Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.819/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_819/2017  
 
 
Urteil vom 25. September 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Verwaltungsverfahren; Vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 17. Oktober 2017 (UV 2016/31). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1991 geborene A.________ war seit 10. Juni 2013 als Temporärangestellte der
B.________ SA im Betrieb der C.________ AG als Produktionsmitarbeiterin
eingesetzt worden und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen und
Berufskrankheiten versichert. Am 2. September 2013 erlitt sie bei der Arbeit in
der Produktion eine Handkontusion links. Die Suva leistete Taggelder und
übernahm die Heilungskosten. Mit Schreiben vom 3. August 2015 teilte sie
A.________ mit, sie stelle die Heilkostenleistungen per sofort ein. Die
Behandlung der Tendovaginitis de Quervain (inklusive bevorstehender Operation)
werde von der Suva nicht bezahlt. Das Taggeld sei bis am 30. April 2015
vergütet worden und bleibe auf jenen Zeitpunkt hin ebenfalls eingestellt. Es
werde nun der Anspruch auf eine Invalidenrente geprüft. In der Folge hielt sie
mittels Verfügung vom 16. September 2015 fest, es bestehe bei einer
Lohneinbusse von 1 % keine erhebliche unfallbedingte Beeinträchtigung der
Erwerbsfähigkeit, weshalb keine Invalidenrente ausgerichtet werden könne. Auf
die am 4. Januar 2016 "ergänzend" erhobene Einsprache der A.________ trat die
Suva mit Einspracheentscheid vom 21. März 2016 zufolge verspäteter
Einspracheerhebung nicht ein. 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die dagegen erhobene
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 1), und überwies die
Sache zur Verfügung über die Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen an die Suva
(Dispositiv-Ziffer. 2; Entscheid vom 17. Oktober 2017). 
 
C.   
Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, Dispositiv-Ziffer 2 des vorinstanzlichen Entscheids sei aufzuheben. 
 A.________ lässt ohne zusätzliche Ausführungen auf Abweisung der Beschwerde
schliessen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29
Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen). 
 
1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das
heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Gegen
selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist hingegen die Beschwerde
nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92
BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs.
1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen
Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder
Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit.
b BGG).  
 
1.2. Die vorliegende Beschwerde richtet sich einzig gegen die vorinstanzliche
Überweisung der Sache an die Suva zur Verfügung über Taggeld- und
Heilbehandlungsleistungen. Es fragt sich, ob diese Überweisung als Endentscheid
oder als Zwischenentscheid zu qualifizieren ist (vgl. SVR 2010 IV Nr. 40 S.
126, 9C_1000/2009 E. 1.2; FELIX UHLMANN, in: Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, Rz. 8a zu Art. 92 BGG).  
 
1.2.1. Nach ihrem tatsächlichen rechtlichen Bedeutungsgehalt handelt es sich
hier bei der Überweisung zur Prüfung des Anspruchs auf vorübergehende
Leistungen um eine Rückweisung. Ein Rückweisungsentscheid schliesst das
Verfahren nicht ab und ist somit kein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Mit der angefochtenen Überweisung hat das kantonale Gericht die Streitsache in
Bezug auf die vorübergehenden Leistungen weder materiell entschieden noch
formell abschliessend behandelt. Vielmehr bleibt die Rechtshängigkeit durch die
Überweisung erhalten und die Suva, an welche die Sache überwiesen wird, muss
das Verwaltungsverfahren wieder aufnehmen und verfügungsweise abschliessen. Sie
hat sich auf Anordnung des kantonalen Gerichts inhaltlich mit dem Anspruch auf
Taggelder und Übernahme der Heilungskosten zu befassen. Indem die Suva
gezwungen wird, über die vorübergehenden Leistungen (nach ihrer Auffassung
nochmals) zu verfügen, wird der Versicherten (trotz verpasster Einsprachefrist
im Nachgang zur Verfügung vom 16. September 2015) eine neue Möglichkeit
eröffnet, materielle Einwände gegen die (aus Sicht der Suva mit Verfügung vom
16. September 2015 bekräftigte) Einstellung der vorübergehenden Leistungen zu
erheben. Gleichzeitig bestätigt die Vorinstanz, dass die Einsprache gegen die
leistungsablehnende Verfügung zu spät erhoben worden ist, wovon nach Meinung
der Suva nicht nur die Rentenfrage, sondern auch die Einstellung der
vorübergehenden Leistungen betroffen sind.  
 
1.2.2. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit.
a BGG ist rechtlicher Natur, wobei die blosse Möglichkeit genügt, dass ein
solcher besteht (BGE 137 V 314 E. 2.2.1 S. 317). Das setzt voraus, dass er
durch einen späteren günstigen Entscheid nicht oder nicht mehr vollständig
behoben werden kann. Vorliegend wird im Ergebnis - vom Standpunkt der Suva aus
gesehen - mit der Überweisung die Rechtskraft der (nicht rechtzeitig
angefochtenen) Verfügung vom 16. September 2015 bezüglich Taggeldleistungen und
Heilbehandlungskosten missachtet. Könnte die Verwaltung diese Überweisung nicht
anfechten, wäre sie also gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige
(nochmalige) Verfügung über die Einstellung der vorübergehenden Leistungen zu
erlassen. Der Unfallversicherer wäre bei fehlender Anfechtungsmöglichkeit an
die Vorgabe des kantonalen Gerichts, den Anspruch auf vorübergehende Leistungen
materiell zu prüfen und darüber eine Verfügung zu erlassen, gebunden. Diesen
Verwaltungsakt könnte die Suva in der Folge nicht selber anfechten und die
Beschwerdegegnerin wird kein Interesse haben, sich in einem weiteren
Rechtsmittelverfahren gegen die materielle Prüfung zu wehren. Die Überweisung
bewirkt damit einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für den Versicherer
(vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.).  
 
1.3. Neben dem nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG)
sind auch die weiteren formellen Voraussetzungen erfüllt, weshalb auf die
Beschwerde einzutreten ist.  
 
2.   
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten gilt eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.
mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht gelangt in Bestätigung des Einspracheentscheids vom
21. März 2016 zum Schluss, dass das Nichteintreten auf die Einsprache vom 4.
Januar 2016 zu Recht erfolgt sei. Soweit sich die Versicherte in ihren Eingaben
gegen den mit formlosem Schreiben vom 3. August 2015 eingestellten Anspruch auf
Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen richte, sei gemäss kantonalgerichtlicher
Praxis von unterschiedlichen Streitgegenständen auszugehen. Daher stelle sich -
nota bene ausserhalb des vorliegenden Streitgegenstandes - die Frage, wie mit
der Kritik der Versicherten an der Einstellung der vorübergehenden Leistungen
zu verfahren sei. Über die Einstellung von Taggeld- und
Heilbehandlungsleistungen sei gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung formell
zu verfügen. Demnach hätte die mit formloser Mitteilung vom 3. August 2015
angeordnete Einstellung der Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen
korrekterweise in Form einer formellen Verfügung ergehen müssen. Eine
ausreichende Willenserklärung der versicherten Person, dass sie mit der
Einstellung nicht einverstanden sei und gemäss Art. 51 Abs. 2 ATSG analog den
Erlass einer Verfügung wünsche, sei sowohl in der Beschwerde ans kantonale
Gericht vom 3. Mai 2016 als auch in der Einsprache vom 4. Januar 2016
enthalten. Damit habe sie innert eines Jahres ab Mitteilung vom 3. August 2015
reagiert, weshalb die Sache zum diesbezüglichen Erlass einer formellen
Verfügung zuständigkeitshalber an die Suva zu überweisen sei.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Streit- und Anfechtungsgegenstand
des vorinstanzlichen Prozesses sei ausschliesslich der Einsprache- bzw.
Nichteintretensentscheid der Suva vom 21. März 2016. Der Erlass einer
anfechtbaren Verfügung zur Einstellung der vorübergehenden Leistungen sei nicht
Gegenstand des angefochtenen Einspracheentscheides, weshalb dies auch nicht zum
Streitgegenstand des vorinstanzlichen Prozesses hätte gemacht werden dürfen.
Eine Rechtsverweigerungsbeschwerde sei ebenfalls nicht erhoben worden. Das
kantonale Gericht habe also mit seiner verbindlichen Anordnung an die Adresse
der Suva, eine anfechtbare Verfügung zu erlassen, ihren Zuständigkeitsbereich
klar überschritten. Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids sei
bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben. Zudem könne auch nicht
davon ausgegangen werden, dass die Versicherte ihren Willen, bezüglich der
Einstellung der vorübergehenden Leistungen auf dem Erlass einer anfechtbaren
Verfügung zu bestehen, rechtsgenüglich zum Ausdruck gebracht hätte.
Schliesslich habe die Suva in ihrer Verfügung vom 16. September 2015
ausdrücklich auf das Schreiben vom 3. August 2015 hingewiesen. Mit der
anschliessenden Prüfung des Rentenanspruchs habe sie gleichzeitig auch die mit
formlosem Schreiben vom 3. August 2015 mitgeteilte Einstellung der Taggelder
und Heilbehandlungsleistungen bestätigt. Über diesen einheitlichen
Streitgegenstand habe die Suva am 16. September 2015 rechtskräftig und
definitiv befunden, weshalb für den nachträglichen Erlass einer separaten
formellen Einstellungsverfügung kein Raum bleibe. Die Versicherte hätte in
Anbetracht der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes durch rechtzeitige
Einsprache gegen den Verwaltungsakt vom 16. September 2015 auch die Einstellung
der vorübergehenden Leistungen rügen können. Den Umstand, dass eine
fristgerechte Einsprache unterblieben sei, habe die Versicherte selber zu
verantworten.  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 19 Abs. 1 UVG entsteht der Rentenanspruch, wenn von der
Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes des Versicherten mehr erwartet werden kann und allfällige
Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen sind (Satz 1).
Mit dem Rentenbeginn fallen die Heilbehandlung und die Taggeldleistungen dahin
(Satz 2). In dieser Norm wird zunächst geregelt, wann ein Versicherungsfall zum
Abschluss zu bringen ist (BGE 134 V 109 E. 3.2 S. 113). Die vorübergehenden
Leistungen, wie Taggelder und Heilbehandlung, hat der Unfallversicherer -
sofern allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung
abgeschlossen sind - nur so lange zu gewähren, als von der Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes
erwartet werden kann. Trifft dies nicht mehr zu, ist der Fall unter Einstellung
der vorübergehenden Leistungen mit gleichzeitiger Prüfung des Anspruches auf
eine Invalidenrente und/oder eine Integritätsentschädigung abzuschliessen (BGE
134 V 109 E. 4.1 S. 113 f.; SVR 2017 UV Nr. 42 S. 145, 8C_776/2016 E. 5.1.1).  
 
4.2. Folglich hängen die Einstellung der vorübergehenden Leistungen und der
Fallabschluss mit Prüfung der Rentenfrage und der Integritätsentschädigung
derart eng zusammen, dass von einem einheitlichen Streitgegenstand auszugehen
ist (Urteil 8C_170/2015 vom 29. September 2015 E. 4.2). Ist der Rentenanspruch
streitig, so kann die Frage, ob der Fallabschluss korrekt erfolgt ist, nicht
gesondert in Rechtskraft erwachsen, weil das Entstehen des Anspruchs auf eine
Rente der Unfallversicherung unter anderem auch vom Zeitpunkt des Eintritts des
medizinisch-therapeutischen Endzustandes abhängig ist (SVR 2017 UV Nr. 40 S.
138, 8C_43/2017 E. 2.3.2). Für die abweichende Praxis des kantonalen Gerichts,
wonach bezüglich Einstellung der Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen
einerseits und der Rentenfrage andererseits von zwei unterschiedlichen
Streitgegenständen auszugehen sei, besteht mit Blick auf das von Art. 19 Abs. 1
UVG vorgegebene Zusammenfallen der Einstellung von vorübergehenden Leistungen
und der Prüfung (und gegebenenfalls Festlegung) der Rente kein Spielraum.  
 
4.3. Die Vorinstanz behauptet, die Praxis des Bundesgerichts sei uneinheitlich.
So sei unter anderem im Urteil 8C_584/2013 vom 3. April 2014 (E. 6) ebenfalls
von unterschiedlichen Streitgegenständen ausgegangen worden. Dabei übersieht
sie jedoch, dass dort nicht die Rentenfrage, sondern die
Integritätsentschädigung zur Diskussion stand. Praxisgemäss ist eine Verfügung
insbesondere hinsichtlich des Entscheids über den Anspruch auf
Integritätsentschädigung einerseits und über den Anspruch auf Invalidenrente
andererseits der Teilrechtskraft zugänglich (SVR 2017 UV Nr. 40 S. 138, 8C_43/
2017 E. 2.3.1 mit Hinweis). Daraus folgend kann über Rente und
Integritätsentschädigung auch getrennt verfügt werden. Einzelne Teilaspekte,
welche die Leistung bestimmen (BGE 125 V 413 E. 2b und d S. 416 f.), bilden
demgegenüber nur Begründungselemente des Streitgegenstands. Sie können daher im
Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen von einer Beschwerdeinstanz anders
beurteilt werden als von der verfügenden Behörde, auch wenn sie nicht
angefochten worden sind (SVR 2011 IV Nr. 20 S. 53, 9C_303/2010 E. 4.2), und sie
können erst als rechtskräftig beurteilt und damit der richterlichen Überprüfung
entzogen gelten, wenn über den Streitgegenstand insgesamt rechtskräftig
entschieden worden ist (BGE 125 V 413 E. 2b S. 416 mit Hinweis; vgl. auch BGE
135 V 148 E. 5.2 S. 150). So verhält es sich, wie in Erwägung 4.1 f. hiervor
erläutert, gemäss Art. 19 Abs. 1 UVG für den Fallabschluss mit Prüfung der
Rentenfrage und die Einstellung der vorübergehenden Leistungen.  
 
5.  
 
5.1. Im vorliegenden Fall verneinte die Suva in der Verfügung vom 16. September
2015 den Rentenanspruch nach einem Verweis auf das Schreiben vom 3. August
2015, mit welchem die Einstellung der Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen
angeordnet worden war. Die Einstellung der vorübergehenden Leistungen und die
Rentenprüfung gehörten nach den vorstehenden Erwägungen untrennbar zum
Anfechtungs- und Streitgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren. Selbst wenn
man sich mit dem kantonalen Gericht auf den Standpunkt stellt, die Suva sei im
Verwaltungsakt vom 16. September 2015 nicht (auch nicht implizit) auf die
Einstellung der vorübergehenden Leistungen eingegangen und hätte, unabhängig
davon, ausschliesslich den Rentenanspruch geprüft, verhielte es sich nicht
anders. Denn zum Anfechtungsgegenstand gehören nicht nur diejenigen
Rechtsverhältnisse, über welche die Verwaltung tatsächlich eine Anordnung
getroffen hat. Vielmehr bilden auch jene Rechtsverhältnisse Teil des
Verfahrensgegenstandes, hinsichtlich deren es die Verwaltung zu Unrecht - in
Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes sowie des Prinzips der Rechtsanwendung
von Amtes wegen - unterlassen hat zu befinden, obwohl dazu nach der Aktenlage
oder den Parteivorbringen hinreichender Anlass bestanden hätte (vgl. Urteil
8C_210/2018 vom 17. Juli 2018 E. 3.2.3.2 mit weiteren Hinweisen).  
 
5.2. Die Vorinstanz hat den Nichteintretensentscheid der Suva vom 21. März 2016
bestätigt. Damit kann sie den Versicherungsträger nicht mehr dazu auffordern,
eine Verfügung bezüglich der vorübergehenden Leistungen zu erlassen. Der
Fallabschluss und mit ihm die Einstellung der Taggelder und
Heilkostenleistungen ist mit der Verfügung vom 16. September 2015 zufolge
verspäteter Einspracheerhebung in Rechtskraft erwachsen. Mit der
vorinstanzlichen Bestätigung des Nichteintretensentscheides ist die Sache
erledigt, nachdem die Versicherte den kantonalgerichtlichen Entscheid nicht
selber angefochten hat. Streitgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren bildete
lediglich die Frage, ob die Suva mit Entscheid vom 21. März 2016 zu Recht nicht
auf die - verspätete - Einsprache der Beschwerdegegnerin eingetreten war. Die
Überweisung der Angelegenheit an die Suva zur Verfügung über die
vorübergehenden Leistungen verletzt folglich Bundesrecht. Deshalb ist die
entsprechende Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen vorinstanzlichen Entscheids
aufzuheben. Erörterungen zu den ersten beiden Einwänden der Suva
(Überschreitung des kantonalgerichtlichen Zuständigkeitsbereichs; fehlende
Willensbekundung der Versicherten bezüglich Erlass einer anfechtbaren Verfügung
zu den vorübergehenden Leistungen: vgl. E. 3.2 hiervor) erübrigen sich unter
diesen Umständen.  
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat
die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 17. Oktober 2017 wird
aufgehoben. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. September 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben