Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 563/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_563/2017  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Sandra Nussbaumer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 22. Juni 2017 (200 17 252 IV und 200 17 253 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 4. Juni 2009 sprach die IV-Stelle Bern A.________, gelernter
Maurer, rückwirkend für die Monate August bis Dezember 2003 eine halbe, ab 1.
Januar 2004 eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung zu. Im Mai 2011
stellte der Versicherte (ein zweites Mal) ein Rentenerhöhungsgesuch. Nach einer
Hüftoperation links im Mai 2012 liess ihn die IV-Stelle u.a.
orthopädisch-psychiatrisch abklären (Expertise MGSG Medizinisches
Gutachtenzentrum Region St. Gallen GmbH vom 28. Januar 2014) und am 16.
November 2015 durch Dr. med. B.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie,
vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) untersuchen (Bericht vom 9. Dezember
2015). Weiter ordnete sie eine Beweissicherung vor Ort an, welche im Zeitraum
von Mai 2015 bis Januar 2016 stattfand. Zu den Berichten vom 1. Februar und 22.
Juli 2016 nahm der Psychiater des RAD am 4. Juli und 20. August 2016 Stellung.
Nach einem Verlaufsgespräch und Sistierung der Rente ab 1. Dezember 2015 und
nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren erhöhte die IV-Stelle mit Verfügung
vom 3. Februar 2017 die Dreiviertelsrente für die Zeit vom 1. August bis 30.
November 2012 und vom 1. Juli 2013 bis 30. November 2015 auf eine ganze Rente;
ab 1. Dezember 2015 verneinte sie einen Rentenanspruch. Mit einer weiteren
Verfügung vom 7. Februar 2017 forderte sie die vom 1. Dezember 2015 bis 30.
November 2016 zu viel ausgerichteten Leistungen von Fr. 17'940.- zurück. 
 
B.   
A.________ erhob gegen beide Verfügungen Beschwerde, welche das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
mit Entscheid vom 22. Juni 2017 abwies. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, der Entscheid vom 22. Juni 2017 sei aufzuheben und sein
Anspruch auf eine ganze Invalidenrente über den 30. November 2015 hinaus zu
bejahen; demzufolge sei die Rückforderungsverfügung vom 7. Februar 2017 als
hinfällig zu qualifizieren und aufzuheben. 
Die IV-Stelle Bern beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Der Beschwerdeführer hat zwei nach Erlass des angefochtenen Entscheids
verfasste ärztliche Berichte vom 21. Juli und 24. August 2017 eingereicht.
Dabei handelt es sich um echte Noven, die ausser Betracht zu bleiben haben (
Art. 99 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 140 V 543 E. 3.2.2.2 S. 548). 
 
2.   
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. wegen Verletzung
von Bundesrecht erhoben werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts (durch die Vorinstanz; Art. 105 Abs. 1 BGG), die wie die
Beweiswürdigung willkürlich sein muss (BGE 142 II 433 E. 4.4 S. 444), kann nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter den zweiten Tatbestand fallen
namentlich die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 ATSG)
sowie die unvollständige (gerichtliche) Feststellung der rechtserheblichen
Tatsachen oder die Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (Art.
61 lit. c ATSG; E. 6.1 hiernach; Urteil 9C_650/2017 vom 31. Oktober 2017 E.
1.1). 
 
3.   
Streitgegenstand bildet die von der Vorinstanz bestätigte rückwirkende
Aufhebung der ganzen Rente zum 1. Dezember 2015 bzw. die Frage, ob der
Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt weiterhin Anspruch auf eine (ganze) Rente
hat, sowie die Rückforderung der ab diesem Zeitpunkt bezogenen
Rentenleistungen. Die abgestufte Rente für die Zeit vom 1. August 2012 bis 30.
November 2015 ist unbestritten und steht ausser Diskussion (Art. 107 Abs. 1 BGG
). 
 
4.   
Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG [i.V.m. Art. 1 Abs. 1 IVG und Art. 2 ATSG]). Anlass zu einer in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassenden Überprüfung des
Rentenanspruchs (Ermittlung des Invaliditätsgrades auf der Grundlage eines
richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts ohne Bindung an frühere
Invaliditätsschätzungen) geben u.a. Änderungen des Gesundheitszustandes, die
sich auf die Arbeitsfähigkeit auswirken (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f.). 
 
5.  
 
5.1. Gemäss Vorinstanz hat sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers in
somatischer und auch psychiatrischer Hinsicht seit der Vergleichsbasis
bildenden Verfügung vom 4. Juni 2009 (BGE 133 V 108) bis zur rückwirkenden
Aufhebung der Rente zum 1. Dezember 2015 mit Verfügung vom 3. Februar 2017
deutlich verbessert. Diese Feststellung ist, jedenfalls was die somatische
Seite anbetrifft, unbestritten geblieben; ebenso insoweit als ab Oktober 2011
wieder eine Arbeitsfähigkeit von 90 % (gegenüber 50 % damals) in einer
angepassten Tätigkeit bestand.  
 
5.2. Weiter hat die Vorinstanz dem Bericht des Psychiaters des RAD vom 9.
Dezember 2015 - zumindest was den Zeitpunkt der Untersuchung vom 16. November
2015 betrifft - Beweiswert zuerkannt. Danach besteht eine anhaltende affektive
Störung nicht näher bezeichnet nach ICD-10 F34.9, welche die Arbeitsfähigkeit
in einer angepassten Tätigkeit um 30 % einschränke. Nach Einsicht in die
Unterlagen der Beweissicherung vor Ort habe der RAD-Psychiater dieses
Zumutbarkeitsprofil in dem Sinne korrigiert, dass keine Arbeitsfähigkeit mehr
vorliege. Auch ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der Observierung werde
seine Einschätzung durch die Facebook-Einträge des Beschwerdeführers auf seinem
öffentlich zugänglichen Profil bestätigt. Ins Gewicht fielen der Hinweis auf
die "erste Bergtour 2016" sowie weitere Wanderungen im Juli dieses Jahres.
Dieses Verhalten zeige, dass im Zeitpunkt der Untersuchung keine schwere
Depression mehr bestand, der psychische Gesundheitszustand sich somit erheblich
verbessert habe. Nach der Rechtsprechung liege bei leichten bis mittelschweren
Störungen aus dem depressiven Formenkreis regelmässig keine
invalidenversicherungsrechtlich relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
vor (mit Hinweis auf Urteil 8C_814/2016 vom 3. April 2017 E. 5.3.2, nicht publ.
in: BGE 143 V 66, aber in: SVR 2017 IV Nr. 47 S. 139). Das gelte auch im
vorliegenden Fall, zumal eine Therapieresistenz nicht ausgewiesen sei.  
 
5.3. Die Invalidität hat die Vorinstanz durch Einkommensvergleich      (Art. 16
ATSG i.V.m. Art. 28a Abs. 1 IVG) auf der Grundlage der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung 2014 des Bundesamtes für Statistik (grundlegend BGE 124 V
321; vgl. auch BGE 142 V 178) bemessen. Dabei ist sie von einer
Arbeitsunfähigkeit von 10 % aus somatischer und, gestützt auf den
Untersuchungsbericht des RAD-Psychiaters Dr. med. B.________ vom 9. Dezember
2015 sowie dessen Stellungnahme vom 4. Juli 2016, von 0 % aus psychiatrischer
Sicht in dem Leistungsprofil entsprechenden Tätigkeiten ausgegangen. Es ergab
sich ein Invaliditätsgrad von 26 %, was für den Anspruch auf eine Rente nicht
ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG).  
 
6.   
Der Beschwerdeführer rügt, der RAD-Bericht vom 9. Dezember 2015 sei "vollkommen
beeinflusst" von den rechtswidrigen und nicht verwertbaren Unterlagen über die
Beweissicherung vor Ort und wie diese aus den Akten zu weisen. Weiter habe die
Vorinstanz den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verletzt und die Beweise
willkürlich gewürdigt, indem sie "gänzlich und isoliert" auf diesen Bericht
abstelle und nicht auf abweichende Beurteilungen eingehe, namentlich diejenige
des Psychiaters des MGSG im Gutachten vom 28. Januar 2014. Da nicht geringe
Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der Beurteilung des
RAD-Psychiaters bestünden und diese ohnehin in Verletzung des
Second-Opinion-Verbotes zustande gekommen sei, könne nicht darauf abgestellt
werden. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Rechtsprechung, wonach
depressive Störungen leicht- bis mittelgradiger Natur einzig dann als
invalidisierende Krankheiten in Betracht fielen, wenn sie erwiesenermassen
therapieresistent seien (Hinweis auf Urteil 9C_530/2016 vom 14. Oktober 2016 E.
6.3), widerspreche dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck von Art. 8 Abs. 1 ATSG. 
 
7.  
 
7.1. Die Beweissicherung vor Ort erfolgte im Zeitraum von Mai 2015 bis Januar
2016, der (erste) Bericht datiert vom 1. Februar 2016. Es bestehen keine
Anhaltspunkte, dass der RAD-Psychiater im Zeitpunkt der Untersuchung am 16.
November 2015 und des Berichts vom 9. Dezember 2015 Kenntnis von dieser
Abklärungsmassnahme oder von diesbezüglichen Ergebnissen hatte. Davon ist
implizit auch die Vorinstanz ausgegangen. Die Rüge, der RAD-Bericht vom 9.
Dezember 2015 sei von den rechtswidrig beschafften Unterlagen über die
Beweissicherung vor Ort "vollkommen beeinflusst", ist somit unbegründet. Im
Übrigen hat die Vorinstanz dargelegt, dass auch ohne Berücksichtigung dieses
Beweismaterials (vgl. zu dessen Verwertbarkeit BGE 143 I 377) der
Einkommensvergleich auf der Grundlage einer Arbeitsunfähigkeit von 30 % keinen
Rentenanspruch ergäbe, was unbestritten geblieben ist.  
 
7.2. Im Weitern hat die Vorinstanz auch das orthopädisch-psychiatrische
Gutachten des MGSG vom 28. Januar 2014 in die Beweiswürdigung miteinbezogen.
Sie hat festgestellt, die Beurteilung des Psychiaters der Gutachterstelle,
wonach seit etwa Januar 2012 eine Verschlechterung des psychischen
Zustandsbildes mit mittelgradigen depressiven Episoden und seit etwa April 2013
eine schwere depressive Episode eingetreten war, sei schlüssig und
nachvollziehbar. Der Psychiater des RAD habe zwar Zweifel daran geäussert. Es
sei ihm jedoch nicht gelungen, anlässlich seiner eigenen Untersuchung vom 16.
November 2015 die Einschätzung des psychiatrischen Gutachters für den damaligen
Zeitraum zu widerlegen. Diese vorinstanzlichen Erwägungen sind unangefochten.  
 
7.3. Sodann können auch auf eigenen Untersuchungen beruhende RAD-Berichte nach 
Art. 49 Abs. 2 IVV Beweiswert haben, und es kann darauf abgestellt werden,
sofern sie den diesbezüglichen Anforderungen (vgl. dazu BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232) genügen (BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219; 135 V 254 E. 3.3.2 S. 257). In
solchen Fällen sind an die Beweiswürdigung zwar strenge Anforderungen in dem
Sinne zu stellen, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit
und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen
vorzunehmen sind (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229). Allerdings genügt eine
abweichende (selbst fach-) ärztliche Meinung allein nicht, um im dargelegten
Sinne die Aussagekraft und damit den Beweiswert eines solchen medizinischen
Berichts in Frage zu stellen, dies jedenfalls dann nicht, wenn der RAD-Arzt
sich damit auseinandersetzt (Urteil 9C_566/2017 vom 20. November 2017 E. 2.2
mit Hinweis). Das trifft auf den rund zwei Jahre nach dem Gutachten des MGSG
vom 28. Januar 2014 erstellten RAD-Untersuchungsbericht vom 9. Dezember 2015
zu. Stichhaltige Gründe gegen den Beweiswert dieses Berichts werden im Übrigen
keine vorgebracht.  
 
7.4. Unter diesen Umständen kann der Vorinstanz weder eine Verletzung des
Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 125 V 351 E.
3a S. 352; Urteil 9C_190/2016 vom 20. Juni 2016 E. 3) noch eine willkürliche
Beweiswürdigung vorgeworfen werden.  
 
8.   
Schliesslich kann zwar ein invalidisierender psychischer Gesundheitsschaden
nicht allein mit der Begründung verneint werden, eine Therapieresistenz sei
nicht ausgewiesen, wie in der Beschwerde insoweit richtig vorgebracht wird. Es
ist weder sachlich geboten noch medizinisch abgestützt, einen
Gesundheitsschaden allein mit dem Argument der fehlenden Therapieresistenz
unbesehen seiner funktionellen Auswirkungen als invalidenversicherungsrechtlich
nicht relevant einzustufen. Die Auffassung, wonach leichte bis mittelgradige
depressive Störungen rezidivierender oder episodischer Natur einzig dann als
invalidisierende Krankheiten in Betracht fallen, wenn sie erwiesenermassen
therapieresistent sind, ist in dieser absoluten Form unzutreffend (Urteil
8C_841/2016 vom 30. November 2017 E. 4.4 [zur Publikation in der Amtlichen
Sammlung bestimmt]). Ein Leiden als leicht einzustufen, weil diagnostisch kein
Bezug zum Schweregrad desselben gefordert ist und ihm bereits deshalb eine
versicherungsrechtlich relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
abzusprechen, geht daher fehl (Urteil 8C_130/2017 vom 30. November 2017 E.
5.2.2 [ebenfalls zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehen]). Daraus
ergibt sich indessen nichts zugunsten des Beschwerdeführers: 
 
8.1. Wie das Bundesgericht im erwähnten Urteil 8C_841/2016 vom 30. November
2017 entschieden hat, ist es sach- und systemgerecht, leichte bis mittelschwere
depressive Störungen ebenfalls einem strukturierten Beweisverfahren nach BGE
141 V 281 zu unterziehen. Dieses bleibt entbehrlich, wenn im Rahmen
beweiskräftiger medizinischer Berichte eine Arbeitsunfähigkeit in
nachvollziehbar begründeter Weise verneint wird und allfälligen gegenteiligen
Einschätzungen mangels fachärztlicher Qualifikation oder aus anderen Gründen
kein Beweiswert beigemessen werden kann. Bei der Prüfung des invalidisierenden
Charakters einer fachärztlich festgelegten Arbeitsunfähigkeit anhand des
Indikatorenkatalogs sind die Aspekte von Behandlungserfolg oder -resistenz (in
der Kategorie "funktioneller Schweregrad"; BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 298) und
ergänzend dazu, mit Blick auf den anamnestisch ausgewiesenen Leidensdruck, die
Inanspruchnahme von therapeutischen Optionen (in der Kategorie "Konsistenz";
BGE 141 V 281 E. 4.4.2 S. 304) als Indizien zu berücksichtigen (Urteil 8C_841/
2016 vom 30. November 2017 E. 4.2.2). Aus Therapieresistenz allein kann somit
nicht auf das Vorliegen eines invalidisierenden psychischen Leidens aus dem
depressiven Formenkreis, wozu auch anhaltende affektive Störungen nicht näher
bezeichnet nach ICD-10 F34.9 gehören, geschlossen werden, ebenso wenig aus
einer nicht ausgewiesenen Therapieresistenz auf das Gegenteil.  
 
8.2. Die Beurteilung der Frage, ob ein invalidenversicherungsrechtlich
relevanter Gesundheitsschaden vorliegt, anhand der Standardindikatoren gestützt
auf den RAD-Untersuchungsbericht vom 9. Dezember 2015 ergibt Folgendes:  
 
8.2.1. Mit Bezug auf die Ausprägung der für die Diagnose der anhaltenden
affektiven Störung relevanten Befunde (BGE 141 V 281         E. 4.3.1.1 S. 298)
waren die Kriterien für eine depressive Episode oder eine Dysthymia nicht
erfüllt. Es konnte keine durchgehende gedrückte Stimmung, kein Verlust von
Freude und Interesse und keine Verminderung des Antriebs festgestellt werden.
Die funktionellen Auswirkungen etwa in Bezug auf Belastungs- und
Leistungsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit, Selbstbehauptungs- und
Kontaktfähigkeit waren leichter Natur.  
 
8.2.2. Sodann ist nach für das Bundesgericht verbindlicher, im Übrigen
unbestrittener Feststellung der Vorinstanz (E. 2) eine Behandlungsresistenz (
BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 299) nicht ausgewiesen (E. 5.2). Im Gutachten des
MGSG vom 28. Januar 2014 wurde die Prognose aus psychiatrischer Sicht aufgrund
des bisherigen Krankheitsverlaufs zwar als eher ungünstig bezeichnet. Jedoch
könnte unter Intensivierung der therapeutischen Massnahmen innerhalb eines
Jahres eine gewisse Besserung erreichbar sein, wobei das Ausmass und die
allfällige Leistungssteigerung derzeit nicht absehbar seien.  
 
8.2.3. In Bezug auf den Indikator "Komorbiditäten" (BGE 141 V 281   E. 4.3.1.3
S. 300) ist von Bedeutung, dass es Anfang der 1990er Jahre zu ersten relevanten
körperlichen Beschwerden und zu Schmerzen gekommen war. Es folgten zahlreiche
Untersuchungen und Behandlungen sowie Operationen im Bereich des rechten Arms,
der linken Hüfte und der Lendenwirbelsäule. 1996/97 liess sich der
Beschwerdeführer vom... zum... umschulen. Die Schmerzen scheinen andauernd und
zeitweilig schwer und quälend vorhanden gewesen zu sein, und sie werden in
dieser Form und vorrangig auch weiterhin geltend gemacht. Art, Ausmass und
Manifestation der Schmerzen können nicht ausreichend organisch-somatisch
erklärt werden. Weiter zu erwähnen sind bereits seit einigen Jahren vor 2004
bestandene Durchschlafstörungen, welche zumindest teilweise durch die Schmerzen
bedingt gewesen sein dürften. Die Diagnose einer anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) kann jedoch nicht gestellt werden, weil keine
ausreichend vorhandenen emotionalen Konflikte oder psychosozialen Probleme als
entscheidende ursächliche Faktoren auszumachen sind.  
 
8.2.4. Der soziale Kontext (BGE 141 V 281 E. 4.3.3 S. 303) zeigt einen
Versicherten, der nach einer... zu Ende gegangenen langjährigen Partnerschaft
mit einer Frau zwar allein wohnt, jedoch zu seiner Mutter und zu seinem Bruder
regelmässigen Kontakt hat, der zwei- oder dreimal in der Woche ins Hallenbad
geht, wo er Aquafit und auch Rückenfit macht, der mit Kollegen in Cafés geht,
um etwas zu trinken, der Schwingsport-Veranstaltungen besucht und der
regelmässig zwei Mal im Tag mit seinem Hund spazieren geht.  
 
8.2.5. Unter dem Aspekt der "Konsistenz" (BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 300) ist
neben den erwähnten sozialen Aktivitäten zu berücksichtigen, dass der
Beschwerdeführer gemäss seinen eigenen Facebook-Einträgen im Sommer 2016 die
eine oder andere Bergtour gemacht hatte. Dagegen fährt er nicht mehr
Harley-Davidson, was früher vor Eintritt der Gesundheitsschädigung sein
"leidenschaftliches" Hobby gewesen war. Die gesundheitlich bedingte Aufgabe
dieser Freizeitbeschäftigung war für ihn ein einschneidendes Erlebnis gewesen.
Sodann stand der Beschwerdeführer in ambulanter psychiatrischer Behandlung im
Zeitraum von März 2004 bis März 2006, November 2010 bis November 2011, Juni bis
August 2012 bei den Psychiatrischen Diensten C.________ sowie ab 17. September
2012 bei Dr. med. D.________. Eine 2014 empfohlene teilstationäre/
tagesklinische Behandlung hatte er mit der Begründung abgelehnt, die
zahlreichen bisher gemachten Therapien hätten nicht viel gebracht, und er wolle
seinen Hund nicht alleine lassen.  
Zusammenfassend ist von schwach ausgeprägten diagnoserelevanten Befunden
auszugehen. Eine Komorbidität im Sinne "körperlicher Begleiterkrankungen" ist
zwar zu bejahen, jedoch sind die angegebenen Schmerzen nicht allein organisch
erklärbar. Ebenfalls lassen die psychiatrischen Behandlungen auf einen gewissen
Leidensdruck schliessen. Umgekehrt können die therapeutischen Möglichkeiten
nicht als ausgeschöpft gelten. Sodann deuten die Pflege der sozialen Kontakte
und weitere Aktivitäten wie die selbständige Erledigung des Haushalts auf
(mobilisierbare) Ressourcen hin, welche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit als
zumutbar erscheinen lassen. Mit Bezug auf das Pensum besteht kein Anlass, von
der Einschätzung im RAD-Untersuchungsbericht vom 9. Dezember 2015 einer
Arbeitsfähigkeit von 70 % in dem körperlichen und psychiatrischen
Belastungsprofil entsprechenden Tätigkeiten abzuweichen (vgl. BGE 141 V 281 E.
5.2 S. 306 f.). Der auf dieser Grundlage beruhende Einkommensvergleich der
Vorinstanz ergibt keinen Rentenanspruch (E. 7.1). Die darauf beruhende
Rentenaufhebung sowie die Rückforderung von Rentenleistungen sind nicht
bestritten. Die Beschwerde ist somit unbegründet. 
 
9.   
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler 

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