Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 8F.9/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8F_9/2017  
 
 
Urteil vom 15. Januar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Gesuchsgegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 9.
Februar 2015 (8C_765/2014). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1962, erlitt am 14. August 2007 einen Unfall auf der
Autobahn durch Kollision seines Fahrzeuges mit einem Sattelschlepper. Die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) erbrachte die gesetzlichen
Leistungen. Mit Verfügung vom 15. Februar 2012 und Einspracheentscheid vom 13.
März 2013 schloss sie den Fall per 29. Februar 2012 ab. Die adäquate
Unfallkausalität der organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden
(nach Schädelprellung mit Kopfplatzwunde sowie Zerrung der Hals- und
Brustwirbelsäule) sei zu verneinen. Das Kantonsgericht Luzern wies die dagegen
erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 12. September 2014 ab. Das Bundesgericht
bestätigte den Entscheid mit Urteil 8C_765/2014 vom 9. Februar 2015. 
 
B.   
A.________ lässt um die revisionsweise Aufhebung des Urteils des Bundesgerichts
vom 9. Februar 2015 ersuchen. Die Suva sei zur Ausrichtung von UVG-Leistungen
zu verpflichten und es sei ein medizinisches Gutachten zur unfallkausalen
Arbeitsunfähigkeit einzuholen. Er beruft sich auf die Berichte des Prof. Dr.
med. B.________, Klinik C.________, vom 7. März 2017 sowie der PD Dres. med.
D.________ und E.________, Klinik F.________, vom 21. Juni 2017. 
 
Die Suva schliesst auf Abweisung des Revisionsgesuchs. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in
Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des
Bundesgerichts zu Grunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich
ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer
der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt
(SVR 2014 UV Nr. 22 S. 70, Urteil 8F_14/2013 E. 1.1).  
 
1.2. Nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende
Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende
Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte,
unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid
entstanden sind.  
 
Das Bundesgericht hat sich zuletzt in BGE 143 III 272 zu diesem auch in Art.
328 Abs. 1 lit. a ZPO aufgenommenen Revisionsgrund geäussert. Die Revision
erfolgt nicht wegen neuer, sondern wegen nachträglich neu entdeckter Tatsachen
und Beweismittel (BGE 143 III 272 E. 2.1 S. 275). Sie setzt erstens voraus,
dass der Gesuchsteller eine Tatsache geltend macht. Diese muss zweitens
erheblich, das heisst geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des
angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung
zu einer andern Entscheidung zu führen. Drittens muss sich die Tatsache bereits
vor dem zu revidierenden Urteil beziehungsweise bis zum Zeitpunkt, da im
Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren,
verwirklicht haben (unechtes Novum). Tatsachen, die erst nach dem Entscheid
entstanden sind, also echte Noven, werden nach Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO und
Art. 123 Abs. 2    lit. a BGG ausdrücklich ausgeschlossen. Viertens muss die
Tatsache nachträglich, also nach diesem Zeitpunkt entdeckt worden sein.
Fünftens ist erforderlich, dass der Revisionsgesuchsteller die Tatsache im
Hauptverfahren trotz hinreichender Sorgfalt nicht vorbringen konnte. Ein neues
Beweismittel hat erstens dem Beweis einer früheren Tatsache, also eines
unechten Novums zu dienen. Es muss zweitens erheblich, das heisst geeignet
sein, eine Änderung des Urteils zugunsten des Gesuchstellers zu bewirken.
Drittens muss es bereits vor dem zu revidierenden Urteil (beziehungsweise bis
zum Zeitpunkt, da es im Hauptverfahren prozessual zulässigerweise noch hätte
eingebracht werden können) bestanden haben. Viertens darf es erst nachträglich
entdeckt worden sein. Fünftens wird verlangt, dass es der
Revisionsgesuchsteller unverschuldet nicht im früheren Verfahren einreichen
konnte (BGE 143 III 272 E. 2.2 S. 275 f.). 
 
1.3. Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts beziehungsweise des
früheren Eidgenössischen Versicherungsgerichts hat sich ein neues Beweismittel
auf die Sachverhaltsermittlung zu beziehen. Eine bloss abweichende Würdigung
des nämlichen Sachverhalts reicht als Revisionsgrund nicht aus. Für eine
Revision des Urteils im Hauptverfahren ist erforderlich, dass das Bundesgericht
eine unrichtige Sachverhaltswürdigung vorgenommen hat, weil für das Urteil
wesentliche Tatsachen nicht bekannt waren oder unbewiesen blieben, und bei
richtigem Urteilsfundament anders zu entscheiden gewesen wäre. Dies ist
revisionsweise zu berichtigen (zum analogen Art. 137 lit. b OG ergangene,
gemäss BGE 134 III 45 E. 2.1 S. 47 weiterhin gültige Rechtsprechung: BGE 127 V
353 E. 5b S. 358; 110 V 138 E. 2 S. 141; 108 V 170 E. 1 S. 173; EVGE 1968 S. 35
ff. E. 2 S. 37; in BGE 134 III 286 nicht publizierte E. 4.1 des Urteils 4A_42/
2008 vom 14. März 2008; SVR 2016 IV Nr. 7 S. 21, 8F_15/2015 E. 2; SVR 2014 UV
Nr. 22 S. 70, 8F_14/2013 E. 1.2; Urteil 8F_4/2010 vom 24. März 2011 E. 5; zu 
Art. 53 Abs. 1 ATSG: BGE 138 V 324 E. 3.2 S. 327 f.).  
 
2.   
Im Verfahren 8C_765/2014 war die Leistungspflicht der Suva ab dem 29. Februar
2012 streitig (Taggelder und Heilbehandlungskosten, eventuell eine Rente und
eine Integritätsentschädigung). Nach den Feststellungen des Bundesgerichts in
seinem Urteil vom 9. Februar 2015, dessen Revision der Gesuchsteller verlangt,
lagen zum Zeitpunkt des Fallabschlusses am 29. Februar 2012 keine organisch
objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen mehr vor (E. 5 bis E. 7). Das Bundesgericht
stützte sich hinsichtlich der noch geklagten Beschwerden an der Wirbelsäule
insbesondere auf die Stellungnahme des Dr. med. G.________, Facharzt für
orthopädische Chirurgie FMH, Suva Versicherungsmedizin, vom 19. Januar 2012 zu
den bisherigen klinischen und bildgebenden Untersuchungsergebnissen (E. 6.5).
Bezüglich der über den 29. Februar 2012 hinaus noch geklagten, organisch
objektiv nicht ausgewiesenen Beschwerden verneinte das Bundesgericht die
adäquate Kausalität unter Anwendung der Praxis zu den psychischen Unfallfolgen
(E. 8 bis E. 11). 
 
3.   
Der Gesuchsteller macht zur Begründung seines Revisionsgesuchs geltend, dass
Prof. Dr. med. B.________ sowie PD Dres. med. D.________ und E.________ auf den
am 23. November 2007 in der Klinik F.________ angefertigten MRI-Bildern
Frakturen entdeckt hätten, welche der damals beurteilende Radiologe übersehen
habe. Die im Urteil 8C_765/2014 gezogene Schlussfolgerung, dass am 29. Februar
2012 keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen beziehungsweise keine
unfallkausale Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen hätten, lasse sich nicht
halten. 
 
4.   
Gemäss dem bundesgerichtlichen Urteil im Hauptverfahren war der Gesuchsteller
umfassend und insbesondere auch mehrfach mittels bildgebenden Abklärungen
untersucht worden. Eine Vielzahl von Ärzten hatte sich mit den jeweiligen
Berichten über die Voruntersuchungen sowie den entsprechenden Bildern befasst.
Dies gilt insbesondere auch für die MRI-Bilder vom 23. November 2007. Dieses
Beweismittel lag im Hauptverfahren vor und bildete - zusammen mit den dazu
sowie zu den weiteren Röntgen-, MRI- und CT-Bildern ergangenen ärztlichen
Stellungnahmen wie namentlich dem erwähnten Bericht des Dr. med. G.________ -
massgebliche Grundlage für die bundesgerichtliche Beurteilung der Frage der
Leistungspflicht der Suva nach dem 29. Februar 2012. Die mit dem
Revisionsgesuch eingereichten medizinischen Zweitmeinungen zu diesem bereits
damals aktenkundigen Beweismittel lassen nicht darauf schliessen, dass die
sachverhaltliche Basis des Urteils im Hauptverfahren unvollständig gewesen
wäre. Aus diesem Grund vermag der Gesuchsteller anhand dieser Berichte auch
nicht darzutun, dass die bundesgerichtliche Würdigung des damals präsentierten
Sachverhalts falsch gewesen wäre und die Leistungspflicht der Suva nach dem 29.
Februar 2012 beziehungsweise die unfallkausale Arbeitsfähigkeit zu diesem
Zeitpunkt anders hätte beurteilt werden müssen. Die bloss abweichende spätere
Würdigung des gleichen Sachverhalts anhand neuer Arztberichte ist
revisionsweise praxisgemäss nicht zulässig. 
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Gesuchsteller auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 15. Januar 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo 

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