Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 429/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_429/2017            

 
 
 
Urteil vom 30. August 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Gerschwiler, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 4. Mai 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1968 geborene A.________ meldete sich im August 2001 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügungen vom 25. November
und 11. Dezember 2003 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Thurgau die
leihweise Abgabe eines Hand- und eines Elektrorollstuhls sowie mit Verfügungen
vom 21. Juli 2004 eine ganze Invalidenrente ab 1. November 2002 zu. Die
mittlerweile zuständig gewordene IV-Stelle des Kantons St. Gallen bestätigte
mit Mitteilung vom 28. Dezember 2006 einen unveränderten Invaliditätsgrad und
Rentenanspruch. Am 5. Februar 2007 erteilte sie Kostengutsprache für die
leihweise Abgabe eines Handrollstuhls. Im Dezember 2009 leitete sie erneut ein
Revisionsverfahren ein. Mit Verfügung vom 11. Juli 2011 stellte sie die Rente
ab sofort vorsorglich ein. Nach weiteren Abklärungen und Durchführung der
entsprechenden Vorbescheidverfahren hob sie die Rente auf Ende Juli 2011 auf
(Verfügung vom 28. März 2014) und forderte sie den im Februar 2007
zugesprochenen Rollstuhl zurück (Verfügung vom 16. September 2014). 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die dagegen erhobenen
Beschwerden nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens (samt Ergänzung)
und Vereinigung der Verfahren mit Entscheid vom 4. Mai 2017 gut. Es hob die
Verfügungen vom 28. März und 16. September 2014 auf (Dispositiv-Ziff. 1) und
verpflichtete die IV-Stelle u.a. zur Zahlung der Kosten des Gerichtsgutachtens
(Dispositiv-Ziff. 3). 
 
C.   
Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen beantragt mit Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, der Entscheid vom 4. Mai 2017 sei
aufzuheben und die Verfügungen vom 28. März und 16. September 2014 seien zu
bestätigen; eventualiter sei Dispositiv-Ziff. 3 des angefochtenen Entscheids
aufzuheben. Ferner ersucht sie um aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels. 
 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_101/2015 vom 30. November 2015 E. 1.1). Diese
Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteile
9C_391/2015 vom 28. Januar 2016 E. 1; 9C_753/2015 vom 20. April 2016 E. 1). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat dem von ihr eingeholten psychiatrischen Gutachten der
Academy of Swiss Insurance Medicine (asim) vom 16. Dezember 2016 und dessen
Ergänzung vom 20. April 2017 Beweiskraft beigemessen und gestützt darauf
festgestellt, dass die Versicherte arbeitsunfähig im ersten Arbeitsmarkt sei
und seit der Rentenzusprache keine stabile (gesundheitliche) Verbesserung
eingetreten sei. Folglich hat sie die Rentenaufhebung für unzulässig gehalten.
Weiter hat sie die IV-Stelle verpflichtet, die Kosten für das Gerichtsgutachten
(Fr. 6'186.10) und dessen Ergänzung (Fr. 4'620.-) zu übernehmen. Sodann hat das
kantonale Gericht erwogen, in Bezug auf die Zusprache eines Rollstuhls vom 5.
Februar 2007 fehle es an einem Rückkommenstitel, weshalb die Verfügung vom 16.
September 2014 aufzuheben sei. Eine Rückforderung bedürfe in materieller
Hinsicht ergänzender Abklärungen. 
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die
Verwaltung und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen
und gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind.
Ärztliche Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu
Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die
versicherte Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines
Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend
ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).  
 
3.1.2. Den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Gutachten von
externen Spezialärzten, welche auf Grund eingehender Beobachtungen und
Untersuchungen sowie nach Einsicht in die Akten Bericht erstatten und bei der
Erörterung der Befunde zu schlüssigen Ergebnissen gelangen, ist bei der
Beweiswürdigung Beweiskraft zuzuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen
die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 125 V 351 E. 3b/bb S. 353;
Urteil 9C_278/2016 vom 22. Juli 2016 E. 3.2.2).  
 
3.1.3. Das Gericht weicht bei Gerichtsgutachten nicht ohne zwingende Gründe von
der Einschätzung der medizinischen Experten ab, deren Aufgabe es ist, ihre
Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen, um einen
bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen. Ein Grund zum Abweichen kann
vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise widersprüchlich ist oder wenn ein vom
Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu anderen
Schlussfolgerungen gelangt. Eine divergierende Beurteilung kann ferner
gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer
Fachexperten dem Gericht als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des
Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung durch
einen Oberexperten für angezeigt hält, sei es, dass es ohne Oberexpertise vom
Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V
351 E. 3b/aa S. 352 f. mit Hinweis; SVR 2015 UV Nr. 4 S. 13, 8C_159/2014 E.
3.2; Urteil 9C_278/2016 vom 22. Juli 2016 E. 3.2.3).  
 
3.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 2). Die konkrete
Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung
des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln Rechtsfrage (BGE
132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 4
mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden
Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE
133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1 BGG
).  
 
3.3. Die Vorinstanz hat die von der IV-Stelle veranlasste psychiatrische
Expertise des Dr. med. B.________ vom 17. Januar 2011 "als nicht ausreichende
medizinische Grundlage erachtet" und deshalb ein Gerichtsgutachten veranlasst.
Bereits im Schreiben vom 31. März 2016 legte sie dar, dass es um eine
Oberbegutachtung gehe, um zu erfahren, "ob bzw. welcher der divergierenden
Einschätzungen die Gerichtsexpertise aus medizinischer Sicht folgt bzw. wie die
Beschwerden der Beschwerdeführerin (...) eingeschätzt werden". Im Rahmen der
Beweiswürdigung hat das kantonale Gericht insbesondere festgestellt, in der
Anamnese- und Befunderhebung durch Dr. med. B.________ seien Hinweise auf
selbstschädigende Handlungen jedenfalls nicht im effektiven Ausmass enthalten.
Er habe seine Diagnosen aufgrund eines "nicht umfassenden Sachverhalts"
gestellt und daher die Schwere der Persönlichkeitsstörung nicht vollumfänglich
erfasst. Verschiedene Tatsachen seien ihm mindestens nicht in vollem Umfang
bekannt gewesen oder von ihm nicht umfassend gewürdigt worden. Dass diese
Feststellungen offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung
beruhen sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht,
weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleiben (E. 1). Damit hat die
Vorinstanz konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit des
Administrativgutachtens (E. 3.1.2) benannt und nachvollziehbar begründet,
weshalb es nicht darauf abgestellt und eine weitere Expertise eingeholt hat.  
 
Hinzu kommt, dass die Versicherte gegenüber dem Gutachter erwähnte, seit "ca."
Sommer 2010 durch Frau Dr. med. C.________ regelmässig
psychiatrisch-psychotherapeutisch behandelt zu werden. Ein entsprechender
Bericht war nicht aktenkundig, und der Experte verzichtete auf eine Rücksprache
mit der behandelnden Ärztin. Zu deren ausführlichem Bericht vom 7. September
2011 bezog er zwar nachträglich Stellung (Schreiben vom 22. März und 11. Juli
2012). Dennoch fehlt - bei im Wesentlichen übereinstimmenden Diagnosen - eine
fundierte Auseinandersetzung des Dr. med. B.________ mit den diametral
entgegengesetzten Einschätzungen der behandelnden Ärzte (vgl. auch Bericht des
Dr. med. D.________ vom 26. November 2010 und Schreiben der Frau Dr. med.
C.________ vom 10. Oktober 2012). Auch aus diesem Grund war die Notwendigkeit
des Gerichtsgutachtens gegeben. 
 
3.4.   
 
3.4.1. Die IV-Stelle rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör
(Art. 29 Abs. 2 BV). Die Vorinstanz habe zu Unrecht die in ihrer Eingabe vom
18. März 2016 formulierten Ergänzungsfragen nicht der Gerichtsexpertin zur
Beantwortung unterbreitet. Auch mit der Weiterleitung ihrer Stellungnahme zum
Gerichtsgutachten sei die Expertin nicht gehalten gewesen, die Fragen zu
beantworten.  
 
3.4.2. Grundsätzlich ist es Sache der verfahrensleitenden Behörde zu
entscheiden, ob der Sachverständige mit allfälligen Ergänzungsfragen und/oder
Stellungnahmen einer Partei (mündlich oder schriftlich) zu konfrontieren ist,
soweit der verfassungsrechtliche Minimalanspruch, sich zumindest nachträglich
zum Gutachten äussern zu können, gewahrt wird. Ein solches Vorgehen erscheint
regelmässig angezeigt, wenn substanziierte fachliche Einwände gegen die
Überzeugungskraft der Expertise vorgebracht werden. Grund hierfür ist, dass die
rechtsanwendenden Behörden mangels ausreichender Fachkenntnisse allfällige
objektiv-fachliche Mängel in Gutachten nicht immer erkennen können und diese
daher aufgrund ihrer Fachspezifität faktisch vorentscheidenden Charakter haben
(vgl. BGE 137 V 210 E. 2.5 S. 241; Urteil 2C_487/2013 vom 5. September 2013 E.
2.5.3). Im dargelegten Sinne sind jedoch lediglich die für den Einzelfall
erheblichen Fragen weiterzuleiten. Ziel dieser Mitwirkungsmöglichkeit ist eine
einzelfalladäquate Fragestellung, welche zur Qualität des Gutachtens wesentlich
beitragen kann. Von der Beantwortung von Ergänzungsfragen durch den Experten
kann somit abgesehen werden, wenn davon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten
sind (SVR 2017 IV Nr. 5 S. 10, 9C_634/2015 E. 4.1; Urteil 8C_386/2014 vom 6.
Oktober 2014 E. 4.3 mit Hinweis).  
 
3.4.3. Der Fragenkatalog des kantonalen Gerichts umfasste im Wesentlichen die
von der IV-Stelle in ihrer Eingabe vom 18. März 2016 aufgeworfenen
Fragestellungen, auch wenn sie nicht wörtlich übernommen wurden. Sodann legt
die Beschwerdeführerin nicht substanziiert dar (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG), und
ist auch nicht ersichtlich, inwiefern einzelfallbezogen entscheidende Fragen
offengeblieben sein resp. weitere Abklärung erfordert haben sollen. Die
Einwände der Verwaltung in ihrer Stellungnahme vom 23. Februar 2017 wurden
gehört. Die Expertin äusserte sich denn auch einlässlich und nachvollziehbar
dazu. Somit kann von einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör keine
Rede sein.  
 
3.5. Weiter bestreitet die Beschwerdeführerin die Beweiskraft des
Gerichtsgutachtens in materieller Hinsicht. Sie wiederholt dabei über weite
Teile hinweg wortwörtlich die vor dem kantonalen Gericht mit der Stellungnahme
vom 23. Februar 2017 vorgebrachten Argumente, ohne sich mit der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung (oder der Ergänzung des Gerichtsgutachtens vom
20. April 2017) auseinanderzusetzen. Insoweit ist auf die Beschwerde von
vornherein nicht einzugehen (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und
2.3 S. 245 ff.; Urteil 8C_699/2016 vom 27. Januar 2017 E. 2.2.1).  
 
Im Übrigen sind keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Expertin
die Rolle eines Herrn E.________ unzutreffend berücksichtigt habe und die
falsche Schreibweise ("F.________") im Gerichtsgutachten nicht lediglich auf
einem Diktatverhören beruhen soll. Ebenso leuchtet die Erklärung ein, ein
Aktenauszug sei zwar erstellt, aber versehentlich nicht mit dem
Gerichtsgutachten versandt worden, zeugen doch die bereits in diesem
enthaltenen Ausführungen von umfassender Aktenkenntnis. 
 
3.6. Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht dem asim-Gutachten vom 16.
Dezember 2016 und dessen Ergänzung vom 20. April 2017 zu Recht Beweiskraft
beigemessen. Unter den gegebenen Umständen (vgl. insbesondere E. 3.3 und 3.4.3)
besteht keine Veranlassung, die Abklärungskosten abweichend von der Vorinstanz
zu verlegen (vgl. SVR 2017 IV Nr. 10 S. 25, 8C_483/2016 E. 2.2).  
 
Die vorinstanzliche Feststellung betreffend die Arbeitsfähigkeit beruht nicht
auf einer Rechtsverletzung. Sie ist auch nicht offensichtlich unrichtig,
weshalb sie für das Bundesgericht verbindlich bleibt (E. 1). Folglich ist die
Beschwerde auch in Bezug auf den Rentenanspruch unbegründet. 
 
4.   
 
4.1. Anspruch auf Hilfsmittel besteht grundsätzlich im Rahmen der im Anhang zur
Verordnung des EDI vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch
die Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51) aufgeführten Liste, soweit sie
für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die
Selbstsorge notwendig sind (Art. 2 HVI i.V.m. Art. 14 IVV [SR 831.201] und Art.
21 IVG). Die Abgabe eines Rollstuhls ist nach Massgabe von Ziff. 9 Anhang HVI
vorgesehen.  
 
4.2. In Bezug auf die Rückforderung des 2007 zugesprochenen Rollstuhls hat das
kantonale Gericht erwogen, über die Häufigkeit des Rollstuhlgebrauchs lägen
keine ausreichenden Angaben vor, so dass nicht angenommen werden könne, die
Versicherte benötige den Rollstuhl nicht mehr. In formeller Hinsicht sei die
Mitteilung vom 5. Februar 2007 nicht aufgehoben worden, und ein entsprechender
Rückkommenstitel liege nicht vor. In der angefochtenen Rückforderungsverfügung
könne mangels Fristwahrung kein "eigenständiger Revisionstitel" im Sinne von 
Art. 53 Abs. 1 ATSG erblickt werden, weshalb sie aufzuheben sei. Eine erneute
Rückforderung bedürfe ergänzender Abklärungen.  
 
4.3. Anders als das kantonale Gericht anzunehmen scheint, schadet nicht, dass
die IV-Stelle die Mitteilung vom 5. Februar 2007 nicht ausdrücklich aufhob. Aus
der Verfügung vom 16. September 2014 geht unmissverständlich hervor, dass sie
auf die Leistungszusprache vom 5. Februar 2007 zurückkam, indem sie die
Versicherte zur Rückgabe des leihweise abgegebenen Rollstuhls verpflichtete und
einen weiteren Hilfsmittelanspruch verneinte. Als Rückkommenstitel fällt nicht
nur eine - von der Vorinstanz verworfene - (prozessuale) Revision im Sinne von 
Art. 53 Abs. 1 ATSG, sondern auch eine (materielle) Revision nach Art. 17 Abs.
2 ATSG oder eine Wiedererwägung gemäss Art. 53 Abs. 2 ATSG in Betracht (vgl.
Urteil 9C_800/2016 vom 9. Mai 2017 E. 2.2). Diesbezüglich enthält der
angefochtene Entscheid weder rechtliche Ausführungen noch Feststellungen.  
 
Wie die Beschwerdeführerin richtig erkennt, hat das kantonale Gericht
hinsichtlich des weiteren Hilfsmittelanspruchs resp. der Notwendigkeit eines
Rollstuhls (vgl. E. 4.1) einen ungenügend abgeklärten Sachverhalt angenommen.
Sie bestreitet indessen lediglich das Erfordernis weiterer Abklärungen, ohne
darzulegen, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung offensichtlich
unrichtig sein soll; diese bleibt daher verbindlich (E. 1). Die Vorinstanz hat
nicht ausgeführt, welche Beweiserhebungen sie für angezeigt erachtet hat. Bei
diesen Gegebenheiten wird sie den massgeblichen Sachverhalt zu ermitteln (vgl. 
Art. 61 lit. c ATSG) und über den weiteren Anspruch auf einen Handrollstuhl
erneut zu befinden haben. Insoweit ist die Beschwerde begründet. 
 
5.   
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der
Beschwerde gegenstandslos. 
 
6.   
Die Gerichtskosten sind entsprechend dem Ausmass des Obsiegens und Unterliegens
aufzuteilen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die teilweise obsiegende Beschwerdegegnerin
hat Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG
). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Mai 2017, soweit er den
Hilfsmittelanspruch betrifft, aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang zu
neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden zu Fr. 650.- der Beschwerdeführerin und
zu Fr. 150.- der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'900.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. August 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann 

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