Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.807/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_807/2017  
 
 
Urteil vom 25. Mai 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Marokko, 
vertreten durch Rechtsanwältin Cordula Spörri, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. August 2017 (UV.2016.00152). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1949 geborene A.________ war als Informatiker der B.________ AG bei der
Berner Allgemeinen Versicherungs-Gesellschaft gegen die Folgen von Unfällen
versichert, als er am 23. Juli 1998 einen Auffahrunfall erlitt. Mit Verfügung
vom 16. September 2004 bestätigte die Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft
AG (nachstehend: die Allianz) als Rechtsnachfolgerin der Berner Versicherungen
einen Vergleich, wonach sie für die bleibenden Folgen dieses Unfalles dem
Versicherten eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Einbusse von 30 % und
ab 1. April 2004 eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 85 % ausrichtet. 
Am 31. Oktober 2013 leitete die Allianz ein Revisionsverfahren ein. Nach
Einholung eines Gutachtens bei einem Zentrum für interdisziplinäre
Begutachtungen (ZIB) (Gutachten vom 14. Mai 2014; Beantwortung Ergänzungsfragen
vom 25. Juni 2014) hob die Allianz die Invalidenrente mit Verfügung vom 11.
September 2014 und Einspracheentscheid vom 17. Mai 2016 per 31. August 2014
auf. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 28. August 2017
in dem Sinne teilweise gut, als es die Rentenaufhebung erst auf den 30.
September 2014 hin bestätigte. Im Übrigen wies das kantonale Gericht die
Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt A.________, die Allianz sei unter Aufhebung des
Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, weiterhin
eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 85 % auszurichten. 
Während die Allianz auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht die laufende
Invalidenrente der Unfallversicherung per 30. September 2014 aufgehoben hat. 
 
3.   
 
3.1. Ist eine versicherte Person infolge des Unfalles mindestens zu 10 %
invalid, so hat sie gemäss Art. 18 Abs. 1 UVG Anspruch auf eine Invalidenrente.
Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird gemäss Art. 17 Abs. 1 ATSG die Rente von
Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht,
herabgesetzt oder aufgehoben. Eine Rentenzusprache, die auf einem Vergleich
basiert, kann unter den gleichen Voraussetzung wie jede andere Rentenzusprache
in Revision gezogen werden (vgl. Urteil 8C_581/2017 vom 25. April 2018 E. 5 mit
weiteren Hinweisen).  
 
3.2. Eine Rentenherabsetzung oder Aufhebung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG
setzt eine anspruchserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse voraus,
welche entweder in einer objektiven Verbesserung des Gesundheitszustandes mit
entsprechend gesteigerter Arbeitsfähigkeit oder in geänderten erwerblichen
Auswirkungen einer im Wesentlichen gleich gebliebenen
Gesundheitsbeeinträchtigung liegen kann. Demgegenüber stellt eine bloss
abweichende Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhaltes
keine revisionsrechtlich relevante Änderung dar (BGE 112 V 371E. 2b S. 372
unten; in BGE 136 V 216 nicht publizierte E. 3.2 des Urteils 8C_972/2009,
publiziert in: SVR 2011 IV Nr. 1 S. 1 mit Hinweis).  
 
3.3. Gemäss Art. 22 UVG kann in Abweichung von Art. 17 Abs. 1 ATSG die Rente ab
dem Monat, in dem die berechtigte Person eine Altersrente der AHV bezieht,
spätestens jedoch ab Erreichen des Rentenalters nach Art. 21 AHVG nicht mehr
revidiert werden.  
 
4.   
 
4.1. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin die Frist
gemäss Art. 22 UVG eingehalten hat. Der Umstand, dass die Rentenaufhebung nach
längerem Rentenbezug und relativ knapp vor Ablauf der Frist erfolgte, lässt für
sich alleine das Vorgehen des Unfallversicherers noch nicht als
rechtsmissbräuchlich erscheinen. Andere Elemente, welche auf ein treuwidriges
Verhalten der Beschwerdegegnerin hindeuten würden, sind weder vorgebracht noch
sonst ersichtlich.  
 
4.2. Ein Revisionsverfahren kann nach Art. 17 Abs. 1 ATSG von Amtes wegen
eingeleitet werden. Auch in einem solchen Verfahren hat der Versicherungsträger
den Sachverhalt nach Art. 43 ATSG abzuklären. Die Beschwerdegegnerin durfte
somit die Begutachtung des Versicherten anordnen. Da zudem bei Vorliegen eines
Revisionsgrundes der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht
umfassend ("allseitig") zu prüfen ist, wobei keine Bindung an frühere
Beurteilungen besteht (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit weiteren Hinweisen), ist
nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin der Gutachtensstelle einen
umfassenden Fragekatalog vorgelegt hat.  
 
5.   
 
5.1. Die ursprüngliche Rentenzusprache stützte sich im Wesentlichen auf das
Gutachten der Klinik C.________ vom 22. April 2003. Darin wurde dem
Beschwerdeführer eine 75%ige Arbeitsunfähigkeit in jeglicher Tätigkeit
attestiert, wobei die restlichen 25 % wirtschaftlich nicht verwertet werden
können. Demgegenüber kommt das ZIB-Gutachten vom 14. Mai 2014 zum Schluss, dem
Versicherten sei aus medizinischer Sicht seine angestammte Tätigkeit als
Informatiker ohne Einschränkungen zumutbar. Es stellt sich somit die Frage, ob
diese Diskrepanz durch eine echte Verbesserung des Gesundheitszustandes im
Zeitraum zwischen den beiden Begutachtungen oder aber durch eine
unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen
Gesundheitszustandes zu erklären ist.  
 
5.2. Auf Nachfrage hin haben die Gutachter des ZIB ausdrücklich bestätigt, dass
sie von einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes ausgehen, dies auf
allen von ihnen untersuchten Fachgebieten. Diese Aussage der Gutachter stellt
ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer echten Verbesserung dar.  
 
5.3. Es steht im Weiteren unbestrittenermassen fest, dass sich der psychische
Gesundheitszustand insofern verbessert hat, als bei der Rentenzusprache noch
eine Anpassungsstörung mit depressiven Zügen und gemischten Emotionen vorlag,
diese jedoch aktuell nicht mehr besteht. Entgegen den Vorbringen des
Versicherten kann nicht gesagt werden, das psychische Leiden habe bei der
Rentenzusprache keine Rolle gespielt. So wurde die psychiatrische Diagnose in
der Diagnosenliste des Gutachtens der Klinik C.________ miterwähnt; weiter wird
in diesem Gutachten ausgeführt, die attestierte Arbeitsfähigkeit sei vom
Psychiater festgelegt worden.  
 
5.4. In orthopädischer Hinsicht wird im ZIB-Gutachten festgehalten, gestützt
auf die objektiven klinischen Befunde sei eine deutliche Verbesserung gegenüber
dem Vorgutachten zu erkennen. So sei die Kopfbeweglichkeit, welche damals
deutlich eingeschränkt war, heute praktisch normal, der damals beschriebene
deutliche Hartspann der paravertebralen zervikalen Muskulatur und der
Schultergürtelmuskulatur sei heute nicht mehr objektivierbar. Auch habe der
Versicherte gegenüber den Gutachtern anders als damals nicht mehr von einer
starken nuchalen Symptomatik berichtet, welche ihn zwingen würde, morgens beim
Aufstehen bis gegen Mittag in liegender Position zu verbleiben. Entgegen den
Vorbringen des Beschwerdeführers stehen diese Ausführungen nicht im Widerspruch
zu dem durch den Neurologen erhobenen Befund, wonach gewisse Stellen an Hals
und Nacken druckschmerzhaft seien. Auch sonst sind keine konkreten Indizien
erkennbar, welche gegen die Schlüssigkeit des Gutachtens in orthopädischer
Hinsicht sprechen würden.  
 
5.5. Liegt demnach sowohl in psychiatrischer als auch in orthopädischer
Hinsicht eine wesentliche Verbesserung der gesundheitlichen Situation vor, so
kann die Frage offenbleiben, ob eine solche Verbesserung auch in
neuropsychiatrischer Hinsicht eingetreten ist. So oder anders handelt es sich
beim Gutachten des ZIB aus dem Jahr 2014 gegenüber jenem der Klinik C.________
aus dem Jahr 2003 nicht um eine bloss abweichende Würdigung eines im
Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts. Liegt demnach eine wesentliche
Verbesserung des Gesundheitszustandes vor, so hat die Vorinstanz zu Recht einen
Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG bejaht.  
 
5.6. Nach Annahme des Revisionsgrundes hat das kantonale Gericht im Rahmen
umfassender ("allseitiger") Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl. E. 4.2
hievor) geschlossen, der Beschwerdeführer erleide in der Zeit ab 2014 keine
Erwerbseinbusse mehr, weshalb die laufende Rente per 30. September 2014
einzustellen sei. Diese Erwägungen werden vom Beschwerdeführer nicht
substanziiert bestritten. Seine Beschwerde ist demnach ohne Weiterungen
abzuweisen.  
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. Mai 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold 

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