Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 535/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_535/2017  
 
 
Urteil vom 14. Dezember 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Jahn, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 16. Mai 2017 (IV.2016.174). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die IV-Stelle Basel-Stadt sprach dem 1950 geborenen A.________ mit Verfügung
vom 31. Juli 2007 eine ganze Invalidenrente ab 1. März 2005 zu
(Invaliditätsgrad 81 %). Mit Mitteilungen vom 22. August 2008 und 7. Mai 2012
bestätigte sie einen unveränderten Anspruch. Aufgrund eines Hinweises des Amtes
für Wirtschaft und Arbeit auf eine Erwerbstätigkeit des Versicherten sistierte
die IV-Stelle die Rente am 28. Oktober 2013. Nach Abklärungen - insbesondere
Observation des Versicherten (Bericht vom 12. Oktober 2012) und Einholung des
Gutachtens der Academy of Swiss Insurance Medicine (asim) vom 19. März 2015 -
und Durchführung des Vorbescheidverfahrens ermittelte die IV-Stelle einen seit
Herbst 2008 verbesserten Gesundheitszustand und einen Invaliditätsgrad von
nunmehr 39 %. Mit Verfügung vom 3. Oktober 2016 hob sie die Rente rückwirkend
auf den 29. Oktober 2010 auf. Mit Verfügung vom 5. Oktober 2016 verpflichtete
sie A.________, unrechtmässig bezogene Renten im Betrag von Fr. 45'632.-
zurückzuerstatten. 
 
B.   
Die gegen die Verfügungen vom 3. und 5. Oktober 2016 erhobene Beschwerde wies
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 16.
Mai 2017 insofern ab, als es A.________ zur Rückerstattung von Fr. 43'144.-
(Rentenbetreffnisse vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Oktober 2013)
verpflichtete. 
 
C.   
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, der Entscheid vom 16. Mai 2017 sowie die Verfügungen vom 3. und 5.
Oktober 2016 seien aufzuheben; eventuell sei die Sache an die IV-Stelle oder
das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit die Invalidenrente neu festgelegt
werde. Ferner ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_101/2015 vom 30. November 2015 E. 1.1). Diese
Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteile
9C_391/2015 vom 28. Januar 2016 E. 1; 9C_753/2015 vom 20. April 2016 E. 1). 
 
2.  
 
2.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend
erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG [SR 830.1]). Anlass
zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte
Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung (BGE 141 V 9
E. 2.3 S. 10 f. mit Hinweisen). Liegt in diesem Sinn ein Rückkommenstitel vor,
gilt es grundsätzlich, mit Wirkung ex nunc et pro futuro einen rechtskonformen
Zustand herzustellen. Dabei ist auf der Grundlage eines richtig und vollständig
festgestellten Sachverhalts der Invaliditätsgrad im Zeitpunkt der Verfügung
über die Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente zu ermitteln (SVR 2017 IV Nr.
4 S. 7, 9C_770/2015 E. 2.2).  
 
2.2. Die Herabsetzung oder Aufhebung einer Rente erfolgt rückwirkend ab
Eintritt der für den Anspruch erheblichen Änderung, wenn der Bezüger die
Leistung zu Unrecht erwirkt hat oder der ihm nach Artikel 77 zumutbaren
Meldepflicht nicht nachgekommen ist (Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV, sowohl in
der bis Ende 2014 als auch in der seither geltenden Fassung).  
Jede wesentliche Änderung in den für eine Leistung massgebenden Verhältnissen
ist von den Bezügerinnen und Bezügern, ihren Angehörigen oder Dritten, denen
die Leistung zukommt, dem Versicherungsträger oder dem jeweils zuständigen
Durchführungsorgan zu melden (Art. 31 Abs. 1 ATSG). Der Berechtigte oder sein
gesetzlicher Vertreter sowie Behörden oder Dritte, denen die Leistung zukommt,
haben jede für den Leistungsanspruch wesentliche Änderung, insbesondere eine
solche des Gesundheitszustandes, der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit sowie der
persönlichen und gegebenenfalls der wirtschaftlichen Verhältnisse des
Versicherten unverzüglich der IV-Stelle anzuzeigen (Art. 77 IVV). 
 
2.3. Unrechtmässig bezogene Leistungen sind zurückzuerstatten (Art. 25 Abs. 1
Satz 1 ATSG). Der Rückforderungsanspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres,
nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, spätestens
aber mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen
Leistung. Wird der Rückerstattungsanspruch aus einer strafbaren Handlung
hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährungsfrist vorsieht,
so ist diese Frist massgebend (Art. 25 Abs. 2 ATSG).  
Im Zusammenhang mit der Rückforderung infolge einer Rentenaufhebung betrachtet
das Bundesgericht in der Regel die Rechtskraft der Rentenaufhebung als
fristauslösendes Moment (Urteile 8C_85/2016 26. August 2016 E. 7.4; 8C_642/2014
vom 23. März 2015 E. 3.2; 9C_399/2013 vom 30. November 2013 E. 3.1.1-3.1.3 und
9C_68/2011 vom 16. Mai 2011 E. 4.2). Der Erlass des Vorbescheids gilt als
fristwahrend (BGE 133 V 579 E. 4.3.1 S. 584; SVR 2011 IV Nr. 52 S. 155, 8C_699/
2010 E. 2). 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, der Beschwerdeführer sei seit 2006 resp.
2008 regelmässig wöchentlich oder zweiwöchentlich als LKW-Chauffeur nach
Süditalien gefahren; dabei habe er Waren mitgebracht, die er entweder in seinem
Lager in U.________ verkauft oder im Auftrag von Privatpersonen transportiert
habe. Bei der Berentung im Jahr 2007 hätten vor allem die - auf einer
Erkrankung der Wirbelsäule beruhenden - sensomotorischen radikulären Ausfälle
im rechten Fuss zur Arbeitsunfähigkeit als Buschauffeur geführt. Anlässlich der
asim-Begutachtung im Jahr 2015 hätten sich keine funktionell behindernden
neurologischen Ausfälle mehr objektivieren lassen. Unter Berücksichtigung der
internistisch begründeten Einschränkungen (Diabetes) sei der Versicherte
nunmehr in der Lage, eine angepasste Tätigkeit ganztägig auszuüben. Abweichend
vom asim-Gutachten und zu Gunsten des Beschwerdeführers hat das kantonale
Gericht eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 10 % für vermehrte Pausen
zur Kontrolle und Regulierung des Blutzuckers anerkannt. Aufgrund der
tatsächlich ausgeübten Tätigkeit hat es angenommen, dass diese Arbeitsfähigkeit
spätestens ab November 2010 bestanden habe.  
Weiter hat die Vorinstanz erwogen, der Beschwerdeführer habe es nicht nur
unterlassen, den verbesserten Gesundheitszustand seines Rückens zu melden,
sondern auch anlässlich der Revisionen 2008 und 2012 ausdrücklich angegeben,
nicht erwerbstätig zu sein. Darin liege eine schuldhafte Verletzung der
Meldepflicht, die ursächlich für die zu Unrecht erfolgte Ausrichtung der Rente
(bis zu deren Sistierung Ende Oktober 2013) gewesen sei. Folglich hat sie die
Invaliditätsbemessung der IV-Stelle und die rückwirkend per 29. Oktober 2010
verfügte Rentenaufhebung bestätigt. 
Schliesslich hat das kantonale Gericht für die Rückforderung der Leistungen den
Vorbescheid vom 28. Dezember 2015 als massgeblich erachtet und die Einhaltung
der relativen einjährigen Verwirkungsfrist bejaht. Sodann hat es unter
Berücksichtigung einer absoluten Verjährungsfrist von fünf Jahren die
Rückforderung der Rentenbetreffnisse vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Oktober
2013 für zulässig gehalten. Die Frage nach einer allenfalls längeren
Verjährungsfrist aufgrund einer strafbaren Handlung hat es offengelassen. 
 
3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet eine Verbesserung des Gesundheitszustandes
und damit das Vorliegen eines Revisionsgrundes. Jedenfalls sei eine allfällige
Verbesserung frühestens mit dem asim-Gutachten, dessen Beweiskraft er in Abrede
stellt, ausgewiesen. Die anerkannte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von
lediglich 10 % hält er für willkürlich resp. ungenügend begründet. Weiter
verneint er eine Meldepflichtverletzung. Sodann rügt er eine fehlende
Verwertbarkeit der allenfalls hinzugewonnen Restarbeitsfähigkeit, und zwar
sowohl im Zeitpunkt der Rentenaufhebung (29. Oktober 2010) als auch bei
Erstattung des asim-Gutachtens (19. März 2015). Zudem verlangt er bei der
Invaliditätsbemessung einen Abzug vom Tabellenlohn. Schliesslich hält er die
Rückforderung für verwirkt.  
 
4.   
 
4.1.  
 
4.1.1. Die ursprüngliche Rentenzusprache beruhte auf dem Gutachten der
medizinischen Fachstelle B.________ vom 27. Oktober 2006. Es trifft zu, dass
sowohl darin wie auch im asim-Gutachten für die angestammte Tätigkeit als
berufsmässiger Chauffeur eine vollständige Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde.
Indessen wurde im Gutachten der Fachstelle B.________ aufgrund der
"lumboradikulären Schmerzen" auch in angepassten Tätigkeiten eine
(70-prozentige) Einschränkung der Arbeitsfähigkeit attestiert. Die
vorinstanzliche Feststellung betreffend die Verbesserung der neurologischen
Aspekte ist nicht offensichtlich unrichtig (E. 1) : Sie steht im Einklang mit
der Stellungnahme des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) vom 23. September
2015, die u.a. Ausführungen zu den in den beiden Gutachten festgehaltenen
neurologischen Befunden enthält. Ob sich die Verbesserung auf die Tätigkeit als
Chauffeur auswirkt, ist nicht entscheidend; es genügt, dass sich dadurch die
Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Arbeiten erheblich erhöht, was in
concreto zutrifft (vgl. E. 4.3).  
 
4.1.2. Hinzu kommt eine erhebliche Veränderung der tatsächlichen erwerblichen
Verhältnisse: Nach Angaben des Beschwerdeführers resp. laut Eintrag im
Handelsregister gründete er die C.________ AG, die insbesondere die
Organisation und Durchführung von Reisen aller Art sowie den Import und Export
von Waren und Lebensmitteln aller Art bezweckte. Vom Mai 1994 bis zur Löschung
der Gesellschaft (infolge eines mangels Aktiven eingestellten
Konkursverfahrens) 2012 - ausgenommen die Zeit vom 15. Februar 2005 bis zum 9.
August 2006 - war der Versicherte Präsident des Verwaltungsrates. Anlässlich
der Begutachtung durch die Fachstelle B.________ gab er an, bis im März 2004
für die C.________ AG gearbeitet zu haben. Mit dem Arbeitgeberbericht vom 1.
August 2008 bestätigte die Gesellschaft, dass sein letzter Arbeitstag als
Chauffeur im April 2004 gewesen und das Arbeitsverhältnis auf den 31. März 2006
aufgelöst worden sei. Die vorinstanzliche Feststellung betreffend die
regelmässigen Fahrten und Warentransporte von resp. nach Süditalien ist
ebenfalls verbindlich (E. 1) : Sie beruht insbesondere auf den eigenen Angaben
des Versicherten, welche dieser anlässlich der Einvernahme vom 29. Oktober 2010
durch die Eidg. Zollverwaltung machte. Zudem ist ein Strafmandat des
Strassenverkehrsamtes des Kantons Graubünden vom 12. März 2009 aktenkundig, mit
dem er wegen Verstössen gegen Vorschriften der Verordnung vom 19. Juni 1995
über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer und
-führerinnen (Chauffeurverordnung, ARV 1; SR 822.221) gebüsst wurde. Vor diesem
Hintergrund erscheinen die wenig substanziierten Ausführungen des
Beschwerdeführers, wonach die regelmässigen Fahrten nach Italien von seinem
Sohn oder einem anderen Chauffeur durchgeführt worden seien, und er selber
immer nur kurze Strecken in der Schweiz vor allem vom und zum Zoll gefahren sei
sowie im Rahmen seiner Restarbeitsfähigkeit von 30 % im Obst- und Gemüsehandel
mitgeholfen habe, als reine Schutzbehauptungen.  
Die Wiederaufnahme und regelmässige Ausübung der früheren - auch in der
Verfügung vom 31. Juli 2007 ausdrücklich als unzumutbar erachteten - Tätigkeit
stellt eine erhebliche Veränderung der erwerblichen Verhältnisse dar, die zudem
der Meldepflicht gemäss Art. 77 IVV (E. 2.2) unterliegt, und zwar unabhängig
vom Bestehen eines formellen Arbeitsvertrages und vom tatsächlich ausgeübten
Pensum. Auch damit ist ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 ATSG (E. 2.1)
ausgewiesen. 
 
4.2. Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiskraft (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232; 125 V 351 E. 3a, 3b/bb und cc S. 352 f.) des asim-Gutachtens vorbringt,
hält nicht stand: Auch wenn durch die IV-Stelle veranlasste Überwachungen einer
genügenden gesetzlichen Grundlage entbehren, sind deren Ergebnisse im
Einzelfall nicht von vornherein unverwertbar (Urteil 9C_806/2016 vom 14. Juli
2017 E. 4 und 5, zur Publikation vorgesehen). Der Beschwerdeführer macht nicht
geltend (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), und es ist auch nicht ersichtlich,
dass die privaten Interessen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der
Verwertbarkeit der Observationsergebnisse überwiegen sollen. Demnach schadet
nicht, dass die asim-Experten von diesen Kenntnis hatten (vgl. Urteil 9C_468/
2017 vom 11. September 2017 E. 4.1). Entgegen der Auffassung des Versicherten
ist es angesichts der Befunde nicht "erstaunlich", dass im asim-Gutachten ein
Lumbovertebralsyndrom als Diagnose ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit
aufgeführt wurde, zumal im Gutachten 2006 der Fachstelle B.________ aufgrund
der damals festgestellten Befunde noch ein lumboradikuläres Reiz- und
sensomotorisches Ausfallsyndrom diagnostiziert worden war (vgl. auch E. 4.1.1).
Die asim-Gutachter legten nachvollziehbar dar, dass dem Versicherten aufgrund
des diagnostizierten insulinpflichtigen Diabetes mellitus - mit dem damit
verbundenen Risiko einer Über- oder Unterzuckerung (vgl. RAD-Stellungnahme vom
23. September 2015) - Tätigkeiten an gefährlichen Maschinen oder in
gefährlicher Höhe ebenso wie das berufsmässige Führen eines Motorfahrzeugs
nicht mehr, hingegen alle anderen (leichten bis mittelschweren)
leidensangepassten Arbeiten zumutbar sind. Dass der Beschwerdeführer dennoch
als Chauffeur arbeitete, ist ihm als risikoreiches Verhalten anzurechnen und
stellt keinen den Experten oder der Vorinstanz vorwerfbaren Widerspruch dar.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Für die Anerkennung einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit im Umfang
von 10 % hat das kantonale Gericht offensichtlich auf die Stellungnahme des
RAD-Arztes Dr. med. D.________, Facharzt für Innere Medizin, vom 23. September
2015 und damit auf eine fachärztliche Einschätzung abgestellt. Inwiefern dies
willkürlich oder ungenügend begründet sein soll, ist nicht nachvollziehbar.  
 
4.3.2. Das asim-Gutachten enthält in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit in
angepasster Tätigkeit keine retrospektive Einschätzung. Dass eine solche nicht
möglich gewesen sein soll, leuchtet indessen nicht ein; die Experten befassten
sich denn auch nicht näher mit den Akten der Eidg. Zollverwaltung oder den
Observationsergebnissen. Diesbezüglich hat die Vorinstanz - im Einklang mit dem
RAD-Arzt - auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abgestellt und daraus
geschlossen, dass die neurologischen Einschränkungen (mit sensomotorischen
radikulären Ausfällen im rechten Fuss) spätestens ab November 2010 remittiert
gewesen seien und eine entsprechend verbesserte Arbeitsfähigkeit bestanden habe
(E. 3.1). Diese Feststellung ist nicht offensichtlich unrichtig und beruht auch
nicht auf einer Rechtsverletzung, weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich
bleibt (E. 1).  
 
4.4. Die Wiederaufnahme und regelmässige Ausübung der früheren Tätigkeit
unterliegt der Meldepflicht (E. 4.1.2). Die vorinstanzliche Feststellung
betreffend die Angaben des Beschwerdeführers anlässlich der Revisionen 2008 und
2012 (E. 3.1) ist verbindlich (E. 1). Dass eine anderweitige Meldung der
erneuten Erwerbstätigkeit aktenkundig sein soll, wird nicht geltend gemacht und
ist auch nicht ersichtlich. Somit hat das kantonale Gericht dem
Beschwerdeführer zu Recht eine Meldepflichtverletzung vorgeworfen.  
 
4.5.   
 
4.5.1. In BGE 138 V 457 E. 3.3 und 3.4 S. 461 f. entschied das Bundesgericht,
dass sich der Zeitpunkt, in welchem die Frage nach der Verwertbarkeit der
(Rest-) Arbeitsfähigkeit bei vorgerücktem Alter beantwortet wird, nach dem
Feststehen der medizinischen Zumutbarkeit einer (Teil-) Erwerbstätigkeit
richtet. Als ausgewiesen gilt die medizinische Zumutbarkeit einer (Teil-)
Erwerbstätigkeit, sobald die medizinischen Unterlagen diesbezüglich eine
zuverlässige Sachverhaltsfeststellung erlauben.  
Würde diese Rechtsprechung in concreto angewandt, müsste die Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit verneint werden, weil das asim-Gutachten nur rund fünf
Monate vor Vollendung des 65. Altersjahres des Versicherten erstattet wurde.
Damit kämen aber die Gesetzes- und Verordnungsvorschriften betreffend die
Meldepflicht (E. 2.2) gar nicht zum Tragen resp. bliebe die
Meldepflichtverletzung ohne Konsequenzen. Die erwähnte Rechtsprechung von BGE
138 V 457 - bei der es nicht um eine rückwirkende Rentenaufhebung ging - ist
daher zu präzisieren. Mit Blick auf das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV;
vgl. auch Art. 190 BV) und den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV
) kann es nicht als bundesrechtswidrig erachtet werden, wenn bei einer
Meldepflichtverletzung die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit zu jenem
Zeitpunkt beurteilt wird, in dem nach Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV die
Herabsetzung resp. Aufhebung der Rente in Betracht fällt. In concreto trifft
dies (spätestens) Ende Oktober 2010 (E. 4.3.2) zu. 
 
4.5.2. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer etwas über 60 Jahre alt;
bis zum Erreichen des AHV-Pensionsalters verblieb ihm somit eine
Aktivitätsdauer von noch fast fünf Jahren. Dies schliesst die Verwertbarkeit
der verbleibenden Restarbeitsfähigkeit für sich alleine nicht aus (Urteil
9C_505/2016 vom 6. Juli 2017 E. 4.1 mit Hinweis). Die gesundheitlichen
Einschränkungen (vgl. E. 4.2) stellen keine hohen Anforderungen an einen
Arbeitsplatz auf dem (hier massgeblichen) ausgeglichenen Arbeitsmarkt. Der
Versicherte war bisher nicht ausschliesslich als Chauffeur tätig: Er war
Verwaltungsratspräsident der C.________ AG (E. 4.1.2) sowie Gesellschafter und
Geschäftsführer der im 2011 zusammen mit seiner Ehefrau gegründeten E.________
GmbH mit Sitz in U.________, welche die Führung eines Lebensmittelgeschäfts
sowie den Import von Lebensmitteln insbesondere aus den südlichen Ländern
bezweckt. Als solcher organisierte er die Fahrten und Warentransporte nach
resp. von Süditalien. Nach eigenen Angaben pflegte er dabei nicht nur
zahlreiche Kundenkontakte, sondern oblag ihm auch die Erledigung der jeweiligen
Zollformalitäten. Sodann erfordern die zumutbaren einfachen und repetitiven
Tätigkeiten weder gute Sprachkenntnisse noch ein besonderes Bildungsniveau (SVR
2016 IV Nr. 21 S. 62, 9C_808/2015 E. 3.4.2). Unter den gegebenen Umständen
(vgl. auch Urteil 9C_825/2016 vom 10. Juli 2017 E. 4.5) stellt es keine
Rechtsverletzung dar, wenn das kantonale Gericht von der Verwertbarkeit der
Restarbeitsfähigkeit ausgegangen ist.  
 
4.6. Die Vorinstanz hat es abgelehnt, bei der Invaliditätsbemessung (Art. 16
ATSG) resp. Festlegung des Invalideneinkommens einen Abzug vom Tabellenlohn
(vgl. BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 80; zur
Qualifikation als Rechtsfrage vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399)
zuzulassen. Dem Beschwerdeführer sind nicht nurmehr körperlich leichte
Tätigkeiten eingeschränkt zumutbar (vgl. Urteile 9C_449/2015 vom 21. Oktober
2015 E. 4.2.4; 9C_1043/2012 vom 8. Mai 2013 E. 3.2.1), und nach der Anerkennung
einer zehnprozentigen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit würde ein
leidensbedingter Abzug zu einer doppelten Anrechnung desselben Gesichtspunkts
führen (Urteile 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.1; 9C_846/2014 vom 22.
Januar 2015 E. 4.1.1 mit Hinweisen). Zudem wirken sich weder die beruflichen
Fähigkeiten des Versicherten noch dessen Alter oder mangelhafte
Sprachkenntnisse zwingend lohnsenkend auf Tätigkeiten im (von der Verwaltung
herangezogenen) Kompetenzniveau 1 aus (vgl. Urteil 9C_418/2017 vom 30. Oktober
2017 E. 4.5.2). Ein Abzug vom Tabellenlohn ist daher nicht angezeigt.  
Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht zu Recht die rückwirkend auf den
29. Oktober 2010 verfügte Aufhebung der Rente bestätigt. 
 
4.7. Anders als der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, beginnt die
einjährigen Verwirkungsfrist für die Rückforderung nicht bereits in jenem
Zeitpunkt, zu dem die Verwaltung die Unterlagen der Zollverwaltung oder den
Observationsbericht erhielt. Diese Unterlagen allein genügten nicht zur
Beurteilung des Rentenanspruchs (BGE 137 I 327 E. 7.1 S. 337; Urteil 8C_192/
2017 vom 25. August 2017 E. 6.1.2). Die Vorinstanz hat den Eingang des
asim-Gutachens (März 2015) bei der IV-Stelle und damit deren Kenntnis des
aktuellen Gesundheitszustandes als fristauslösend erachtet. Inwiefern sie
dadurch Recht verletzt haben soll, leuchtet nicht ein, zumal in der Regel die
Rechtskraft der Rentenaufhebung als fristauslösendes Moment gilt (E. 2.3). Die
Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.  
 
5.   
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer grundsätzlich
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seinem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) kann jedoch entsprochen
werden. Er hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu
in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Michael Jahn wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt,
indessen vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.   
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann 

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