Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 8F.11/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

[displayimage]       
8F_11/2017             

 
 
 
Urteil vom 30. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Fritz Dahinden, 
Gesuchstellerin, 
 
gegen  
 
AXA Versicherungen AG, 
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, 
Gesuchsgegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung 
(Heilbehandlung; Taggeld; Kausalzusammenhang), 
 
Revisionsgesuch gegen das Urteil 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
vom 9. Juni 2017 (8C_58/2017). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1978 geborene A.________ war als Ärztin im Zentrum B.________ bei der AXA
Versicherungen AG (nachfolgend AXA) obligatorisch unfallversichert. Am 12.
April 2014 prallte ein nachfolgendes Fahrzeug ins Heck des von ihr gelenkten
Autos. Gleichentags begab sie sich ins Spital C.________, das im Bericht vom
17. April 2014 eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad II diagnostizierte. Die
AXA kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Mit Verfügung vom 16.
Dezember 2014 bzw. Einspracheentscheid vom 29. April 2015 stellte sie die
Leistungen per Ende Oktober 2014 ein. Dies bestätigte das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 20. Dezember 2016. 
 
B.   
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 8C_58/2017
vom 9. Juni 2017 ab. 
 
C.   
Mit Gesuch vom 21. Juli 2017 beantragt A.________, in revisionsweiser Aufhebung
des bundesgerichtlichen Urteils sei in der Sache neu zu entscheiden; der
kantonale Entscheid vom 20. Dezember 2016 sei aufzuheben und die AXA sei zu
verpflichten, ihr die gesetzlichen Heilbehandlungen und Taggelder zu gewähren,
eventuell sei die Sache zur Beweisergänzung und/oder Neubeurteilung an das
kantonale Gericht, subeventuell an die AXA zurückzuweisen. 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Revisionsgesuch, mit dem der Revisionsgrund nach Art. 121 lit. d BGG
geltend gemacht wird, wurde rechtzeitig eingereicht (Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG
). Es genügt den Anforderungen an Antrag und Begründung (vgl. Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; Urteil 8F_1/2017 vom 10. März 2017 E. 1), sodass darauf einzutreten
ist. 
 
2.   
Nach Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts
u.a. verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche
Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Dieser Tatbestand ist gegeben,
wenn ein bestimmtes Aktenstück übersehen oder eine bestimmte wesentliche
Aktenstelle unrichtig, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut oder in
ihrer tatsächlichen Tragweite wahrgenommen wurde, nicht hingegen wenn die
Tatsache oder das Aktenstück in der äusseren Erscheinung richtig wahrgenommen
und allenfalls bloss eine unzutreffende beweismässige oder rechtliche Würdigung
vorgenommen wurde. Erheblich ist die Tatsache, deren versehentliche
Ausserachtlassung gerügt wird, wenn bei deren Berücksichtigung der zu
revidierende Entscheid anders hätte ausfallen müssen (BGE 122 II 17 E. 3 S.
18), wenn sie also geeignet ist, zu einem für den Gesuchsteller oder die
Gesuchstellerin günstigeren Ergebnis zu führen (Urteil 8F_1/2017 vom 10. März
2017 E. 2). 
 
3.   
Das Bundesgericht erwog mit Urteil 8C_58/2017 im Wesentlichen, das kantonale
Gericht habe eine behandlungsbedingte namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes bejaht, gleichzeitig aber in Verneinung der Unfalladäquanz
der geklagten Beschwerden und unter Offenlassung der Frage der natürlichen
Unfallkausalität derselben den Fallabschluss per 31. Oktober 2014 bestätigt. Im
Lichte der Rechtsprechung (BGE 135 V 465 E. 5.1 S. 472, 134 V 109 4.3 S. 115
und E. 6.2 S. 116 f.; Urteile 8C_636/2016 vom 16. November 2016 E. 6 und 8C_170
/2015 vom 29. September 2015 E. 5.2) sei es fraglich, ob dieses Vorgehen
rechtskonform sei. Dies könne indessen offenbleiben (E. 4.1 f.), denn Dr. med.
D.________, Allgemeine Innere Medizin, Vertrauensarzt der AXA, habe in der
Aktenstellungnahme vom 24. November 2014 eingehend und schlüssig dargelegt,
weshalb die Beschwerdesymptomatik der Gesuchstellerin aufgrund der gegebenen
Umstände spätestens sechs Monate nach dem Unfall vom 12. April 2014 nicht mehr
natürlich unfallkausal auf dieses hier in Frage stehende Ereignis
zurückzuführen gewesen sei. Seine Beurteilung erfülle die Beweisanforderungen
an eine medizinische Aktenstellungnahme (vgl. SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63, 8C_239/
2008 E. 7.2; RKUV 1993 Nr. U 167 S. 95 E. 5d). Gegenteiliges werde auch in der
Beschwerde nicht geltend gemacht. Insbesondere lägen keine Arztberichte vor,
die hieran auch nur geringe Zweifel zu begründen vermöchten (siehe BGE 139 V
225 E. 5.2 S. 229). Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine
entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten gewesen seien, habe darauf
verzichtet werden können (Art. 29 Abs. 2 BV; antizipierte Beweiswürdigung; BGE
136 I 229 E. 5.3 S. 236; Urteil 8C_741/2016 vom 3. März 2017 E. 7.6). Demnach
sei die vom kantonalen Gericht bestätigte Leistungseinstellung durch die AXA
per Ende Oktober 2014 im Ergebnis rechtens (E. 6.3). 
 
4.   
Die Gesuchstellerin macht als Erstes geltend, Dr. med. D.________ sei Facharzt
FMH für Innere Medizin, spez. Geriartrie. Dies ergebe sich aus seiner Homepage.
Damit verfüge er gar nicht über die Fachkompetenz, um das komplexe
Beschwerdebild einer HWS-Distorsionsverletzung zu beurteilen. Seiner
Aktenstellungnahme vom 24. November 2014 hätte somit der Beweiswert
abgesprochen werden müssen. Die Nichtberücksichtigung der fachlichen
Qualifikation des Dr. med. D.________ sei somit rechtsrelevant. Dem ist
entgegenzuhalten, dass dem Bundesgericht seine fachliche Qualifikation bekannt
war (vgl. E. 3 hiervor; zur Frage des Beweiswerts seiner Aktenstellungnahme
vgl. E. 5.3 hiernach). 
 
5.  
 
5.1. Die Gesuchstellerin bringt weiter vor, sie habe im kantonalen Verfahren
die Berichte des Dr. med. E.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie,
vom 20. März und 21. Mai 2015 sowie ein Zeugnis des Dr. med. F.________,
Facharzt für Allgemeinmedizin sowie Tropen- und Reisemedizin FMH, vom 20. Mai
2015 aufgelegt. Diese Aktenstücke belegten unzweifelhaft, dass per Ende Oktober
2014 noch Unfallfolgen vorgelegen hätten und der unfallbedingte medizinische
Endzustand erst mit der Erreichung der vollen Arbeitsfähigkeit per 22. Juli
2015 eingetreten sei. Damit sei die Aktenstellungnahme des Dr. med. D.________
vom 24. November 2014 bestritten und widerlegt worden. Zumindest hätten
aufgrund dieser Akten Zweifel am Beweiswert der Einschätzung des Dr. med.
D.________ bestanden und es hätte dem Eventualantrag der Gesuchstellerin auf
polydisziplinäre medizinische Begutachtung entsprochen werden müssen. Die
Nichtberücksichtigung der Berichte des Dr. med. E.________ vom 20. März und 21.
Mai 2015 sowie des Zeugnisses des Dr. med. F.________ vom 20. Mai 2015 basiere
auf einem offensichtlichen Versehen und erweise sich als rechtserheblich. Das
kantonale Gericht habe auf die Aktenstellungnahme des Dr. med. D.________ vom
24. November 2014 nicht abgestellt, da es von der falschen Annahme ausgegangen
sei, die Frage der natürlichen Unfallkausalität ihrer Beschwerden könne mangels
Unfalladäquanz offengelassen werden. Für die Gesuchstellerin habe folglich
keine Veranlassung bestanden, diese Aktenstellungnahme vor Bundesgericht
nochmals und ausdrücklich zu bestreiten.  
 
5.2. Kein Anlass zur Revision des Urteils des Bundesgerichts besteht, wenn es
Umstände, die sich aus den Akten ergaben, deshalb nicht ausdrücklich erwähnte,
weil sie gar nicht entscheiderheblich waren (BGE 127 V 353 E. 5b S. 358, Urteil
8F_5/2013 vom 9. Juli 2013 E. 4.1). Dies trifft hier betreffend die Berichte
des Dr. med. E.________ vom 20. März und 21. Mai 2015 sowie das Zeugnis des Dr.
med. F.________ vom 20. Mai 2015 zu. Denn diese enthielten keine einlässliche
Auseinandersetzung mit der Frage der natürlichen Unfallkausalität des
Beschwerdebildes der Gesuchstellerin. Vielmehr wurde darin im Wesentlichen
bloss festgehalten, dieses bestehe seit ihrem Unfall vom 12. April 2014, was
auf einen unzulässigen "Post-hoc-ergo-propter-hoc-Schluss" (zu deutsch: danach,
also deswegen) hinausläuft (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.; SVR 2012 UV Nr. 5
S. 17 E. 4.5.1 [8C_310/2011]; Urteil 8C_230/2017 vom 22. Juni 2017 E. 6.2.2).  
 
5.3. Soweit die Gesuchstellerin den Beweiswert der vom Bundesgericht mit Urteil
8C_58/2017 als massgebend erachteten Aktenstellungnahme des Dr. med. D.________
vom 24. November 2014 (vgl. E. 3 hiervor) in Abrede stellt, handelt es sich um
eine Rechtsfrage, die nicht Gegenstand einer Revision sein kann (nicht publ. E.
1 des Urteils BGE 142 V 342, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131,
8C_676/2015; BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; Urteile 9F_7/2016 vom 7. Oktober 2016
und 9F_3/2015 vom 18. Februar 2015 E. 4).  
 
5.4. Das Revisionsgesuch erweist sich daher als unbegründet und ist abzuweisen.
 
 
6.   
Die unterliegende Gesuchstellerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Gesuchstellerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben