Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.904/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_904/2017  
 
 
Urteil vom 23. April 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
CONCORDIA 
Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG, Hauptsitz, Rechtsdienst,
Bundesplatz 15, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 6. November 2017
(5V 17 176). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1988, ist Alleingesellschafterin und
einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin der B.________ GmbH, wo sie unter
dieser Firma eine Pianobar betrieb. Mit früherem Sitz am gleichen Ort leitet
sie ebenfalls als Alleingesellschafterin und einzelzeichnungsberechtigte
Geschäftsführerin die C.________ GmbH. Als Angestellte ihrer eigenen B.________
GmbH war sie bei der Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung
AG (nachfolgend: Concordia oder Beschwerdegegnerin) obligatorisch gegen Unfälle
und Berufskrankheiten versichert. Ein ihr von früheren Bar-Besuchen bekannter
Gast, welcher in eine Auseinandersetzung mit der Ex-Frau ihres Lebenspartners
verwickelt war, kam in der Nacht vom 21. auf den 22. August 2015 wiederholt an
der Bar vorbei. Zwischen 03.30 und 04.00 Uhr - als die Versicherte in
Anwesenheit eines letzten Gastes den Aussenbereich der bereits geschlossenen
Bar aufräumte - betrat der genannte Gast in Begleitung eines Helfers
alkoholisiert erneut den Aussenbereich der Bar und stiess Drohungen gegen ihren
Lebenspartner und dessen Ex-Frau aus. Dabei gab er im Freien aus einer Pistole
einen Schuss gezielt in die Luft ab. Am 15. September 2015 begab sich die
Versicherte in ärztliche Erstbehandlung zu Dr. med. D.________. Er
diagnostizierte eine posttraumatische Belastungsstörung, attestierte ihr
rückwirkend ab 22. August 2015 eine volle Arbeitsunfähigkeit und ging von einem
Behandlungsabschluss in etwa acht bis zehn Wochen aus. Die Concordia übernahm
die Heilbehandlung und richtete ein Taggeld aus. Am........ verurteilte das
Strafgericht den Haupttäter unter anderem wegen mehrfacher Drohung gegen die
Versicherte und deren letzten Gast zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe,
einer bedingten Geldstrafe sowie einer Busse. Es sprach den Täter jedoch vom
Vorwurf der mehrfachen Gefährdung des Lebens frei. Per 30. April 2016 stellte
die Concordia sämtliche Leistungen ein und verneinte die Unfalladäquanz der
darüber hinaus geklagten Beschwerden (Verfügung vom 13. Mai 2016). Auf
Einsprache hin hielt die Concordia an ihrer Verfügung fest (Einspracheentscheid
vom 27. März 2017). 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Kantonsgericht Luzern,
3. Abteilung, mit Entscheid vom 6. November 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________
die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz "zur materiellen Entscheidung". Es sei ein psychiatrisches Gutachten
zur natürlichen Unfallkausalität ihrer psychischen Beschwerden zu veranlassen.
Die Vorakten seien einzuholen und es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege zu
gewähren. 
 
D.   
Nachdem das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen
Aussichtslosigkeit abgewiesen hat, leistete die Beschwerdeführerin rechtzeitig
den einverlangten Kostenvorschuss. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht im
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280). Es
ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden
rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr
vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; s. auch BGE 134 III 102 E.
1.1 S. 104 f.). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zu der für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen und
adäquaten Kausalität und insbesondere die Rechtsprechung zu den so genannten
aussergewöhnlichen Schreckereignissen zutreffend dargelegt. Es wird darauf
verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat mit in allen Teilen überzeugender Begründung -
worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG) - zutreffend erwogen, das Verhalten
der Täterschaft am 22. August 2015 zwischen 03.30 und 04.00 Uhr im
Aussenbereich der von der Versicherten geführten Bar habe zwar sehr bedrohlich
erscheinen mögen. Dieses Schreckereignis sei jedoch nach dem gewöhnlichen Lauf
der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet gewesen, länger
andauernde psychische Beschwerden zu verursachen, weshalb die Concordia die
Unfalladäquanz der über den 30. April 2016 hinaus geklagten Beschwerden zu
Recht verneint habe.  
 
3.2. Was die Beschwerdeführerin hiegegen vorbringt, ist offensichtlich
unbegründet. Das von ihr angerufene Urteil 8C_685/2015 vom         13.
September 2016 ist schon deshalb nicht einschlägig, weil hier die Adäquanz des
Kausalzusammenhanges zwischen den ab 1. Mai 2016 geklagten Beschwerden und dem
Ereignis vom 22. August 2015 praxisgemäss (BGE 129 V 177 E. 4.2 i.f. S. 185;
SVR 2016 UV Nr. 30    S. 99, 8C_2/2016 E. 4.1) nicht nach den besonderen Regeln
von BGE 115 V 133, sondern nach der allgemeinen Adäquanzformel zu beurteilen
ist. Auch mit Blick auf den Sachverhalt, welcher dem Urteil 8C_522/2007 vom 1.
September 2008 zu Grunde lag, hat das kantonale Gericht - entgegen der
Versicherten - die konkreten Umstände des hier zu beurteilenden Falles in Bezug
auf die Adäquanz bundesrechtskonform gewürdigt. Zutreffend berücksichtigte es,
dass nicht die Versicherte selbst eigentliches Ziel der Drohung war, dass
gemäss Strafurteil keine eigentliche Lebensgefährdung vorlag, dass sich der
Vorfall im Freien (Aussenbereich der Bar) in Anwesenheit eines Gastes abspielte
und nur von kurzer Dauer war, dass der Schuss erkennbar gezielt senkrecht in
die Luft abgegeben wurde, und dass es nicht zu körperlicher oder sexueller
Gewalt, zu Fesselungen oder zum Einsperren kam. Schliesslich steht gemäss
Sachverhalt fest, dass sich die Beschwerdeführerin - trotz des angeblich
sofortigen Eintritts der vollständigen und anhaltenden Arbeitsunfähigkeit -
erst rund drei Wochen nach dem traumatisierenden Ereignis zur medizinischen
Erstversorgung in hausärztliche Behandlung zu Dr. med. D.________, Allgemeine
Medizin FMH, begab. Soweit sich die Versicherte im Übrigen - ohne eine
Bundesrechtsverletzung geltend zu machen - auf eine abweichende Würdigung der
genannten Umstände beruft, begnügt sie sich mit appellatorischer Kritik am
angefochtenen Entscheid, worauf nicht weiter einzugehen ist.  
 
3.3. Der Vorfall vom 22. August 2015 war demnach auch unter Berücksichtigung
der überdurchschnittlichen psychischen Belastung nicht als derart
aussergewöhnlich zu qualifizieren, dass die Adäquanz des Kausalzusammenhanges
der über den 30. April 2016 hinaus geklagten Beschwerden ausnahmsweise hätte
bejaht werden müssen (SVR 2016 UV Nr. 30 S. 99, 8C_2/2016 E. 4.3 mit Hinweis).
Was die Beschwerdeführerin im Übrigen hiegegen vorbringt, ist offensichtlich
unbegründet.  
 
4.   
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - mit summarischer Begründung unter Verweis auf den
kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt. 
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. April 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli 

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