Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.856/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_856/2017  
 
 
Urteil vom 2. Mai 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, 
vertreten durch Advokat Philippe Häner, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 29. August 2017 (UV.2017.15). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1955, war als Angestellter der B.________ AG seit dem 14.
Januar 2015 bei der C.________ AG beschäftigt und bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (Suva) für die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Am 9. März 2015 zog er
mit einem Kollegen einen "Palettrolli". Der "Palettrolli" blieb bei einer
Schwelle stecken. Der Kollege und ein weiterer Mitarbeiter schoben den "Rolli"
an, worauf A.________ rückwärts mit der Schulter gegen einen Container fiel. 
 
A.________ wurde in die Notfallstation des Spitals J.________ gebracht, wo er
über Schmerzen im Lendenwirbelbereich rechts sowie in der rechten Schulter
klagte. Eine halbe Stunde nach dem Unfall sei zudem ein Taubheitsgefühl in den
Fingern der rechten Hand aufgetreten. Die Röntgenbilder der Hals- und
Brustwirbelsäule sowie der rechten Schulter zeigten keine Brüche. An der
rechten Schulter sowie am Thorax rechts fanden sich ein leichtes Hämatom und
eine leichte Schwellung. Die Ärzte empfahlen, den Spontanverlauf abzuwarten und
bei einer Symptomresistenz über mehr als drei Wochen einen Neurologen
aufzusuchen. Sie bescheinigten eine Arbeitsunfähigkeit für zwei Tage (Bericht
vom 10. März 2015). 
 
Gemäss Bericht des Hausarztes Dr. med. D.________, allgemeine innere Medizin
FMH, vom 16. April 2015 hatte A.________ seine Arbeit noch nicht wieder
aufnehmen können. Die Suva lud ihn deshalb zu einer kreisärztlichen
Untersuchung am 30. April 2015 ein. Dr. med. E.________, Orthopädie und
Unfallchirurgie FMH, stellte dabei die Verdachtsdiagnose eines unfallfremden
Karpaltunnelsyndroms an der rechten Hand. Am 9. Juni 2015 erfolgte eine
neurologische (einschliesslich elektroneuromyographischer) Untersuchung durch
Dr. med. F.________, Neurologie FMH. Er diagnostizierte ein posttraumatisches
Karpaltunnelsyndrom. Am gleichen Tag nahm Dr. med. E.________ dazu Stellung und
bestätigte seine Einschätzung, dass das Karpaltunnelsyndrom nicht durch das
Unfallereignis verursacht worden sei. Am 25. Juni 2015 nahm Dr. med.
G.________, Chirurgie und Unfallchirurgie FMH, eine Dekompression des Nervus
medianus rechts im Karpaltunnel vor (Berichte vom 22. und vom 25. Juni 2015
sowie vom 8. Juli 2015). 
 
Mit Verfügung vom 4. August 2015 schloss die Suva den Fall per 8. Juni 2015 ab
und lehnte ihre Leistungspflicht für die durch das Karpaltunnelsyndrom
bedingten Handgelenksbeschwerden und den deswegen am 25. Juni 2015 erfolgten
Eingriff ab. Daran hielt sie - gestützt auf die Beurteilung ihrer Abteilung
Versicherungsmedizin, Frau Dr. med. H.________, Fachärztin für Neurologie, vom
14. Februar 2017 - auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 20. Februar
2017). 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 29. August 2017 gut. Es hob den
Einspracheentscheid vom 20. Februar 2017 auf und verpflichtete die Suva, über
den 8. Juni 2015 hinaus die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. 
 
C.   
Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Einspracheentscheid
vom 20. Februar 2017 sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzliche Aufhebung des
Einspracheentscheides vom 20. Februar 2017 und die Zusprechung der gesetzlichen
Leistungen über den 8. Juni 2015 hinaus vor Bundesrecht standhält. Umstritten
ist dabei, ob das Karpaltunnelsyndrom am rechten Handgelenk natürlich-kausal
auf das Unfallereignis vom 9. März 2015 zurückzuführen sei. 
 
3.   
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zu dem für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.) und zum
Beweiswert von Arztberichten im Allgemeinen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232)
zutreffend dargelegt. Zu ergänzen ist, dass Berichten versicherungsinterner
medizinischer Fachpersonen dem Grundsatz nach zwar stets Beweiswert zuerkannt
wurde. Praxisgemäss kommt ihnen jedoch nicht dieselbe Beweiskraft zu wie einem
gerichtlichen oder einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom Versicherungsträger
in Auftrag gegebenen Gutachten. Soll ein Versicherungsfall ohne Einholung eines
externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge
Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen
Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 139 V 225 E.
5.2 S. 229; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f.; 125 V 351 E. 3b/ee S. 353 f.; 122 V 157
E. 1d S. 162). 
 
4.   
Die Vorinstanz stellte fest, dass die behandelnden Ärzte Dr. med. F.________
und Dr. med. G.________ ein posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom
diagnostiziert hätten. Bereits unmittelbar nach dem Unfall vom 9. März 2015
seien Zeichen einer Neuropathie des Nervus medianus aufgetreten. Zuvor sei der
Versicherte beschwerdefrei gewesen. Gemäss seinen Angaben zum Unfallhergang
habe er sich beim Sturz mit der rechten Hand am Boden abstützen müssen. Das
kantonale Gericht erachtete den Kausalzusammenhang zwischen dem
Karpaltunnelsyndrom und dem Unfall vom 9. März 2015 aus diesen Gründen als
gegeben. Dass in den echtzeitlichen Arztberichten keine äusseren
Verletzungszeichen im Bereich des Handgelenks beschrieben worden seien, vermöge
daran ebensowenig zu ändern wie der Umstand, dass er an Diabetes leide und
damit ein Risikofaktor für die Erkrankung an einem Karpaltunnelsyndrom
vorliege. 
 
Die Suva macht geltend, dass gestützt auf die eingehende Begründung ihrer
Abteilung Versicherungsmedizin, Frau Dr. med. H.________, nicht von einer
Verursachung des Karpaltunnelsyndroms durch den Unfall ausgegangen werden
könne. 
 
5.  
 
5.1. Nach den Ausführungen der Suva-Ärztin sei das Karpaltunnelsyndrom die
häufigste Form einer nichttraumatischen peripheren Nervenläsion.
Pathogenetische Faktoren seien ein anlagebedingt enger Karpaltunnel. Als
Risikofaktoren bestünden endokrine Störungen wie u. a. ein Diabetes mellitus.
Die Läsion des Nervus medianus entstehe durch eine Volumen- beziehungsweise
Druckerhöhung im Karpaltunnel. Als Ursache einer im Vergleich seltenen
traumatischen Schädigung des Nervus medianus im Karpaltunnel seien distale
Radiusfrakturen, Frakturen und Luxationen der Handwurzelknochen,
Sehnenverletzungen im Handgelenksbereich, ein Handödem nach Quetschung,
Kontusionen und Hämatome bekannt. Eine traumatische Schädigung des Nervus
medianus im Karpaltunnel sei nur durch ein adäquates Trauma mit einem
geeigneten Schädigungsmechanismus mit relevanter Krafteinwirkung zu erklären.  
 
Nach Befassung mit dem Bericht über die Erstbehandlung auf der Notfallstation
am Tag des Unfalls, den darin erhobenen Befunden und Angaben zum Unfallhergang
sowie mit den im weiteren Verlauf durchgeführten radiologischen Untersuchungen
ging die Suva-Ärztin davon aus, dass der Beschwerdegegner keine der genannten
Verletzungen erlitten habe, die zu einer Einengung des Karpaltunnels hätte
führen können. Was die erfolgte neurologische und elektrophysiologische Testung
anbelange, belege diese wohl das Karpaltunnelsyndrom, ohne aber eine kausale
Zuordnung zuzulassen. Das vom operierenden Arzt vorgefundene verdickte
Retinaculum sei typisch für eine chronische Reizung des Bindegewebes. Für eine
krankheitsbedingte oder anlagebedingte Genese dieser Verdickung als Ursache der
Läsion des Nervus medianus spreche zudem, dass er zusätzlich einen Morbus
Dupuytren und eine Tendovaginitis stenosans diagnostiziert habe. Bei ersterem
handle es sich um eine krankhafte Veränderung von Bindegewebsfasern, derweil
sich die Tendovaginitis stenosans ("schnellender Finger") gerade bei einer
solche Verdickung in der Sehne entwickle. 
 
Die Suva-Ärztin schlussfolgerte, dass fraglich sei, ob überhaupt ein geeigneter
Unfallmechanismus stattgefunden habe, insbesondere auch weil entsprechende
Begleitverletzungen fehlten. Hinzu kämen der intraoperative Befund mit typisch
unfallfremder Pathologie und ein bekannter Risikofaktor für eine krankhafte
Genese, das heisst der Diabetes mellitus. Insgesamt sprächen all diese Umstände
gegen eine überwiegend wahrscheinliche verletzungsbedingte Genese des
Karpaltunnel-Syndroms durch den Sturz vom 9. März 2015. Dass nach den Angaben
des Versicherten 30 Minuten nach dem Sturz Sensibilitätsstörungen aufgetreten
seien, reiche nicht aus, um einen überwiegend wahrscheinlichen Zusammenhang mit
dem Sturz zu bejahen. Daran änderte - aus den genannten, für eine unfallfremde
Ursache sprechenden Gründen - selbst die Annahme nichts, dass es beim Sturz zu
einer Nervenkontusion, das heisst einer Neuropraxie, der leichtesten Form der
Nervenläsion, gekommen wäre. 
 
5.2. Die Suva-Ärztin hat umfassend Stellung genommen zu den vorliegenden
medizinischen Unterlagen. Sie hat sich eingehend geäussert zu den möglichen
Ursachen eines Karpaltunnelsyndroms. Sie hat in Betracht gezogen, dass für
dessen (seltene) traumatische Ursache nur eine relevante Krafteinwirkung
geeignet sei. Dass eine solche hier stattgefunden habe, erachtete sie
angesichts der Schilderung des Unfallhergangs, insbesondere aber auch mit Blick
auf die gemäss den echtzeitlichen Berichten fehlenden Begleitverletzungen am
Handgelenk als fraglich. Ihre Schlussfolgerung, dass das Karpaltunnelsyndrom
namentlich wegen der bei der Operation erhobenen Befunde und der vom
behandelnden Arzt später zusätzlich festgestellten Diagnosen vielmehr mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit krankheitsbedingt sei, wird eingehend und
nachvollziehbar begründet. Damit erfüllt ihr Bericht grundsätzlich die
Anforderungen für die Annahme voller Beweiskraft (oben E. 3).  
 
5.3. Zu prüfen bleibt, ob die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte daran
wenigstens geringe Zweifel zu wecken vermögen. Im Bericht der Notfallstation
des Spitals J.________ vom 10. März 2015 wurde notiert, dass, nach
radiologischem Ausschluss ossärer Verletzungen an der Schulter und am Rücken,
als Diagnose für die geklagten Sensibilitätsstörungen an den Fingern am ehesten
eine traumatische Medianusneuropathe in Betracht falle. Dr. med. F.________,
der den Versicherten am 8. Juni 2015 neurologisch untersuchte, diagnostizierte
ein posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom bei Status nach Unfall mit Sturz und
Handgelenks- sowie Schulterdistorsions- beziehungsweise -kontusionstrauma. Er
ging von einer traumatischen Genese aus, weil der Versicherte vor dem Unfall
beschwerdefrei gewesen und erst danach, anlässlich der Untersuchung auf der
Notfallstation, eine Medianusneuropathie manifest geworden sei. Dr. med.
G.________ führte in seinem Operationsbericht vom 25. Juni 2015 sowie in den
Berichten vom 22. Juni 2015 und vom 8. Juli 2015 zuhanden des Hausarztes
ebenfalls ein posttraumatisches Karpaltunnelsyndrom als Diagnose auf. Gemäss
seiner Stellungnahme an die Suva vom 1. Oktober 2015 bestand aktuell ein mildes
posttraumatisches CRPS (chronisches regionales Schmerzsyndrom, Morbus Sudeck).
In seinem Bericht vom 8. Februar 2016 an die Krankenkasse diagnostizierte er
ein Karpaltunnelsyndrom, ein mildes CRPS, einen Morbus Dupuytren, eine
Tendovaginitis stenosans am Mittel-, Ring- und Kleinfinger sowie diverse
Arthrosen der proximalen und distalen Interphalangealgelenke.  
 
Soweit in den Akten von einem "posttraumatisch verursachten" Leiden die Rede
ist, sind darunter nicht zwingend unfallkausale, sondern eben erst nach dem
Unfall entstandene Beschwerden zu verstehen. Der Begriff "posttraumatisch" wird
im medizinischen Spachgebrauch zwar häufig gleichbedeutend mit "unfallkausal"
verwendet. Nach üblichem, allgemein geläufigem Sprachverständnis wird der
Ausdruck "post" oft aber doch auch mit der zeitlichen Abfolge - unter
Ausschluss des Verhältnisses von Ursache und Wirkung - in Verbindung gebracht.
Vor diesem Hintergrund ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Bedeutung den
Begriffen "post" beziehungsweise "posttraumatisch" beizumessen ist (Urteil
8C_524/2014 vom 20. August 2014 E. 4.3.3 mit Hinweisen). In sämtlichen der oben
genannten Berichte fehlt es an näheren Ausführungen zur Verursachung der
Handgelenksbeschwerden. Als Begründung findet sich einzig bei Dr. med.
F.________ der Hinweis darauf, dass erstmals in der Notfallstation eine
Nervenläsion festgestellt worden, der Versicherte zuvor beschwerdefrei gewesen
sei. Damit lassen sich keine auch nur geringen Zweifel an der Zuverlässigkeit
der Suva-ärztlichen Stellungnahme begründen. Eine gesundheitliche Schädigung
gilt beweisrechtlich praxisgemäss nicht schon dann als durch den Unfall
verursacht, weil sie nach diesem aufgetreten ist. Die behandelnden Ärzte
verwendeten bei der Diagnosestellung mit dem Verweis auf eine
"posttraumatische" Genese eine Argumentation "post hoc ergo propter hoc", was
nicht zulässig ist (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341 f.; SVR 2016 UV Nr. 24 S. 75,
8C_354/2015 E. 7.2; 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.2.3.1; 2008 UV Nr.
11 S. 34, U 290/06 E. 4.2.3). 
 
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der im Bericht der
Notfallstation vermerkten traumatischen Medianusneuropathie um eine
Verdachtsdiagnose handelte. Zudem ist damit noch nichts gesagt über die Schwere
der Nervenläsion. Die unfallbedingte Verursachung eines Karpaltunnelsyndroms
erfordert nach den eingehenden Ausführungen der Suva-Ärztin eine erhebliche
Krafteinwirkung. Dass der Versicherte etwa eine Fraktur oder eine
Sehnenverletzung erlitten hätte oder zumindest ein Ödem oder ein Hämatom
feststellbar gewesen wäre, die den Karpaltunnel beeinträchtigt hätten und nach
der Suva-ärztlichen Stellungnahme zu einer für ein Karpaltunnelsyndrom
relevanten Nervenverletzung hätten führen können, war im Bericht der
Notfallstation nicht vermerkt. 
 
5.4. Die Berichte der behandelnden Ärzte vermochten angesichts ihrer
alleinigen, beweisrechtlich unzulässigen Begründung, dass vor dem Unfall
Beschwerdefreiheit bestanden habe, keine auch nur geringen Zweifel an der
Suva-ärztlichen Stellungnahme zu erwecken. Die von der Suva-Ärztin abweichende
vorinstanzliche Beurteilung der Unfallkausalität war deshalb
bundesrechtswidrig.  
 
Ohne weitere Beweismassnahmen ist auf die versicherungsinterne Stellungnahme
abzustellen. Gestützt darauf ist nicht mit der erforderlichen überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) erstellt, dass das nach dem
Unfall vom 9. März 2015 geklagte Karpaltunnelsyndrom durch dieses Ereignis
verursacht worden ist. Es liegt damit eine Beweislosigkeit vor (BGE 139 V 289
E. 6.3 S. 297). Praxisgemäss trifft die Beweislast in Bezug auf das
Unfallereignis als solches (RKUV 2002 Nr. U 469 S. 528, U 417/01 E. 3a; 1996
Nr. U 247 S. 171 E. 2a; 1988 Nr. U 55 S. 362 E. 1b) wie auch hinsichtlich der
(natürlichen) Unfallkausalität des Gesundheitsschadens (RKUV 1994 Nr. U 206 S.
328 E. 3b) die versicherte Person in dem Sinne, als der Entscheid bei
Beweislosigkeit zu ihren Ungunsten ausfallen muss (AJP 2006 S. 1290, U 6/05 E.
1.2; Urteil 8C_303/2008 vom 20. Oktober 2008 E. 5.5). Der angefochtene
Entscheid ist aufzuheben und die Leistungsablehnung für das Karpaltunnelsyndrom
mangels natürlicher Kausalität mit dem Unfall durch die Suva ist zu
bestätigen. 
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 29. August 2017 wird aufgehoben und der
Einspracheentscheid vom 20. Februar 2017 bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
zurückgewiesen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Mai 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo 

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