Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 217/2017
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_217/2017  
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Marco Biaggi, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 9. November 2016 (IV.2016.113). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
 
A.a. Der 1967 geborene A.________ arbeitete während langer Jahre als Saisonnier
bei der B.________ AG in Kaiseraugst. Anfang Juli 2003 meldete er sich unter
Hinweis auf eine Diskushernie (Operation im September 2002) bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt klärte
die erwerblichen Verhältnisse ab und holte eine rheumatologische Expertise vom
8. Mai 2007 ein (samt ergänzender Stellungnahme vom 3. September 2007). Die in
der Folge ergangenen Verfügungen vom 8. Februar 2005 und 7. Dezember 2007 hob
das kantonale Gericht am 15. November 2006 bzw. 24. September 2008 auf. Mit
letzterem Entscheid wurde A.________ ab 1. August 2003 eine ganze
Invalidenrente (Invaliditätsgrad: 100 %) und ab 1. Januar 2004 bis 31. Mai 2007
eine Dreiviertelsrente (Invaliditätsgrad: 62 %) zugesprochen. Am 4. März 2009
hielt das Bundesgericht fest, der Versicherte habe ab 1. Juni 2007 zusätzlich
Anspruch auf eine Viertelsrente (Invaliditätsgrad: 40 %), worauf die IV-Stelle
am 9. Juli 2009 eine entsprechende Verfügung erliess.  
 
A.b. Im Oktober 2013 führte die Verwaltung eine Rentenüberprüfung durch und
holte ein rheumatologisches Gutachten ein, das vom 30. Mai 2015 datiert.
Gestützt darauf wurde die bisherige Viertelsrente nach durchgeführtem
Vorbescheidverfahren ab 1. Oktober 2013 mit Verfügung vom 16. Juni 2016 auf
eine halbe Invalidenrente erhöht (Invaliditätsgrad: 57 %).  
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt mit Entscheid vom 9. November 2016 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, die Sache sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheides zur
Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Auf der nicht medizinischen beruflich-erwerblichen Stufe der
Invaliditätsbemessung charakterisieren sich als Rechtsfragen die gesetzlichen
und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Durchführung des
Einkommensvergleichs, einschliesslich derjenigen über die Anwendung der vom
Bundesamt für Statistik (BfS) periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen
(nachfolgend: LSE). In dieser Hinsicht ist die Feststellung der beiden
hypothetischen Vergleichseinkommen Tatfrage, soweit sie auf konkreter
Beweiswürdigung beruht, hingegen Rechtsfrage, soweit sich der Entscheid nach
der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Letzteres betrifft etwa die Fragen, ob
Tabellenlöhne anwendbar sind und welches die massgebende Tabelle ist (BGE 132 V
393 E. 3.3 S. 399).  
Ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom
Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt sodann eine vom Bundesgericht frei
überprüfbare Rechtsfrage dar. Indessen ist die Höhe des (im konkreten Fall
grundsätzlich angezeigten) Abzugs eine Ermessensfrage und somit
letztinstanzlich nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder
-unterschreitung korrigierbar (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72; Urteil 9C_421/2017
vom 19. September 2017 E. 2.1.2). 
 
2.   
Streitgegenstand bilden mit Blick auf den Rentenspruch ab 1. Oktober 2013
einzig die Bemessung des Valideneinkommens sowie die Höhe des Abzugs vom
Tabellenlohn beim Invalideneinkommen. 
Die Vorinstanz hat das von der IV-Stelle anhand der LSE-Tabellenwerte (LSE
2012, Tabelle TA1, Kompetenzniveau 1, Männer, Spalte 41-43 [Baugewerbe]) auf
Fr. 68'425.- (indexiert und angepasst an die betriebsübliche wöchentliche
Arbeitszeit 2013) festgelegte Valideneinkommen bestätigt. Auf Seiten des
Invalideneinkommens hat sie am Abzug vom Tabellenlohn (BGE 126 V 75 E. 5b/bb S.
80) von 10 % festgehalten. Dies hat das kantonale Gericht damit begründet, dass
dem Versicherten gemäss der rheumatologischen Expertise des Dr. med. C.________
vom 30. Mai 2015selbst in angepasster Tätigkeit bloss noch eine teilzeitliche
Erwerbstätigkeit (50 %) zumutbar sei. Weitere Abzugsgründe hat es verneint, da
den gesundheitlichen Einschränkungen bereits durch das reduzierte Pensum und
vor allem mit der Berücksichtigung der tieferen Löhne aus dem Kompetenzniveau 1
ausreichend Rechnung getragen worden sei. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat festgestellt, es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass
der Beschwerdeführer nach Eintritt des Gesundheitsschadens (2002) bei seiner
bisherigen Arbeitgeberin eine unbefristete Vollzeitanstellung erhalten hätte.
Dies ist nicht offensichtlich unrichtig und wird auch nicht (substantiiert)
bestritten. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung bleibt daher für das
Bundesgericht verbindlich (E. 1.1). Wenn in der Beschwerde geltend gemacht
wird, der im Stundenlohn durchschnittlich erzielte Verdienst müsse auf ein
Ganzjahreseinkommen (Fr. 69'899.- für 2007) hochgerechnet werden, hält dies
nicht stand: Für die Festlegung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die
versicherte Person im Zeitpunkt des Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdienen würde, und
nicht, was sie bestenfalls verdienen könnte (statt vieler: BGE 135 V 58 E. 3.1
S. 59; 134 V 322 E. 4.1 S. 325 f.). Die Aktenlage ist insoweit eindeutig, als
die bisherige Arbeitgeberin nicht vorgesehen hatte, ihn im Jahr 2003 erneut zu
beschäftigen (vgl. Aktennotiz der Krankentaggeldversicherung vom 12. September
2003). Damit kann klarerweise gesagt werden, dass der Versicherte seine letzte
Arbeitsstelle als Gesunder nicht wieder hätte antreten können. Dies wäre jedoch
Bedingung dafür, dass der dabei erzielte Saisonnierverdienst auf ein
Ganzjahrespensum hochgerechnet werden könnte. Dies gilt umso mehr, als der
Beschwerdeführer gemäss willkürfreier Feststellung des kantonalen Gerichts zu
keinem Zeitpunkt bei einem anderen Arbeitgeber als der B.________ AG angestellt
war. Der Einwand, die Arbeitsunfähigkeit sei bereits im Juli 2002 eingetreten,
wobei ein befristetes (Saisonnier-) Arbeitsverhältnis vorgelegen habe, hilft
nicht weiter, ist doch nicht erkennbar, inwieweit daraus Rückschlüsse auf das
Valideneinkommen gezogen werden könnten. Vielmehr hat die Vorinstanz, wie der
Beschwerdeführer selber einräumt, als massgebend erachtet, dass die bisherige
Tätigkeit als ungelernter Maurer - wenn auch nicht bei der B.________ AG - ohne
Gesundheitsschaden fortgesetzt würde. Gestützt darauf hat sie zu Recht den
einschlägigen Branchenwert (Baugewerbe) herangezogen. 
 
4.  
 
4.1. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen
Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert
(Tabellenlohn) zu kürzen, wenn persönliche und berufliche Merkmale wie Art und
Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität resp.
Aufenthaltskategorie oder Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe
haben und die versicherte Person deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch
auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem
erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b
/aa-cc S. 80).  
 
4.2. Gemäss verbindlicher Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts ist
der Beschwerdeführer bezüglich einer leichten bis (selten) mittelschweren,
insbesondere das Achsenskelett belastenden Tätigkeit (mit Heben und Ziehen von
Lasten bis 7.5 kg; durchgeführt in Wechselbelastung, abwechslungsweise sitzend,
stehend und gehend; ohne repetitive Einnahme von Zwangshaltungen) zu 50 %
arbeitsfähig (vgl. rheumatologisches Gutachten vom 30. Mai 2015, S. 11 f.). Wie
die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat (vorinstanzliche Erwägung 5.2), stellt
der Umstand allein, dass dem Versicherten nur noch leichte bis mittelschwere
Arbeiten zumutbar sind, auch bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit keinen
Grund für einen zusätzlichen Abzug dar, weil der Tabellenlohn im
Kompetenzniveau 1 bereits eine Vielzahl solcher Tätigkeiten umfasst (statt
vieler: Urteile 8C_805/2016 vom 22. März 2017 E. 3.4.2 und 8C_97/2014 vom 16.
Juli 2014 E. 4.2). Ferner ist - anders als in der Beschwerde geltend gemacht
wird - nicht ersichtlich, dass körperliche Limitierungen bestehen, die nicht
bereits im gutachterlichen Anforderungs- und Belastungsprofil enthalten sind.
Insbesondere darf der Umstand, dass dem Beschwerdeführer nur noch
wechselbelastende Tätigkeiten zumutbar sind, nicht durch einen Abzug vom
Tabellenlohn und damit doppelt berücksichtigt werden (vgl. statt vieler: Urteil
9C_264/2016 vom 7. Juli 2017 E. 5.2.2). Ob indessen das (einzige) von der
Vorinstanz bejahte Kriterium des Beschäftigungsgrads abzugsrelevant ist
(betreffend Männer ohne Kaderfunktion gemäss LSE 2012 [bei Teilzeitarbeit
zwischen 50 und 74 %] vgl. Urteil 9C_802/2016 vom 30. März 2017 E. 4.1), kann
dahingestellt bleiben, da sich am Rentenanspruch auch ohne Abzug nichts ändert
(E. 5).  
 
5.   
Aus der Gegenüberstellung (Art. 16 ATSG) des Valideneinkommens (Fr. 68'425.-)
mit dem in der Verfügung vom 16. Juni 2016 - unter Berücksichtigung eines
10%igen Abzugs vom Tabellenlohn - korrekt festgelegten Invalideneinkommen von
Fr. 29'544.- (ohne Abzug: Fr. 32'827.-) ergibt sich ab 1. Oktober 2013 ein
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente (Invaliditätsgrad: gerundet 57 % [ohne
Abzug: 52 %]). Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Kosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben