Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 209/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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9C_209/2017            

 
 
 
Urteil vom 16. Oktober 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Sahli, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Freiburg, 
Route du Mont-Carmel 5, 1762 Givisiez, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(vorinstanzliches Verfahren; Parteientschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Freiburg 
vom 4. Juli 2016 (605 2014 5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1971 geborenen A.________ wurde mit Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Freiburg vom 4. Oktober 1999 rückwirkend ab 1. September 1997 eine
ganze Invalidenrente auf der Grundlage eines Invaliditätsgrads von 75 %
zugesprochen. Mit Mitteilungen vom 24. Januar 2000, 23. April 2003 und 14. Juni
2007 wurden unveränderte Rentenverhältnisse festgestellt.  
 
A.b. Anlässlich einer weiteren, im April 2011 eingeleiteten Rentenüberprüfung
klärte die IV-Stelle die Verhältnisse erneut u.a. in medizinischer Hinsicht ab.
Gestützt darauf wurde ein Invaliditätsgrad von nurmehr 50 % ermittelt und
vorbescheidweise die Herabsetzung der bisherigen ganzen auf eine halbe Rente
angekündigt. Mit Verfügung vom 28. November 2013 verfuhr die Verwaltung in
diesem Sinne. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Kantonsgericht Freiburg
mit Entscheid vom 4. Juli 2016 gut und wies die Angelegenheit im Sinne der
Erwägungen, namentlich zur Prüfung der Verwertbarkeit der wiedergewonnenen
Arbeitsfähigkeit, an die IV-Stelle zurück (Dispositiv-Ziff. 1); ferner
reduzierte es die vom Rechtsvertreter von A.________ eingereichte Kostennote
und sprach ihr einen Parteikostenersatz von insgesamt Fr. 4'615.40 (Honorar von
Fr. 4'160.-, Auslagen von Fr. 113.50, Mehrwertsteuer von Fr. 341.90) für das
kantonale Verfahren zu (Dispositiv-Ziff. 3).  
 
B.   
In Nachachtung des vorinstanzlichen Rückweisungsentscheids führte die IV-Stelle
ergänzende Abklärungen durch. Am 1. März 2017 verfügte sie basierend auf einem
Invaliditätsgrad von 100 % die Weiterausrichtung der bisherigen ganzen Rente
rückwirkend ab 1. Januar 2014. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, in Aufhebung von Dispositiv-Ziff. 3 des Entscheids des
Kantonsgerichts Freiburg vom 4. Juli 2016 sei ihr für das vorinstanzliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 5'888.30 (einschliesslich
Mehrwertsteuer) auszurichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 138 V 339 E. 1 S. 340;
Urteile 8C_693/2016 vom 4. Juli 2017 E. 1.1, zur Publikation vorgesehen, und
8C_366/2014 vom 1. Dezember 2015 E. 1 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 141 II
411). 
 
1.1. Die auf die Rentenverfügung vom 1. März 2017 hin beim Bundesgericht
erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Entschädigungsfolgen gemäss
Entscheid der Vorinstanz vom 4. Juli 2016. Eine diesbezügliche direkte
Anfechtung innert damaliger Rechtsmittelfrist war der Beschwerdeführerin, wie
von ihr zu Recht ausgeführt, prozessual verwehrt (BGE 137 V 57 E. 1.1 S. 59;
135 III 329; 133 V 645; Urteil 9C_155/2012 vom 30. Juli 2012 E. 1.1). Die
Anfechtung der Entschädigungsregelung ist grundsätzlich erst mit Beschwerde
gegen den Endentscheid möglich. Entscheidet die Instanz, an welche die Sache
zurückgewiesen wurde, in der Hauptsache voll zugunsten der beschwerdeführenden
Person, so steht dieser innerhalb der Frist gemäss Art. 100 BGG ab Eröffnung
(und nicht Rechtskraft) des Endentscheids (zur geänderten Rechtsprechung: BGE
142 II 363; 142 V 551; Urteil 9C_464/2016 vom 19. Oktober 2016 E. 2) der
unmittelbare Weg an das Bundesgericht offen (BGE 137 V 57 E. 1.1 S. 59; 135 III
329 E. 1.2.2 S. 333 am Ende f.; 133 V 645 E. 2.2 am Ende S. 648).  
 
1.2. Mit Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 1. März 2017 stand fest, dass dem
materiellrechtlichen Begehren der Beschwerdeführerin um Weiterausrichtung der
bisherigen ganzen Invalidenrente vollumfänglich entsprochen wird. Die am 15.
März 2017 (Poststempel) eingereichte Beschwerde gegen die
Entschädigungsregelung (Dispositiv-Ziff. 3) im kantonalgerichtlichen Entscheid
vom 4. Juli 2016 erfolgte auf jeden Fall innert der 30-tägigen Beschwerdefrist
(Art. 100 Abs. 1 BGG) ab Eröffnung der der Beschwerdeführerin am 6. März 2017
mittels B-Post zugestellten Rentenverfügung vom 1. März 2017. Auf die
Beschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt
das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.2. Soweit sich der vorinstanzliche Entscheid auf kantonales Recht stützt,
kommt als Beschwerdegrund im Wesentlichen die Verletzung von Bundesrecht,
insbesondere von verfassungsmässigen Rechten der Bundesverfassung in Frage (
Art. 95 BGG). Die Anwendung des kantonalen Rechts als solches bildet nicht
Beschwerdegrund. Überprüft werden kann insoweit nur, ob der angefochtene
Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder
seine Anwendung sonst wie gegen übergeordnetes Recht verstösst (vgl. BGE 133 II
249 E. 1.2.1 S. 251 f.; Urteil 8C_123/2009 vom 18. Januar 2010 E. 2 mit
Hinweisen). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht: Das Bundesgericht
prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E.
1.4.1 S. 53). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im
Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf ungenügend begründete
Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt es nicht ein (BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 59 f.).  
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist die Höhe der für den vorinstanzlichen Prozess
zugesprochenen Parteientschädigung. 
 
3.1. Nach Art. 61 ATSG (in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 IVG und Art. 2 ATSG)
bestimmt sich das erstinstanzliche Beschwerdeverfahren in IVG-Streitigkeiten
vor dem kantonalen Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG
nach kantonalem Recht, hat aber den in Art. 61 lit. a bis i ATSG aufgezählten
Anforderungen zu genügen. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die (ganz oder
teilweise) obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz der
Parteikosten. Das Obsiegen wird nach der Rechtsprechung anhand einer
materiellen Betrachtungsweise beurteilt, wobei auf die im Beschwerdeverfahren
gestellten Anträge Bezug genommen wird. Es geht also um die Frage, ob die
Rechtsstellung der Partei durch den Entscheid "verbessert" wird. Als Obsiegen
gilt insoweit grundsätzlich auch die Rückweisung der Sache an den
Versicherungsträger zu ergänzender Abklärung und neuer Beurteilung (BGE 137 V
57 E. 2 S. 60 ff. mit Hinweisen).  
 
3.2.  
 
3.2.1. Das Bundesgericht prüft frei, ob der vorinstanzliche Entscheid
hinsichtlich der Bemessung der Parteientschädigung den in Art. 61 lit. g ATSG
statuierten bundesrechtlichen Anforderungen genügt. Weil die Bemessung der
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren im Übrigen dem kantonalen Recht
überlassen ist (Ingress von Art. 61 ATSG), wird darüber hinaus letztinstanzlich
nur beurteilt, ob die Höhe der Parteientschädigung vor dem Willkürverbot
standhält. Dies gilt insbesondere mit Bezug auf den vom kantonalen
Versicherungsgericht angewandten Tarif (Urteile 9C_155/2012 vom 30. Juli 2012
E. 2.2 und 9C_338/2010 vom 26. August 2010 E. 3.2 mit Hinweis, in: SVR 2011 AHV
Nr. 7 S. 23).  
 
3.2.2. Der Entscheid über die zu entrichtende Parteientschädigung muss in der
Regel nicht begründet werden. Um überhaupt eine sachgerechte Anfechtung zu
ermöglichen (vgl. hierzu BGE 124 V 180 E. 1a S. 181 mit Hinweisen), wird eine
Begründungspflicht jedoch angenommen, wenn sich das Gericht nicht an
vorgegebene Tarife oder gesetzliche Regelungen hält, von einer Partei
aussergewöhnliche Umstände geltend gemacht werden oder wenn das Gericht die
Parteientschädigung abweichend von der - von ihm angeforderten oder von der
Rechtsvertreterin bzw. dem Rechtsvertreter von sich aus eingereichten -
Kostennote auf einen bestimmten, nicht der üblichen, praxisgemäss gewährten
Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt (Urteile 9C_155/2012 vom 30. Juli
2012 E. 2.2 mit Hinweisen und 8C_757/2007 vom 29. Oktober 2008 E. 4.2).  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz hat die Angelegenheit an die Beschwerdegegnerin
zurückgewiesen, damit sie namentlich die Verwertbarkeit der wiedergewonnenen
Arbeitsfähigkeit durch die Beschwerdeführerin prüfe und hernach erneut "über
die revisionsweise Reduzierung des Rentenanspruchs" befinde. Angesichts des
Ausgangs des Verfahrens wurde der Anspruch der obsiegenden Beschwerdeführerin
auf Entschädigung ihrer Parteikosten grundsätzlich bejaht. Das kantonale
Gericht gelangte indessen zum Schluss, dass der vom Rechtsvertreter der
Beschwerdeführerin in seiner Kostennote vom 3. Juni 2016, welche auf
gerichtliche Aufforderung hin eingereicht worden war, geltend gemachte Aufwand
von 22 Stunden 45 Minuten zu hoch veranschlagt sei, da der Fall keine
aussergewöhnliche Komplexität aufweise und der Rechtsvertreter ausserdem von
bereits vorhandenen Kenntnissen aus dem Vorverfahren habe profitieren können.
Es sei vielmehr ein objektiv notwendiger Aufwand von 18 Stunden anzunehmen.  
Dagegen bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Angelegenheit
sei entgegen der Betrachtungsweise der Vorinstanz sowohl in tatsächlicher wie
rechtlicher Hinsicht als komplex zu bezeichnen. Es sei um die Kürzung einer
seit über zehn Jahren wegen Fibromyalgie ausgerichteten ganzen Invalidenrente
und dabei insbesondere um die Elemente der ungenügenden medizinischen
Abklärungen, der Frage der Wiedereingliederung nach jahrelangem Rentenbezug
sowie der Rechtsprechung zu den somatoformen Schmerzstörungen und
vergleichbaren psychosomatischen Leiden im Rahmen der 6. IV-Revision gegangen.
Bis im Juni 2013 hätten sich umfangreiche Akten der Invalidenversicherung
angesammelt (knapp 400 Seiten mit zahlreichen und umfassenden medizinischen
Berichten und Gutachten). Die Beschwerdegegnerin habe, wie aus ihrer Verfügung
vom 1. März 2017 hervorgehe, schlussendlich sogar einen Invaliditätsgrad von
100 % angenommen und auf die beabsichtigte Kürzung der Rente verzichtet. Es sei
vor diesem Hintergrund von einem vollumfänglichen Obsiegen auszugehen. Das
kantonale Gericht habe seine Feststellung, der Fall zeichne sich nicht durch
aussergewöhnliche Komplexität aus, in Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV nur
unzureichend begründet. 
 
4.2. Die Vorinstanz hat die Rückweisung der Angelegenheit an die
Beschwerdegegnerin bei noch offenem Ausgang nach der einschlägigen
Rechtsprechung mit Bezug auf den Entschädigungspunkt zu Recht als vollständiges
Obsiegen der Beschwerdeführerin qualifiziert. Ferner wurde mit dem Hinweis auf
die fehlende aussergewöhnliche Komplexität des Falles sowie die beim
Rechtsvertreter auf Grund des Vorverfahrens bereits vorhandenen Vorkenntnisse
begründet, weshalb der objektiv erforderliche Aufwand als geringer als der mit
Honorarnote effektiv geltend gemachte Ansatz von 22 Stunden 45 Minuten
einzustufen und auf 18 Stunden festzulegen sei. Das kantonale Gericht ist
mithin seiner in diesen Konstellationen geltenden Begründungspflicht
nachgekommen und es ist keine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ersichtlich.
Daran ändert der Umstand nichts, dass die entsprechenden Erläuterungen
zugestandenermassen eher kurz ausgefallen sind. Überdies erweist sich die Höhe
der Parteientschädigung nicht als geradezu willkürlich, was in der Beschwerde
denn auch nicht näher ausgeführt wird. Vielmehr räumt die Beschwerdeführerin
selber ein, dass sich das massgebliche tarifliche Stundenhonorar erst ab 1.
Juli 2015 - und nicht bereits für einen früheren Zeitraum, wie der Kostennote
vom 3. Juni 2016 zugrunde gelegt - auf Fr. 250.- belaufen hat. Die
diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid sind somit ebenfalls
nicht zu beanstanden.  
Es bleibt demnach bei der vorinstanzlichen Entschädigungsregelung. 
 
5.   
Die unterliegende Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 Satz
1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Freiburg,
Sozialversicherungsgerichtshof, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. Oktober 2017 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl 

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