Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 187/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_187/2017        

Urteil vom 12. Juli 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Gerhard Hauser-Schönbächler,
Beschwerdeführer,

gegen

Reformierte Kirchgemeinde B.________,
handelnd durch den Kirchgemeinderat,
vertreten durch Fürsprecher Thomas Zachmann,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 1. Februar 2017.

Sachverhalt:

A.

A.a. A.________ war vom 1. März 2006 bis 30. November 2016 als Verwalter bei
der reformierten Kirchgemeinde B.________ angestellt und dadurch bei der Previs
Vorsorge berufsvorsorgeversichert.

A.b. Mit ab 1. November 2010 gültiger Anschlussvereinbarung (zwischen der
Previs Vorsorge und der reformierten Kirchgemeinde B.________) erfolgte der
Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Die Anschlussvereinbarung sah vor,
dass sämtliche Arbeitnehmer mit Jahrgang 1955 und älter bis zu ihrem Austritt
oder ihrer Pensionierung im Leistungsprimat versichert bleiben. Davon betroffen
waren drei Personen. Mit einer neuen, ab 1. Januar 2015 gültigen
Anschlussvereinbarung wurde sodann auf dieses Datum hin auch A.________ in das
Beitragsprimat überführt. Die anderen zwei weiterhin im Leistungsprimat
versicherten Personen waren mittlerweile (bei der Previs Vorsorge) nicht mehr
aktivversichert. Am 2. November 2015 beschloss die reformierte Kirchgemeinde
B.________, den Primatwechsel von A.________ mit Fr. 24'000.- abzufedern.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Klage des A.________ auf
Zusprache einer Übergangseinlage von Fr. 145'601.40 zu Gunsten seines
Pensionskassenguthabens zwecks Ausgleichs der Leistungseinbusse, die infolge
des Wechsels vom Leistungs- ins Beitragsprimat entstanden sei, mit Entscheid
vom 1. Februar 2017 ab.

C. 
A.________ erhebt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
und beantragt, der Entscheid vom 1. Februar 2017 sei aufzuheben und die
reformierte Kirchgemeinde B.________ zu verpflichten, ihm Fr. 145'601.- zu
überweisen. Diese schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt
für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichtet. A.________ reicht
eine weitere Eingabe ein.

Erwägungen:

1. 
Der Beschwerdeführer stellt den Primatwechsel an und für sich nicht in Frage.
Er bemängelt die fehlende Ausfinanzierung der dadurch entstandenen
Deckungslücke. Dabei rügt er die falsche Auslegung der massgebenden Vertrags-
und Reglementsbestimmungen und macht eine Verletzung des
Rechtsgleichheitsgebots geltend.

2.

2.1. Wie der Beschwerdeführer richtig vorbringt, ist ein Anschlussvertrag für
beide Parteien bindend. Die Verpflichtung seiner Arbeitgeberin, dass sämtliche
Arbeitnehmer mit Jahrgang 1955 und älter bis zu ihrem Austritt oder ihrer
Pensionierung im Leistungsprimat versichert bleiben (Art. 3 letztes Lemma des
am 1. November 2010 in Kraft getretenen Anschlussvertrages), steht jedoch unter
dem Vorbehalt einer Kündigung (vgl. Art. 7 Ziff. 1 des besagten
Anschlussvertrages). Von einer (individuellen) Zusicherung im Rahmen des
Anschlussvertrages kann daher nicht die Rede sein. Dass das damals massgebende
Reglementine solche enthielt, ist weder ersichtlich noch bringt der
Beschwerdeführer dies vor. Ebenso wenig beruft er sich auf eine anderweitige
Begebenheit, mit der sich eine abgegebene Garantie belegen lässt.

2.2. Art. 3 des Personalreglements vom 11. Dezember 2006 der reformierten
Kirchgemeinde B.________ (nachfolgend: Personalreglement) sieht vor, dass
sinngemäss die kantonalen Bestimmungen, namentlich das Personalgesetz und die
Personalverordnung, zur Anwendung gelangen, soweit im Personalreglement
besondere Bestimmungen fehlen. Gestützt darauf will der Beschwerdeführer Art.
50-52 des Gesetzes über die kantonalen Pensionskassen vom 18. Mai 2014 (PKG; in
Kraft seit 1. Januar 2015 [BSG 153.41]) analog beiziehen. Danach ist für jede
Person eine individuelle Übergangseinlage zum Ausgleich der Leistungseinbusse,
die aus dem Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat entsteht, zu erbringen.
In Übereinstimmung mit der Vorinstanz dient Art. 3 des Personalreglements
lediglich der Lückenfüllung hinsichtlich  arbeitsrechtlicher Belange und
bezweckt nicht die Implementierung neuer berufsvorsorgespezifischer
Leistungsansprüche. Art. 1 Rz. 2 des Personalreglements lässt sich
unmissverständlich entnehmen, dass sich "Anstellung und Entlöhnung" der
Mitarbeitenden an den kantonalen Bestimmungen orientiert. Zwar ist sowohl den
kantonalen Angestellten als auch denjenigen der Kirchgemeinde gemeinsam, dass
sie berufsvorsorgerechtlich versichert werden müssen. Von dieser
(arbeitgeberseitigen) Grund-Verpflichtung, die aus dem blossen Bestand eines
Arbeitsverhältnisses fliesst (vgl. Art. 2 BVG; für die Mitarbeitenden der
reformierten Kirchgemeinde B.________ vgl. Art. 39 des Personalreglements), ist
das Wo und Wie der Vorsorge zu unterscheiden. Zum einen beinhaltet das Wie, das
heisst das materielle Vorsorgerecht, kein Arbeitsrecht. Zum anderen scheiden
sich diesbezüglich die Wege von Kirchgemeinde und Kanton, indem Erstere auf
einen Anschluss bei der Bernischen Pensionskasse verzichtet (vgl. Art. 4 Abs. 2
PKG) und sich bei der Previs Vorsorge angeschlossen hat. Konsequenz dieser
(anderen) Wahl ist, dass allfällige berufsvorsorgerechtliche Lücken
ausschliesslich mit Blick auf die "eigene" Vorsorgeeinrichtung zu füllen sind
(vgl. Ziff. 7.8 der Reglemente 2005 und 2011 der Previs Vorsorge).
Anzufügen ist im vorliegenden Punkt, dass der Nichtausgleich der
beschwerdeführerischen Leistungseinbusse infolge Wechsels vom Leistungs- zum
Beitragsprimat ohnehin keine Lücke darstellt resp. keinen Fall bildet, "für
welche (n) das Reglement keine Bestimmungen enthält". Abgesehen davon, dass die
finanziellen Auswirkungen des Primatwechsels in concreto nicht übersehen
wurden, ist die Gewährung einer Übergangseinlage (wie in Art. 51 PKG
vorgesehen) keine gesetzliche Pflicht. Als durch den Anspruch auf Treu und
Glauben (Art. 9 BV) und die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) geschütztes
wohlerworbenes Recht gilt nur der Rentenanspruch als solcher und der bisher
erworbene Bestand der Freizügigkeitsleistung, nicht aber - mangels
qualifizierter Zusicherung (vgl. E. 2.1 vorne) - das während der Zugehörigkeit
zur Vorsorgeeinrichtung und vor dem Eintritt des Vorsorgefalls reglementarisch
vorgesehene künftige Altersguthaben und die Anwartschaften bzw. die genaue Höhe
der mit den Beiträgen finanzierten Leistungen (BGE 134 I 23 E. 7.2 S. 36 f.).
Dass der obligatorisch zu gewährende Vorsorgeschutz bzw. der
Austritts-Mindestbetrag durch den Primatwechsel tangiert ist, moniert der
Beschwerdeführer nicht.

2.3. Es ist aktenkundig und auch durch sämtliche Verfahren hindurch
unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer bereits per Ende 2010 ins
Beitragsprimat hätte wechseln können. Soweit er seine Situation nunmehr mit
derjenigen von Versicherten vergleicht, die bereits damals vom Leistungs- zum
Beitragsprimat gewechselt haben, so handelt es sich nicht nur in zeitlicher,
sondern auch struktureller Hinsicht um unterschiedliche Verhältnisse, die keine
rechtsgleiche Behandlung erfordern. Einerseits fehlt es betreffend das hier
streitige Jahr 2015 überhaupt an einer Vergleichsgruppe, da allein der
Beschwerdeführer noch im Leistungsprimat (aktiv) versichert war. Anderseits ist
dem Wechsel zum Beitragsprimat systeminhärent und damit sachlich begründet,
dass ältere Versicherte in der verbleibenden (kurzen) Aktivzeit, anders als
jüngere Versicherte, kaum mehr an das Leistungsniveau im Leistungsprimat
heranzukommen vermögen.

2.4. Zusammenfassend lässt sich unter keinem der angerufenen Titel ein Anspruch
auf eine Übergangseinlage ausmachen. Die Beschwerde ist unbegründet und
vollumfänglich abzuweisen. Die von der reformierten Kirchgemeinde B.________ am
2. November 2015 gesprochenen Fr. 24'000.- (vgl. Sachverhalt lit. A.b in fine)
sind im vorliegenden Verfahren unbeachtlich, weil eine Klageanerkennung in
dieser Höhe ausblieb (vgl. Art. 107 Abs. 1 BGG).

3. 
Bei diesem Verfahrensausgang gehen die Gerichtskosten zu Lasten des
Beschwerdeführers (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er schuldet zudem eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'400.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Juli 2017
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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