Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 530/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_530/2017  
 
 
Urteil vom 23. März 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, nebenamtlicher Bundesrichter Brunner. 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsdienst Inclusion Handicap, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 22. Mai 2017 (IV.2016.00233). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1966 geborene A.________ bezog gemäss Verfügungen der IV-Stelle des
Kantons Zürich vom 4. März und 8. Dezember 2010 zwischen Februar 2007 und April
2008 eine ganze und seit Anfang Mai 2008 eine halbe Invalidenrente
(Invaliditätsgrad: 51 %). Die Rentenzusprache erfolgte insbesondere aufgrund
eines polydisziplinären Gutachtens des Medizinischen Zentrums Römerhof
(nachfolgend: MZR) vom 2. Juni 2009. Mit Verfügung vom 15. März 2011 und
Mitteilung vom 26. März 2013 wurde der Rentenanspruch bestätigt.  
 
A.b. Im Rahmen eines (erneuten) Revisionsverfahrens veranlasste die Verwaltung
beim Zentrum für Medizinische Begutachtung (nachfolgend: ZMB) ein
polydisziplinäres Gutachten, das am 13. Januar 2015 erstattet wurde. In der
Folge zog sie die Verfügung vom 4. März 2010 in Wiedererwägung und verfügte am
15. Januar 2016 nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren die Einstellung der
Rentenleistungen auf das Ende des auf die Verfügungszustellung folgenden
Monats.  
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. Mai 2017 gut, hob die Verfügung vom 15.
Januar 2016 auf und stellte fest, dass der Versicherte weiterhin Anspruch auf
eine halbe Invalidenrente habe. 
 
C.   
Die IV-Stelle erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die
Verfügung vom 15. Januar 2016 zu bestätigen und festzustellen, dass kein
Rentenanspruch bestehe. Ferner ersucht sie um aufschiebende Wirkung der
Beschwerde. 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Sodann beantragt er
die unentgeltliche Rechtspflege. Das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Fraglich ist vorab, ob der Antrag der IV-Stelle bezüglich des im Rahmen
der Wiedererwägung massgeblichen Referenzzeitpunktes ein unzulässiges neues
Rechtsbegehren (Art. 99 Abs. 2 BGG) darstellt, wie dies der Versicherte im
Rahmen seiner Vernehmlassung vom 31. Oktober 2017 geltend machen lässt.  
 
1.2. Die Neuheit eines Begehrens bezieht sich auf den Streitgegenstand und
bemisst sich im Verhältnis zu den vorinstanzlich gestellten Anträgen (BGE 136 V
362 E. 3.4.3 S. 365 und E. 4.2 S. 367). Der Streitgegenstand umfasst in
concreto - nach dem Dispositiv des angefochtenen Entscheides (Aufhebung der
Verfügung vom 15. Januar 2016 und Feststellung des weiterhin unveränderten
Rentenanspruchs) - den Anspruch des Versicherten auf eine Invalidenrente. Der
Antrag der IV-Stelle, wonach nicht die Verfügung vom 4. März 2010, sondern die
Mitteilung vom 26. März 2013 den für die Wiedererwägung relevanten
Vergleichszeitpunkt bilde, weitet ihn weder aus noch ändert er ihn ab. Indem
die Verwaltung im kantonalen Beschwerdeverfahren insbesondere auf die beiden
Gutachten vom 2. Juni 2009 und 13. Januar 2015 sowie die angefochtene Verfügung
vom 15. Januar 2016 - worin einzig die zweifellose Unrichtigkeit der
rentenzusprechenden Verfügung vom 4. März 2010 geprüft wurde - verwies, hat sie
sich prozessrechtlich wohl nicht stringent verhalten. Streitig war und bleibt
jedoch das Rechtsverhältnis Rentenanspruch (vgl. Urteil 9C_683/2009 vom 16.
September 2009 E. 2.2.3 und die vorinstanzliche Erwägung 2). Ein neues
Rechtsbegehren im Sinne von Art. 99 Abs. 2 BGG liegt entgegen der Auffassung
des Versicherten nicht vor.  
 
2.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.   
 
3.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, die IV-Stelle habe bei der 2010
erfolgten Leistungszusprache nicht die gestellte Diagnose zum Angelpunkt
gemacht, sondern an die als tauglich beurteilte gutachterliche Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit angeknüpft und eine innert in Aussicht genommener Frist zu
überprüfende Invalidenrente zugesprochen. Dies könne nicht als zweifellos
unrichtig qualifiziert werden, sondern sei Ausdruck des Ermessens der
Verwaltung gewesen, welches sie durchaus pflichtgemäss gehandhabt habe. Die
Tatsache, dass spätere Überprüfungen die angenommene Arbeitsunfähigkeit
bestätigt hätten, sei zudem ein deutlicher Hinweis darauf, dass die 2009
vorgenommene Beurteilung möglicherweise nicht nur vertretbar, sondern sogar
richtig gewesen sei. Damit fehle es an der für eine Wiedererwägung
vorausgesetzten zweifellosen Unrichtigkeit, weshalb der Versicherte weiterhin
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente habe.  
 
3.2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat,
indem sie die Verfügung vom 4. März 2010 als Referenzzeitpunkt herangezogen
hat. Ferner ist zu klären, ob sie von einem bundesrechtskonformen Verständnis
der zweifellosen Unrichtigkeit ausgegangen ist.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat die ursprüngliche Rentenverfügung vom 4. März 2010 im
Hinblick auf die Wiedererwägungsvoraussetzungen geprüft (E. 3). Dieses Vorgehen
ist dann rechtlich begründet und zu schützen, wenn die Invalidenrente
zwischenzeitlich - zwischen Rentenzusprache und beabsichtigter Rentenaufhebung
- revisionsweise keiner materiellen Prüfung unterzogen wurde. Eine
Revisionsverfügung tritt grundsätzlich an die Stelle der zu revidierenden
Verfügung. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Invalidenrente herauf- oder
herabgesetzt oder der bisherige Rentenanspruch nach materieller Prüfung
bestätigt wird. Wenn nachträglich durch Wiedererwägung oder (neue) Revision auf
die betreffende Revisionsverfügung zurückgekommen wird, lebt die ursprüngliche
Verfügung nicht wieder auf. Vorbehalten bleibt die Nichtigkeit der
Revisionsverfügung (Urteil 8C_288/2016 vom 14. November 2016 E. 3.3 mit
weiteren Hinweisen). Diese Wirkung kommt einer Mitteilung über die
Weiterausrichtung der Invalidenrente aber nur zu, sofern im Revisionsverfahren
eine materielle Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines
Einkommensvergleichs (bei Anhaltspunkten für eine Änderung in den erwerblichen
Auswirkungen des Gesundheitszustandes) durchgeführt wurde (BGE 133 V 108; vgl.
auch SVR 2010 IV Nr. 54 S. 167, 9C_899/2009 E. 2.1).  
 
4.2.   
 
4.2.1. Zum Ablauf des Revisionsverfahrens, welches in die Mitteilung vom 26.
März 2013 mündete, hat das kantonale Gericht festgestellt, Dr. med. B.________
habe am 28. September 2011 im Auftrag der IV-Stelle ein psychiatrisches
Gutachten erstattet. Dieses sei zum Schluss gekommen, dass ab Datum der
Untersuchung (22. September 2011) von einer 70%igen Arbeitsfähigkeit in der
angestammten Tätigkeit auszugehen sei. Zeitlich flexible Tätigkeiten ohne
permanenten Zeit- und Termindruck seien dem Versicherten hingegen zu 100 %
zumutbar (Gutachten, S. 10). Der RAD-Psychiater Dr. med. C.________ habe diese
Einschätzung bestätigt. Laut dem Verlaufsprotokoll Eingliederungsberatung vom
22. August 2012 habe sodann am 6. Dezember 2011 ein Erstgespräch stattgefunden,
wobei die Kontakte mit dem Versicherten bis Ende Juni 2012 angedauert hätten.
Am 9. August 2012 habe die RAD-Ärztin Dr. med. D.________, Fachärztin für
Allgemeine Medizin und Arbeitsmedizin, ausgeführt, offenbar sei die
Momenteinschätzung des psychiatrischen Gutachters Dr. med. B.________ zu
optimistisch gewesen. Eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes
und der Leistungsfähigkeit des Versicherten sei nicht erkennbar. Daher müsse
weiterhin - also ab September 2011 - von einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % in
allen Tätigkeiten ausgegangen werden.  
Weiter hat das kantonale Gericht festgestellt, gestützt auf letztere
Ausführungen sei die Eingliederungsberatung abgeschlossen worden, was die
IV-Stelle dem Beschwerdeführer am 22. August 2012 mitgeteilt habe. Am 25.
August 2012 sei dieser überdies auf die Schadenminderungspflicht aufmerksam
gemacht worden, worauf die Verwaltung den Anspruch auf die bisherige (halbe)
Invalidenrente am 26. M ärz 2013 bestätigt habe. 
 
4.2.2. Dass diese Feststellungen offensichtlich unrichtig sein oder auf einer
Rechtsverletzung beruhen sollen, wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht
ersichtlich. Sie bleiben daher für das Bundesgericht verbindlich (E. 2). Mit
Blick auf die von der Vorinstanz gewürdigten Umstände ergibt sich, dass die
Verwaltung zwar ein Revisionsverfahren in die Wege leitete, dieses aber nach
dem Scheitern der Wiedereingliederungsmassnahmen nicht zu Ende führte. Die
Schlussfolgerung des RAD, die gutachterliche Einschätzung - wonach sich der
Gesundheitszustand verbessert habe - treffe nicht zu und es sei demzufolge von
einem unveränderten Gesundheitszustand auszugehen, stützte sich alleine auf den
Eindruck, den der Versicherte im Eingliederungsprogramm vermittelt hatte. Eine
(weitere) fachärztliche Beurteilung oder Stellungnahme wurde nicht eingeholt.
Ebenso wenig stützte sich die IV-Stelle auf eine Beweiswürdigung, welche den
Schluss zugelassen hätte, dass ein unveränderter Gesundheitszustand vorliegt
(vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Die
Voraussetzungen, dass die Mitteilung vom 26. März 2013 als zeitlicher
Referenzpunkt für die Prüfung der Wiedererwägungsvoraussetzungen herangezogen
werden könnte, wie dies in der Beschwerde geltend gemacht wird, sind damit
nicht gegeben. Daher ist das kantonale Gericht (wie auch die Verwaltung in der
Aufhebungsverfügung vom 15. Januar 2016) zu Recht davon ausgegangen, dass die
Frage der Wiedererwägung in Bezug auf die ursprüngliche rentenzusprechende
Verfügung vom 4. März 2010 zu prüfen ist.  
 
5.   
 
5.1. Gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG kann der Versicherungsträger auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese
zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
ist. Wird die zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenzusprache erst
durch das Gericht festgestellt, kann dieses ein (zu Unrecht) auf Art. 17 ATSG
gestütztes Rückkommen mit dieser substituierten Begründung schützen (BGE 125 V
368 E. 2 S. 369). Das Erfordernis der zweifellosen Unrichtigkeit ist in der
Regel erfüllt, wenn eine Leistungszusprache aufgrund falsch oder unzutreffend
verstandener Rechtsregeln erfolgte oder massgebliche Bestimmungen nicht oder
unrichtig angewandt wurden (BGE 140 V 77 E. 3.1 S. 79 f.; Urteil 8C_18/2017 vom
4. Mai 2017 E. 3.2; je mit Hinweisen). Anders verhält es sich dann, wenn der
Wiedererwägungsgrund im Bereich materieller Anspruchsvoraussetzungen liegt,
deren Beurteilung notwendigerweise Ermessenszüge aufweist. Erscheint die
Beurteilung einzelner Schritte bei der Feststellung solcher
Anspruchsvoraussetzungen (Invaliditätsbemessung, Arbeitsunfähigkeitsschätzung,
Beweiswürdigung, Zumutbarkeitsfragen) vor dem Hintergrund der Sach- und
Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprechung
darbot, als vertretbar, scheidet die Annahme zweifelloser Unrichtigkeit aus.
Zweifellos ist die Unrichtigkeit, wenn kein vernünftiger Zweifel daran möglich
ist, dass die Verfügung unrichtig war. Es ist nur ein einziger Schluss -
nämlich derjenige auf die Unrichtigkeit der Verfügung - denkbar (BGE 138 V 324
E. 3.3 S. 328; SVR 2014 IV Nr. 10 S. 39, 9C_125/2013 E. 4.1 mit Hinweisen,
nicht publiziert in: BGE 140 V 15).  
 
5.2. Die Feststellungen, welche der Beurteilung der zweifellosen Unrichtigkeit
zugrunde liegen, sind tatsächlicher Natur und folglich nur eingeschränkt
überprüfbar (vgl. E. 2). Dagegen ist die Auslegung (Konkretisierung) dieses
unbestimmten Rechtsbegriffs als Wiedererwägungsvoraussetzung eine grundsätzlich
frei überprüfbare Rechtsfrage (Art. 95 lit. a BGG; Urteil 9C_309/2017 vom 13.
Juli 2017 E. 2.2.2 mit Hinweisen).  
 
5.3.   
 
5.3.1. Die Vorinstanz hat mit Blick auf den psychischen Gesundheitszustand des
Versicherten bis zum Verfügungserlass am 4. März 2010 willkürfrei (E. 2)
festgestellt, aus psychiatrischer Sicht sei im MZR-Gutachten vom 2. Juni 2009
eine rezidivierende depressive Störung, aktuell leichte Episode (ICD-10 F33.0)
diagnostiziert worden. Gemäss Einschätzung der Gutachter habe die
Arbeitsfähigkeit 50 % betragen und sollte innerhalb der nächsten 6 bis 18
Monaten auf 100 % erhöht werden können.  
 
5.3.2. Vor dem Hintergrund des MZR-Gutachtens kann mit dem kantonalen Gericht
davon ausgegangen werden werden, dass die ursprüngliche Leistungszusprache
nicht zweifellos unrichtig ist: Die medizinischen Experten ergänzten ihre
Diagnose mit dem Zusatz "bei anamnestisch schweren depressiven Episoden,
mehreren Suizidversuchen und bei prognostisch schwer einschätzbarem Verlauf,
mit wahrscheinlich weiter bestehender latenter Suizidalität unter
psychosozialer Belastungssituation" (MZR-Gutachten, S. 30). Die Verwaltung zog
dies gesamtheitlich in Betracht und berücksichtigte insbesondere, dass der
psychiatrische Gutachter unter Hinweis auf den bisherigen Krankheitsverlauf
klar begründete, weshalb im Begutachtungszeitpunkt trotz der gegenwärtig nur
leichten Episode eine (50%ige) Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Wenn die
MZR-Gutachter zum Ergebnis kamen, angesichts der Krankheitsgeschichte sei im
aktuellen Zeitpunkt eine berufliche Belastung von mehr als 50 % nicht zumutbar,
stellt dies eine medizinische Beurteilung dar, welche einer objektivierten
Betrachtung standhält. Dass die Verwaltung darauf abstellte, bewegte sich im
Rahmen des ihr zustehenden Ermessens (E. 5.1). Daran ändert die jüngst
vorgenommene Praxisänderung des Bundesgerichts betreffend die rentenbegründende
Invalidität bei leichten und mittelgradigen depressiven Störungen nichts (vgl.
BGE 143 V 409, 418). Denn nach wie vor ist eine Beeinträchtigung der
Erwerbsfähigkeit im Einzelfall unabhängig von der diagnostischen Einordnung
eines Leidens und grundsätzlich unabhängig von der Ätiologie in ihrem Ausmass
zu bestimmen (BGE 143 V 409 E. 4.2.1 S. 412 f. mit Hinweis auf BGE 127 V 294 E.
4c S. 298).  
 
5.3.3. Soweit die IV-Stelle in diesem Zusammenhang vorbringt, schon nach der im
Zeitpunkt des Verfügungserlasses geltenden Rechtsprechung habe eine leichte
depressive Episode keine Invalidität im Rechtssinne zu begründen vermögen, weil
ein solches Leiden grundsätzlich therapierbar sei, dringt sie nicht durch:
Diese - mittlerweile durch die erwähnte Rechtsprechung (vgl. soeben E. 5.3.2)
überholte - Praxis galt im Zeitpunkt der Rentenzusprache noch nicht in dieser
Form. Zwar trifft zu, dass eine depressive Störung auch dannzumal schon als
vorübergehendes Leiden galt, das in der Regel keinen invalidisierenden
Gesundheitsschaden darstellt (vgl. statt vieler: Urteil I 510/06 vom 26. Januar
2007 E. 6.3). Die MZR-Gutachter begründeten jedoch nachvollziehbar, weshalb in
concreto nicht von diesem Regelfall ausgegangen werden kann. So geht aus der
psychiatrischen Beurteilung hervor, dem Versicherten sei in der
Längsschnittbetrachtung und vor dem Hintergrund des bisherigen
Krankheitsverlaufs seit 2005 trotz der aktuell nur leichtgradigen depressiven
Episode eine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigende rezidivierende depressive
Störung zu attestieren (MZR-Gutachten S. 30). Hinzu kommt, dass die Verwaltung
den vorübergehenden Charakter des Leidens einbezog, indem sie den Versicherten
hinsichtlich der im Gutachten empfohlenen Behandlungsmassnahmen auf seine
Schadenminderungspflicht hinwies (vgl. E. 4.2.1 in fine). So leitete sie im
Dezember 2010 - also bereits wenige Monate nach dem Verfügungserlass vom 4.
März 2010 - eine Rentenrevision in die Wege. Ebenso wenig verfängt der Einwand,
im Zeitpunkt der Rentenzusprache hätten diverse psychosoziale
Belastungsfaktoren vorgelegen, was bei der Rentenzusprache nicht berücksichtigt
worden sei (vgl. E. 5.3.2 in fine). Auch zu diesem Punkt nahmen die
MZR-Experten explizit Stellung und hielten fest, im Begutachtungszeitpunkt
überwiege das psychische Leiden (MZR-Gutachten, S. 42). Eine zweifellose
Unrichtigkeit der Verfügung vom 4. März 2010 entfällt damit auch unter diesem
Aspekt.  
 
6.   
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Aufhebung der renteneinstellenden
Verfügung vom 15. Januar 2016 und der vom kantonalen Gericht festgestellte
weitere Anspruch auf eine halbe Invalidenrente bundesrechtskonform sind. Die
Beschwerde ist unbegründet. 
 
7.   
Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung gegenstandslos. 
 
8.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner hat
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'400.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Personalvorsorgestiftung der E.________ AG und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. März 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder 

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