eines absichtlichen oder grobfahrlässigen Verhaltens
(BGE 108 V 183 E. 1b S. 187; Urteil 9C_369/2012 vom 2. November 2012 E. 7.2).  
 
4.2.2. Für die Bejahung eines Verschuldens im Sinne grober Fahrlässigkeit hat
die Vorinstanz folgende Umstände berücksichtigt: Bei der Gesellschaft habe es
sich um ein kleines Unternehmen mit rund 25 Mitarbeitern und einer einfachen
Verwaltungsstruktur gehandelt. Der Beschwerdeführer habe gewusst, dass der
Geschäftsleiter im Zusammenhang mit dem Konkurs einer anderen Gesellschaft
bereits schadenersatzpflichtig für entgangene Sozialversicherungsbeiträge
geworden sei (vgl. E. 4.1). Er sei sich der "angespannten" Lage bezüglich der
Beitragszahlungen bewusst gewesen. Dies hätte von ihm als Verwaltungsrat
erhöhte Aufmerksamkeit bei der Überprüfung der Beitragszahlung erfordert. Er
hätte sich Informationen (beispielsweise Bankauszüge und Belastungsanzeigen
oder einen Kontokorrentauszug von der Ausgleichskasse) beschaffen können und
Massnahmen für die ordnungsgemässe Zahlung treffen müssen. Die fehlende
Kompetenz zur Ausführung von Zahlungen sei rechtsprechungsgemäss (Urteil H 228/
03 vom 4. Mai 2004 E. 3.1) nicht entlastend.  
 
4.2.3. Gegen diese Erwägungen bringt der Beschwerdeführer nichts vor (vgl. E.
1.2). Soweit er geltend macht, er habe eine Käuferin für den Betrieb finden
können, jedoch infolge seines Austritts aus dem Verwaltungsrat keinen Einfluss
auf die Verwendung des Verkaufserlöses von rund Fr. 300'000.- gehabt, ergibt
sich nichts zu seinen Gunsten. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit muss sich
nicht auf den Zeitpunkt des Schadenseintritts beziehen; in concreto zielt er
(zu Recht) auf einen früheren, vom 1. April 2012 bis zum 30. September resp.
24. Oktober 2013 dauernden Zeitraum: Der Beschwerdeführer war als
Verwaltungsrat schon bei den jeweiligen Lohnzahlungen gehalten, dafür besorgt
zu sein, dass die darauf ex lege geschuldeten paritätischen Beiträge
abgeliefert und nicht für andere Zwecke verwendet werden (SVR 2016 AHV Nr. 15
S. 42, 9C_66/2016 E. 5.4). Im Übrigen relativiert ein allfälliges (Mit-)
Verschulden des B.________ oder der Ausgleichskasse nicht jenes des
Beschwerdeführers. Es ist jedoch im Zusammenhang mit der Kausalität und der
Höhe des Schadenersatzes von Bedeutung (vgl. E. 4.3.1).  
 
4.3.  
 
4.3.1.  
 
4.3.1.1. Eine Haftung im Sinne von Art. 52 AHVG setzt weiter voraus, dass
zwischen der absichtlichen oder grobfahrlässigen Verletzung von Vorschriften
und dem Eintritt des Schadens ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang
besteht (BGE 119 V 401 E. 4a S. 406 mit Hinweisen). Daran fehlt es, wenn auch
ein pflichtgemässes Verhalten den Schaden nicht hätte verhindern können. Das
schuldhafte Verhalten eines solidarisch Ersatzpflichtigen kann nur dann als
inadäquat für den eingetretenen Schaden gelten, wenn das Verschulden des
Dritten oder des Geschädigten dermassen schwer wiegt, dass das eigene
Fehlverhalten eindeutig in den Hintergrund tritt und damit nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Lebenserfahrung nicht mehr als adäquate
Schadensursache erscheint.  
 
Die Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhangs fällt insbesondere in
Betracht, wenn ein Verwaltungsrat durch strafrechtlich relevante Machenschaften
eines anderen Organs der Gesellschaft über die Ausstände gegenüber der
Ausgleichskasse hinters Licht geführt und dadurch an der Wahrnehmung seiner
Pflichten gehindert wurde. Eine Haftungsbeschränkung wegen mitwirkenden
Drittverschuldens eines solidarisch Haftpflichtigen zieht das Bundesgericht
bloss als eher theoretische Möglichkeit in Betracht, die, wenn überhaupt, nur
bei einer ausgesprochen exzeptionellen Sachlage von praktischer Bedeutung sein
kann; so etwa, wenn das Verschulden des in Anspruch genommenen Haftpflichtigen
als so leicht erscheint und in einem derartigen Missverhältnis zum Verschulden
des Dritten steht, dass es offensichtlich ungerecht wäre, wenn jener den ganzen
Schaden tragen müsste (SVR 2011 AHV Nr. 16 S. 59, 9C_135/2011 E. 4.3; Urteil
9C_27/2017 vom 8. August 2017 E. 4.6, je mit Hinweisen). 
 
4.3.1.2. Der Schadenersatz kann ermessensweise - nach Recht und Billigkeit
(vgl. Art. 4 ZGB; BGE 128 III 390 E. 4.5 S. 399 mit Hinweis) - herabgesetzt
werden, wenn eine grobe Pflichtverletzung der Ausgleichskasse, wie die
Missachtung elementarer Vorschriften der Beitragsveranlagung und des
Beitragsbezugs, für die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens adäquat
kausal war (vgl. Art. 44 Abs. 1 OR; BGE 122 V 185 E. 3c S. 189; Urteile 9C_548/
2017 vom 13. März 2018 E. 7.1; 9C_851/2015 vom 21. Januar 2016 E. 2.2 mit
Hinweisen).  
 
4.3.2. Das kantonale Gericht hat angenommen, dass der Schaden durch
pflichtgemässes Verhalten des Beschwerdeführers hätte vermieden werden können.
Der Umstand, dass B.________ einen allfälligen Erlös aus dem Verkauf des
Betriebs nicht für ausstehende Beitragszahlungen verwendet und sich dadurch
angeblich der Gläubigerbevorzugung strafbar gemacht (vgl. Art. 167 StGB) habe,
wiege nicht derart schwer, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers
eindeutig in den Hintergrund trete und nach der allgemeinen Lebenserfahrung
nicht mehr als adäquate Schadensursache erscheine.  
 
Sodann hat die Vorinstanz ein grobes Mitverschulden der Ausgleichskasse
verneint. Diese sei nicht verpflichtet, die Organe persönlich bei wachsenden
Beitragsausständen zu benachrichtigen. Im Übrigen könne ihr auch nicht
vorgeworfen werden, das Beitragsinkasso zu wenig entschieden vorangetrieben zu
haben. Ihr Verhalten habe weder den Kausalzusammenhang unterbrochen noch Anlass
für eine Herabsetzung des Schadenersatzes gegeben. 
 
4.3.3. Was das Verhalten der Gesellschaft resp. des B.________ beim Verkauf des
Betriebs und der Verwendung des Verkaufserlöses anbelangt, so ist nicht von
Belang, ob sich die Ausgleichskasse dazu äusserte. Entscheidend sind vielmehr
die entsprechenden vorinstanzlichen Erwägungen (E. 4.3.2; vgl. Art. 86 Abs. 1
lit. d BGG), mit denen sich der Beschwerdeführer indessen nicht substanziiert
auseinandersetzt. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen auch keine
Rechtsverletzung erkennbar: Die Kausalität wird insbesondere nicht dadurch
aufgehoben, dass ein Sachwalter - oder eine andere Drittperson - später die
ausstehenden Beiträge nicht bezahlt (Urteile 9C_874/2012 vom 17. Januar 2013 E.
4.2; H 267/02 vom 21. Januar 2004 E. 6.2). Zudem ist angesichts der
vorinstanzlichen Ausführungen nicht ersichtlich, inwiefern weitere
Beweiserhebungen notwendig gewesen sein sollen (vgl. BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64;
136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.).  
 
4.3.4. Vielleicht wäre der Schaden geringer ausgefallen, wenn die
Ausgleichskasse den Beschwerdeführer früher über die ausstehenden
Beitragszahlungen resp. die zahlreichen Betreibungen informiert hätte.
Möglicherweise hätte sie auch den Erlös aus dem Betriebsverkauf mit Arrest
belegen (vgl. Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 SchKG) oder dessen Verwendung anfechten
(vgl. Art. 285 ff. SchKG) und dadurch ihren Schaden reduzieren können. Indessen
ist die Ausgleichskasse weder zur Benachrichtigung einzelner Organe (Urteil
9C_48/2010 vom 9. Juni 2010 E. 4.2.1) noch zur Einleitung bestimmter
gerichtlicher Zwangsvollstreckungsverfahren verpflichtet. Solches ergibt sich
auch nicht aus der Schadenminderungspflicht, auf die sich der Beschwerdeführer
beruft. Demnach kann der Ausgleichskasse auch nicht eine grobe
Pflichtverletzung vorgeworfen werden.  
 
4.4. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie
die Schadenersatzpflicht in der Höhe von Fr. 168'194.85 im Grundsatz bejaht
hat.  
 
4.5.  
 
4.5.1. Der Schadenersatzanspruch verjährt zwei Jahre, nachdem die zuständige
Ausgleichskasse vom Schaden Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre
nach Eintritt des Schadens (Art. 52 Abs. 3 AHVG).  
 
4.5.2. Für die einzelnen Konstellationen, in denen der Ausgleichskasse ein
Schaden entsteht, haben sich nach der Praxis Regelzeitpunkte entwickelt, in
welchen die Schadenskenntnis üblicherweise angenommen wird. Es sind dies
namentlich die Zustellung des definitiven Pfändungsverlustscheins, die Auflage
des Kollokationsplans sowie die Einstellung des Konkursverfahrens mangels
Aktiven. Die fristauslösende Schadenskenntnis kann unter Umständen schon vor
dem jeweiligen Regelzeitpunkt vorliegen. Indes fällt eine Verlegung des
Zeitpunkts der zumutbaren Schadenskenntnis vor den massgebenden Regelzeitpunkt
nur ausnahmsweise und unter qualifizierten Umständen in Betracht.
Rechtsprechungsgemäss wird diesbezüglich ein strenger Massstab angelegt und
nicht nur eine Vermutung, sondern die gesicherte Kenntnis des entstandenen
Schadens verlangt (SVR 2017 AHV Nr. 21 S. 71, 9C_166/2017 E. 4.2.1 mit
Hinweisen).  
 
Bei der Betreibung auf Pfändung (Art. 15 Abs. 2 AHVG) besteht vor der
Ausstellung des definitiven Pfändungsverlustscheins regelmässig kein Anlass für
die Einleitung eines Schadenersatzverfahrens, insbesondere nicht schon im
Zeitpunkt der Ausstellung der Pfändungsurkunde. Namentlich begründet auch die
Zustellung eines provisorischen Pfändungsverlustscheins (Art. 115 Abs. 2 SchKG)
noch keine Kenntnis des Schadens; die Ausgleichskasse ist diesfalls
verpflichtet, die Verwertung zu verlangen und deren Ergebnis abzuwarten.
Ausnahmen bilden jene Fälle, in denen nach den Umständen vom
Verwertungsverfahren offensichtlich keine weitere Befriedigung erwartet werden
kann (SVR 2017 AHV Nr. 21 S. 71, 9C_166/2017 E. 4.2.2 mit Hinweisen). 
 
4.5.3. Zwar trifft zu, dass die Ausgleichskasse bei Erhalt der ersten
Pfändungsurkunde am 18. Oktober 2012 angesichts der zahlreichen laufenden
Betreibungen von einem "sehr grossen Risiko für einen definitiven Verlust"
ausgehen musste, wie der Beschwerdeführer vorbringt. Damit liegt aber noch
keine sichere Schadenskenntnis vor: Weshalb die Ausgleichskasse zu diesem
Zeitpunkt nicht hätte annehmen dürfen, dass sich die finanziellen Verhältnisse
der Gesellschaft - insbesondere hinsichtlich der Liquidität - inskünftig
verbessern würden (vgl. SVR 2017 AHV Nr. 21 S. 71, 9C_166/2017 E. 5.2.2 in
fine), wird nicht substanziiert dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Die
Vorinstanz hat denn auch (verbindlich; E. 1.2) festgestellt, dass die
C.________ AG ab dem 9. Juli 2014 (wieder) sporadisch Beitragszahlungen
geleistet habe. Zudem legt der Beschwerdeführer selber dar, dass die
Gesellschaft mindestens bis im Herbst 2013 keine Unterbilanz aufgewiesen habe
und nicht überschuldet gewesen sei; ausserdem sei durch den Verkauf des
Betriebs für rund Fr. 300'000.- die Begleichung der Forderungen "problemlos"
möglich gewesen und der Schaden sei erst mit der rechtswidrigen Verwendung des
Verkaufserlöses eingetreten. Der Konkurs über die Gesellschaft wurde erst am
16. April 2015 eröffnet. Auch das frühere Verhalten des B.________ bei einer
anderen Gesellschaft (vgl. E. 4.1) lässt nicht per se auf offensichtliche
Uneinbringlichkeit der Forderungen schliessen.  
Unter diesen Umständen stellt es keine Rechtsverletzung dar, dass das kantonale
Gericht für den Beginn des Fristenlaufs resp. die sichere Kenntnis des Schadens
an den Empfang der definitiven Pfändungsverlustscheine vom 14. Oktober 2013
angeknüpft und die Verjährung deshalb verneint hat. Die Beschwerde ist auch in
diesem Punkt unbegründet. 
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 6000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, B.________, dem Versicherungsgericht des
Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Juni 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann 

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