Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 499/2017
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_499/2017        

Urteil vom 30. August 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Beckmann,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse SAK, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Hinterlassenenleistung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom
19. Juni 2017.

Sachverhalt:

A. 
Der 1964 geborene, in Deutschland wohnhafte A.________, Vater zweier am 6. Juni
1993 und 20. August 1997 geborener Söhne, bezieht seit 1. Januar 2007 eine
Witwerrente der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung. Am 14.
September 2015 teilte ihm die Schweizerische Ausgleichskasse (SAK) mit, dass
die Witwerrente auf den 30. August 2015 eingestellt werde, da der jüngere Sohn
zu diesem Zeitpunkt das 18. Altersjahr vollendet habe. Den von A.________ in
der Folge erhobenen Einwand nahm die SAK als gegen ihre Verfügung vom 14.
September 2015 gerichtete Einsprache entgegen und beschied diese abschlägig
(Einspracheentscheid vom 2. Dezember 2015).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit
Entscheid vom 19. Juni 2017 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihm weiterhin
eine Witwerrente auszurichten.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich
eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen
Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den von der
Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei
denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz die Aufhebung der Witwerrente des
Beschwerdeführers durch die Beschwerdegegnerin zu Recht geschützt hat.
Die in diesem Zusammenhang massgeblichen rechtlichen Grundlagen, namentlich
Art. 24 Abs. 2 AHVG, wonach der Anspruch auf Witwerrente erlischt, wenn das
letzte Kind des Witwers das 18. Altersjahr vollendet hat, sowie das Urteil
9C_617/2011 vom 4. Mai 2012 (in: SVR 2012 AHV Nr. 14 S. 53), wurden im
angefochtenen Entscheid zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3. 

3.1. Die Vorinstanz hat insbesondere unter Bezugnahme auf das im Urteil 9C_617/
2011 vom 4. Mai 2012 (in: SVR 2012 AHV Nr. 14 S. 53) Ausgeführte
zusammenfassend erwogen, der Gesetzgeber habe mit dem in Art. 24 Abs. 2 AHVG
stipulierten, lediglich für Witwerrenten geltenden Beendigungsgrund explizit
eine geschlechtsspezifische Unterscheidung vorgenommen, die sich weder wegen
biologischer noch funktionaler Verschiedenheiten aufdränge. Das sei
grundsätzlich eine mit Art. 8 Abs. 3 BV unvereinbare Verfassungswidrigkeit, die
nach dem Scheitern der 11. AHV-Revision bis heute andauere. Da die
entsprechende Regelung aber im Gesetz selber angelegt sei, komme ihr für das
Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden verbindliche Wirkung
zu (Art. 190 BV). Auch verfassungswidrigen Bundesgesetzen könne weder im Rahmen
der abstrakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden
(BGE 139 I 180 E. 2.2 S. 185; 136 II 120 E. 3.5.1 S. 130).

3.2. Die Vorbringen in der Beschwerde sind nicht geeignet, die Rechtmässigkeit
dieser vorinstanzlichen Beurteilung in Frage zu stellen.

3.2.1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 14 in Verbindung
mit Art. 8 EMRK rügt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Schweiz das
erste Zusatzprotokoll zur EMRK vom 20. März 1952 nicht ratifiziert hat. Die
hierauf beruhende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrecht (EGMR) zur diskriminierungsfreien Gewährung von Sozialleistungen
ist für die Schweiz daher nicht verbindlich. Die unmittelbar gestützt auf Art.
14 in Verbindung mit Art. 8 EMRK ergangenen Urteile des EGMR zur
diskriminierungsfreien Gewährung von Sozialleistungen, die der Förderung der
Familie dienen oder deren Organisation betreffen, haben Gesetzgeber und
Gerichte hingegen zu beachten (Urteil 9C_617/2011 vom 4. Mai 2012 E. 2.2 und
3.1, in: SVR 2012 AHV Nr. 14 S. 53).
Das akzessorische Diskriminierungsverbot von Art. 14 EMRK verbietet
Unterscheidungen auf Grund bestimmter Merkmale bei der Umsetzung von in der
EMRK garantierten Rechten und Freiheiten. Es kann immer schon dann angerufen
werden, wenn der umstrittene Sachverhalt in den Schutzbereich einer
konventionsrechtlichen Garantie fällt; deren Verletzung ist nicht erforderlich
(Urteil des EGMR, Willis gegen das Vereinigte Königreich, vom 11. Juni 2002, Rs
Nr. 36042/97, Rz. 29; BGE 136 II 120 E. 3.3.3 S. 128). Nicht jede
unterschiedliche Behandlung ist diskriminierend. Eine verpönte
Ungleichbehandlung setzt voraus, dass vergleichbare Situationen auf Grund von
Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, nationaler oder sozialer Herkunft usw.
unterschiedlich behandelt werden, ohne dass sich dies objektiv und sachlich
rechtfertigen lässt. Die umstrittene Massnahme muss aber mit Blick auf den
verfolgten Zweck zulässig erscheinen und die zu dessen Realisierung
eingesetzten Mittel müssen verhältnismässig sein (BGE a.a.O.; Urteil 9C_617/
2011 vom 4. Mai 2012 E. 3.1 mit Hinweisen, in: SVR 2012 AHV Nr. 14 S. 53).

3.2.1.1. Im Urteil 9C_521/2008 vom 5. Oktober 2009 (in: SVR 2010 AHV Nr. 2 S.
3; bestätigt durch Urteil 9C_617/2012 vom 4. Mai 2012 E. 3.2, in: SVR 2012 AHV
Nr. 14 S. 53) befasste sich das Bundesgericht mit dem Anspruch auf Witwerrente
eines Mannes, der in eingetragener gleichgeschlechtlicher Partnerschaft gelebt
hatte und dessen Partner kurz nach Registrierung der Gemeinschaft verstorben
war. Auch in jenem Fall rügte der Beschwerdeführer, Art. 23 und 24 AHVG seien
diskriminierend; sie verstiessen gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 EMRK. Das
Bundesgericht wies auf die Rechtsprechung des EGMR hin, wonach Art. 14 EMRK
keine eigenständige Bedeutung zukommt und dieser nur zusammen mit
konventionsgeschützten Ansprüchen zur Anwendung gelangt (E. 3.2.1 hiervor). Es
erwog, Art. 6 EMRK garantiere das Recht auf Zugang zu einem Gericht, schaffe
aber keinen gegenüber dem Staat durchsetzbaren Anspruch auf
sozialversicherungsrechtliche Leistungen. Weil das Recht auf Zusprechung einer
Witwerrente nicht in den Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK falle, bleibe auch
kein Raum für den Beizug von Art. 14 EMRK, dessen Garantien im Übrigen nicht
über Art. 8 BV hinausgingen (BGer a.a.O., E. 4.3).

3.2.1.2. Was sodann den in der Beschwerde angerufenen Art. 8 EMRK anbelangt,
lässt sich nach der Rechtsprechung des EGMR gestützt darauf keine Pflicht der
Mitgliedstaaten ableiten, bestimmte Sozialversicherungsleistungen zu erbringen.
Art. 8 EMRK begründet somit auch keinen (direkten) Anspruch des überlebenden
Ehemannes auf eine Witwerrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung
(Urteil 9C_617/2011 vom 4. Mai 2012 E. 3.3 mit diversen Hinweisen, in: SVR 2012
AHV Nr. 14 S. 53).

3.2.2. Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer schliesslich aus dem in Art. 26
des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16.
Dezember 1966 (IPBPR; SR 0.103.2) verankerten Diskriminierungsverbot etwas zu
Gunsten seines Standpunkts abzuleiten. Diese Vorschrift hat - wie auch Art. 14
EMRK - keine selbstständige Geltung als Menschenrecht (Urteil 5D_7/2015 vom 13.
August 2015 E. 9.2; vgl. auch BGE 123 II 472 E. 4d S. 478).

3.3. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ansprüche sind deshalb
(materiellrechtlich) nach Art. 24 Abs. 2 AHVG zu beurteilen, wonach, wie
hiervor dargelegt, ein Anspruch auf Witwerrente erlischt, wenn das letzte Kind
des Witwers das 18. Altersjahr vollendet hat.

4. 

4.1. Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (Art. 109 Abs. 2 lit. a
BGG), wird sie im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung und unter
Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid erledigt (Art. 109 Abs. 3
BGG).

4.2. Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III,
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. August 2017

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben