Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 340/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_340/2017  
 
 
Urteil vom 9. Februar 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Parrino, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 7. März 2017 (IV.2016.01393). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1980 geborene A.________, gelernte Schrift- und Reklamegestalterin, meldete
sich im August 2011 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit
Mitteilung vom 12. September 2012 schloss die IV-Stelle des Kantons Zürich die
zuvor gewährte Arbeitsvermittlung ab; auf eine Rentenprüfung verzichtete sie,
weil die Versicherte nach Angaben ihres Arztes wieder zu 100 % arbeitsfähig
sei. Im März 2014 meldete sich A.________ erneut zum Leistungsbezug an. Mit
Eingabe vom 26. Mai 2016 ersuchte sie darum, das "laufende
Rentenabklärungsverfahren" einstweilen zu sistieren und das
Eingliederungsverfahren im Hinblick auf eine Ausbildung zur
Kommunikationsplanerin mit eidg. Fachausweis (FA) wieder aufzunehmen. Nach
Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle
mit Verfügung vom 14. November 2016 einen Anspruch auf Umschulung zur
Kommunikationsplanerin. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, die
angestrebte Tätigkeit entspreche nicht dem (medizinisch) zumutbaren
Belastbarkeitsprofil; gleichzeitig kündigte sie die Prüfung weiterer
Eingliederungsmassnahmen an. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 7. März 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 7. März 2017 sei ihr eine
Umschulung zur Kommunikationsplanerin FA zu gewähren; eventualiter sei die
Sache zur weiteren Abklärung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Vorab ist auf die Rüge formeller Natur einzugehen. Die Beschwerdeführerin macht
eine Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK geltend: Mangels
Bestimmbarkeit eines Streitwertes wäre für die vorinstanzliche Beurteilung
nicht eine Einzelrichterin gemäss § 11 Abs. 1 des zürcherischen Gesetzes vom 7.
März 1993 über das Sozialversicherungsgericht (GSVGer; ZH-Lex 212.81), sondern
das Kollegialgericht (§ 9 Abs. 1 GSVGer) zuständig gewesen. 
 
Entgegen ihrer Darstellung geht aus der Verfügung vom 14. November 2016
unmissverständlich hervor, dass die IV-Stelle damit einzig den mit dem
"Zusatzgesuch" vom 26. Mai 2016 konkret beantragten Anspruch auf Umschulung zur
Kommunikationsplanerin beurteilte. Inwiefern unter diesen Umständen von einer
falschen Besetzung des Spruchkörpers gesprochen werden kann, ist nicht
erkennbar und wird auch nicht dargelegt. 
 
3.   
Die versicherte Person hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue
Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und
dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden
kann (Art. 17 Abs. 1 IVG). Unter Umschulung ist dabei grundsätzlich die Summe
der Eingliederungsmassnahmen berufsbildender Art zu verstehen, die notwendig
und geeignet sind, der vor Eintritt der Invalidität bereits erwerbstätig
gewesenen versicherten Person eine ihrer früheren annähernd gleichwertige
Erwerbsmöglichkeit zu vermitteln. Dabei bezieht sich der Begriff der
"annähernden Gleichwertigkeit" nicht in erster Linie auf das Ausbildungsniveau
als solches, sondern auf die nach erfolgter Eingliederung zu erwartende
Verdienstmöglichkeit. In der Regel besteht nur ein Anspruch auf die dem
jeweiligen Eingliederungszweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, nicht aber
auf die nach den gegebenen Umständen bestmöglichen Vorkehren. Denn das Gesetz
will die Eingliederung lediglich so weit sicherstellen, als diese im Einzelfall
notwendig, aber auch genügend ist (BGE 130 V 488 E. 4.2 S. 489 f.; Urteil
8C_163/2008 vom 8. August 2008 E. 2.2). Der Umschulungsanspruch setzt
grundsätzlich eine Mindesterwerbseinbusse von rund 20 % in den für die
versicherte Person ohne zusätzliche Ausbildung offenstehenden, noch zumutbaren
Erwerbstätigkeiten voraus (BGE 130 V 488 E. 4.2 S. 489 f.; 124 V 108 E. 3 S.
111; Urteil 8C_808/2017 vom 11. Januar 2018 E. 3). 
 
4.   
 
4.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, eine Kommunikationsplanerin beschäftige
sich vor allem mit der Organisation, der Planung, der Koordination und der
planerischen und fachlichen Abwicklung von Werbeaufträgen. Die interessierende
Ausbildung vermittle kommunikationsspezifische Kompetenzen, die in
Kommunikations- und Werbeagenturen, Mediaagenturen und auf Auftraggeberseite
verlangt werden. Der behandelnde Psychiater Prof. Dr. B.________ und der
Regionale Ärztliche Dienst (RAD) würden darin übereinstimmen, dass die
Versicherte an einer bipolaren Störung und an mittelgradigen kognitiven
Einschränkungen leide und deshalb einer ruhigen regelmässigen Tätigkeit
bedürfe. Der behandelnde Psychiater habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
eine Tätigkeit in der Werbewirtschaft aufgrund der Hektik kaum vorstellbar sei.
Die Tätigkeit als Kommunikationsplanerin werde dem von den Ärzten formulierten
Belastungsprofil nicht gerecht. Folglich hat das kantonale Gericht die
umstrittene Umschulung als (hinsichtlich der Eingliederung; E. 3) ungeeignet
betrachtet und einen entsprechenden Anspruch verneint.  
 
4.2. Dass die vorinstanzlichen Feststellungen offensichtlich unrichtig sein
sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Die
Beschwerdeführerin rügt einzig eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (
Art. 61 lit. c ATSG); sie leitet aus dem Umstand, dass der behandelnde
Psychiater die umstrittene Ausbildung unterstützte, weiteren Abklärungsbedarf
ab. Diesbezüglich hat das kantonale Gericht festgestellt, dass das Schreiben
des Prof. Dr. B.________ vom 2. September 2016 keine Angaben zu einem
veränderten Belastungsprofil enthalte. Eine entsprechende Verbesserung des
Gesundheitszustandes bringt denn auch die Beschwerdeführerin selber nicht vor.
Mangels konkreter Anhaltspunkte erfolgte der Verzicht auf weitere Abklärungen
in antizipierender Beweiswürdigung, was keine Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes darstellt (vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140
E. 5.3 S. 148). Die vorinstanzlichen Feststellungen beruhen demnach auch nicht
auf einer Rechtsverletzung; sie bleiben für das Bundesgericht verbindlich (E.
1).  
 
4.3. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die Berufs- resp.
Berufswahlfreiheit (Art. 27 BV; Art. 8 EMRK) beruft, kann sie nichts für sich
ableiten: Einerseits genügt die Beschwerde diesbezüglich den qualifizierten
Anforderungen an die Begründungspflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49
E. 1.4.1 S. 53) nicht; anderseits lässt sich aus den angerufenen Grundrechten
grundsätzlich kein unmittelbarer Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen
ableiten (vgl. SVR 2015 IV Nr. 2 S. 3, 8C_803/2013 E. 4.3.1 mit Hinweisen;
Urteil 9C_399/2017 vom 10. August 2017 E. 3.5). Dass der angefochtene Entscheid
in anderer Weise gegen Bundesrecht verstossen soll, wird nicht dargelegt. Die
Beschwerde ist unbegründet.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Februar 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann 

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