Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 515/2017
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_515/2017  
 
 
Urteil vom 3. Mai 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Daniela Mathys, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Philos Krankenversicherung AG, 
Rechtsdienst, Rue des Cèdres 5, 1920 Martigny, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 23. Juni 2017 (200 16 1095 KV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1972, ist bei der Philos Krankenversicherung AG
(nachfolgend: Philos) obligatorisch krankenpflegeversichert. Im Rahmen von zwei
kieferchirurgischen Eingriffen vom 24. April und 8. Mai 2015 wurden ihr die
unteren Weisheitszähne (Zähne 38 und 48) extrahiert. Die Philos legte die Akten
ihren Vertrauenszahnärzten vor und holte beim Spital B.________ eine
spezialärztliche Beurteilung ein. Gestützt darauf wies sie das vom behandelnden
Kieferchirurgen gestellte Gesuch um Übernahme der Operationskosten ab, weil von
den gezogenen Zähnen kein qualifizierter Krankheitswert ausgegangen sei
(Verfügung vom 8. September 2015 bzw. Ei nspracheentscheid vom 5. Oktober
2016). 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 23. Juni 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit den Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die
Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Kosten der kieferchirurgischen
Entfernung der Zähne 38 und 48 zu übernehmen. Eventualiter sei die Sache zur
Durchführung eines Beweisverfahrens und zum Erlass eines neuen Entscheides an
die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Grundlagen über den Anspruch auf
Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für zahnärztliche
Behandlungen zutreffend wiedergegeben (Art. 31 Abs. 1 KVG, Art. 33 Abs. 2 und 5
KVG i.V.m. Art. 33 lit. d KVV, Art. 17-19a KLV). Dasselbe gilt für die
Ausführungen in Bezug auf die Kostenübernahme bei einer Erkrankung der Zähne
als Teil des Kausystems (Art. 17 lit. a KLV), das hierbei geltende Erfordernis
des qualifizierten Krankheitswerts und die Besonderheiten bei der Behandlung
verlagerter Weisheitszähne (vgl. BGE 130 V 464). Korrekt sind schliesslich auch
die Darlegungen zur Rechtsprechung betreffend die Funktion und Beweiskraft
medizinischer Berichte und Gutachten, insbesondere was (versicherungsinterne)
Aktenbeurteilungen betrifft (BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S.
269; 125 V 251 E. 3a S. 252 ff.). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Soweit die Beschwerdeführerin in formeller Hinsichteine Verletzung des
Devolutiveffekts rügt, dringt sie nicht durch: Die anzustrebende Raschheit des
Beschwerdeverfahrens (Art. 61 lit. a ATSG) schliesst umfangreiche und
zeitraubende Abklärungen aus. Ebenso verbieten sich solche, welche der
Mitwirkung der versicherten Person bedürfen (BGE 136 V 2 E. 2.7 S. 6 mit
weiteren Hinweisen). Vorliegend beschränkte sich die Beschwerdegegnerin jedoch
darauf, dem Experten des Spitals B.________, Dr. med. et med. dent. C.________,
sowie dem behandelnden Kieferchirurgen Dr. med. et med. dent. D.________
Zusatzfragen zu stellen. Es handelte sich folglich bloss um punktuelle
Ergänzungen, welche im Beschwerdeverfahren klarerweise vorgenommen werden
dürfen (statt vieler: Urteile 8C_899/2014 vom 28. Mai 2015 E. 3.2 und 8C_284/
2014 vom 16. Dezember 2014 E. 5.3 ff.). Dies gilt umso mehr, als Art. 53 Abs. 3
ATSG, wie die Beschwerdeführerin selber einräumt, die Möglichkeit der
Wiedererwägung des Einspracheentscheides bis zur Stellungnahme gegenüber der
Beschwerdebehörde vorsieht. Von einer unzulässigen Verlängerung des
verwaltungsinternen Abklärungsverfahrens (Art. 43 Abs. 1 ATSG) oder einer
Verletzung der Mitwirkungsrechte der Versicherten (Art. 29 Abs. 2 BV) kann
daher nicht die Rede sein.  
 
3.2. Die Vorinstanz hat den Einspracheentscheid vom 5. Oktober 2016 bestätigt
und einen Leistungsanspruch mit überzeugender Begründung verneint. Sie hat
insbesondere auf die Aktenbeurteilung des Dr. med. et med. dent. C.________
abgestellt und erwogen, die Lage der unteren Weisheitszähne, insbesondere wenn
sie retiniert (noch nicht durchgebrochen) seien, hänge überwiegend
wahrscheinlich nicht mit der Diskopathie der Kiefergelenke zusammen. Ebenso
wenig bestehe eine Evidenz für einen sicheren Zusammenhang zwischen den
retinierten Weisheitszähnen und einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) bzw.
einer damit zusammenhängenden kieferorthopädischen Überkompensation.  
 
3.3. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, verfängt nicht: Die
Einschätzung des Dr. med. et med. dent. C.________ (Bericht vom 21. Juni 2016)
stimmt insbesondere mit der vertrauenszahnärztlichen Beurteilung des Dr. med.
dent. E.________ überein (Stellungnahme vom 10. August 2016). Daher kann von
einem im Wesentlichen feststehenden medizinischen Sachverhalt ausgegangen
werden. Anhaltspunkte für auch nur geringe (vgl. statt vieler: BGE 139 V 225 E.
5.2 S. 229) Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der eingeholten
Aktenbeurteilungen bestehen unter diesen Umständen nicht. Solche entfallen -
wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat - in Bezug auf die
abweichenden Angaben des Dr. med. et med. dent. D.________ ohne Weiteres (vgl.
BGE 135 V 470 E. 4.5 S. 470 mit Hinweisen). Die vorinstanzliche
Schlussfolgerung, dass ein durch die beiden Weisheitszähne bedingter
Mesialisierungsdruck nicht nachvollziehbar sei, weil die retinierten
Weisheitszähne 38 und 48 weder Teil der Okklusionslinie gewesen seien, noch
diese beeinflusst hätten, ist angesichts der entsprechenden Berichte der Dres.
med. et med. dent. C.________ und med. dent. E.________ jedenfalls nicht
willkürlich oder sonstwie bundesrechtswidrig. Hat das kantonale Gericht weiter
erwogen, die Entfernung der Weisheitszähne sei auch keine notwendige Bedingung
für die Therapie mit einer Aufbissschiene gewesen (vorinstanzliche Erwägung
3.4.1), so trägt dies - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - der
Gesamtproblematik offenkundig Rechnung. Eine Gefährdung der gesamten Zahnreihe
oder der direkt benachbarten Zähne 37 und 47, wie sie in der Beschwerde geltend
gemacht wird, lag nach den schlüssigen Ausführungen des Dr. med. et med. dent.
C.________ ebenfalls nicht vor (vgl. Bericht vom 21. Juni 2016; Stellungnahme
vom 31. Januar 2017). Die sonstigen Vorbringen der Beschwerdeführerin
erschöpfen sich in ihrer eigenen Einschätzung der medizinischen Akten sowie den
wiederholten Behauptungen betreffend eine durch die Zähne 38 und 48 bedingte
Schädigung des Kausystems, was nicht genügt. Inwieweit nach dem Gesagten ein
hinreichender Anlass für die Einholung einer Gerichtsexpertise bestehen soll,
ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
4.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. Mai 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben