Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 302/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_302/2017        

Urteil vom 6. Juli 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Huber.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Hardy Landolt,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Glarus, Burgstrasse 6, 8750 Glarus,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom
30. März 2017.

Sachverhalt:

A. 
A.________ meldete sich am 10. September 2014 mit Hinweis auf einen Herzinfarkt
bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons
Glarus gab eine polydisziplinäre Begutachtung bei der Medizinischen
Abklärungsstelle (MEDAS) Interlaken Unterseen GmbH in Auftrag (Expertise vom 2.
November 2015). Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verfügte die IV-Stelle
am 23. November 2016 die Abweisung des Leistungsbegehrens (Invaliditätsgrad: 27
%).

B. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Glarus mit Entscheid vom 30. März 2017 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung an die
Vorinstanz.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den Anspruch auf eine Invalidenrente
und deren Höhe (Art. 28 Abs. 2 IVG) sowie die Bemessung des Invaliditätsgrades
nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) zutreffend wiedergegeben.
Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Das kantonale Gericht stellte betreffend gesundheitlich bedingten
Einschränkungen auf das polydisziplinäre Gutachten der MEDAS vom 2. November
2015 ab, welchem es Beweiswert zuerkannte. Gemäss Vorinstanz sei der
Versicherte in der angestammten Tätigkeit als Montagearbeiter ab dem 1.
September 2014 50 % eingeschränkt. In einer adaptierten Beschäftigung könne er
im Umfang von 70 % tätig sein, sofern er keine repetitiven Torsions- und
Schwenkbewegungen mit dem Rumpf und dem Oberkörper sowie monotone vorgebeugte
kniende oder kauernde Arbeiten ausüben müsse. Die Tätigkeiten dürften nur
leicht bis kurzfristig mittelschwer sein. Das kantonale Gericht gewährte bei
der Ermittlung des Invalideneinkommens einen leidensbedingten Abzug vom
Tabellenlohn von 10 %, da der Versicherte seine Restarbeitsfähigkeit in einer
adaptierten Tätigkeit aufgrund der vielen Einschränkungen nur mit einem
unterdurchschnittlichen Einkommen verwerten könne. Mit Verweis auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung (Urteil 8C_622/2016 vom 21. Dezember 2016 E.
5.3.2) verneinte die Vorinstanz einen Teilzeitabzug.

3.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Begründungspflicht (als
Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV), weil
das kantonale Gericht die Schlussfolgerungen des rheumatologischen Gutachters
hinsichtlich der Beeinträchtigung des funktionellen Leistungsvermögens ohne
nähere Begründung übernommen habe. Darin liegt keine Gehörsrüge, sondern es
handelt sich um den Vorwurf mangelhafter Beweiswürdigung, was eine Tatfrage
betrifft (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12.
Oktober 2007 E. 4 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer bringt keine
Einwendungen vor, die geeignet wären, die vorinstanzlichen Feststellungen des
rechtserheblichen medizinischen Sachverhalts als offensichtlich unrichtig oder
die darauf basierenden Folgerungen als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.
Eine unvollständige Ermittlung der tatbeständlichen Grundlagen ist nicht
erkennbar, weshalb sich eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz erübrigt.

3.3. Das kantonale Gericht hat die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit für
einfache Hilfstätigkeiten unter Berücksichtigung der gesundheitsbedingten
Einschränkungen (E. 3.1 hievor) und unter Hinweis auf sein Alter bejaht.
Massgebender Zeitpunkt hierfür bildet das MEDAS-Gutachten vom 2. November 2015
(BGE 138 V 457 E. 3.4 S. 462). Damals war der Beschwerdeführer 57 Jahre alt,
womit bis zur ordentlichen Pensionierung eine Restaktivitätsdauer von acht
Jahren verblieb.
Die Vorbringen des Versicherten sind nicht geeignet darzutun, dass die vom
kantonalen Gericht festgestellten Einsatzmöglichkeiten auf dem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt altersbedingt nicht nachgefragt würden und ihm deshalb eine
erwerbliche Verwertung der restlichen Arbeitsfähigkeit nicht zumutbar wäre. Die
Einwände beschränken sich auf die Behauptung, er sei auf dem konkreten
Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Wie die Vorinstanz diesbezüglich zutreffend
erwogen hat, ist indessen einzig massgebend, ob der Beschwerdeführer seine
Restarbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 Abs. 1 ATSG)
noch wirtschaftlich nutzen könnte. Der ausgeglichene Arbeitsmarkt ist ein
theoretischer und abstrakter Begriff und berücksichtigt die konkrete
Arbeitsmarktlage gerade nicht (BGE 134 V 64 E. 4.2.1 S. 70 f. mit Hinweis).

3.4. Das kantonale Gericht hat beim Einkommensvergleich zur Bemessung der
Invalidität für die Berechnung des Invalideneinkommens auf die Tabellen der
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) abgestellt. Die Restarbeitsfähigkeit
des Versicherten ist nach dem Gesagten auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt
grundsätzlich verwertbar (E. 3.3 hievor). Er steht laut vorinstanzlichen
Feststellungen in keinem Arbeitsverhältnis mehr und erzielt folglich kein
konkretes Einkommen, welches zur Berechnung des Invalideneinkommens beigezogen
werden könnte, weshalb die Vorinstanz entgegen der Ansicht des Versicherten
bundesrechtskonform auf die LSE-Tabellenlöhne abstellte (vgl. BGE 126 V 75 E.
3b/bb S. 76 f.). Daran vermag auch der Verweis des Beschwerdeführers auf den
Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft "Indikatoren zur Situation
älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Schweizer Arbeitsmarkt"
nichts zu ändern.

3.5. Die Vorinstanz erwog ferner, der Versicherte könne seine Arbeitsfähigkeit
in einer adaptierten Tätigkeit aufgrund der Einschränkungen nur mit einem
unterdurchschnittlichen Einkommen verwerten und nahm einen leidensbedingten
Abzug vom Invalideneinkommen von 10 % vor. Dazu bemerkt der Beschwerdeführer
richtig, dass ein Abzug vom Tabellenlohn einer letztinstanzlichen Korrektur nur
zugänglich ist, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen rechtsfehlerhaft betätigt hat
(BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Das
kantonale Gericht hat den Abzug von 10 % vom Tabellenlohn hinreichend
begründet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Soweit der
Beschwerdeführer eine weitere Kürzung des Tabellenlohnes aufgrund seines
eingeschränkten funktionellen Leistungsvermögens beantragt, so wurde ihm von
der Vorinstanz nach dem Gesagten genau aus diesem Grund bereits ein Abzug
gewährt. Eine zusätzliche Kürzung über den leidensbedingten Tabellenlohnabzug
hinaus ist nicht vorgesehen (BGE 125 V 75 E. 5 S. 78 ff.).

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Juli 2017
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Die Gerichtsschreiberin: Huber

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