Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.831/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_831/2017  
 
 
Urteil vom 1. Mai 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione. 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Loher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
20. Oktober 2017 (VBE.2017.464). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1975 geborene A.________ ist gelernter Maler und Bauzeichner. Seit 1.
Dezember 2010 arbeitete er bei der B.________ AG. Damit war er bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Berufs-
und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Am 18. Juli 2012
meldete die Arbeitgeberin der Suva, A.________ leide an einer Allergie. Am 17.
September 2012 kündigte die B.________ AG das Arbeitsverhältnis per 30.
November 2012. Die Suva tätigte medizinische und berufliche Abklärungen. Sie
holte unter anderem eine Beurteilung des Dr. med. C.________, Arbeitsarzt,
Facharzt für Allgemeinmedizin FMH, Suva Arbeitsmedizin, vom 15. Februar 2013
ein. Am 26. Februar 2013 erliess die Suva rückwirkend ab 1. Dezember 2012 eine
Nichteignungsverfügung für die Tätigkeit des Versicherten im Reinraum bei der
B.________ AG. Ab 1. Mai 2013 gewährte ihm die Suva während vier Monaten
Übergangstaggelder. Am 29. Oktober 2013 eröffnete sie ihm die Ausrichtung einer
Übergangsentschädigung vom 1. September bis 30. November 2013. Sie zog u.a.
eine weitere Beurteilung des Dr. med. C.________ vom 8. November 2013 bei. Mit
Verfügung vom 27. November 2013 verneinte die Suva den Anspruch auf
Übergangsentschädigung, beliess es aber bei der bisher ausgerichteten. Der
Versicherte erhob Einsprache. Er legte Berichte der Frau Dr. med. D.________,
Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologin, Lasertherapie,
Berufsdermatologie, vom 29. August und 12. November 2014 auf. Die Suva holte
eine Stellungnahme des Dr. med. C.________ vom 28. Oktober 2014 ein. Mit
Entscheid vom 8. Mai 2015 wies sie die Einsprache ab. Die Beschwerde des
Versicherten wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit unangefochten
in Rechtskraft erwachsenem Entscheid vom 20. Januar 2016 ab.  
 
A.b. Im Zuge der Rentenprüfung holte die Suva eine Stellungnahme des Dr. med.
C.________ vom 5. April 2016 ein. Mit Verfügung vom 2. Juni 2016 verneinte sie
den Rentenanspruch mangels eines rentenbegründenden Invaliditätsgrads. Die
Einsprache des Versicherten wies sie ab, soweit sie darauf eintrat (Entscheid
vom 3. Mai 2017).  
 
B.   
Die gegen den letztgenannten Einspracheentscheid geführte Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 20. Oktober 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der
Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien weitere
Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen; nach deren Durchführung sei über die
Leistungen nach UVG zu entscheiden. 
 
Die Suva und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). 
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend den Begriff der
Berufskrankheit (Art. 3 ATSG; Art. 9 Abs. 1 UVG), die Erwerbsunfähigkeit (Art.
7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 ATSG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs
(Art. 9 Abs. 3, Art. 18 Abs. 1 UVG) und die Invaliditätsbemessung nach der
allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) richtig dargelegt.
Gleiches gilt bezüglich des massgebenden Beweisgrads der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221) und des Beweiswerts von
Arztberichten (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f., 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V
351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung
des Rentenanspruchs vor Bundesrecht standhält.  
 
3.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, sie habe mit Entscheid vom 20.
Januar 2016 festgehalten, der Beschwerdeführer sei ausweislich der Akten für
eine Tätigkeit in einem Umfeld ohne Allergen-Kontakte zu 100 % arbeits- und
vermittlungsfähig. Die Beurteilung des Dr. med. C.________ vom 8. November 2013
sei zu Recht als nachvollziehbar und schlüssig bezeichnet worden. Gestützt
hierauf sei es bisher nur am Arbeitsplatz bei der B.________ AG zu erheblichen
allergischen Symptomen gekommen. Unter Beachtung der Nichteignungsverfügung vom
26. Februar 2013 seien Arbeitsversuche bzw. Tätigkeiten in anderen
Arbeitsbereichen, insbesondere in der angestammten Tätigkeit als Bauzeichner,
bei vollem Pensum zumutbar. Im Entscheid vom 20. Januar 2016 sei weiter
aufgezeigt worden, dass die Stellungnahmen der Frau Dr. med. D.________ vom 29.
August und 12. November 2014 keine auch nur geringen Zweifel an der Beurteilung
des Dr. med. C.________ zu wecken vermöchten. Denn auch sie habe am 29. August
2014 ausgeführt, bei einer beruflichen Tätigkeit ohne Kontakte zu den
Allergenen bestünden keine Einschränkungen. Am 5. April 2016 habe Dr. med.
C.________ an seinen Ausführungen vom 8. November 2013 festgehalten und
ausgeführt, dem Versicherten seien Arbeitsversuche bzw. Tätigkeiten
insbesondere als Maler oder Bauzeichner bei vollem Pensum zumutbar. Weiter
führte die Vorinstanz aus, da der medizinische Sachverhalt unverändert sei,
bestehe kein Anlass, vom rechtskräftigen Entscheid vom 20. Januar 2016
abzuweichen. Soweit der Versicherte geltend mache, die Allergene kämen
praktisch überall vor und schränkten ihn daher beruflich massiv ein, vermöge
dies nicht zu überzeugen. Dr. med. C.________ habe aufgezeigt, dass sich
diesfalls allergische Reaktionen im Alltag zeigen würden, was aber nicht
dokumentiert sei. Die vom Versicherten geklagten Herzrhythmusstörungen hätten
nach seinen Angaben schon 2005/2006 bestanden, so dass die Verneinung eines
Zusammenhangs mit der Allergie durch Dr. med. C.________ nicht zu beanstanden
sei. Zusammenfassend bestünden nach wie vor keine Hinweise, die an seiner
Einschätzung vom 8. November 2013 Zweifel zu begründen vermöchten, weshalb
darauf abgestellt werden könne.  
 
4.   
Soweit der Beschwerdeführer auf den Seiten 6 f. Ziff. 14-17 sowie 11 f. Ziff.
25 f. und Ziff. 28 der letztinstanzlichen Beschwerde praktisch wortwörtlich die
in der kantonalen Beschwerde auf den Seiten 4 ff. Ziff. 8-11 und 7 ff. Ziff.
13-15 vorgebrachten Argumente wiederholt, ist darauf von vornherein nicht
weiter einzugehen (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und E. 2.3 S.
245 ff.; Urteil 8C_577/2017 vom 16. Januar 2018 E. 6). 
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, Frau Dr. med.
D.________ habe in den Berichten vom 29. August und 12. November 2014 auch eine
Latex-Allergie festgestellt. In dieser Beziehung bestehe eine Abweichung zur
Einschätzung des Dr. med. C.________ vom 28. Oktober 2014. Zudem habe dieser
nicht sämtliche weitere Allergene genannt, auf die der Versicherte reagiere.
Die Berichte des Dr. med. E.________ und der Frau Dr. med. D.________ deuteten
darauf hin, dass diese Allergene auch ausserhalb des Reinraums der B.________
AG vorkämen. Frau Dr. med. D.________ habe bei ihm denn auch in den Berichten
vom 29. August und 14. November 2014 - als er nicht mehr in diesem Betrieb
gearbeitet habe - allergische Reaktionen festgestellt. Er gerate ausserhalb des
Reinraums ständig in Kontakt mit Allergenen und reagiere mit Abgeschlagenheit,
Hautrötungen, Herz-Kreislauf-Störungen und Atemnot. Seine Herzrhythmusstörungen
könnten nicht überwiegend wahrscheinlich einem vorbestehenden
Gesundheitsschaden zugewiesen werden. Der Sachverhalt sei in Bezug auf die
Verbreitung der Allergene und mögliche allergische Kreuzreaktionen nicht
restlos abgeklärt. Ohne Kenntnis der Verbreitung der Allergene könne nicht
ausgesagt werden, welche Tätigkeiten ihm noch zumutbar seien.  
 
5.2. Diese Einwände sind unbehelflich. Am 17. Juli 2013 gab der Versicherte der
Suva an, er werde eine Ausbildung zum Fitnesstrainer (B-Lizenz) und
Personaltrainer (A-Lizenz) machen. Anschliessend werde er noch eine Ausbildung
im Bereich der Ernährungsberatung absolvieren. Am 24. September 2013 erwarb er
das Diplom IFAA als Ernährungstrainer B-Lizenz und A-Lizenz. Gemäss seinen
weiteren Angaben arbeitet er selbstständig im Bereich Fitnesscoaching/
Ernährungsberatung. Seit 2014 ist der Beschwerdeführer zudem als Fotomodell
tätig mit Aufträgen in der Schweiz sowie in Deutschland und Österreich.  
 
Entgegen dem Beschwerdeführer ist nicht nachvollziehbar, wie er alle diese
Tätigkeiten - insbesondere das Modeln mit den damit verbundenen Reisen -
ausüben könnte, wenn er regelmässig und unerwartet mit erheblichen Allergien
auf die von Dr. med. D.________ genannten Substanzen rechnen müsste. Die
Vorinstanz hat richtig festgestellt, dass er laut ihrem Bericht vom 29. August
2014 berufliche Tätigkeiten ohne Kontakte zu den von ihr genannten Allergenen
ohne Einschränkungen verrichten kann. 
 
In diesem Lichte stellte die Vorinstanz zu Recht auf die Einschätzung des Dr.
med. C.________ ab (vgl. E. 3.2 hievor) und ging davon aus, dass der
Versicherte in leidensangepassten Tätigkeiten zu 100 % arbeitsfähig sei. Sein
Einwand der ungenügenden Bezeichnung der ihm zumutbaren Tätigkeiten ist
unbegründet. Denn es ist davon auszugehen, dass auf dem für die Bemessung der
Erwerbsunfähigkeit in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16
ATSG; BGE 110 V 273 E. 4b S. 276) genügend Stellen vorhanden sind, bei denen
keine Exposition gegenüber den für den Versicherten relevanten Allergenen
besteht (vgl. auch Urteil U 125/03 vom 29. April 2004 E. 3.3.1 f.).
Insbesondere ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer nicht
dargetan, weshalb ihm beispielsweise die ursprünglich erlernten Tätigkeiten als
Maler oder Bauzeichner allergiebedingt nicht mehr zumutbar sein sollten. 
 
6.   
Insgesamt hat die Vorinstanz richtig erkannt, dass keine auch nur geringen
Zweifel an der Beurteilung des Dr. med. C.________ vom 8. November 2016
bestehen (vgl. BGE 135 V 465). Ihre Beurteilung erweist sich im Ergebnis -
worauf es einzig ankommt - weder in tatsächlicher Hinsicht als unrichtig oder
unvollständig noch anderweitig als bundesrechtswidrig (vgl. nicht publ. E. 6.3
des Urteils BGE 141 V 25, veröffentlicht in: SVR 2015 KV Nr. 8 S. 29, 9C_535/
2014; Urteil 8C_765/2017 vom 28. Februar 2018 E. 9). Eine willkürliche
Beweiswürdigung der Vorinstanz liegt ebenfalls nicht vor. 
 
Da von zusätzlichen Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu
erwarten sind, durfte das kantonale Gericht darauf verzichten (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236). Dies verstösst weder gegen den
Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) noch gegen den Anspruch auf
rechtliches Gehör bzw. Beweisabnahme (Art. 29 Abs. 2 BV; Urteil 8C_733/2017 vom
29. März 2018 E. 4.4). 
 
7.   
Weiter erwog die Vorinstanz, die Suva habe im Rahmen des Einkommensvergleichs
eine rentenausschliessende Erwerbseinbusse von weniger als 10 % ermittelt, was
nicht zu beanstanden sei. Dies bestreitet der Versicherte nicht. Auch hiermit
hat es somit sein Bewenden. 
 
8.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Mai 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben