Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 455/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_455/2017            

 
 
 
Urteil vom 14. November 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________ GmbH, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Luzern 
vom 17. Mai 2017 (5V 16 360). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.________ ist einziger Gesellschafter, Angestellter und Geschäftsführer der
A.________ GmbH. Seit 1. Januar 2012 ist die Gesellschaft der Ausgleichskasse
Luzern angeschlossen. Gestützt auf die Ergebnisse einer Arbeitgeberkontrolle
vom 25. Januar 2016 verpflichtete die Ausgleichskasse die A.________ GmbH mit
Verfügung vom 1. März 2016 zur Nachzahlung von paritätischen AHV/IV/EO/
AlV-Beiträgen sowie von Beiträgen an die kantonale Familienausgleichskasse in
der Höhe von Fr. 1'128.15, einschliesslich Zinsen und Verwaltungskosten, für
das Jahr 2012. 
Auf Einsprache hin hielt die Ausgleichskasse an ihrem Standpunkt fest
(Entscheid vom 19. August 2016). Weil die B.________ im Jahre 2012
ausgeschüttete Dividende von Fr. 10'000.- 10 % des steuerlichen
Unternehmenswertes überstieg, rechnete sie Fr. 6'840.- davon als
beitragspflichtigen Lohn auf. 
 
B.   
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher die A.________ GmbH zur
Hauptsache beantragt hatte, es sei auf die Lohnaufrechnung zu verzichten, wies
das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 17. Mai 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erneuert die
A.________ GmbH das vorinstanzlich gestellte Hauptbegehren; eventuell sei
lediglich ein Betrag von Fr. 1'950.- als Lohn aufzurechnen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 4 und 5 AHVG werden Sozialversicherungsbeiträge nur vom
Erwerbseinkommen erhoben, nicht aber vom Vermögensertrag (BGE 122 V 178 E. 3b
S. 179 f.). Dividenden stellen beitragsfreien Vermögensertrag dar. Weil auf
Dividenden keine Sozialversicherungsabgaben geschuldet sind, mag es
beitragspflichtigen Unternehmeraktionären als vorteilhaft erscheinen, hohe
Dividenden und ein tiefes Salär auszuweisen (BGE 141 V 634 E. 2.1 S. 636 mit
Hinweisen).  
 
2.2. Nach der Rechtsprechung gehören Vergütungen, die als reiner Kapitalertrag
zu betrachten sind, nicht zum massgebenden Lohn. Ob dies zutrifft, ist nach dem
Wesen und der Funktion einer Zuwendung zu beurteilen. Deren rechtliche oder
wirtschaftliche Bezeichnung ist nicht entscheidend und höchstens als Indiz zu
werten. Unter Umständen können auch Zuwendungen aus dem Reingewinn einer
Aktiengesellschaft beitragsrechtlich massgebender Lohn sein; dies gilt laut 
Art. 7 lit. h AHVV namentlich für Tantiemen. Es handelt sich dabei um
Vergütungen, die im Arbeitsverhältnis ihren Grund haben. Zuwendungen, die nicht
durch das Arbeitsverhältnis gerechtfertigt werden, gehören nicht zum
massgebenden Lohn, sondern sind Gewinnausschüttungen, welche eine Gesellschaft
ihren Gesellschaftern ohne entsprechende Gegenleistung zuwendet, aber
unbeteiligten Dritten unter den gleichen Umständen nicht erbringen würde (BGE
141 V 634 E. 2.2 S. 636 mit Hinweisen).  
 
2.3. Von der von der Gesellschaft gewählten Aufteilung zwischen Lohn und
Dividende weicht die Steuerbehörde nur ab, wenn ein offensichtliches
Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem
Vermögen und Dividende besteht. Laut BGE 141 V 634 E. 2.2.2 S. 637 werden
deklariertes AHV-Einkommen und branchenübliches Gehalt einerseits,
Dividendenzahlung und Aktienwert anderseits zu einander in Beziehung gesetzt,
um zu prüfen, ob ein solches Missverhältnis besteht und zu bestimmen, ob ein
Teil der ausgeschütteten Dividende als beitragspflichtiges Einkommen
aufzurechnen ist. Dabei wird die Angemessenheit des Vermögensertrags nicht in
Relation zum Nennwert (Nominalwert), sondern zum effektiven wirtschaftlichen
Wert der Aktien oder sonstigen Anteile (Eigenkapital einschliesslich offener
und stiller Reserven) gesetzt.  
 
2.4. Praxisgemäss ist es Sache der Ausgleichskassen, selbstständig zu
beurteilen, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als
Kapitalertrag qualifiziert werden muss. Der in Art. 23 AHVV enthaltenen Ordnung
entspricht es, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel jedoch an die
bundessteuerrechtliche Betrachtungsweise halten. Soweit es vertretbar ist, soll
eine verschiedene Betrachtungsweise der Steuerbehörde und der AHV-Verwaltung
vermieden werden, dies um der Einheit und der Widerspruchslosigkeit der
gesamten Rechtsordnung Willen (BGE 141 V 634 E. 2.5 S. 638).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz legte den Substanzwert der Beschwerdeführerin gemäss
kantonaler Steuerbehörde auf Fr. 21'797.- (einbezahltes Kapital: Fr. 20'000.-;
Reserven: Fr. 1'797.-) fest. Sie folgte sodann der Auffassung der
Steuerbehörde, wonach die ursprüngliche Einzelunternehmung A.________
untergegangen und eine neue Gesellschaft gegründet worden sei. Somit sei der
von der Steuerbehörde gestützt auf den Substanzwert ermittelte Unternehmenswert
von Fr. 31'600.- entsprechend 158 % des einbezahlten Stammkapitals massgebend.
Die Ausgleichskasse habe den dem Beschwerdeführer ausbezahlten Lohn von Fr.
54'000.- nicht als branchenüblich erachtet, was dieser nicht bestritten hat.
Die Dividende von Fr. 10'000.- entspreche rund 32 % des Steuerwerts und
übersteige einen angemessenen Vermögensertrag von 10 % gemäss Verwaltungspraxis
(Rz. 2011.7 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen über den
massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO [WML: Stand am 1. Januar 2017])
erheblich. Die Festsetzung der Dividende auf Fr. 3'160.- und die Aufrechnung
der Differenz von Fr. 6'840.- als massgebenden Lohn laut Einspracheentscheid
der Ausgleichskasse sei damit zu Recht erfolgt.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin weist ausdrücklich darauf hin, auf die Höhe des
Lohnes nicht einzugehen. Hingegen wendet sie sich gegen die Festlegung des
Steuerwerts. Soweit sie geltend macht, die Vorinstanz verhalte sich
widersprüchlich, indem sie sich für die vermögenssteuerliche Betrachtungsweise
auf die Steuerbehörde stütze, für die einkommenssteuerliche jedoch nicht, kann
ihr nicht beigepflichtet werden. Das kantonale Gericht hat diesen Einwand
bereits entkräftet. Weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin sind nicht
relevant (persönliche Steuerveranlagung im Kanton Zug), oder es handelt sich um
neue tatsächliche Vorbringen, die aufgrund von Art. 99 Abs. 1 BGG unzulässig
sind, da die Beschwerdeführerin nicht erst durch den angefochtenen Entscheid
veranlasst wurde, diese vorzutragen. Wenn die Beschwerdeführerin erneut die
Auffassung vertritt, die GmbH sei aus der Einzelunternehmung A.________
hervorgegangen, ist auch insofern auf den angefochtenen Entscheid zu verweisen,
worin diese Ansicht mit zutreffenden Argumenten verworfen wurde. Weshalb der
Unternehmenswert der GmbH auf Fr. 115'461.- festgesetzt werden sollte, wie in
der Beschwerde zusammenfassend geltend gemacht wird, vermag nicht
einzuleuchten. Entscheidend ist nicht, ob der Antrag der Beschwerdeführerin
vertretbar, verwaltungsökonomisch wünschenswert und der geforderte
Unternehmenswert angemessen wäre. Für eine Korrektur des angefochtenen
Entscheids vorausgesetzt wäre vielmehr, dass die Vorinstanz den
rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt oder
anderweitig Bundesrecht verletzt hat (E. 1 hiervor). Derartige Rügen erhebt und
begründet die Beschwerdeführerin nicht. Wirtschaftliche Aspekte und die
Ausführungen betreffend die Analogie der Umwandlung einer Personenunternehmung
in eine GmbH sowie die in der Einzelunternehmung vorhandenen finanziellen
Mittel sind schliesslich nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung darzutun.
 
 
4.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. November 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer 

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