Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 546/2017
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_546/2017  
 
 
Urteil vom 30. April 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless. 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 SWICA Krankenversicherung AG, 
 SWICA Gesundheitsorganisation, Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8400
Winterthur, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Spescha, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung (Versicherungspflicht; Krankenpflege), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 13.
Juni 2017 (S 2017 35). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. A.________, chinesischer Staatsangehöriger, erkrankte Anfang 2015 an einer
chronisch myelomonozytären Leukämie. Am 8. Juli 2016 reiste er mit seiner
Ehefrau in die Schweiz, um während dreier Monate seine Tochter und deren
Familie zu besuchen. Am 15. Juli 2016 liess er sich zwecks Einholung einer
ärztlichen Zweitmeinung von PD Dr. med. B.________, FMH Hämatologie/Innere
Medizin, untersuchen. In der Folge wurde am 28. Juli 2016 in der Klinik
C.________ eine Splenektomie durchgeführt. Kurz darauf begann er eine
chemotherapeutische Behandlung.  
 
A.b. Mit Meldung vom 4. September 2016 ersuchte A.________ bei der SWICA
Krankenversicherung AG (nachfolgend: SWICA) rückwirkend per 1. September 2016
um Aufnahme in die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP). Am 20.
Oktober 2016 lehnte die SWICA das Beitrittsersuchen verfügungsweise ab, da
A.________ keinen Wohnsitz in der Schweiz begründet habe; sollte dennoch von
einem solchen ausgegangen werden, sei anzunehmen, dass A.________ sich einzig
zum Zweck der ärztlichen Behandlung hier aufhalte, was das Recht auf
Versicherungsbeitritt ausschliesse. Daran wurde auf Einsprache hin festgehalten
(Einspracheentscheid vom 9. Februar 2017).  
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 13. Juni 2017 gut und verpflichtete die SWICA, A.________
rückwirkend per 1. September 2016 in die OKP aufzunehmen. 
 
C.   
Die SWICA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Eventualiter sei die
Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen, insbesondere zur Frage, ob A.________
überhaupt rechtmässig Wohnsitz in der Schweiz begründet habe, an die Vorinstanz
zurückzuweisen. 
 
Während A.________ auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, verzichtet
das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin vorinstanzlich zu
Recht dazu verpflichtet wurde, den Beschwerdegegner per 1. September 2016 in
die OKP aufzunehmen.  
 
2.2. Die massgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar: Gemäss Art. 3 Abs.
1 KVG ist jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung unterstellt, wobei sich der Wohnsitz nach Art. 23 -
26 ZGB definiert (Art. 1 Abs. 1 KVV). Der Bundesrat kann die
Versicherungspflicht auf Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz ausdehnen (Art.
3 Abs. 3 KVG). Dies hat er mit Art. 1 Abs. 2 KVV getan, wonach u.a.
Ausländerinnen und Ausländer mit einer Kurzaufenthalts- oder
Aufenthaltsbewilligung nach den Art. 32 und 33 des Bundesgesetzes vom 16.
Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR
142.20) oder nach dem Freizügigkeitsabkommen bzw. dem EFTA-Abkommen, die
jeweils mindestens drei Monate gültig ist, versicherungspflichtig sind (lit. a
und f). Vom Recht auf Versicherungsbeitritt ausgeschlossen sind Personen, die
sich ausschliesslich zur ärztlichen Behandlung oder Kur in der Schweiz
aufhalten (Art. 2 Abs. 1 lit. b KVV).  
 
3.   
 
3.1. Zu beurteilen ist zunächst die - vom kantonalen Gericht bejahte - Frage,
ob der Beschwerdegegner Wohnsitz in der Schweiz begründet hat und damit
grundsätzlich dem Versicherungsobligatorium gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 KVV untersteht.  
Unbestrittenermassen noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist das mit Eingabe
des Schwiegersohns des Beschwerdegegners vom 6. September 2016 beim Amt für
Migration in Zug initiierte aufenthaltsrechtliche Bewilligungsverfahren
betreffend Familiennachzug. Das Bestehen einer (erweiterten)
Versicherungspflicht nach Art. 3 Abs. 3 KVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2
lit. a oder f KVV lässt sich somit zur Zeit noch nicht abschliessend
beantworten, erwiese sich aber ohnehin nur für den Fall als relevant, dass der
Beschwerdegegner nicht bereits auf Grund von Art. 3 Abs. 1 KVG in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 KVV der Versicherungspflicht unterstellt wäre (BGE 129 V 77
E. 5.1 S. 79 mit Hinweis; Urteil 9C_217/2007 vom 8. April 2008 E. 5.2.1, in:
SVR 2008 KV Nr. 13 S. 50). 
 
3.2. Der zivilrechtliche Wohnsitz einer Person, auf welchen Art. 1 Abs. 1 KVV
verweist, befindet sich an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden
Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1 ZGB) und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer
Lebensinteressen gemacht hat. Für die Begründung des Wohnsitzes müssen demnach
zwei Merkmale erfüllt sein: Ein objektives äusseres, der Aufenthalt, sowie ein
subjektives inneres, die Absicht dauernden Verbleibens. Nach der Rechtsprechung
kommt es nicht auf den inneren Willen, sondern darauf an, auf welche Absicht
die erkennbaren Umstände objektiv schliessen lassen (BGE 133 V 309 E. 3.1 S.
312; 125 V 76 E. 2a S. 77; je mit Hinweisen). Massgebend ist somit der Ort, wo
sich der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen befindet. Es handelt sich dabei im
Normalfall um den Wohnort, d.h. wo die betreffende Person schläft, die Freizeit
verbringt, ihre persönlichen Effekten aufbewahrt und sie üblicherweise über
einen Telefonanschluss sowie eine Postadresse verfügt. Die nach aussen
erkennbare Absicht muss auf einen dauernden - d.h. im Sinne von "bis auf
Weiteres" - Aufenthalt ausgerichtet sein. Allerdings schliesst die Absicht,
einen Ort später wieder zu verlassen, eine Wohnsitznahme nicht aus. Der
Wohnsitz bleibt an diesem Ort bestehen, solange nicht anderswo ein neuer
begründet wird (Art. 24 Abs. 1 ZGB; Urteil [des Eidg. Versicherungsgerichts] P
21/04 vom 8. August 2005 E. 4.1.1 mit Hinweisen, in: SVR 2006 EL Nr. 7 S. 25).
Nicht relevant ist dabei insbesondere, ob die Person eine fremdenpolizeiliche
Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung besitzt (BGE 129 V 77 E. 5.2 S. 79;
125 V 76 E. 2a S. 78 mit Hinweisen; Urteil 9C_98/2017 vom 9. Juni 2017 E. 3.3).
 
 
3.2.1.  
 
3.2.1.1. Im angefochtenen Entscheid wurde der Wohnsitz des Beschwerdegegners in
der Schweiz im Wesentlichen damit bejaht, dass der Beschwerdegegner und seine
Ehefrau sich unbestrittenermassen seit ihrer Einreise in die Schweiz am 8. Juli
2016 ununterbrochen in Hünenberg, dem Wohnort ihrer Tochter und deren Familie,
aufgehalten hätten. Die Ergänzung des Mietvertrags des Schwiegersohns beweise
denn auch, dass der Beschwerdegegner und seine Ehefrau formell als Mitbewohner
bestätigt worden seien und in einer Hausgemeinschaft mit Tochter, Schwiegersohn
und Enkelkindern lebten. Dies werde dadurch erhärtet, dass der Briefkasten
entsprechend neu beschriftet worden sei. Das Ehepaar habe zudem
Prepaid-Handyverträge abgeschlossen und die Ehefrau habe bei einem anderen
Krankenversicherer ebenfalls einen Antrag auf Aufnahme in die OKP gestellt.
Ferner sei aktenkundig, dass das Ehepaar sich bemühe, eine längerfristige
Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu erhalten. Auch wenn dem Gericht keine
Beweise vorlägen, wonach der frühere Wohnsitz in China aufgegeben worden sei,
dürfe angesichts dieser objektiven Umstände davon ausgegangen werden, dass der
Beschwerdegegner plane, bis auf Weiteres in der Schweiz zu bleiben. Allein die
Tatsache, dass er hier über keine eigene Bankverbindung verfüge, vermöge daran
nichts zu ändern, zumal er und seine Ehefrau bei ihrer Tochter und deren
Ehemann wohnten und diese sowohl in ihrem Schreiben an die schweizerische
Botschaft in Peking vom 8. Mai 2016 wie auch in ihrem Gesuch um Familiennachzug
vom 6. September 2016 ausdrücklich zugesichert hätten, finanziell für sie
aufzukommen.  
 
3.2.1.2. In Bezug auf die Gründe für die Wohnsitznahme in der Schweiz führte
die Vorinstanz aus, der Beschwerdegegner räume ein, ursprünglich nicht mit der
Absicht dauernden Verbleibens in die Schweiz eingereist zu sein, sondern um
hier eine medizinische Zweitmeinung bezüglich der festgestellten Leukämie
einzuholen. Da der Beschwerdegegner die Diagnose indessen bereits Anfang 2015
erhalten habe, er aber direkt sieben Tage nach der Ankunft in der Schweiz bei
PD Dr. med. B.________ vorstellig geworden sei, sich am 28. Juli 2016 nach
Bestätigung der Diagnose durch denselben die Milz habe entfernen lassen und
unmittelbar im Anschluss daran mit der Chemotherapie begonnen worden sei, deute
doch Einiges darauf hin - so das kantonale Gericht im Weiteren -, dass die
Einreise in die Schweiz auch zum Zweck einer längerdauernden medizinischen
Behandlung und nicht nur zur Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung erfolgt
sei. So oder anders erscheine es jedoch vor dem Hintergrund der dem
Beschwerdegegner in der Schweiz prognostizierten nurmehr kurzen Lebensdauer
nachvollziehbar, dass er sich, wie von ihm geltend gemacht, jedenfalls
spätestens in diesem Zeitpunkt dazu entschieden habe, die ihm verbleibende
Lebenszeit bei seiner ihn sowohl moralisch wie finanziell unterstützenden
Tochter und deren Familie zu verbringen und hier samt seiner Ehefrau Wohnsitz
zu begründen.  
 
Zusammenfassend gelangte die Vorinstanz zum Ergebnis, dass die gesamten
Umstände für eine Wohnsitznahme des Beschwerdegegners und seiner Ehefrau in der
Schweiz sprächen. 
 
3.2.2. Die Vorbringen in der Beschwerdeschrift sind nicht geeignet, die
Rechtmässigkeit dieser vorinstanzlichen Beurteilung ernsthaft in Frage zu
stellen.  
 
3.2.2.1. Entgegen der Sichtweise der Beschwerdeführerin handelt es sich bei den
im angefochtenen Entscheid aufgeführten Aspekten (formelles Deklarieren des
Verbleibs des Beschwerdegegners und seiner Frau in der Wohnung von Tochter und
Schwiegersohn [Änderung des Mietvertrags, Beschriftung des Briefkastens,
entsprechende Anmeldung bei der Gemeinde], Handyverträge, Anmeldung
Krankenkasse, Gesuch um Erteilung längerfristiger Aufenthaltsbewilligungen)
durchaus um objektive Anhaltspunkte, welche die Absicht des Beschwerdegegners
belegen, sich dauerhaft in der Schweiz aufhalten und hier Wohnsitz begründen zu
wollen. Dass die entsprechenden Schritte grösstenteils vom - als deutschem
Staatsangehörigen grundsätzlich dem Freizügigkeitsabkommen unterstellten -
Schwiegersohn in die Wege geleitet worden sind, ändert daran nichts. Vielmehr
dürfte es dem Beschwerdegegner auf Grund von Sprachschwierigkeiten,
gesundheitlich geschwächtem Zustand, kulturellen Unterschieden sowie schlichter
Unkenntnis der hierzulande geltenden administrativen Abläufe und Regeln schwer
gefallen sei, seinen inneren Willen eigenständig kundzutun. Mit dem Argument,
dass höchstens "Anzeichen", nicht aber objektiv erkennbare Umstände für die
Intention des Beschwerdegegners, in der Schweiz zu bleiben, bestünden, vermag
die Beschwerdeführerin keine willkürliche Würdigung der betreffenden Elemente
aufzuzeigen. Auch ergibt sich nichts Derartiges aus der Tatsache, dass der
Beschwerdegegner über keinen eigenen telefonischen Festanschluss, keine eigene
Wohnung und keine Bankverbindung verfügt. Was die (noch) fehlende offizielle
Anmeldebestätigung der Gemeinde bzw. die (noch) nicht vorhandene
Aufenthaltsbewilligung anbelangt, hängt die Frage der Wohnsitzbegründung
rechtsprechungsgemäss nicht vom Besitz diesbezüglicher Dokumente ab (vgl. E.
3.2 am Ende hiervor), zumal die in Anwendung des Freizügigkeitsabkommens
erteilten Bewilligungen grundsätzlich bloss deklaratorischen, nicht aber
rechtsbegründenden Charakter haben (BGE 136 II 329 E. 2.2 S. 332; 134 IV 57).
Auch kann die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf die fehlende
Abmeldebestätigung des früheren chinesischen Wohnorts nichts zu ihren Gunsten
ableiten, gelten für die Annahme der Aufgabe des ausländischen Wohnsitzes doch
weniger strenge Voraussetzungen als für die Begründung des schweizerischen
Domizils (Urteil [des Eidg. Versicherungsgerichts] K 34/04 vom 2. August 2005
E. 3 und 4.4, in: SVR 2006 KV Nr. 12 S. 38).  
 
3.2.2.2. Es bestehen somit mit der Vorinstanz gewichtige Anhaltspunkte, welche
die Absicht des Beschwerdegegners, dauerhaft in der Schweiz zu bleiben, auch
für Dritte objektiv erkennbar machen und deutlich manifestieren. Die
entsprechende Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts erweist sich demnach
nicht als offensichtlich unhaltbar.  
 
Da von zusätzlichen Abklärungen keine neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse
zur Wohnsitzfrage zu erwarten sind, kann und konnte auf weitergehende
Erhebungen verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E.
5.3 S. 236 f. mit Hinweis; 124 V 90 E. 4b S. 94; Urteil 8C_352/2017 vom 9.
Oktober 2017 E. 6.3). 
 
4.   
 
4.1. in einem nächsten Schritt ist zu prüfen, ob dem Beschwerdegegner ein
Beitritt zur OKP auf Grund von Art. 2 Abs. 1 lit. b KVV verwehrt ist.  
 
4.2. Nach der genannten Bestimmung sind Personen, welche sich ausschliesslich
zum Zweck ärztlicher Behandlung oder zur Kur in der Schweiz aufhalten,
unabhängig von der Dauer der Behandlung, der Tatsache einer Wohnsitzbegründung
in der Schweiz oder der Art einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung
von der OKP ausgeschlossen (Urteil 9C_217/2007 vom 8. April 2008 E. 3.2 und
5.2.1, in: SVR 2008 KV Nr. 13 S. 50; Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in:
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], 3. Aufl. 2016, S. 453 Rz. 154
f.; Alfred Maurer, Das neue Krankenversicherungsrecht, 1996, S. 36 unten).
Ausschliesslichkeit ist gegeben, wenn andere Motive als Behandlungsziele für
sich allein keinen Anlass zu einer Wohnsitzbegründung oder zur Erwirkung einer
Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz gegeben hätten. Sobald ein oder mehrere
zusätzliche Gründe neben jenem der medizinischen Behandlung in der Schweiz eine
Wohnsitzbegründung rechtfertigen würden, kommt die Ausschlussklausel nach Art.
2 Abs. 1 lit. b KVV nicht zur Anwendung (Urteil 9C_217/2007 vom 8. April 2008
E. 5.2.2, in: SVR 2008 KV Nr. 13 S. 50; vgl. auch Urteil [des Eidg.
Versicherungsgerichts] K 160/98 vom 2. Juni 1999 E. 2). Wer sich beispielsweise
mit der Absicht in der Schweiz aufhält, nach der Behandlung umgehend wieder in
ein ausländisches Domizil zurückzukehren, ist nicht zu versichern (vgl. Urteil
9C_217/2007 vom 8. April 2008 E. 5.2.1, in: SVR 2008 KV Nr. 13 S. 50; Eugster,
a.a.O., S. 453 Rz. 155 am Ende). Die unzulässige Handlung im Sinne von Art. 2
Abs. 1 lit. b KVV besteht somit in der Begründung oder Vorgabe eines Wohnsitzes
bzw. in der Erwirkung oder Vorgabe einer fremdenpolizeilichen
Aufenthaltsbewilligung mit dem ausschliesslichen Ziel, sich in der Schweiz zu
Lasten der OKP behandeln zu lassen (vgl. Eugster, a.a.O., S. 453 Rz. 155).  
 
4.2.1. Im vorinstanzlichen Entscheid wurde erwogen, der Beschwerdegegner sei
anfänglich in die Schweiz eingereist, um seine Tochter und deren Familie
während dreier Monate zu besuchen, eine Zweitmeinung bezüglich seines
Gesundheitszustands einzuholen und, worauf die Umstände hindeuteten (vgl. E.
3.2.1.2 hiervor), sich hier gegebenenfalls einer medizinischen Behandlung zu
unterziehen. Für Letzteres spreche im Übrigen auch die Tatsache, dass der
Beschwerdegegner schon seit Längerem um seine Krankheit gewusst habe und
deshalb angenommen werden dürfe, dass ihm allfällige Behandlungsmethoden
bereits vor der Einreise in die Schweiz bekannt gewesen seien.
Höchstwahrscheinlich sei ihm auch schon in einem früheren Zeitpunkt bewusst
gewesen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei einer chronisch
myelomonozytären Leukämie stark verkürzt sei. Aus den Akten gehe zudem nicht
hervor, dass er sich bereits in China habe behandeln lassen und er dort einer
Krankenversicherung angeschlossen und gut versichert gewesen wäre. Falls der
Beschwerdegegner mit der adäquaten Behandlung seit der Diagnosestellung
tatsächlich mehr als ein Jahr zugewartet habe, um sich in der Schweiz erstmalig
behandeln zu lassen, spräche dies ebenfalls dafür, dass die Einreise im Juli
2016 auch medizinisch begründet gewesen sei. Vor dem Hintergrund, dass in der
Folge die Diagnose einer chronisch myelomonozytären Leukämie bestätigt und dem
Beschwerdegegner keine allzu lange Lebensdauer mehr prognostiziert worden sei,
erscheine es jedoch nachvollziehbar, wenn er sich, wie von ihm angeführt,
spätestens in diesem Zeitpunkt dazu entschieden habe, die ihm verbleibende
Lebenszeit bei seiner Tochter zu verbringen und hier samt seiner Ehefrau
Wohnsitz zu begründen. Seine Aussage, für ihn sei zumindest ab September 2016
die nur noch sehr begrenzte Lebenserwartung und der damit zusammenhängende
Wunsch, die restliche Zeitspanne noch mit seinen in der Schweiz wohnhaften
Familienangehörigen zu verleben, ausschlaggebend für die Begründung des
Wohnsitzes in der Schweiz und die Beantragung einer Aufenthaltsbewilligung im
Rahmen des Familiennachzugs gewesen, müsse deshalb als glaubhaft eingestuft
werden. Ferner spreche auch der Umstand, dass der Schwiegersohn die bisher
angefallenen, nicht unerheblichen Behandlungskosten übernommen habe im Wissen,
diese selbst bei rückwirkender Aufnahme des Schwiegervaters in die OKP per 1.
September 2016 nicht bzw. nur teilweise zurückerstattet zu erhalten, für eine
Wohnsitznahme, die nicht ausschliesslich zum Zwecke der ärztlichen Behandlung
zu Lasten der OKP, sondern auch aus Gründen familiärer Unterstützung
stattgefunden habe.  
 
In Abwägung der beiden Sachverhaltsdarstellungen habe - so das kantonale
Gericht abschliessend - die medizinische Behandlung somit zwar durchaus eine
entscheidwesentliche Ursache für die Begründung des Wohnsitzes in der Schweiz
dargestellt. Als ebenso massgebend für diesen Entscheid sei indessen die
Tatsache zu werten, dass der Beschwerdegegner schwer erkrankt sei, er gemäss
ärztlicher Prognose nur noch über eine beschränkte Lebenszeit verfüge und diese
möglichst intensiv im Kreis seiner in der Schweiz wohnenden Tochter und deren
Familie verbringen wolle, zu der er bereits früher stets eine enge Beziehung
gepflegt habe und die ihn u.a. auch finanziell unterstütze. Es bestünden
folglich genügend Anknüpfungspunkte zur Schweiz, die eine Wohnsitzbegründung zu
rechtfertigen vermöchten. Es sei daher davon auszugehen, dass der
Beschwerdegegner sich nicht ausschliesslich zu Behandlungszwecken hier
aufhalte, weshalb die Ausschlussklausel von Art. 2 Abs. 1 lit. b KVV nicht zur
Anwendung gelange und er rückwirkend per 1. September 2016 in die OKP
aufzunehmen sei. 
 
4.2.2. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin lassen die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen auch diesbezüglich weder als offensichtlich
unrichtig, als Ergebnis einer willkürlichen Beweiswürdigung oder als
rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonstwie eine
Bundesrechtsverletzung auf. Namentlich vermag der in der Beschwerde
hervorgehobene Umstand, dass der Beschwerdegegner im Juli 2016 nicht nur aus
familiären Gründen, sondern - unstreitig - auch zwecks Einholung einer
ärztlichen Zweitmeinung in die Schweiz eingereist ist, nichts Derartiges
darzutun. Die Absicht des Beschwerdegegners, dauerhaft in der Schweiz zu
bleiben und samt Ehefrau bei seiner Tochter Wohnsitz zu begründen, hatte sich
nach den einlässlichen Erörterungen des kantonalen Gerichts vielmehr im Gefolge
der hier durchgeführten ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen und der
gestützt darauf seitens der Ärzte abgegebenen ungünstigen Prognose in Bezug auf
Beschwerdeverlauf und Lebensdauer spätestens ab September 2016 eingestellt.
Zweck des Aufenthalts in der Schweiz war und ist demnach zwar auch die
medizinische Behandlung. Daneben bestehen aber, wie im angefochtenen Entscheid
überzeugend aufgezeigt, auch anderweitige - familiäre - Motive, welche die
Wohnsitznahme in der Schweiz begründen können und plausibel machen. Die in Art.
2 Abs. 1 lit. b KVV geforderte, einen ausnahmsweisen Ausschluss aus der OKP
rechtfertigende Exklusivität - die betroffene Person hält sich
"ausschliesslich" zur ärztlichen Behandlung hier auf - ist mithin zu verneinen.
 
 
Es bleibt damit beim vorinstanzlichen Entscheid. 
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Sie hat dem
anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner zudem eine Parteientschädigung
auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. April 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben