Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.742/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_742/2017  
 
 
Urteil vom 13. Juni 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Grünvogel. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch AXA-ARAG Rechtsschutz AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Unfall; unfallähnliche Körperschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau 
vom 14. September 2017 (VBE.2017.369). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1982 geborene A.________ war als Sekretärin bei der B.________ AG, bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Mit Schadenmeldung vom 15. November 2016 meldete die Arbeitgeberin,
A.________ habe am 10. November 2016 zu Hause beim Aufheben ihres zehnmonatigen
Kindes einen Schlag bzw. "Zwick" im Rücken verspürt. Am 27. November 2016
berichtete A.________ gegenüber der Suva von einem zweiten Vorfall: Am 13.
November 2016 habe sie am Boden sitzend eine extreme Drehbewegung gemacht, weil
sie geglaubt habe, ihrem (neben ihr befindlichen) Ehemann rutsche das Kind aus
den Armen; danach habe sie starke Schmerzen (im Rücken) gespürt und deswegen
eine Zeit lang nicht mehr aufstehen können. Die Suva tätigte Abklärungen und
lehnte mit Verfügung vom 25. Januar 2017 eine Leistungspflicht ab, da weder von
einem leistungsbegründenden Unfall noch von einer unfallähnlichen
Körperschädigung auszugehen sei. Daran hielt die Suva mit Einsprachentscheid
vom 24. März 2017 fest. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 14. September 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, die Suva sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen
Gerichtsentscheides zu verpflichten, für die Folgen des Ereignisses vom 13.
November 2016 die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. 
Während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Stellungnahme verzichtet,
schliesst die Suva auf Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Streitig ist, ob das kantonale Gericht das Ereignis vom 13. November 2016 zu
Recht nicht als Unfall oder als unfallähnliche Körperschädigung qualifiziert
hat. Nicht mehr zur Diskussion steht die mögliche Leistungspflicht aus dem
Vorfall vom 10. November 2016. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen zum Unfallbegriff nach Art. 4
ATSG und zu den unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 6 Abs. 2 aUVG in
Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 aUVV in der hier anwendbaren, bis 31. Dezember
2016 gültig gewesenen Fassung), die auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung
Unfällen gleichgestellt waren (BGE 129 V 466 E. 2.2 S. 467), zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
4.   
Es steht fest und ist unbestritten, dass die Versicherte am 13. November 2016
am Boden sass, während ihr Ehemann den gemeinsamen Sohn in den Armen hielt.
Dieser wurde beinahe fallengelassen, weshalb die Beschwerdeführerin eine
"extreme Drehbewegung" vornahm, um den vermeintlich fallenden Sohn
aufzufangen. 
 
5.   
Die Vorinstanz wertete das Abdrehen des Rumpfes als eine normale Beanspruchung
des Körpers, welcher trotz der durch das vermeintliche Herunterfallen des
Kindes bedingten Heftigkeit der Bewegung kein gesteigertes Gefährdungspotential
innewohne, was die Annahme eines äusseren Ereignisses ausschliesse. Dem hält
die Beschwerdeführerin entgegen, weil die Drehbewegung durch das vermeintliche
Herunterfallen des Kindes reflexartig, d.h. programmwidrig, erfolgt sei, sei
dieses Kriterium ohne weiteres erfüllt. 
 
6.   
Es dürfte zutreffen, dass die Bewegung reflexartig und damit einhergehend auch
mit einem gewissen Kraftaufwand verbunden ausgeführt worden ist. Auch mag sie
durchaus in dem Sinne als "extrem" ausgefallen sein, als die Drehbewegung so
weit ausgeführt wurde, wie dies die körperliche Beweglichkeit widerstandfrei
zuliess. Die Bewegung selbst beschränkte sich indessen auf das Abdrehen des
Rumpfs. Eine vom Körper nicht mehr ohne weiteres beherrschbare Vielzahl von
verschiedenen, ineinander greifenden Bewegungsabläufen, wie sie etwa bei einem
(unerwarteten) Fehltritt ausgelöst werden können, lässt sich hingegen nicht
ausmachen. Auch ist nicht davon auszugehen, dass damit die sich aus der
Anatomie des Rumpfes und der Wirbelsäule ergebende, als Widerstand wahrnehmbare
Beweglichkeitsgrenze absichtlich oder unwillkürlich zu überschreiten versucht
wurde. Dies gründet im Umstand, dass das Kind letztlich nicht herunterfiel und
insoweit der, allenfalls mit einer zusätzlichen Kippbewegung kombinierte
"finale", möglicherweise panikartig ausgeführte Griff nach dem aufzufangenden
Kind ausblieb. Der Rumpf ist nicht anders bewegt worden, als dies etwa auch im
Rahmen einer körperlichen Ertüchtigung (am Boden sitzend den Rumpf mit einer
schnellen, seitlichen, durch die Hände unterstützten Wippbewegung [nach links
[oder rechts] drehend) der Fall gewesen wäre. Zwar ist der Vorgang als solcher
unwillkürlich ausgelöst worden. Er hat sich indessen in kontrollierbaren Bahnen
bewegt und kann insoweit nicht als programmwidrig bezeichnet werden. Ebenso
wenig rechtfertigt es sich, einer solchen Aktivität generell ein erhebliches
Gefährdungspotential zuzusprechen. 
Dies führt zur Verneinung einer Leistungspflicht der Suva für die geltend
gemachten Rückenbeschwerden. 
 
7.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 13. Juni 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünvogel 

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