Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 194/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_194/2017  
 
 
Urteil vom 29. Januar 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Frau Kirsten Barth, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 6. Februar 2017 (IV.2015.01268). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1961 geborene A.________ arbeitete zuletzt als angelernter Gärtner.
Nach einer Rückenoperation meldete er sich in den Jahren 1999 und 2003 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an, erhielt jedoch keine
Versicherungsleistungen zugesprochen. Auf eine Neuanmeldung vom 28. April 2005
trat die IV-Stelle des Kantons Zürich nicht ein. Anfang November 2010 machte
A.________ erneut eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands geltend. Die
IV-Stelle veranlasste beim Zentrum für Medizinische Begutachtung, Basel
(nachfolgend: ZMB), eine gutachterliche Abklärung (Expertise vom 6. Dezember
2011) und sprach dem Versicherten ab 1. Mai 2011 eine halbe Invalidenrente zu
(Verfügung vom 16. April 2013).  
 
A.b. Im Mai 2014 leitete die Verwaltung eine Rentenüberprüfung ein, klärte die
medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab und stellte A.________ die
Aufhebung der rentenzusprechenden Verfügung in Aussicht. Nachdem dieser
Einwände erhoben hatte, holte die IV-Stelle beim Swiss Medical Assessment- und
Business Center, Bern (nachfolgend: SMAB), ein polydisziplinäres Gutachten ein,
das vom 31. August 2015 datiert. Gestützt darauf verfügte sie am 6. November
2015 die Einstellung der Rentenleistungen auf das Ende des auf die
Verfügungszustellung folgenden Monats.  
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. Februar 2017 teilweise gut und hob die
angefochtene Verfügung mit der Feststellung auf, dass die bisher ausgerichtete
halbe Invalidenrente ab 1. Januar 2016 auf eine Viertelsrente herabzusetzen sei
(Invaliditätsgrad: 42 %). 
 
C.   
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die
Verfügung vom 6. November 2015 zu bestätigen. Ferner ersucht sie um
aufschiebende Wirkung der Beschwerde. 
A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde sowie des Gesuches um
aufschiebende Wirkung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf
eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur
Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 f. ATSG), zum Rentenanspruch bzw.
dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG) und zur Bemessung der Invalidität
anhand der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG und Art.
28a Abs. 1 IVG) zutreffend dargelegt. Ebenso korrekt sind die Ausführungen über
die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG), den relevanten Vergleichszeitpunkt (
BGE 133 V 108 E. 5 S. 110 f.) und die Beweiskraft medizinischer Berichte und
Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird
verwiesen. 
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz die renteneinstellende Verfügung
der IV-Stelle vom 6. November 2015 zu Recht aufgehoben und die bisherige halbe
Invalidenrente auf eine Viertelsrente herabgesetzt hat. 
 
3.1. Das kantonale Gericht ist dem SMAB-Gutachten vom 31. August 2015 insoweit
gefolgt, als es einen Revisionsgrund (Art. 17 Abs. 1 ATSG) infolge einer
Verbesserung der depressiven Symptomatik bejaht hat. Den im Gutachten
diagnostizierten psychischen Leiden (rezidivierende depressive Störung,
gegenwärtig leichte, an der Grenze zu einer mittelgradigen Episode [ICD-10
F33.0]; chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren
[ICD-10 F45.41]), hat es keine Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zuerkannt.
Ferner ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass in somatischer Hinsicht
nicht auf die orthopädische SMAB-Expertise, sondern auf das ZMB-Gutachten vom
6. Dezember 2011 abzustellen sei. Gestützt darauf ist sie von einer 60%igen
Arbeitsfähigkeit für angepasste Tätigkeiten ausgegangen. Zur
Invaliditätsbemessung hat das kantonale Gericht einen Einkommensvergleich (Art.
16 ATSG) durchgeführt. Es hat das Valideneinkommen auf Fr. 62'255.- und das
Invalideneinkommen - unter Berücksichtigung eines Abzugs vom Tabellenlohn von
10 % (BGE 126 V 75 E. 5b/bb S. 80) - auf Fr. 35'869.- festgesetzt und einen
Invaliditätsgrad von 42 % ermittelt.  
 
3.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit bzw. deren Veränderung in einem bestimmten Zeitraum handelt es
sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso
stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage dar. Dagegen sind die
unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung
des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) und der
Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V
231 E. 5.1 S. 232) Rechtsfragen, welche das Bundesgericht im Rahmen der den
Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art.
106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei prüft.  
 
4.   
 
4.1. In Bezug auf das Vorliegen eines Revisionsgrundes (Art. 17 Abs. 1 ATSG)
hat das kantonale Gericht festgestellt, die SMAB-Gutachter hätten dargelegt, im
Zeitpunkt der der Vorbegutachtung im ZMB (Gutachten vom 6. Dezember 2011) habe
noch eine etwas stärker ausgeprägte Depression vorgelegen. Des Weiteren hätten
die Experten auf eine verbesserte Situation in Bezug auf die persönlichen
Ressourcen des Versicherten im Vergleich zum Vorgutachten verwiesen.  
 
4.2. Der Versicherte vermag in seiner Vernehmlassung nicht (substantiiert) zu
begründen, inwieweit diese Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unrichtig
(unhaltbar, willkürlich) sein sollen (E. 1). Sie bleiben daher für das
Bundesgericht verbindlich. Der Einwand, das kantonale Gericht habe übersehen,
dass die SMAB-Gutachter von einer leichten, an der Grenze zu einer
mittelgradigen depressiven Episode, und nicht bloss von einer leichten
depressiven Episode ausgegangen seien, trifft nicht zu (vgl. vorinstanzliche
Erwägung 6.5). Überdies ist revisionsrechtlich nicht die Diagnosestellung
massgeblich, sondern allein, ob das quantitative Element der (erheblichen)
Gesundheitsveränderung ausgewiesen ist oder nicht (vgl. Urteil 9C_226/2016 vom
31. August 2016 E. 4.3.2 mit Hinweisen). Dies ist in concreto offensichtlich
der Fall, finden doch die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen in den
medizinischen Akten eine klare Stütze: War der Versicherte in seinen
Tagesaktivitäten 2011 noch erheblich eingeschränkt, indem er manchmal, wenn die
Schmerzen exazerbierten, gemäss eigenen Angaben den ganzen Tag im Bett lag,
schilderte er solche Schwankungen gegenüber den SMAB-Gutachtern nicht mehr.
Vielmehr habe er - wie das kantonale Gericht willkürfrei (E. 1) festgestellt
hat - nunmehr angegeben, nach dem Frühstück jeweils einen Spaziergang von einer
halben Stunde, manchmal länger, zu unternehmen. Auch nach dem Mittagessen mache
er nochmals einen Spaziergang. Insoweit kann mit der Vorinstanz durchaus auf
eine verbesserte Tagesstruktur und ein höheres, konstanteres Aktivitätsniveau
geschlossen werden. Angaben über Suizidgedanken, wie sie der Versicherte dem
psychiatrischen ZMB-Gutachter gegenüber äusserte (ZMB-Gutachten, S. 28 und 31),
finden sich in der SMAB-Expertise ebenfalls nicht mehr. Auch die sonstigen
Vorbringen des Versicherten betreffend die gesundheitliche Verbesserung
verfangen - soweit sie sich nicht auf ohnehin unzulässige appellatorische
Kritik beschränken - in Anbetracht der vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen nicht. Insbesondere deutet nichts darauf hin, dass
aus psychischer Sicht lediglich eine andere Beurteilung eines im Wesentlichen
unverändert gebliebenen Sachverhalts vorliegt, was unter revisionsrechtlichen
Gesichtspunkten praxisgemäss unerheblich wäre (vgl. BGE 135 V 201 E. 4.3 S.
204).  
 
4.3. Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, wonach ein Revisionsgrund im
Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG vorliegt, ist bundesrechtskonform. Weitere
Ausführungen zur Frage, ob auch in somatischer Hinsicht eine Änderung des
Gesundheitszustands anzunehmen ist, erübrigen sich damit. Liegt in diesem Sinne
ein Rückkommenstitel vor, kann der Rentenanspruch in rechtlicher und
tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") überprüft werden, wobei keine
Bindung an frühere Beurteilungen besteht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit
Hinweisen).  
 
5.   
Somit hat - wie die Beschwerdeführerin zu Recht einwendet - vorab insbesondere
in somatischer Hinsicht eine umfassende Neubeurteilung zu erfolgen.
Diesbezüglich fragt sich einzig, ob die orthopädische SMAB-Expertise
beweiskräftig ist, sodass die Arbeitsfähigkeit des Versicherten abschliessend
beurteilt werden kann. Dies ist ohne weiteres zu bejahen, da die Aussagen des
orthopädischen SMAB-Experten Dr. med. B.________ insgesamt schlüssig sind (vgl.
BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) und in der Beschwerde
keine massgeblichen inhaltlichen Widersprüche dargetan werden. Auch der
Versicherte begründet in seiner Vernehmlassung nicht stichhaltig, inwieweit
konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Einschätzung des SMAB-Experten
sprechen sollen (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/bb S. 353; Urteil 9C_278/2016 vom 22.
Juli 2016 E. 3.2.2). Gestützt darauf ist davon auszugehen, dass der Versicherte
für rückenadaptierte, leichte und wechselbelastende Tätigkeiten (keine Arbeiten
in Zwangshaltungen wie vornüber gebeugt stehend, kniend, hockend, kauernd;
keine repetitiven Bewegungsanforderungen an den Rumpf; Heben, Tragen und
Bewegen von Lasten auf 10 kg limitiert) zu 80 % arbeitsfähig ist (ganztägiges
Arbeitspensum mit 20%iger Leistungsminderung). Wenn die Vorinstanz auf das
ZMB-Gutachten vom 6. Dezember 2011 abgestellt und aus somatischer Sicht eine
Arbeitsfähigkeit von bloss 60 % für angepasste Tätigkeiten angenommen hat,
verletzt dies Bundesrecht. 
 
6.   
 
6.1. Ebenso ist der psychische Gesundheitszustand (umfassend) neu zu
beurteilen: Gemäss dem psychiatrischen SMAB-Gutachten liegt beim Versicherten
eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte, an der Grenze zu
einer mittelgradigen Episode (ICD-10 F33.0) vor. Das kantonale Gericht hat
erwogen, eine leichte depressive Episode stelle keine Komorbidität von
hinreichender Erheblichkeit dar und sei auch grundsätzlich nicht geeignet, eine
leistungsspezifische Invalidität zu begründen. Vielmehr gälten leichte
Störungen aus dem depressiven Formenkreis in der Regel als therapierbar. Vor
diesem Hintergrund könne nicht auf die Einschätzung des psychiatrischen
SMAB-Experten Dr. med. C.________ abgestellt werden, wonach aus der
vorliegenden Depression Fähigkeitsstörungen in den Bereichen
Durchhaltefähigkeit, Flexibilität und Umstellungsfähigkeit sowie emotionale
Belastbarkeit resultierten und die quantitative Arbeitsfähigkeit um 40 %
reduziert sei. Indessen hat die Vorinstanz die gutachterliche Einschätzung
hinsichtlich der chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen
Faktoren (ICD-10 F45.41) übernommen und eine dadurch bedingte
Arbeitsunfähigkeit mit Blick auf BGE 141 V 281 verneint.  
 
6.2.   
 
6.2.1. Mit dem Urteil 8C_841/2016 vom 30. November 2017 (zur Publikation
vorgesehen) entschied das Bundesgericht jüngst, die Folgen von lege artis
diagnostizierten leichten bis mittelschweren depressiven Störungen an den
Grundsätzen von BGE 141 V 281 zu messen. Somit ist eine
invalidenversicherungsrechtlich relevante psychische Gesundheitsschädigung
nicht bereits mit dem Argument der fehlenden Therapieresistenz bzw. dem Hinweis
auf die frühere Rechtsprechung auszuschliessen (Urteil 8C_841/2016 vom 30.
November 2017 E. 5.1).  
Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sind daher systematisierte Indikatoren
beachtlich, die es - unter Berücksichtigung leistungshindernder äusserer
Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationspotentialen (Ressourcen)
anderseits - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen
einzuschätzen (BGE 141 V 281 E. 2 S. 285 ff., E. 3.4-3.6 und 4.1 S. 291 ff.). 
 
6.2.2. Die ärztliche Arbeitsfähigkeitsschätzung, zumindest ohne einlässliche
Befassung mit den spezifischen normativen Vorgaben und ohne entsprechende
Begründung, kann zwar den rechtlich geforderten Beweis des Vorliegens einer
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 2 ATSG) nicht erbringen, weil sie weitgehend
vom Ermessen des medizinisch-psychiatrischen Sachverständigen abhängt. Die
medizinische Einschätzung der Arbeitsfähigkeit ist aber eine wichtige Grundlage
für die anschliessende juristische Beurteilung der Frage, welche
Arbeitsleistung der versicherten Person noch zugemutet werden kann (BGE 140 V
193 E. 3.2 S. 195). Dabei gilt, dass die versicherte Person als grundsätzlich
gesund anzusehen ist und sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen kann (vgl. BGE
141 V 281 E. 3.7.2 S. 295 f.). Hinsichtlich der Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit haben sich sowohl die medizinischen Sachverständigen als auch
die Organe der Rechtsanwendung bei ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens an
den normativen Vorgaben zu orientieren; die Gutachter im Idealfall gemäss der
entsprechend formulierten Fragestellung (BGE 141 V 281 E. 5.2 S. 306 f.). Die
Rechtsanwender prüfen die medizinischen Angaben frei insbesondere daraufhin, ob
die Ärzte sich an die massgebenden normativen Rahmenbedingungen gehalten haben
und ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der
rechtserheblichen Indikatoren auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (Urteil
8C_130/2017 vom 30. November 2017 E. 6, zur Publikation vorgesehen). Im Rahmen
der Beweiswürdigung obliegt es den Rechtsanwendern zu überprüfen, ob
ausschliesslich funktionelle Ausfälle bei der medizinischen Einschätzung
berücksichtigt wurden und ob die Zumutbarkeitsbeurteilung auf einer
objektivierten Grundlage erfolgte (BGE 141 V 281 E. 5.2.2; Art. 7 Abs. 2 ATSG).
Eine rentenbegründende Invalidität ist nur dann anzunehmen, wenn funktionelle
Auswirkungen medizinisch anhand der Indikatoren schlüssig und widerspruchsfrei
festgestellt sind und somit den versicherungsmedizinischen Vorgaben Rechnung
getragen wurde (BGE 141 V 281 E. 6 S. 307 f.).  
 
6.2.3. Auch wenn eine (depressive) Störung keine Komorbidität im Sinne von BGE
141 V 281 E. 4.3.1.3 S. 301 darstellt, ist sie im Rahmen des Beweisverfahrens
relevant. Denn es ist nicht Aufgabe der Rechtsanwendung, die medizinischen
Befunde einzeln oder separat zu prüfen, sondern anhand dieser Vorgehensweise
gesamthaft die funktionellen Folgen einer oder mehrerer psychischer Leiden zu
würdigen. Ein Zwischenschritt mit Ausscheidung einzelner Beschwerden ist wegen
fehlender invalidenversicherungsrechtlicher Relevanz nicht zielführend. Das
strukturierte Beweisverfahren, wie es in BGE 141 V 281 definiert wurde, steht
einer Aufteilung von Einbussen auf einzelne Leiden entgegen, da es auf einer
ergebnisoffenen Gesamtbetrachtung in Berücksichtigung der Wechselwirkungen
basiert. Gemäss E. 4.3.1.3 von BGE 141 V 281 fallen Störungen unabhängig von
ihrer Diagnose bereits dann als rechtlich bedeutsame Komorbidität in Betracht,
wenn ihnen im konkreten Fall ressourcenhemmende Wirkung beizumessen ist (Urteil
8C_130/2017 vom 30. November 2017 E. 8.1).  
 
6.3.   
 
6.3.1. Das kantonale Gericht hat gestützt auf das psychiatrische SMAB-Gutachten
ein strukturiertes Beweisverfahren gemäss BGE 141 V 281 durchgeführt
(vorinstanzliche Erwägung 6.6.2).  
 
6.3.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, der psychiatrische SMAB-Gutachter habe
die Existenz der vom Versicherten beschriebenen Rückenschmerzen grundsätzlich
nicht in Frage gestellt. Bei der Diagnosestellung habe er das Hauptaugenmerk
auf den Umstand gelegt, dass die Schmerzsymptomatik organisch nicht vollständig
erklärbar sei. In Bezug auf die Schwere der Beeinträchtigung habe der Gutachter
vor allem darauf hingewiesen, dass der Versicherte an Rückenschmerzen leide,
die zum Teil ins rechte, insbesondere aber ins linke Bein ausstrahlten. Der
psychiatrische Experte habe weiter einbezogen, dass der Versicherte
psychiatrisch und psychotherapeutisch ambulant im Medizinischen Zentrum
D.________ behandelt werde. Psychotherapeutische Gespräche fänden zweimal
monatlich und psychiatrische Gespräche alle fünf bis sechs Wochen statt.
Bezüglich eines Behandlungserfolges oder einer Behandlungsresistenz seien keine
Angaben gemacht worden. Der psychiatrische Gutachter habe sodann eine komorbide
rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig im Ausmass einer leichtgradigen
depressiven Episode, diagnostiziert. Die Depression hänge ganz wesentlich mit
der Schmerzsymptomatik, aber auch mit der schwierigen sozialen und finanziellen
Situation zusammen. Der Versicherte sei in der Lage, regelmässig soziale
Kontakte ausserhalb der eigenen Familie mit dem Bruder und dessen Kindern zu
pflegen. Einmal in der Woche besuche entweder der Bruder ihn oder umgekehrt er
den Bruder. Schliesslich sei dem SMAB-Gutachten zu entnehmen, dass eine starke
Diskrepanz zwischen dem weitgehenden Rückzug von eher belastenden Tätigkeiten
(Arbeit, Haushalt) und einem weit weniger ausgeprägten Rückzug von angenehmen
Tätigkeiten (Freizeitbereich) bestehe. Der Versicherte verfüge über Ressourcen,
die er im Rahmen beruflicher Tätigkeiten aktivieren könnte. Es liege keine
Persönlichkeitsstörung oder -akzentuierung vor, die eine Ressourcenaktivierung
in Richtung einer beruflichen Tätigkeit erschweren würde.  
 
6.3.3. Die gestützt auf die gutachterlichen Angaben und Schlussfolgerungen
getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sind nicht
offensichtlich unrichtig (willkürlich) oder sonstwie bundesrechtswidrig. Sie
bleiben daher für das Bundesgericht verbindlich (E. 1). Die Vorinstanz würdigte
die relevante Aktenlage im Lichte von BGE 141 V 281 richtig und vollständig.
Die Prüfung der Standardindikatoren entspricht diesem Leiturteil. Dass das
strukturierte Beweisverfahren allein im Hinblick auf die chronische
Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41)
durchgeführt wurde, ändert nichts:  
 
6.3.4. Die Vorinstanz hat die depressive Störung im Komplex
Gesundheitsschädigung (BGE 141 V 281 E. 4.3.1 S. 298 ff.) berücksichtigt und
dabei insbesondere der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung des
Versicherten Rechnung getragen. Gegen eine Behandlungsresistenz spricht, dass
der Versicherte zwar eine (nicht engmaschige) ambulante, aber zu keinem
Zeitpunkt eine stationäre psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen hat.
Ein erheblicher Leidensdruck (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.4.2 S. 304) ist gestützt
darauf fraglich. Hinzu kommt, dass die depressive Störung nach Ansicht des
psychiatrischen SMAB-Experten nur leicht ausgeprägt ist, da der Versicherte in
den üblichen Tagesaktivitäten (was die Wahrnehmung angenehmer Aktivitäten
angehe) zu wenig stark eingeschränkt sei, dass eine mittelgradige depressive
Episode diagnostiziert werden könnte (SMAB-Gutachten, S. 49). Im Komplex
Persönlichkeit (BGE 141 V 281 E. 4.3.2 S. 302) sind keine einschränkenden
Faktoren ersichtlich (Fehlen einer Persönlichkeitsstörung oder -akzentuierung).
Sodann verfügt der Versicherte über soziale Ressourcen (vgl. BGE 141 V 281 E.
4.4.3 S. 303), erhält er doch auch ausserhalb seiner eigenen Familie
regelmässig Unterstützung von seinem Bruder und dessen Kindern. Beweisrechtlich
entscheidend bleibt, dass eine offensichtlich ungleichmässige Einschränkung des
Aktivitätsniveaus betreffend Arbeit/Haushalt einerseits und Freizeit/positiv
besetzte Aktivitäten andererseits auffällt. Dem hat die Vorinstanz zu Recht in
der Kategorie Konsistenz (BGE 141 V 281 E. 4.4 S. 303 f.) Rechnung getragen.
Beim Versicherten liegen ausserdem erhebliche soziale Belastungen vor, welche
direkt negative funktionelle Folgen zeitigen und daher auszuklammern sind (BGE
141 V 281 E. 4.3.3 S. 303 mit Hinweis auf BGE 127 V 294 E. 5a S. 299). So ist
der SMAB-Expertise zu entnehmen, bei Rückbildung der Schmerzsymptomatik sei
mindestens eine deutliche Besserung der Depression zu erwarten. Ob diese ganz
verschwinden würde, hänge (sicher) davon ab, inwieweit sich die soziale
Situation verbessern könnte (SMAB-Gutachten, S. 50). Mit anderen Worten
entfiele die depressive Störung bei intakten sozialen Verhältnissen zumindest
in weiten Teilen, was klar gegen eine invalidisierende Beeinträchtigung
spricht.  
 
6.3.5. In der Gesamtbetrachtung ist eine ressourcenhemmende Wirkung (E. 6.2.3)
mit Blick auf die psychiatrischen Diagnosen nicht ausgewiesen. Inwieweit
aufgrund der attestierten Fähigkeitsstörungen in den Bereichen
Durchhaltefähigkeit, Flexibilität und Umstellungsfähigkeit sowie emotionale
Belastbarkeit dennoch auf eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit geschlossen
werden müsste, begründete der psychiatrische SMAB-Experte nicht (vgl. E.
6.6.2). Das vorinstanzliche Abweichen vom SMAB-Gutachten hält daher auch im
Lichte der geänderten Rechtsprechung (Urteile 8C_841/2016 und 8C_130/2017 vom
30. November 2017) vor Bundesrecht stand. Der Versicherte zeigt in seiner
Vernehmlassung denn auch nicht ansatzweise einen Rechtsfehler hinsichtlich der
fraglichen Indikatoren auf.  
 
7.   
In Bezug auf die Invaliditätsbemessung steht fest, dass sich das
Valideneinkommen, indexiert für 2015, auf Fr. 62'255.- beläuft. Ebenso
unbestritten geblieben ist das Invalideneinkommen von Fr. 62'520.- in Bezug auf
eine Vollzeittätigkeit (indexiert für 2015: Fr. 66'423.-). Nach dem Gesagten
ist der Versicherte aus somatischen Gründen (E. 5.2) nur zu 80 % arbeits- bzw.
leistungsfähig, was zu berücksichtigen ist (Fr. 66'423.- x 0.8 = Fr.
53'138.40). Die (Rechts-) Frage, ob ein Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist,
kann offen bleiben: Selbst bei einem maximalen Abzug von 25 % (BGE 135 V 297 E.
5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b/aa-cc S. 80) ist dem Valideneinkommen (Fr. 62'255.-)
ein Invalideneinkommen von Fr. 39'853.80 (Fr. 53'138.40 x 0.75) gegenüber zu
stellen. Auch in diesem, für den Versicherten günstigsten Fall resultiert kein
Rentenanspruch (Invaliditätsgrad: 35.98 %). Der angefochtene Entscheid verletzt
Bundesrecht (E. 1). Die Beschwerde ist begründet. 
 
8.   
Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung gegenstandslos. 
 
9.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 6. Februar 2017 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons Zürich vom 6. November 2015bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 29. Januar 2018 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder 

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