Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 133/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
9C_133/2017  
 
 
Urteil vom 7. März 2018  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless. 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokatin Elisabeth Maier, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sammelstiftung BVG der 
Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft, Richtiplatz 1, 8304
Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 24. Oktober 2016 (BV.2016.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1970 geborene A.________ arbeitete vom 8. September 2005 bis zur Kündigung
per 30. April 2011 als Verkäufer in einem Tankstellenshop. In dieser
Eigenschaft war er bei der Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse
Lebensversicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Allianz)
berufsvorsorgeversichert. Im August 2011 meldete er sich bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Basel-Stadt sprach
ihm mit Verfügung vom 19. Juni 2013 eine Viertelsrente ab dem 1. April 2012 zu
(Invaliditätsgrad 47 %). Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 16.
Dezember 2013 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und sprach A.________
eine halbe Rente zu (Invaliditätsgrad 55 %). 
Die Allianz teilte A.________ mit zwei Schreiben vom 4. November 2014 und vom
19. Januar 2015 mit, er könne seine Teilzeittätigkeit trotz gesundheitlicher
Beeinträchtigungen im bisherigen Umfang weiterführen. Es bestehe deshalb kein
Anspruch auf Leistungen der beruflichen Vorsorge. 
 
B.   
Die am 14. April 2016 eingereichte Klage gegen die Allianz wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 24.
Oktober 2016 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es seien ihm unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids
rückwirkend ab dem 1. April 2012 die gesetzlichen und reglementarischen
Invalidenleistungen im Rahmen einer Viertelsrente von jährlich Fr. 3'000.-
zuzüglich Zins zu 5 % ab Fälligkeit jeder Teilforderung zuzusprechen. 
Während die Allianz und das kantonale Gericht je auf Abweisung der Beschwerde
schliessen, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine
Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105
Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
 
1.2. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt, was von der ein Novum
einbringenden Partei darzulegen ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang
allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG
für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren
ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (vgl. statt vieler Urteil 8C_482
/2017 vom 7. Dezember 2017 E. 2).  
 
2.  
 
2.1. Streitig ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente
aus beruflicher Vorsorge.  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die massgebenden Bestimmungen über den Anspruch
auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge und deren Umfang (Art. 23 lit.
a und Art. 24 Abs. 1 BVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
3.   
Die Vorinstanz verneinte in Ermangelung eines rentenbegründenden
Invaliditätsgrades einen Anspruch auf Leistungen nach Art. 23 BVG. Zur
Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Beschwerdegeg-nerin sei an das
im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren ermittelte Valideneinkommen in
der Höhe von Fr. 77'108.55 nicht gebunden. Der Beschwerdeführer habe bereits im
Zeitpunkt, der damals als Beginn der Arbeitsunfähigkeit festgelegt worden sei,
einen viel tieferen Lohn von Fr. 40'000.- erzielt. Für die Differenz zwischen
dem ermittelten Valideneinkommen und dem gemeldeten Jahresverdienst sei er
somit berufsvorsorgerechtlich nicht versichert gewesen. Selbst bei
teilerwerbstätigen Versicherten bestehe kein Anspruch auf Leistungen der
beruflichen Vorsorge, wenn und jedenfalls solange die versicherte Person im
bisherigen Umfang weiterarbeiten könne oder könnte. Das Risiko Invalidität
verwirkliche sich diesfalls in dem berufsvorsorgerechtlich nicht versicherten
Anteil. 
 
4.  
 
4.1.  
 
4.1.1. Die Beschwerdegegnerin definiert den Invaliditätsgrad in ihrem
Vorsorgereglement (vgl. Ziff. 2.6 des Vorsorgereglements Teil 2) nicht weiter
als im BVG bzw. in der Invalidenversicherung (Art. 23 BVG bzw. Art. 8 ATSG).
Betreffend den letztgenannten Anspruch liegt sodann mit dem Entscheid vom 16.
Dezember 2013 eine rechtskräftige gerichtliche Beurteilung aus einem Verfahren
vor, zu dem die Beschwerdegegnerin als betroffene Vorsorgeeinrichtung
beigeladen war. Durch die Beiladung wird die Rechtskraft auf sie ausgedehnt.
Für eine nachträgliche Überprüfung unter dem Blickwinkel der Unhaltbarkeit
(vgl. zur Bindungswirkung von Vorsorgeeinrichtungen an IV-Verfügungen BGE 133 V
67 E. 4.3.2 S. 69; 130 V 270 E. 3.1 S. 273) besteht kein Raum. Der Anfechtungs-
und Streitgegenstand - der Anspruch des Beschwerdeführers gegenüber der
Beschwerdegegnerin auf eine Invalidenrente nach BVG - wird jedoch nicht
erweitert (BGE 130 V 501 E. 1.2 S. 502 f.; Urteil 9C_198/2017 vom 29. August
2017 E. 3.2.1 und 3.2.2).  
 
4.1.2. Aus dem Entscheid vom 16. Dezember 2013 ergeben sich folgende Eckwerte:
Keine Arbeitsunfähigkeit vor April 2011 und Invaliditätsgrad in der Höhe von 55
%; unter Annahme eines vollen Valideneinkommens - für einen Versicherten ohne
Ausbildung gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV - in der Höhe von Fr. 77'108.55 und eines
Invalideneinkommens in der Höhe von Fr. 34'739.-. Dass im Entscheid vom 16.
Dezember 2013 auch die Einschätzung des behandelnden Psychiaters Erwähnung
fand, wonach eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % bereits ab Oktober 2009 bestanden
habe, ändert nichts. Das kantonale Gericht nahm auf die erwähnte Einschätzung
allein in Zusammenhang mit der Ermittlung des (im vorliegenden Verfahren
ohnehin unstreitigen) Invalideneinkommens Bezug, stützte sich in der Hauptsache
aber auf die psychiatrische Expertise des Dr. med. B.________ vom 14. Januar
2013, wonach ab April 2011 in der angestammten Tätigkeit noch eine um 20-50 %
reduzierte Leistung erwartet werden könne. Es wurde denn auch von keiner Seite
- vor allem vom Versicherten nicht - ein früherer Rentenanspruch geltend
gemacht, obwohl dies aufgrund des Anmeldezeitpunkts möglich gewesen wäre (vgl.
Sachverhalt lit. A.). Damit steht gleichzeitig fest, dass hier kein
Anwendungsfall von Art. 23 lit. c BVG (Frühinvalidität), sondern der "normale"
Tatbestand von lit. a vorliegt (vgl. dazu auch BASILE CARDINAUX, Psychische
Erkrankungen in der beruflichen Vorsorge, in: Psyche und Sozialversicherung,
Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft [LBR], 2014, S. 70).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer hatte in seiner Klage vom 14. April 2016 vorgebracht,
sein Beschäftigungsgrad habe vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit 80 % betragen.
Daran hielt er in seiner Beschwerde ans Bundesgericht fest. Auch die
Beschwerdegegnerin ging (Klageantwort vom 29. Juni 2016 sowie Replik vom 5.
September 2016) und geht - im Grundsatz - nach wie vor (Vernehmlassung vom 15.
März 2017) von einer Teilzeittätigkeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit aus,
stellt jedoch den Umfang in Frage. Die Vorinstanz hat dazu, anders als die
Beschwerdegegnerin glauben zu machen versucht, keine Feststellungen getroffen.
Der Vorsorgeeinrichtung ist insoweit zuzustimmen, dass den Angaben
(Beschäftigungsgrad 80 %) auf dem Vorsorgeausweis per 1. Januar 2011 reiner
Informationscharakter zukommt (Urteil 9C_871/2011 vom 7. Mai 2012 E. 4.2) und
nicht als direkter Beweis - aber immerhin als Indiz - zu dienen vermögen. Auf
jeden Fall gaben beide ehemaligen Arbeitgeber (vgl. Sachverhalt lit. A) als
betriebsübliche Arbeitszeit 41 Stunden pro Woche an, wobei aus den
Lohnabrechnungen für das Jahr 2011 (Januar bis April) erhellt, dass der
Beschwerdeführer im Durchschnitt 138,9 Stunden pro Monat resp. durchschnittlich
34,7 Stunden pro Woche (138,9 : 4) arbeitete, was das behauptete Pensum
untermauert (41 x 0,8 = 32,8 Stunden); insbesondere auch wenn von einer
42-Stunden-Woche ausgegangen wird, wofür die Beschwerdegegnerin plädiert (42 x
0,8 = 33,6 Stunden). Dass der Beschwerdeführer in den einzelnen Monaten in
zeitlicher Hinsicht sehr unterschiedlich tätig war (im Januar 118 Stunden, im
Februar 131 Stunden, im März 137,75 Stunden, im April 169 Stunden) ist im
Rahmen der konkreten Beschäftigung an einer Tankstelle mit Shop, die rund ums
Jahr von morgens früh bis abends spät geöffnet ist, nicht aussergewöhnlich. So
oder anders: Aus prozessrechtlichen Gründen verbietet sich an dieser Stelle
eine abschliessende Beurteilung. Bei den Lohnblättern betreffend die Monate
Januar bis April 2011 handelt es sich um unzulässige Noven, da sie ohne weitere
Begründung erst vor Bundesgericht aufgelegt wurden. Sie haben daher im
vorliegenden Verfahren unbeachtlich zu bleiben (vgl. E. 1.2 vorne).  
 
5.  
 
5.1. Ein Anspruch auf Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge ist nur
gegeben, sofern eine entsprechende Versicherungsdeckung vorhanden ist. Deren
Umfang bemisst sich nach dem Beschäftigungsgrad bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, unter
Berücksichtigung einer allfälligen vorbestandenen gesundheitlich bedingten
Arbeitsunfähigkeit (BGE 141 V 127 E. 5.3.2 S. 134 f.). Die Höhe der konkreten
Salarierung spielt diesbezüglich keine Rolle (MARKUS MOSER,
Teilzeitarbeitsbedingte Anwendungsprobleme im Leistungsbereich der beruflichen
Vorsorge, in: AJP 2001 S. 1182). Versah die versicherte Person ein
Teilzeitpensum, besteht kein Anspruch auf Leistungen, wenn und jedenfalls
solange sie trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung im bisherigen Umfang
weiterarbeiten kann oder könnte; das Risiko Invalidität hat sich lediglich in
dem berufsvorsorgerechtlich nicht versicherten Anteil einer
Vollzeitbeschäftigung (100 % - Beschäftigungsgrad) verwirklicht (BGE 141 V 127
E. 5.3.2 S. 135 mit weiteren Hinweisen). Demgemäss lässt sich nicht in jedem
Fall folgern, eine Leistung sei bei Eintritt eines Versicherungsfalles nicht
geschuldet, wenn der Lohn unverändert weiter fliesst (vgl. BGE 129 V 132 E.
4.3.1 S. 141 f.).  
 
5.2. Hat die Invalidenversicherung (IV) die Invalidität einer teilzeitlich
erwerbstätigen Person mittels der gemischten Methode berechnet (im Bereich der
Erwerbstätigkeit nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs und im
Haushaltsbereich nach der spezifischen Methode des Betätigungsvergleichs), sind
die Vorsorgeeinrichtungen grundsätzlich an denjenigen Invaliditätsgrad
gebunden, den die IV für den erwerblichen Teil ermittelt hat (so bereits BGE
120 V 106 E. 4b S. 110). Denn die IV-Stelle prüft (e) immer, auf welche
Grundlagen (Vollzeitbeschäftigung oder Teilzeitbeschäftigung) sich die
ärztlichen Angaben zur Arbeits (un) fähigkeit beziehen. Eine auf eine
Vollzeitbeschäftigung bezogene 50%ige Arbeitsfähigkeit gestattet beispielsweise
eine Teilzeitbeschäftigung von 50 %. Soweit vor Eintritt des
Gesundheitsschadens eine Erwerbstätigkeit in diesem Umfang ausgeübt wurde und
diese weiter ausgeübt würde, kann sich daraus keine erhebliche Einschränkung
bzw. Invalidität ergeben (Rz. 3102 des Kreisschreibens über Invalidität und
Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH], Stand 1. Januar 2017).  
 
5.3. Davon zu unterscheiden ist derjenige Sachverhalt, bei dem das von der
IV-Stelle festgesetzte (hypothetische) erwerbliche Arbeitspensum nicht mit
demjenigen übereinstimmt, das die versicherte Person bei Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, ausübte. Dieser
Sachverhalt liegt dem vorliegenden Fall (vgl. E. 4.1.2 vorne) wie auch dem
Urteil 9C_403/2015 vom 23. September 2015 zugrunde. Dort ermittelte die
IV-Stelle den Invaliditätsgrad bezogen auf ein Vollzeitpensum (IV-Grad von 50 %
[bei verbleibender 50%iger Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit]),
während sich die berufsvorsorgerechtliche Deckung resp. das Arbeitspensum bei
Eintritt des Gesundheitsschadens auf 75 % belief. Gemäss Bundesgericht ist auch
diesfalls nicht die Invalidität im Rahmen einer Vollzeit- resp.
Mehrzeitbeschäftigung relevant, sondern die Invalidität im zeitlichen Rahmen
der Erwerbstätigkeit, die im massgebenden Zeitpunkt nach Art. 23 lit. a BVG
ausgeübt wurde (Urteil 9C_403/2015 E. 5.2). Entsprechend setzte es den
Invaliditätsgrad bezogen auf ein Arbeitspensum von 75 % fest, was 33 % (25 : 75
x 100) ergab (a.a.O., E. 5.3).  
 
6.  
 
6.1. Das Urteil 9C_403/2015 erfuhr in zwei Punkten Kritik. Zum einen sei mit
ihm insoweit eine (neue) Unklarheit geschaffen worden, als sich nunmehr die
Frage stelle, ob hinsichtlich der Einschränkung in der "vorsorgerechtlichen"
Tätigkeit vom Invaliditätsgrad gemäss IV oder der attestierten
Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei (MARC HÜRZELER, Teilinvalidität -
Teilzeitarbeit: Neue Lösungen, neue Herausforderungen?, in: BVG-Tagungsband
2016, Aktuelle Fragen der beruflichen Vorsorge, 2017, S. 13). Zum andern führe
der Schluss, dass auf das bisher effektiv ausgeübte Pensum abzustellen und die
Invaliditätsbemessung nicht wie in der Unfallversicherung auf der Grundlage
einer (hypothetischen) Vollzeiterwerbstätigkeit zu errechnen ist, zu
unvermeidbaren Wirrnissen, insbesondere bei der Überentschädigungsberechnung
oder wenn sich später die Invalidität erhöhe (UELI KIESER, Bestimmung des
Invaliditätsgrads bei teilzeitlich tätigen Personen, die teilinvalid werden, in
der beruflichen Vorsorge, in: AJP 2016 S. 530; MARC HÜRZELER, a.a.O., S. 15 und
19).  
 
6.2. Wie dem - ebenfalls mit heutigem Datum ergangenen - Urteil 9C_426/2017
entnommen werden kann, war letzterer Punkt (Vergleich der noch möglichen
Tätigkeit mit einer 100%igen Tätigkeit oder dem bisher effektiv ausgeübten
Pensum) in der Vergangenheit wiederholt Thema. Die Auffassung des
Bundesgerichts hat sich bis dato mangels neuer erheblicher Gesichtspunkte nicht
geändert. Es gilt weiterhin, dass sich der vorsorgerechtlich relevante
Invaliditätsgrad aufgrund eines Valideneinkommens entsprechend dem Grad der
Teilerwerbstätigkeit - und nicht im Verhältnis zu einer (hypothetischen)
Vollzeiterwerbstätigkeit - bemisst.  
Anzufügen ist, dass das neue Modell der gemischten Methode (vgl. Art. 27bis
Abs. 2 bis 4 IVV, in Kraft seit 1. Januar 2018) wohl insoweit eine Änderung mit
sich bringt, als das Teilzeit-Valideneinkommen nunmehr auf eine (hypothetische)
Vollerwerbstätigkeit hochgerechnet wird (Abs. 3 lit. a). Es ändert indessen
nichts daran, dass die berufliche Vorsorge abweichend von Invaliden- und
Unfallversicherung konzeptioniert ist. Abgesehen davon, dass die berufliche
Vorsorge nur den erwerblichen Bereich umfasst, ist sie - gerade hinsichtlich
nachträglicher Pensen- und (regelmässig) damit einhergehenden Lohnänderungen -
weit individualistischer ausgestaltet (vgl. Art. 11 BVV 2 sowie Art. 79b BVG
und Art. 20 FZG). Sich nicht deckende Invaliditätsgrade und entsprechend
unterschiedliche Entwicklungen finden sich auch zwischen der Invaliden- und
Unfallversicherung. Im Übrigen sind rechnerische Anpassungen vom Aufwand her
vertretbar. 
 
6.3.  
 
6.3.1. Hat die Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad bezogen auf ein
Vollzeitpensum ermittelt, bieten sich mehrere Möglichkeiten der "Umrechnung"
an, womit der erste Kritikpunkt in den Vordergrund rückt. Dazu ist
festzuhalten, dass nicht die Wahl des Faktors (Berücksichtigung des
[erwerblichen] Invaliditätsgrades gemäss IV oder der Arbeitsunfähigkeit)
entscheidend ist. Massgebend ist, dass die in den vorsorgerechtlich
versicherten Anteil fallende Grösse dem zeitlichen Moment des ausgeübten
Pensums Rechnung trägt: Erzielt eine zu 80 % erwerbstätige Person mit diesem
Teilzeitpensum ein jährliches Einkommen von Fr. 80'000.- und ist sie in der
bisherigen Tätigkeit noch im Umfange von 40 % arbeitsfähig (verdient also noch
Fr. 40'000.-), resultiert nach dem (bis Ende 2017 gültigen) Modell der
gemischten Methode ein erwerblicher Invaliditätsgrad von 50 % (die Geldrelation
beinhaltet bereits die Zeitrelation). Basiert die IV-Berechnung auf einer
(hypothetischen) Vollzeittätigkeit (jährliches Einkommen also Fr. 100'000.-)
ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 60 %. Davon fallen 20 % in den vorsorglich
nicht versicherten und 40 % in den vorsorglich versicherten Anteil (vgl. E. 5.1
vorne). Bezogen auf das effektiv ausgeübte Teilzeitpensum von 80 % (die
Zeitrelation ist in der Geldrelation nicht einkalkuliert) ergibt dies einen
Invaliditätsgrad von 50 % (40 : 80 x 100). Zu keinem anderen Ergebnis führt das
Abstellen auf die verbliebene Arbeitsfähigkeit. (Lediglich) 40 % der
Arbeitsunfähigkeit fallen in den versicherten Anteil, was in Bezug auf das 80
%-Pensum einen Invaliditätsgrad von 50 % gibt (40 : 80 x 100). Dass mit dem
Urteil 9C_403/2015 (vgl. E. 5.3 vorne) eine Berechnungsgrundlage eingeführt
wurde, die verschiedene Resultate zur Folge hat, kann daher nicht gesagt
werden. Ebenso wenig kann davon gesprochen werden, dass mit dem Urteil 9C_403/
2015 eine Invaliditätsbemessung eingeführt wurde, in der der Teilzeitfaktor
doppelt durchschlägt.  
 
6.3.2. Weniger kompliziert und nachvollziehbarer ist und bleibt, wenn die
Vorsorgeeinrichtung das von der Invalidenversicherung festgesetzte
Valideneinkommen, an das sie grundsätzlich gebunden ist, auf das ausgeübte
Teilzeitpensum herunterrechnet und gestützt darauf (sowie auf die übrigen
grundsätzlich bindenden Parameter) eine neuerliche Einkommensvergleichsrechnung
durchführt. Mit diesem klaren und einfachen Berechnungsvorgang werden
gleichzeitig sämtliche Fälle abgedeckt, nämlich nicht nur diejenigen, in denen
die versicherte Person weiterhin in ihrem bisherigen Beruf tätig sein (vgl. E.
5.3 und E. 6.3.1 vorne), sondern auch diejenigen, in denen sie nurmehr einer
angepassten Tätigkeit nachgehen kann (mithin die Geldrelation nicht auf einer
beruflich kongruenten Basis beruht). Schliesslich wird damit auch dem neuen
Modell der gemischten Methode (vgl. E. 6.2 vorne) Genüge getan.  
 
6.3.3. Nichts anderes ergibt sich, wenn die teilerwerbstätige versicherte
Person über keinen Aufgabenbereich verfügt und auch keine anderweitige
(bezahlte resp. versicherte) Beschäftigung ausübt. In diesem Fall entspricht
ihre invalidenversicherungsrechtliche Situation derjenigen Konstellation, wie
sie sich in BGE 131 V 51 bzw. BGE 142 V 290 findet: Einerseits geht sie einem
reduzierten Arbeitspensum nach, anderseits weist sie im Umfange der Reduktion
freie Zeit auf. Dabei bleibt das Pensum, das Freizeit darstellt, im Rahmen der
anwendbaren Einkommensvergleichsmethode ohne Bedeutung (BGE 131 V 51 E. 5.1.2
S. 53). Mit anderen Worten legt die IV das Valideneinkommen von vornherein nach
Massgabe der ausgeübten Teilzeitbeschäftigung fest. Konsequenterweise steht
diesfalls einer Bindungswirkung grundsätzlich nichts entgegen. Dem
invalidenversicherungsrechtlichen Spezifika der Gewichtung kommt
berufsvorsorgerechtlich seit jeher zu Recht keine Rolle zu (vgl. dazu BGE 120 V
106 E. 4a S. 109 in Verbindung mit E. 4d S. 111). Denn die Aufteilung zwischen
versichertem und nicht versichertem Teil (im Rahmen der gemischten Methode:
Aufgabenbereich) differiert in den beiden Sozialversicherungszweigen erheblich
(vgl. E. 5.2.2 vorne).  
Basiert die Invaliditätsberechnung der Invalidenversicherung trotzdem auf einer
(hypothetischen) Vollzeitbeschäftigung, ist gleichermassen wie in E. 6.3.2
beschrieben vorzugehen. 
 
7.   
In concreto bedeutet dies, dass das (hypothetische) Valideneinkommen in der
Höhe von Fr. 77'108.55, dessen Ermittlung res iudicata darstellt (vgl. E. 4.1.1
vorne), auf das von der Vorinstanz noch festzusetzende Arbeitspensum (vgl. E.
4.2 vorne) herunterzurechnen und der Invaliditätsgrad bezogen darauf, unter
Heranziehung des ebenfalls rechtskräftig festgesetzten Invalideneinkommens von
Fr. 34'739.-, neu zu bemessen ist. Die Sache ist in diesem Sinne zur neuen
Entscheidung an das kantonale Gericht zurück zu weisen. 
 
8.   
Rechtsprechungsgemäss gilt die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid als
volles Obsiegen (vgl. statt vieler: Urteil 9C_436/2017 vom 14. Dezember 2017 E.
3.8 mit Hinweis auf BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271 mit Hinweisen). Die
Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66
Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (
Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von
Fr. 2'800.- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. März 2018 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner 

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