Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 55/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_55/2017         

Urteil vom 31. Mai 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Furrer.

Verfahrensbeteiligte
Stadt Zürich, Spital A.________,
handelnd durch das Gesundheits- und Umweltdepartement der Stadt Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

1.       Visana AG, Weltpoststrasse 19/21, 3015 Bern, handelnd durch Visana
Services AG, Juristischer Dienst, Weltpoststrasse 19, 3000 Bern 15,
2.       sana24 AG, Weltpoststrasse 19, 3015 Bern, handelnd durch Visana
Services AG, Juristischer Dienst, Weltpoststrasse 19, 3000 Bern 15,
3.       Visana Services AG, Juristischer Dienst, Weltpoststrasse 19, 3000 Bern
15,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Krankenversicherung (Zuständigkeit),

Beschwerde gegen die Verfügung des Schiedsgerichts in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 1. Dezember 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die Visana Services AG gelangte mit Schreiben vom 10. Mai 2016 an das Spital
A.________ und forderte die Herausgabe von medizinischen Unterlagen
(Standarddokumente, Pflegedokumentation) in Bezug auf 84 stationär behandelte
Patienten, um eine retrospektive Stichprobenprüfung betreffend die Jahre
2012-2014 durchführen zu können. Das Spital A.________ beschied das Ersuchen
der Visana Services AG abschlägig mit der Begründung, die offizielle
Kodierrevision der Jahre 2012-2014 sei bereits erfolgt; eine weitere
Prüfungshandlung sei weder angezeigt noch vertraglich vorgesehen (Schreiben vom
18. August 2016).

B. 
Am 14. September 2016 erhoben die Visana AG, die sana24 AG sowie die Visana
Services AG "Stufenklage" gegen die Stadt Zürich, Spital A.________, und
beantragten im Wesentlichen, das Spital A.________ sei zu verpflichten, die in
der Klageschrift näher bezeichneten Unterlagen innert gerichtlich zu
bestimmender Frist an die Klägerinnen herauszugeben, unter Androhung von
Zwangsmassnahmen nach Art. 343 Abs. 1 ZPO im Widerhandlungsfall. Das Spital
A.________ sei zu verurteilen, den nach Auskunftserteilung zu bestimmenden,
voraussichtlich Fr. 4'500.- übersteigenden Betrag nebst Zins zu 5 % seit wann
rechtens an die Klägerinnen zu bezahlen.

Das Schiedsgericht in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich
überwies mit Verfügung vom 1. Dezember 2016 die Akten an den Stadtrat der Stadt
Zürich zur Prüfung der Klageschrift vom 14. September 2016 als Einsprache gegen
die Anordnung des Spitaldirektors des Spitals A.________ vom 18. August 2016
betreffend Nichtherausgabe von Unterlagen (Dispositiv-Ziffer 1). Gleichzeitig
sistierte es den Prozess bis zur Erledigung des in Dispositiv-Ziffer 1
genannten Einspracheverfahrens (Dispositiv-Ziffer 2).

C. 
Die Stadt Zürich, Spital A.________, erhebt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, die Verfügung des
Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 1.
Dezember 2016 sei aufzuheben.

Während die Beschwerdegegnerinnen und das Bundesamt für Gesundheit auf eine
Vernehmlassung verzichten, trägt die Vorinstanz auf Nichteintreten auf die
Beschwerde an.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).

2. 
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das
heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG), und
gegen Teilentscheide, die nur einen Teil der gestellten Begehren behandeln,
wenn diese unabhängig von den anderen beurteilt werden können, oder die das
Verfahren nur für einen Teil der Streitgenossen und Streitgenossinnen
abschliessen (Art. 91 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide ist hingegen die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die
Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn
die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).

3. 
Bei der Verfügung vom 1. Dezember 2016 handelt es sich nicht um einen Entscheid
im Sinne von Art. 90 und 91 BGG. Zu prüfen bleibt, ob - wie beschwerdeweise
geltend gemacht - ein Entscheid im Sinne von Art. 92 BGG betreffend die
Zuständigkeit vorliegt.

Aufgrund des Wortlauts von Dispositiv-Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung ist
- auch im Lichte der vorinstanzlichen Erwägungen - unklar, aus welchem Grund
das leitende Mitglied des Schiedsgerichts die Akten dem Stadtrat der Stadt
Zürich überwies bzw. weshalb dieser prüfen solle, ob er die Klageschrift vom
14. September 2016 als Einsprache gegen die Anordnung des Spitaldirektors des
Spitals A.________ betreffend Nichtherausgabe von Unterlagen entgegen nehme.
Aus der Vernehmlassung der Vorinstanz erhellt nun, dass aus Sicht des
Schiedsgerichts - weil das Spital A.________ über keine eigene
Rechtspersönlichkeit verfüge bzw. die Entscheidkompetenz über das
Aktenherausgabebegehren bei der Stadt Zürich liege (vgl. Art. 29 Abs. 1 erstes
Lemma des Stadtratsbeschlusses vom 29. März 1997 über die
Departementsgliederung und -Aufgaben [STRB DGA; Amtliche Sammlung der Stadt
Zürich 172.110]) - noch gar keine Stellungnahme des Leistungserbringers über
das Editionsbegehren erfolgt und deshalb nicht klar war, ob überhaupt eine
Streitigkeit vorlag. Die Überweisung erfolgte, so die Vorinstanz weiter, somit
nicht - wie von der Beschwerdeführerin vermutet - zur Entscheidung der
Streitsache, sondern einzig zwecks Einholung einer Stellungnahme zum Gesuch um
Aktenherausgabe. Für die Beurteilung der Klage erklärt sich das Schiedsgericht
in seiner Stellungnahme explizit für zuständig.

Nach dem Gesagten handelt es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um
einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid einer letzten kantonalen
Instanz über die Zuständigkeit, sondern um einen anderen Vor- oder
Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Dass die Voraussetzungen von Art.
93 Abs. 1 BGG gegeben sein sollten, wird in der Beschwerde weder geltend
gemacht noch springt das Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen geradezu in
die Augen (BGE 142 V 26 E. 1.2 S. 28). Auf die Beschwerde kann deshalb nicht
eingetreten werden.

4. 
Aufgrund des missverständlichen Vorgehens des kantonalen Schiedsgerichts
rechtfertigt sich ausnahmsweise trotz Nichteintretens ein Hinweis prozessualer
Natur. Der Stadtrat der Stadt Zürich hat entsprechend der Vernehmlassung der
Vorinstanz und anders als Dispositiv-Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung es
nahelegt, nicht zu prüfen, ob er ein Verwaltungsrechtspflegeverfahren
durchzuführen hat, in dessen Rahmen die Rechtmässigkeit der "Anordnung" des
Direktors des Spitals A.________ vom 18. August 2016 überprüft würde, sondern
sich als Partei zum Aktenherausgabegesuch zu äussern.

5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend wären die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Da sie durch die
unklare Verfügung des Schiedsgerichts in guten Treuen zur Beschwerdeerhebung
veranlasst wurde, rechtfertigt es sich, von der Erhebung von Gerichtskosten
abzusehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen nicht eingetreten.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich, dem Bundesamt für
Gesundheit und dem Stadtrat von Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. Mai 2017
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Der Gerichtsschreiber: Furrer

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