Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 394/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_394/2017            

 
 
 
Urteil vom 8. November 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
 CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG, Bundesplatz 15,
6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung 
(Zahnbehandlung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
18. April 2017 (VBE.2016.688). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ musste sich 2014 zahnärztlich behandeln lassen. Mit Verfügung vom
20. März 2015 und Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2015 lehnte die CONCORDIA
Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG (nachfolgend: Concordia), bei
welcher er obligatorisch krankenpflegeversichert war mit Deckung auch bei
Unfällen, eine Kostenübernahme ab, was das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 14. Juni 2016 bestätigte. Mit Urteil 9C_535/2016 vom
2. November 2016 hob das Bundesgericht dieses Erkenntnis auf und wies die Sache
zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. 
 
B.   
U.a. gestützt auf die Stellungnahme der behandelnden Zahnärzte Dres. med. dent.
B.________ und C.________ vom 15. März 2017 wies das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau mit Entscheid vom 16. April 2017 die Beschwerde gegen den
Einspracheentscheid der Concordia vom 3. Dezember 2015 wiederum ab. 
 
C.   
A.________ hat Beschwerde eingereicht mit dem Rechtsbegehren, die Concordia sei
"als mein Unfallversicherer zur Kostenübernahme Fr. 6030.25 verursacht durch
den Unfallzahn vollumfänglich zu verpflichten". 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Streitgegenstand bildet die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin für die
beim Beschwerdeführer 2014 durchgeführten Behandlungen am Oberkiefer unter dem
Titel unfallbedingte zahnärztliche Behandlung nach Art. 31 Abs. 2 KVG i.V.m. 
Art. 1a Abs. 2 lit. b und Art. 28 KVG. Wie das Bundesgericht im Urteil 9C_535/
2016 vom 2. November 2016 E. 2.3 festgehalten hat, liegt ein Behandlungsfehler
und damit ein Unfall im Sinne dieser Regelung nur dann vor, wenn von "groben
und ausserordentlichen Verwechslungen und Ungeschicklichkeiten oder sogar
absichtlichen Schädigungen (...), mit denen niemand rechnet oder zu rechnen
braucht", gesprochen werden kann (vgl. Urteil 8C_283/2014 vom 2. September 2014
E. 2.2.2). 
 
 
2.   
Die Vorinstanz hat erwogen, die am 4. Februar 2014 extrahierten Zähne '23' und
'25' hätten Frakturen aufgewiesen. Es sei durch nichts belegt, dass diese
Frakturen auf ein Unfallereignis zurückzuführen wären. Die Annahme des
Beschwerdeführers, es müsse während der Extraktion des mehrwurzligen Zahns '24'
(und der Wurzelspitzenresektion beim Zahn '23') am 28. Mai 2013 im
Kantonsspital Aarau aufgrund einer Ungeschicklichkeit zu einer Wurzelfraktur
gekommen sein, entbehre einer Grundlage. In den Akten fänden sich keine
Hinweise darauf, dass die damalige Behandlung nicht fachgerecht durchgeführt
und vom medizinisch Üblichen abgewichen wurde. Ein unfallversicherungsrechtlich
relevanter Behandlungsfehler sei nicht ausgewiesen, weshalb die
Beschwerdegegnerin keine Leistungspflicht nach Art. 31 Abs. 2 KVG i.V.m. Art.
1a Abs. 2 lit. b und Art. 28 KVG treffe. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer rügt, die von Amtes wegen durchzuführenden Abklärungen
betreffend den Unfallhergang seien nicht vollständig erfolgt. Die Vorinstanz
habe es unterlassen, die Patientenakten der Klinik für Kiefer- und
Gesichtschirurgie des Kantonsspitals Aarau beizuziehen. Diese könnten
möglicherweise weitere Hinweise zur Wurzelfraktur des Zahns '25' liefern. Somit
müssten "meine Beweise betreffend Unfallzahn (...) höher gewichtet werden". 
 
4.   
 
4.1. Im Urteil 9C_535/2016 vom 2. November 2016 E. 2.2 hielt das Bundesgericht
u.a. fest, die Aktenlage sei unklar. Es gebe gewichtige Anhaltspunkte, dass
einer oder beide Zähne '23' und '24' im Oberkiefer links eine Fraktur
aufgewiesen hätten. An diesen Zähnen sei bereits am 28. Mai 2013 im Rahmen der
Behandlung einer apikalen Ostitis ein Eingriff vorgenommen worden, was die
nicht auszuschliessende Fraktur (mit-) verursacht haben könnte. Es wies daher
die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurück (zur Verbindlichkeit von Rückweisungsentscheiden des Bundesgerichts
Urteil 9C_82/2017 vom 31. Mai 2017 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
4.2. Die behandelnden Zahnärzte gaben in ihrer Stellungnahme vom 15. März 2017
an, Zahn '25' sei im Zeitpunkt der Befundaufnahme am 30. Januar 2014 horizontal
frakturiert gewesen. Am Zahn '23' sei nach der Extraktion am 4. Februar 2014
eine Längsfraktur der Wurzel festgestellt worden. Unter diesen Umständen war
aufgrund der Darlegungen des Bundesgerichts zu den möglichen Ursachen
allenfalls bestehender Zahnfrakturen der Beizug der Unterlagen zur Behandlung
im Mai 2013 (Röntgenbilder vor und nach dem Eingriff, Operationsbericht)
unabdingbar. Dazu bestand umso mehr Anlass, als aufgrund der Akten und der
Vorbringen des Versicherten einzig ein Behandlungsfehler (Ungeschicklichkeit)
bei der Extraktion von Zahn '24' und der Wurzelspitzenresektion beim Zahn '23'
am 28. Mai 2013 als anspruchsbegründender Unfall im Sinne von Art. 31 Abs. 2
KVG i.V.m. Art. 1a Abs. 2 lit. b und Art. 28 KVG in Betracht fiel.  
 
4.3. Die Sache geht zurück an die Vorinstanz, damit sie in diesem Sinne vorgehe
und danach über die streitige Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin erneut
entscheide.  
 
5.   
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. April 2017 wird aufgehoben und
die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an dieses
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 8. November 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler 

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