Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 223/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_223/2017            

 
 
 
Urteil vom 12. Oktober 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Huber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Lotti Sigg, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Stadt Winterthur, Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Winterthur,
Pionierstrasse 5, 8403 Winterthur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ergänzungsleistung zur AHV/IV, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 23. Januar 2017 (ZL.2015.00136). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1948 geborene A.________ bezieht seit August 2012 unter anderem
Ergänzungsleistungen der Stadt Winterthur, Zusatzleistungen zur AHV/IV, zu
ihrer Altersrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung. Zuletzt
überprüfte die Stadt Winterthur den Anspruch der Versicherten auf Leistungen
mit Verfügung vom 30. April 2015. Dagegen erhob A.________ Einsprache, welche
die Verwaltung mit Entscheid vom 22. Juni 2015 resp. vom 18. November 2015
abwies. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 23. Januar 2017 ab. 
 
C.   
A.________ beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten,
der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr bei der Berechnung
ihrer Ausgaben eine Pauschale für Warmwasser analog der Pauschale für
Heizkosten im Betrag von Fr. 840.- anzurechnen. Eventuell seien ihr die
effektiven Kosten für das Warmwasser anzurechnen. Ferner ersucht sie um
unentgeltliche Rechtspflege. 
Die Stadt Winterthur schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und
wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein
kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG
). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer
von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin
prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
2.   
Streitig ist die Rechtsfrage, ob im Rahmen der Ergänzungsleistungen bei den
Ausgaben eine Pauschale für Warmwasser analog der Pauschale für Heizkosten
angerechnet werden kann. Die Vorinstanz führte im angefochtenen Entscheid aus,
strittig seien die Zusatzleistungen ab Februar 2015. Dagegen wendet die
Beschwerdeführerin nichts ein, weshalb die Rechtsfrage im vorliegenden
Verfahren ebenfalls für die Zeit ab Februar 2015 zu prüfen ist. 
 
3.   
 
3.1. In formeller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der
Begründungspflicht, weil die Vorinstanz auf ihre Argumentation, die
Nichtberücksichtigung einer Pauschale für das Erwärmen des Wassers verstosse
gegen die Grundrechte, mit keinem Wort eingegangen sei.  
 
3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV gebietet, dass
die Behörde die Vorbringen der betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft
und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der
Behörde, ihren Entscheid zu begründen (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503). Dabei ist
es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die
Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der
Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn müssen wenigstens
kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten
lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 138 IV 81 E. 2.2 S. 84;
136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen).  
 
3.3. Die Vorinstanz nahm in E. 4 ihres Entscheids zum geltend gemachten
Anspruch auf eine Pauschale für Warmwasser Stellung. Sie führte aus, der
Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen in Gesetz und Verordnung lasse keine
Pauschale zu. Folglich war der Beschwerdeführerin eine sachgerechte Anfechtung
ohne Weiteres möglich und von einer Gehörsverletzung kann nicht die Rede sein.
 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht stellte fest, der monatliche Mietzins betrage gemäss
Mietvertrag vom 17. September 2014 Fr. 1'300.- zuzüglich Nebenkosten von Fr.
200.- (Pauschale für Heizung von Fr. 100.-, Pauschale für sonstige Nebenkosten
von Fr. 100.-). Ferner gehe aus dem Mietvertrag hervor, dass der Vermieter der
Beschwerdeführerin eine Mietzinsreduktion von monatlich Fr. 400.- gewähre, so
lange sie die Wohnung persönlich bewohne. Die Erwärmung von Warmwasser erfolge
über den Boiler in der Küche. Die Stromkosten hierfür würden der Versicherten
über die Stromrechnung direkt belastet. Die Vorinstanz zog bei der Berechnung
der Ergänzungsleistungen den effektiv bezahlten Mietzins von Fr. 1'100.- pro
Monat (Fr. 13'200.- pro Jahr) heran, was unbestritten und für das Bundesgericht
verbindlich ist (vgl. E. 1.1).  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin beantragt eine Übernahme einer Warmwasserpauschale
analog der Heizkosten nach Art. 16b ELV. Mit diesem Verordnungsartikel setzte
der Bundesrat seinen Auftrag gemäss Art. 9 Abs. 5 lit. f ELG um, wonach er eine
Pauschale für Heizkosten einer gemieteten Wohnung festzulegen hat, sofern diese
von der Mieterin oder vom Mieter direkt getragen werden müssen. Welche Ausgaben
jedoch grundsätzlich anerkannt werden, regelt vor- und höherrangig das Gesetz
in Art. 10 ELG. Die Frage, ob der Beschwerdeführerin zusätzlich ein Betrag für
Warmwasser anzurechnen ist, muss somit im Rahmen von Art. 10 ELG geprüft
werden.  
 
4.3. Bei alleinstehenden Personen, die nicht dauernd oder längere Zeit in einem
Heim oder Spital leben (zu Hause lebende Personen), werden als Ausgaben Fr.
19'290.- für den allgemeinen Lebensbedarf pro Jahr anerkannt (Art. 10 Abs. 1
lit. a Ziff. 1 ELG). Ebenfalls anerkannt ist der Mietzins einer Wohnung und die
damit zusammenhängenden Nebenkosten; wird eine Schlussabrechnung für die
Nebenkosten erstellt, so ist weder eine Nach- noch eine Rückzahlung zu
berücksichtigen (Art. 10 Abs. 1 lit. b ELG). Der jährliche Höchstbetrag liegt
bei alleinstehenden Personen bei Fr. 13'200.- (Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1
ELG).  
 
4.4. Die beantragten Kosten (pauschal oder effektiv) für die
Warmwasseraufbereitung können einzig entweder Art. 10 Abs. 1 lit. a ELG oder 
Art. 10 Abs. 1 lit. b ELG zugeordnet werden. Aus keiner der beiden
Rechtsgrundlagen vermag die Beschwerdeführerin jedoch etwas zu ihren Gunsten
abzuleiten. Würden die Kosten für die Warmwasseraufbereitung zum allgemeinen
Lebensbedarf nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ELG gehören, wäre ein zusätzlicher
Betrag zu den Fr. 19'290.- nicht anzuerkennen. Denn es handelt sich dabei um
eine absolute Höchstgrenze. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 lit.
b ELG. Diesbezüglich ist der gesetzlich festgelegte Höchstbetrag von
anerkannten Mietzinsausgaben - inklusive Nebenkosten - von Fr. 13'200.- ebenso
erreicht (vgl. E. 4.1).  
Da die geltend gemachten Warmwasserkosten im Rahmen von Art. 10 Abs. 1 lit. a
und b ELG hier so oder anders nicht zu höheren anerkannten Ausgaben führen
würden, kann die grundsätzliche Frage, ob eine Warmwasserpauschale analog den
Heizkosten anzuerkennen ist, offen gelassen werden (vgl. Art. 190 BV). Damit
ist nach dem Gesagten auf die Rügen der Versicherten, es liege hinsichtlich der
Warmwasseraufbereitung eine gesetzliche Lücke vor und Art. 16b ELV würde gegen 
Art. 8 und 12 BV verstossen, nicht weiter einzugehen. 
 
4.5. Ein anderer gesetzlicher Tatbestand, nach welchem die Kosten für das
Warmwasser übernommen werden könnten, wird nicht geltend gemacht und ist auch
nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
5.   
Dem Gesuch der unterliegenden und daher grundsätzlich kostenpflichtigen
Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) um unentgeltliche Rechtspflege
ist stattzugeben, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 64
Abs. 1 und 2 BGG). Die Beschwerdeführerin wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG
aufmerksam gemacht. Danach hat sie der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten,
wenn sie später dazu in der Lage ist. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren
wird gutgeheissen, und es wird der Beschwerdeführerin Rechtsanwältin Lotti Sigg
als Rechtsbeiständin beigegeben. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.   
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 12. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Huber 

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