Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 153/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_153/2017        

Urteil vom 29. Juni 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Berufliche Massnahmen),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 16.
Januar 2017.

Sachverhalt:

A. 
A.________ meldete sich im Januar 2013 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach Abklärungen (u.a. Gutachten SMAB [Swiss Medical
Assessement and Business-Center] AG vom 27. Januar 2016) und nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle Bern mit Verfügung
vom 13. Juni 2016 den Anspruch auf Unterstützung in Form von
Eingliederungsmassnahmen mit Bezug auf das Hochschulstudium.

B. 
Die Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 16. Januar 2017 ab.

C. 
A.________ hat Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, die Verfügung vom 13.
Juni 2016 sei aufzuheben; die IV-Stelle Bern sei anzuweisen, gemeinsam mit ihr
einen Eingliederungsplan zu erarbeiten und die Lebenskosten bis
Studienabschluss oder erfolgreicher Stellenvermittlung zu übernehmen.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Unter den zweiten
Tatbestand fallen u.a. die unvollständige Feststellung rechtserheblicher
Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1
und Art. 61 lit. c ATSG; Urteil 9C_395/2016 vom 25. August 2016 E. 1.2 mit
Hinweisen). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und Art. 105
Abs. 2 BGG meint unhaltbar, willkürlich (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153).

2. 
Streitgegenstand bildet der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungen der
Invalidenversicherung im Zusammenhang mit dem Abschluss ihres Hochschulstudiums
unter dem Titel erstmalige berufliche Ausbildung nach Art. 16 Abs. 1 IVG. Als
solche gilt u.a. nach Abschluss der Volks- oder Sonderschule, der Besuch einer
Mittel-, Fach- oder Hochschule (Art. 5 Abs. 1 IVV; vgl. Urteil 9C_181/2009
vom       3. November 2009 E. 5.2.1).

3. 
Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des
Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat
(Art. 4 Abs. 2 IVG). Im Bereich der beruflichen Massnahmen kann der
leistungsspezifische Invaliditätsfall nach Art. 4 Abs. 2 IVG u.a. gegeben sein,
wenn die versicherte Person aus Gründen eines bleibenden oder längere Zeit
dauernden Gesundheitsschadens daran gehindert worden ist, im üblichen Rahmen
die erstmalige berufliche Ausbildung zu absolvieren und ihr als Folge dieser
invaliditätsbedingten Verzögerung in wesentlichem Umfange zusätzliche Kosten
entstehen (Art. 16 Abs. 1 IVG und Art. 5 Abs. 2 IVV; BGE 126 V 461 E. 2 S.
462).

4. 
Die Vorinstanz ist in Würdigung der Akten zum Ergebnis gelangt, die
Beschwerdeführerin sei für das geplante Studium bzw. dessen Abschluss voll
arbeits- und leistungsfähig. Selbst wenn das diagnostizierte Asperger-Syndrom
schon seit früher Kindheit bestanden haben sollte, sei mangels echtzeitlicher
medizinischer Dokumentation nicht rechtsgenüglich erstellt, dass ihr aus
gesundheitlichen Gründen bei der Absolvierung des Studiums in wesentlichem
Umfang zusätzliche Kosten entstanden seien bzw. sie dieses nicht (innert der
sonst üblichen Zeit) abgeschlossen habe. Wegen der fehlenden
invaliditätsmässigen Voraussetzungen habe sich die Beschwerdegegnerin daher zu
Recht geweigert, sie beim Abschluss des Hochschulstudiums finanziell zu
unterstützen.

5. 
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht dem Gutachten der
SMAB AG vom 27. Januar 2016 Beweiswert zuerkannt und darauf abgestellt, Belege
einseitig zugunsten der Beschwerdegegnerin höher gewertet als jene, die zu
ihren Gunsten sprechen, eingereichte medizinische Unterlagen nicht zur Kenntnis
genommen und notwendige weitere Abklärungen unterlassen. Ihre Vorbringen,
soweit sie den Begründungsanforderungen genügen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106
Abs. 2 BGG), sind indessen nicht stichhaltig:
Das Gutachten des SMAB vom 27. Januar 2016 äussert sich zwar nicht explizit
dazu, ob der Umstand, dass die Beschwerdeführerin das 1986 begonnene Studium in
Kunstgeschichte (später Ostasiatische Kunstgeschichte und Sinologie) bis heute
noch nicht abgeschlossen hat, auf gesundheitliche Gründe zurückzuführen ist.
Ebenso wenig wird gesagt, sie wäre gesundheitlich (nicht) in der Lage, das
Studium erfolgreich abzuschliessen. Diese Fragen waren der Gutachterstelle
nicht gestellt worden. Im polydisziplinären Konsens wird ihr indessen in einer
leidensangepassten Tätigkeit unter Berücksichtigung des Belastungsprofils eine
Arbeitsfähigkeit von 100 % attestiert. Dabei wird aus psychiatrischer Sicht
eine besondere Eignung im wissenschaftlichen Bereich festgehalten, auch
komplexe gedankliche Anforderungen zu bewältigen. Diese Einschätzung gilt
grundsätzlich auch für die Zeit vor der Begutachtung. Von einer Aufhebung bzw.
deutlichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ist gemäss dem Gutachten
lediglich "aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen mit einer
ausserordentlich konfliktreichen Beziehung zum Sohn und dem zugrunde liegenden
eigenen Störungsmuster" auszugehen, was jedoch, da invaliditätsfremd, ausser
Betracht zu bleiben hat. Im Übrigen hatte auch die frühere Hausärztin Dr. med.
B.________ im Bericht im 30. Januar 2013 eine Arbeitsfähigkeit in spezifischen
Tätigkeiten von 70 % attestiert.
Mit Bezug auf die Rüge, die Gutachter hätten die mitgebrachte Zusammenfassung
der Krankengeschichte nicht entgegengenommen, ist aufgrund des Vorstehenden
davon auszugehen, dass überwiegend wahrscheinlich weitere Abklärungen keine
neuen verwertbaren Erkenntnisse brächten, weshalb davon abzusehen ist (BGE 141
I 60 E. 3.3 S. 64). Dass und soweit den Gutachtern nicht sämtliche früheren
medizinischen Unterlagen vorgelegen haben sollten, vermag daher den Beweiswert
der Expertise nicht entscheidend zu mindernd. Von einem "Zurechtschneiden der
Akten" durch den psychiatrischen Gutachter des SMAB kann im Übrigen nicht
gesprochen werden. Schliesslich legt die Beschwerdeführerin selber dar, dass
das Studium der ostasiatischen Kunstgeschichte den Erwerb mehrerer jener
Sprachen und den Aufenthalt in der betreffenden Region voraussetze und daher
länger dauere als die Regelstudienzeit anderer Fächer.

Unter diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz ohne
weitere Abklärungen gestützt auf das Gutachten vom 27. Januar 2016 zum Schluss
gekommen ist, die Beschwerdeführerin sei trotz ihres Krankheitsbildes in der
Vergangenheit und auch aktuell zum Studium (von Kunstgeschichte) und zum
Studiumabschluss fähig, und demzufolge eine leistungsspezifische Invalidität im
Sinne von   Art. 16 Abs. 1 IVG und Art. 5 Abs. 2 IVV verneint hat.

6. 
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und daher im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG zu erledigen.

7. 
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Juni 2017
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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