Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 383/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_383/2017            

 
 
 
Urteil vom 11. Oktober 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokatin Monica Armesto, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Pensionksasse X.________. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Rentenrevision; Arbeitsunfähigkeit), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 13. April 2017 (VBE.2016.779). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1962 geborene A.________ bezog gemäss Verfügung der IV-Stelle
Basel-Stadt vom 15. Oktober 1999 ab dem 1. Oktober 1998 wegen unfallbedingter
Kniebeschwerden eine ganze Rente der Invalidenversicherung, was in mehreren
Revisionsverfahren bestätigt wurde.  
 
A.b. Im November 2011 leitete die IV-Stelle des Kantons Aargau (fortan:
IV-Stelle) ein weiteres Revisionsverfahren ein. In dessen Verlauf ordnete sie
eine polydisziplinäre Begutachtung beim Zentrum für Medizinische Begutachtungen
(ZMB), Basel, an (Expertise vom 8. August 2013). Gestützt darauf setzte sie
nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung vom 22. September
2014 die bisherige ganze Rente ab 1. November 2014 auf eine Viertelsrente
herab. Auf Beschwerde hin hob das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit
Entscheid vom 30. Juni 2015 die Verfügung vom 22. September 2014 auf und wies
die Sache zur "Prüfung von Wiedereingliederungsmassnahmen vor Reduktion der
Rente" an die IV-Stelle zurück.  
Vom 5. Januar bis 4. Juli 2016 absolvierte A.________ als Integrationsmassnahme
ein Aufbautraining bei der Genossenschaft B._________ mit dem Ziel eines
Aufbaus der Präsenzzeit bis auf 50 % im Hinblick auf eine spätere
Arbeitsfähigkeit im ersten Arbeitsmarkt. Am 1. November 2016 verfügte die
IV-Stelle nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens den Abschluss der
beruflichen Massnahmen (Arbeitsgewöhnungsmassnahmen), am 9. November 2016 die
Herabsetzung der ganzen Rente auf eine Viertelsrente ab 1. Januar 2017. 
 
B.   
Die von A.________ gegen die Verfügungen vom 9. November 2016 erhobene
Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom
13. April 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13.
April 2017 sei aufzuheben, und es sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihr über
den 1. Januar 2017 hinaus eine ganze Invalidenrente nach Massgabe eines
Invaliditätsgrades von 100 % auszurichten. 
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Die beigeladene
Pensionskasse und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Die gesetzliche Kognitionsbeschränkung gilt namentlich für die
Einschätzung der gesundheitlichen und leistungsmässigen Verhältnisse, wie sie
sich bei der revisionsweisen Anpassung einer Invalidenrente wegen
Tatsachenänderungen (Gesundheitszustand, Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit usw.)
im massgeblichen Vergleichszeitraum entwickelt haben (Urteil 9C_363/2011 vom
31. Oktober 2011 E. 1.2 mit Hinweisen, in: SVR 2012 IV Nr. 25 S. 104).  
 
2.   
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die
Herabsetzung der ganzen Rente der Beschwerdeführerin auf eine Viertelsrente per
1. Januar 2017 durch die IV-Stelle bestätigte. Dabei stellt sich in erster
Linie die Frage, ob das kantonale Gericht zu Recht von einem Revisionsgrund
nach Art. 17 Abs. 1 ATSG ausging, und ob es zu Recht auf das Vorliegen von
Wiedererwägungsgründen nach Art. 53 Abs. 2 ATSG erkannte (Eventualbegründung). 
 
3.  
 
3.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin erheblich, wird die
Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht,
herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur Revision von
Invalidenrenten gibt jede Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die
geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu
beeinflussen. Die Invalidenrente ist daher nicht nur bei einer wesentlichen
Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern etwa auch dann revidierbar, wenn
sich bloss dessen erwerbliche Auswirkungen erheblich verändert haben. Dazu
gehört die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder
Anpassung an die Behinderung. Hingegen ist die lediglich unterschiedliche
Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im
revisionsrechtlichen Kontext unbeachtlich (BGE 141 V 9 E. 2.3 S.10 f.).  
 
3.2. Der Versicherungsträger kann auf formell rechtskräftige Verfügungen oder
Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und
wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG). An
der Unrichtigkeit der Verfügung darf kein vernünftiger Zweifel bestehen. Dieses
Erfordernis ist in der Regel erfüllt, wenn eine Leistungszusprache aufgrund
falscher Rechtsregeln erfolgt ist oder massgebliche Bestimmungen nicht oder
unrichtig angewendet worden sind. Ob dies zutrifft, beurteilt sich nach der
Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verfügung, einschliesslich der damaligen
Rechtspraxis (BGE 140 V 77 E. 3.1 S. 79 f.; Urteil 8C_18/2017 vom 4. Mai 2017
E. 3.2; je mit Hinweisen).   
 
4.   
Die Vorinstanz erkannte dem ZMB-Gutachten vom 8. August 2013 unter Verweis auf
ihren Entscheid vom 30. Juni 2015 Beweiskraft zu. In E. 4.3.1 dieses
Erkenntnisses stellte sie fest, der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin
habe sich seit dem 15. Oktober 1999 - Datum der rentenzusprechenden Verfügung -
wesentlich verbessert. Habe Dr. med. C._______ in seinem Bericht vom 26. April
1999 noch festgehalten, die Gehstrecke betrage maximal 15 Minuten an zwei
Gehstöcken, sei im ZMB-Gutachten vom 8. August 2013 zu lesen, die Versicherte
benutze diese bei vermehrten Schmerzen zur Sicherheit. Das Gehen ohne
Stockhilfe sei inzwischen also grundsätzlich möglich; es habe eine deutliche
Verbesserung der Gehfähigkeit stattgefunden. Ausserdem sei eine weitgehende
Normalisierung der ursprünglich dokumentierten Varusfehlstellung festgestellt
worden. Mit dem RAD sei überdies davon auszugehen, dass es sich bei einer
Gewichtsreduktion von über 40 Kilogramm um eine wesentliche Veränderung des
Gesundheitszustands handle. Aufgrund dieser Tatsachen liege mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustands mit
Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit vor und sei das Vorliegen eines
Revisionsgrundes zu bejahen. 
Demgegenüber vermochte das kantonale Gericht im Bericht der Genossenschaft
B._________ vom 7. Juli 2016 keine neuen Gesichtspunkte zu erkennen, die von
den Gutachtern nicht erkannt und abgeklärt worden wären. 
Im Sinne einer Eventualbegründung verwies die Vorinstanz schliesslich darauf,
dass mit der Wiedererwägung ein weiterer Rückkommenstitel bestehe. Im
vorliegenden Fall seien die Abklärungen zur Erwerbsfähigkeit vor der ersten
Rentenzusprache ungenügend gewesen; auch hätte die IV-Stelle vor
Verfügungserlass die Ergebnisse der bevorstehenden Operationen abwarten
müssen. 
 
5.   
Die Beschwerdeführerin rügt, das ZMB-Gutachten könne, entgegen der
bundesrechtswidrigen vorinstanzlichen Würdigung, für die Zwecke einer
Rentenrevision nicht als beweiskräftig gelten, da es sich nicht dazu
ausspreche, inwiefern seit dem ursprünglichen Rentenentscheid eine Veränderung
eingetreten sei. Damit basiere die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit auf einer
abweichenden Beurteilung eines im wesentlichen unveränderten
Gesundheitszustandes. Indem das kantonale Gericht ausserdem das
Eingliederungsergebnis in der Genossenschaft B._________ nicht berücksichtigt,
sondern darauf verwiesen habe, dass es an seine früheren Erwägungen gebunden
sei, habe es ihr das rechtliche Gehör verweigert. 
Auch die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung seien nicht gegeben, da der
ursprüngliche Entscheid weder offensichtlich unrichtig, noch nach
unvollständiger Sachverhaltsabklärung ergangen sei. Insbesondere sei eine
Knietotalprothese, die verschiedentlich als Therapiemassnahme zur Diskussion
stand, nach wie vor aufgrund gewichtiger Kontraindikationen (Alter und Gewicht
der Beschwerdeführerin) nicht eingesetzt worden; insofern als die Vorinstanz
festhalte, es hätte mit dem Rentenentscheid bis zur Vornahme dieser Operation
abgewartet werden müssen, verfalle sie deshalb in Willkür. 
 
Schliesslich hätte, selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine
Rentenreduktion, eine solche in ihrem Fall, nach über 15-jährigem Bezug, nicht
vorgenommen werden dürfen, da das Scheitern der Integrationsmassnahme in der
Genossenschaft B._________ aufgezeigt habe, dass eine Wiedereingliederung in
den ersten Arbeitsmarkt - trotz der von den medizinischen Gutachtern
attestierten medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit von 50 % - unmöglich
sei. 
 
6.  
 
6.1. Ob das ZMB-Gutachten vom 8. August 2013 eine massgebliche Verbesserung des
Gesundheitszustandes aufzeigt, kann offen bleiben. Darin wird eine
Arbeitsfähigkeit von 50 % in leichten, wechselbelastenden Tätigkeiten mit
Schwerpunkt Sitzen, ohne kniende oder kauernde Positionen sowie ohne längere
Gehstrecken oder Treppen- und Leiternsteigen attestiert. Dass diese
Einschätzung seit März 1998 gelten soll, lässt die Beurteilung als abweichende
Würdigung desselben Sachverhalts, den bereits Dr. med. C._______ zugrunde legte
(vgl. auch die weitgehend deckungsgleichen Diagnosenkataloge im Gutachten vom
8. August 2013 und im Bericht vom 26. April 1999), erscheinen, die gerade nicht
an einer Verbesserung des Gesundheitszustands mit erheblichen Auswirkungen auf
die Arbeitsfähigkeit anknüpft (E. 3.1 hievor; vgl. z.B. auch 130 V 343 E. 3.5
S. 350; Urteil 9C_894/2015 vom 25. April 2016 E. 5.2). Andere ärztliche
Berichte, aus denen sich eine Verbesserung ergeben würde (vgl. hierzu Urteil
9C_621/2010 vom 22. Dezember 2010 E. 2.2.3 und 2.3.3), liegen nicht bei den
Akten. Eine vergleichende Würdigung des Berichts vom 26. April 1999 und des
ZMB-Gutachtens - wie von der Vorinstanz vorgenommen (vgl. deren Erkenntnis vom
30. Juni 2015 E. 4.3.1) - erübrigt sich, da in concreto die Revision unabhängig
von einer allfälligen Veränderung des Gesundheitszustands zulässig ist.  
 
6.2. Zwar genügt nach ständiger Rechtsprechung eine blosse Neubeurteilung der
invaliditätsmässigen Voraussetzungen i.d.R. nicht für eine revisionsweise
Herabsetzung der Invalidenrente (E. 3.1 hievor). Dieser Konzeption liegt aber
die Vorstellung zugrunde, dass die erstmalige Rentenfestsetzung auf der Basis
einer umfassenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlage ergangen ist. Hat die
Verwaltung mit Blick auf eine noch laufende medizinische Behandlung eine nicht
abschliessende Aktenlage für die Rentenzusprache genügen lassen, so schliesst 
Art. 17 ATSG nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt eine eingehendere Abklärung
der Sache vorzunehmen und gestützt auf deren Ergebnisse tatsächlicher Natur
über den laufenden Leistungsanspruch revisionsweise neu zu befinden, wenn im
Zeitpunkt der Rentenverfügung ein entsprechender Vorbehalt gemacht wurde
(Urteil 9C_342/2008 vom 20. November 2008 E. 3.2, nicht publiziert in BGE 135 I
1, aber in: SVR 2009 IV Nr. 20 S. 52).  
Im Zeitpunkt des erstmaligen Rentenentscheids konnten Heilungsverlauf und
Arbeitsfähigkeit noch nicht abschliessend eingeschätzt werden, wie sich aus den
medizinischen Berichten insbesondere des Dr. med. C.________ ohne Weiteres
ergibt. Deshalb wurde in der Verfügung vom 15. Oktober 1999 die Rente
ausdrücklich nur unter der Auflage einer Schadenminderungspflicht
(Gewichtsreduktion und mittelfristig Prothesenimplantation) zugesprochen, wobei
festgehalten wurde, deren Einhaltung werde revisionsweise überprüft. Darin ist
ein Vorbehalt der späteren revisionsweisen Neuverfügung zu sehen. 
 
6.3. Folglich konnte die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin ex nunc et pro
futuro revisionsweise neu beurteilt werden. Die Vorinstanz stellte dazu auf das
als beweiskräftig erachtete ZMB-Gutachten ab. Hinsichtlich des Beweiswertes
eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange
umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten
Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die
Schlussfolgerungen der Experten begründet sind (vgl. BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232 mit Hinweisen). Vorliegend verneinten diese jegliche Diskrepanzen zu den
involvierten Ärzten, und damit insbesondere zu Dr. med. C._______. Mit dessen
abweichender Einschätzung (100%ige Arbeitsunfähigkeit) setzten sie sich aber
nicht auseinander. Hinzu kommt, dass auch das - von der Begutachtung ebenfalls
abweichende - Resultat des Aufbautrainings in der Genossenschaft B._________ in
der Expertise keine Berücksichtigung bezüglich der Arbeitsfähigkeitsschätzung
gefunden hat. Eine nachträgliche Ergänzung in diesem Punkt wäre umso mehr
angezeigt gewesen, als bereits der rheumatologische Gutachter deren praktische
Umsetzbarkeit anzweifelte. Indem Vorinstanz und Verwaltung sich ausschliesslich
auf die von den ärztlichen Gutachtern geschätzte medizinisch-theoretische
Arbeitsfähigkeit abstützten, kamen sie ihren Abklärungspflichten nicht nach (
Art. 61 lit. c ATSG; vgl. auch SVR 2012 IV 25 S. 104, 9C_363/2011 E. 3.2). Da
bezüglich der Arbeitsfähigkeit eine noch unklare Sachlage vorlag, wären
aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes weitere Abklärungen einzuleiten gewesen.
Zu denken ist dabei z.B. an eine Evaluation der funktionellen
Leistungsfähigkeit (EFL; Urteil 9C_384/2015 vom 21. Dezember 2015 E. 5.2 mit
Hinweisen; 9C_833/2007 vom 4. Juli 2008 E. 3.3.2).  
 
7.   
Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, inwieweit auch ein Wiedererwägungsgrund
vorliegt (E. 3.2 hievor). Ob - mit der Vorinstanz - die Abklärungen zur
Erwerbsfähigkeit ungenügend waren, braucht angesichts des Ausgangs des
Verfahrens nicht erörtert zu werden, zumal auch im Falle einer Wiedererwägung
eine Rückweisung zur Vornahme ergänzender Abklärungen (vgl. E. 6.3 hievor)
erfolgen müsste. 
 
8.   
Da die Sache noch nicht spruchreif ist, sind das vorinstanzliche Urteil sowie
die angefochtenen Entscheide aufzuheben, und es ist die Angelegenheit an die
Beschwerdegegnerin zu neuer Verfügung nach Vornahme der gebotenen Abklärungen
zurückzuweisen. 
 
9.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) und der Beschwerdeführerin
eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. April 2017 und die Verfügungen
der IV-Stelle des Kantons Aargau vom 9. November 2016 werden aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die
Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau
zurückgewiesen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse X._______, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald 

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