Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 527/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_527/2017  
 
 
Urteil vom 26. Januar 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, 
nebenamtlicher Bundesrichter Weber, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ GmbH 
(vormals B.________ GmbH), 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Gasser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse EXFOUR, 
Malzgasse 16, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 30.
Mai 2017 (S 2017 10). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die A.________ GmbH (bis 2. April 2014: B.________ GmbH) war vom 1. Januar 2011
bis 31. Dezember 2014 der Ausgleichskasse Exfour angeschlossen. Mit zwei
Verfügungen vom 23. November 2015 machte die Ausgleichskasse für das Jahr 2011
AHV/IV/EO/ALV-Beiträge von Fr. 16'496.25 (einschliesslich Verwaltungskosten und
zuzüglich Zinsen von Fr. 3'214.45) sowie FAK-Beiträge von Fr. 1'840.80
(zuzüglich Zinsen von Fr. 358.75) geltend. Auf Einsprache hin reduzierte sie
die Lohnsumme von Fr. 131'484.- auf Fr. 120'448.-. Sie teilte der A.________
GmbH mit, dass sie neue Beitragsrechnungen ausstellen werde. Der entsprechende
Einspracheentscheid vom 12. Februar 2016 blieb unangefochten. 
 
Aufgrund weiterer Abklärungen, insbesondere einer am 18. Mai 2016
durchgeführten Arbeitgeberkontrolle, verfügte die Ausgleichskasse am 7. Oktober
2016 Beitragsnachforderungen (zuzüglich Zinsen) für die Jahre 2011 bis 2014
(AHV/IV/EO/ALV-Beiträge [inkl. Verwaltungskosten] von Fr. 133'171.30 [2011: Fr.
6'150.75, 2012: Fr. Fr. 45'927.70, 2013: Fr. 34'079.15, 2014: Fr. 47'013.70],
zuzüglich Zinsen von Fr. 18'871.90 [2011: Fr. 1'460.85, 2012: Fr. 8'611.50,
2013: Fr. 4'685.85, 2014: Fr. 4'113.70]; FAK-Beiträge von Fr. 16'786.40 [2011:
Fr. 682.35, 2012: Fr. 5'822.85, 2013: Fr. 4'320.65, 2014: Fr. 5'960.55],
zuzüglich Zinsen von Fr. 2'369.45 [2011: Fr. 162.-, 2012 Fr. 1'091.80, 2013:
Fr. 594.10, 2014: Fr. 521.55]). Die von der A.________ GmbH dagegen erhobene
Einsprache wies die Ausgleichskasse mit Entscheid vom 30. Dezember 2016 ab. 
 
B.   
Beschwerdeweise beantragte die A.________ GmbH die Aufhebung des
Einspracheentscheides. Die Beitragsnachforderungen für die Jahre 2011 bis 2014
seien aufzuheben und es seien über die bereits bezahlten Nachforderungsbeiträge
Gutschriften auszustellen oder die übermittelten Nachforderungen zu stornieren.
Mit Entscheid vom 30. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
Die A.________ GmbH führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit den Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid, der Einspracheentscheid und
die Beitragsnachforderungen gemäss Verfügung vom 7. Oktober 2016 (AHV/IV/EO/
ALV-Beiträge [einschliesslich Verwaltungskosten] von Fr. 152'043.20 sowie
FAK-Beiträge von Fr. 19'155.85 [je einschliesslichen Zinsen]) seien aufzuheben.
Es seien über die bereits bezahlten Nachforderungsbeiträge Gutschriften
auszustellen und die übermittelten Nachforderungen zu stornieren. Eventualiter
sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine
Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn
sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 142
II 369 E. 4.3 S. 380; 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Diese Grundsätze gelten auch in
Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (vgl. Urteil 9C_753/2015 vom 20. April
2016 E. 1).  
 
1.2. Die Rüge des fehlerhaft festgestellten Sachverhalts bedarf einer
qualifizierten Begründung (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356). Es reicht nicht aus,
in allgemeiner Form Kritik daran zu üben oder einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die
eigene Beweiswürdigung zu erläutern. Die Rüge und ihre qualifizierte Begründung
müssen in der Beschwerde selber enthalten sein. Der blosse Verweis auf
Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten genügt nicht (Urteil
9C_779/2010 vom 30. September 2011 E. 1.1.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE
137 V 446, aber in: SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44). Auf ungenügend begründete Rügen
oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).  
 
2.  
 
2.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in
der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395; Urteil 9C_221
/2016 vom 21. Juni 2016 E. 1.1). Echte Noven, d.h. Tatsachen und Beweismittel,
die erst nach dem vorinstanzlichen Entscheid entstanden sind, sind vor
Bundesgericht unzulässig (Urteile 8C_690/2011 vom 16. Juli 2012 E. 1.3 mit
Hinweis, nicht publ. in: BGE 138 V 286, aber in: SVR 2012 FZ Nr. 3 S. 7; 9C_185
/2016 vom 8. August 2016 E. 2).  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin reicht ihre AGB "Versionen 2011 bis 2013 und 2014"
ein, ohne darzutun, warum sie dieses Dokument erst letztinstanzlich vorlegt. Es
ist nicht ersichtlich, weshalb sie dieses Beweismittel nicht bereits im
kantonalen Verfahren hätte beibringen können. Insbesondere ist nicht
nachvollziehbar, inwiefern die vorinstanzliche Feststellung, dass die
Beschwerdeführerin einen "Vertrieb für Tier- und Menschenfutter" betreibe,
Anlass zu seiner Einreichung gegeben haben sollte. Im Übrigen scheint die
Vorinstanz daraus keine Schlüsse gezogen zu haben, die auf das Ergebnis ihres
Entscheides Einfluss gehabt hätten. Das von der Beschwerdeführerin neu
eingereichte Aktenstück hat daher im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt zu
bleiben.  
 
3.   
 
3.1. Das Bundesgericht hat sich bereits in seinem Urteil 9C_377/2015 vom 22.
Oktober 2015 ausführlich mit der Stellung der sog. Vertriebspartner der
Beschwerdeführerin auseinandergesetzt. Die Beschwerdeführerin behauptet, die
Ausgleichskasse Exfour habe, ohne sie darin einzubeziehen, bei der
Ausgleichskasse des Kantons Aargau eine Statusüberprüfung der Vetriebspartnerin
C.________ veranlasst. Welchen Einfluss die Ausgleichskasse Exfour auf das
Verfahren, in welchem die kantonale Ausgleichskasse eine selbständige
Erwerbstätigkeit der C.________ für die Vermittlung von Produkten der
B.________ GmbH verneinte, hätte haben können, ist indessen nicht erkennbar.
Überdies war die Beschwerdeführerin umfassend in das damalige Gerichtsverfahren
einbezogen worden, dies nachdem das Bundesgericht die Sache mit Urteil 9C_60/
2014 vom 18. Juli 2014 an die Ausgleichskasse des Kantons Aargau zurückgewiesen
hatte, damit sie den Einspracheentscheid nicht nur C.________, sondern auch der
Beschwerdeführerin als potenzieller Arbeitgeberin eröffne. Im Anschluss daran
hatte sich die Beschwerdeführerin sowohl am Verfahren vor dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau als auch an jenem vor dem Bundesgericht
beteiligt (Verfahren 9C_377/2015).  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, das Urteil 9C_377/2015 vom
22. Oktober 2015 sei für das vorliegende Verfahren nicht relevant. Sie vermag
aber nicht aufzuzeigen, dass im Verhältnis zu ihren Vertriebspartnern in den
Jahren 2011 bis 2014 eine andere tatsächliche oder rechtliche Situation bestand
als sie dem Urteil 9C_377/2015 vom 22. Oktober 2015 zugrunde liegt. Entgegen
der Beschwerdeführerin ist das Bundesgericht daher an sein eigenes früheres
Urteil gebunden, soweit - wie hier - ein gleichgelagerter Sachverhalt gegeben
ist und keine Gründe für eine Praxisänderung gegeben sind. Die Beschwerde ist
schon deshalb abzuweisen, weil in ihr weder das eine noch das andere geltend
gemacht wird.  
 
4.   
Die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente ändern nichts daran, dass die an
die Vertriebspartner ausbezahlten Beträge, wie sie von der Beschwerdegegnerin
ermittelt (2011) respektive detailliert im Bericht der Revisionsstelle der
Ausgleichskassen, Genossenschaft für Arbeitgeberkontrollen (rsa), vom 18. Mai
2016 aufgelistet wurden (2012 bis 2014), Einkünfte aus unselbständiger
Erwerbstätigkeit darstellen: 
 
4.1. Die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht Erwerbstätiger richtet
sich unter anderem danach, ob das in einem bestimmten Zeitraum erzielte
Erwerbseinkommen als solches aus selbständiger oder aus unselbständiger
Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist (vgl. Art. 5 und 9 AHVG sowie Art. 6 ff.
AHVV). Nach Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt als massgebender Lohn jedes Entgelt für in
unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit;
als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gilt nach Art. 9 Abs. 1 AHVG
jedes Einkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete
Arbeit darstellt. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im
Einzelfall selbständige oder unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht
aufgrund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien.
Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die
zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen dabei gewisse Anhaltspunkte für die
AHV-rechtliche Qualifikation zu bieten, ohne jedoch ausschlaggebend zu sein.
Als unselbständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten, wer von einem
Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher bzw. arbeitsorganisatorischer Hinsicht
abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Aus diesen
Grundsätzen allein lassen sich indessen noch keine einheitlichen, schematisch
anwendbaren Lösungen ableiten. Die Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben
anzutreffenden Sachverhalte zwingt dazu, die beitragsrechtliche Stellung einer
erwerbstätigen Person jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des
Einzelfalls zu beurteilen. Weil dabei vielfach Merkmale beider Erwerbsarten zu
Tage treten, muss sich der Entscheid oft danach richten, welche dieser Merkmale
im konkreten Fall überwiegen (BGE 123 V 161 E. 1 S. 162 f.; 122 V 169 E. 3a S.
171; 119 V 161 E. 2 S. 161 f.; SVR 2017 AHV Nr. 7 S. 15, 9C_407/2016 E. 2.1)  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe ihr Vertriebskonzept seit
Beginn ihrer Tätigkeit nie verändert. Bei dieser Sachlage ist nicht
nachvollziehbar, warum sie nun eine vom Urteil 9C_377/2015 vom 22. Oktober 2015
abweichende Beurteilung verlangt. Insbesondere fällt auf, dass die am Verfahren
9C_377/2015 ebenfalls als Beschwerdeführerin beteiligte C.________ mit Fr.
78'117.- im Jahr 2012, Fr. 114'081.- im Jahr 2013 Fr. 114'081.- und Fr.
125'758.- im Jahr 2014 die höchsten Einkünfte verzeichnete (Bericht der rsa vom
18. Mai 2016). Über ihre Stellung als von der Beschwerdeführerin Beschäftigte
und somit Unselbständigerwerbende wurde bereits detailliert im Urteil 9C_377/
2015 befunden. Die Beschwerdeführerin legt auch nicht dar, dass sich die
Situation von C.________, wie sie dem Urteil 9C_377/2015 zugrunde liegt, in den
Jahren 2012 bis 2014 verändert hätte.  
 
4.3. Die Beschwerdeführerin behauptet, die im angefochtenen Entscheid
getroffene Feststellung, wonach die Vertriebspartner kein Inkasso- und
Delkredererisiko tragen würden, sei offensichtlich unrichtig. Diese Kritik ist
jedoch unzutreffend: Wie bereits in E. 4.4 des Urteils 9C_377/2015 vom 22.
Oktober 2015 festgestellt, erfolgt der Versand und die Fakturierung der
bestellten Produkte durch die Beschwerdeführerin und nicht durch deren
Vertriebspartner. Aus diesem Grund besteht für die Vertriebspartner
offensichtlich weder ein Inkasso- noch ein Delkredererisiko; dieses bleibt bei
der Beschwerdeführerin. In der Beschwerde wird dies grundsätzlich nicht in
Abrede gestellt, sondern lediglich geltend gemacht, dass bei säumigen Kunden
nicht nur ein Provisions-, sondern auch ein Investitionsverlust drohe.
Letzteres ist kaum nachvollziehbar, dürfte doch bei Zahlungsausfall eines
säumigen Kunden kaum ein Verlust sämtlicher Investitionen die Folge sein, weil
diese sich nicht nur auf die Akquirierung eines einzigen Kunden beziehen. Die
Beschwerdeführerin belegt auch ihre Behauptung, sie nehme den Versand und das
Inkasso lediglich als Dienstleistung gegen Entgelt vor, in keiner Weise. Eine
solche Vergütung ist weder im Vertrag noch in den AGB vorgesehen. Das Risiko
der Vertriebspartner reduziert sich somit darauf, bei säumigen Kunden die
Provision zu verlieren, wie im angefochtenen Entscheid zutreffend festgehalten
wird.  
 
4.4. Die Beschwerdeführerin kritisiert, die Vorinstanz habe in ihrem Entscheid
auf Rz. 4020 ff. der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV)
über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO (WML; gültig ab 1. Januar
2008, Stand 1. Januar 2017) verwiesen, welche die beitragsrechtliche
Qualifikation der Reisevertreter betreffen. Sie behauptet jedoch nicht, dass
die in den entsprechenden Ziffern der Wegleitung angeführten Kriterien,
aufgrund welcher bei Reisevertretern auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit
zu schliessen ist, nicht mit der gesetzlichen Regelung und der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung übereinstimmen würden. Reisevertreter gelten
selbst dann als unselbständig erwerbstätig, wenn sie keinen festen Lohn,
sondern nur Provisionen erhalten, wenn sie für ihre Unkosten selber aufkommen,
nicht an ein bestimmtes Gebiet und/oder an bestimmte Arbeitszeiten gebunden
sind, über ihre Tätigkeit nicht Bericht erstatten müssen, für mehrere Firmen,
auch lediglich im Nebenerwerb, arbeiten, wenn sie für andere Tätigkeiten als
Selbständigerwerbende einer Ausgleichskasse angeschlossen sind, wenn sie das
Delkredererisiko zu tragen haben, im Handelsregister eingetragen sind oder als
Agenten im Sinne von Art. 418 ff. OR bezeichnet werden und selbst wenn sie
Untervertreter beschäftigen bzw. mit der Kundschaft auf eigenen Namen Verträge
schliessen, Rechte und Pflichten aber den Lieferanten übertragen, mithin als
indirekte Stellvertreter handeln. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf,
inwiefern die entsprechenden vorinstanzlichen Erwägungen bundesrechtswidrig
sein sollen. Aus den vorgelegten Verträgen und AGB ergibt sich vielmehr, dass
verschiedene Kriterien, die bei Reisevertretern auf eine unselbständige
Erwerbstätigkeit schliessen lassen, auch bei den Vertriebspartnern der
Beschwerdeführerin gegeben sind. Selbst wenn die Vertriebspartner das
Delkredererisiko zu tragen hätten (was jedoch nicht der Fall ist; vgl. vorne E.
4.3), wäre analog zur Stellung der Reisevertreter auf eine unselbständige
Erwerbstätigkeit zu schliessen. Beizufügen ist, dass auch das BSV in seinem
Schreiben vom 31. Mai 2013 auf dieselben Randziffern seiner Wegleitung
verwiesen hat.  
 
4.5. Obwohl sich das Bundesgericht mit der sozialversicherungsrechtlichen
Stellung der Vertriebspartnerin C.________, welche in den Jahren 2012 bis 2014
die höchsten Zahlungen erhielt (vorne E. 4.2), auseinandergesetzt hat,
versäumte es die Beschwerdeführerin, im Rahmen des kantonalen Verfahrens
aufzuzeigen, inwiefern sich die tatsächliche Situation anderer Vertriebspartner
von derjenigen von C.________ unterscheiden soll: Sowohl in der
Beschwerdeschrift vom 16. Januar 2017 als auch in der Replik vom 20. März 2017
erhob sie lediglich allgemeine Kritik am Einspracheentscheid. Sie beschränkte
sich darauf zu behaupten, dass die Bedingungen und das Umfeld der anderen
Vertriebspartner völlig verschieden seien, zeigte die Unterschiede aber nicht
auf. Wenn die Beschwerdeführerin der Vorinstanz nun vorwirft, sie habe keine
Einzelfallprüfung vorgenommen, übt sie letztlich lediglich rein appellatorische
Kritik am Entscheid des kantonalen Gerichts, welches angesichts der völlig
unsubstantiierten damaligen Vorbringen der Beschwerdeführerin überhaupt keine
Veranlassung zu einer derartigen Prüfung hatte. Des Weitern stellt sich die
Beschwerdeführerin mit diesem Vorwurf in Widerspruch zu ihren eigenen
Ausführungen, wonach das Vertriebskonzept seit Beginn der Tätigkeit nie
verändert worden sei. Aus dem Vorliegen eines einheitlichen Betriebskonzeptes
ist zu schliessen, dass die Situation für alle Vertriebspartner gleich zu
beurteilen ist. Es ist nicht erkennbar, weshalb die beitragsrechtliche
Situation von Vertriebspartnern, denen die Beschwerdeführerin geringere
Zahlungen als C.________ ausrichtete, anders zu beurteilen sein sollte.  
 
4.6. Für die Beurteilung der Angelegenheit ist die Auffassung anderer
Ausgleichskassen nicht massgebend, so dass die in der Beschwerde erhobene Rüge,
die Vorinstanz habe sich damit in Verletzung der Begründungspflicht nicht
befasst, ins Leere geht. Massgebend ist allein, wie die erwerbliche Situation
der von der Beschwerdeführerin im Zeitraum von 2011 bis 2014 beschäftigten
Personen zu qualifizieren ist. Dabei ist auch festzustellen, dass das BSV die
Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 31. Mai 2013 anhielt, den Ausgang des
damals beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau hängigen, C.________
betreffenden Verfahrens abzuwarten (letztinstanzlich entschieden mit Urteil
9C_377/2015 vom 22. Oktober 2015). Gerade auch diese Ausführungen des BSV
zeigen, dass eine einheitliche Beurteilung der Vertriebspartner angestrebt war.
Schliesslich wird die behauptete, trotz Kenntnis des Urteils 9C_377/2015
abweichende Haltung anderer Ausgleichskassen nicht belegt. Die
Beschwerdeführerin bleibt auch den Nachweis schuldig, dass diese Kassen künftig
- bei unveränderter Sach- und Rechtslage - gleich entscheiden würden. Nur dann
aber wäre ein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht überhaupt in
Betracht zu ziehen (BGE 139 II 49 E. 7.1 S. 61 sowie HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, S. 136 N. 599 ff.).  
 
5.   
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 26. Januar 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann 

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