Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.736/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_736/2017  
 
 
Urteil vom 20. August 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Advokat Nicolai Fullin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
12. September 2017 (VBE.2017.507). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ war seit April 2013 als arbeitslos gemeldet und in dieser
Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva)
obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert.
Am 30. Juli 2014 zog er sich beim Fussballspiel eine distale Tibiafraktur
rechts zu. Die Suva erbrachte Versicherungsleistungen. Am 17. Februar 2016
teilte sie A.________ mit, dass sie die Heilkosten- und Taggeldleistungen per
29. Februar 2016 einstellen und ihm eine einsprachefähige Verfügung zusenden
werde. Mit Verfügung vom 19. Februar 2016 verneinte sie einen Anspruch auf
Invalidenrente und Integritätsentschädigung. Dies bestätigte sie auf Einsprache
hin (Einspracheentscheid vom 3. Juni 2016). 
 
B.  
 
B.a. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 8. November 2016 ab, soweit es darauf eintrat. In
teilweiser Gutheissung des hiergegen von A.________ ergriffenen Rechtsmittels
hob das Bundesgericht den Entscheid auf und wies die Sache an das kantonale
Gericht zurück; im Übrigen lehnte es die Beschwerde ab (Urteil 8C_43/2017 vom
1. Juni 2017, in: SVR 2017 UV Nr. 40 S. 138). In den Erwägungen führte es aus,
das Entstehen des Anspruchs auf eine Rente der Unfallversicherung sei unter
anderem auch vom Zeitpunkt des Eintritts des medizinisch-therapeutischen
Endzustandes abhängig. Deshalb könne die Frage, ob der Fallabschluss korrekt
erfolgt sei, nicht gesondert in Rechtskraft erwachsen, falls im
Rechtsmittelverfahren der Rentenanspruch streitig sei. Es sei von einer
kantonalgerichtlichen Verletzung der aus dem Gehörsanspruch fliessenden
Begründungspflicht auszugehen. Die Sache werde zur Behebung dieses Mangels und
zu neuem Entscheid an das kantonale Gericht zurückgewiesen (E. 2.3.2 ff.).  
 
B.b. Mit Entscheid vom 12. September 2017 wies das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau die Beschwerde ab.  
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle
zu verpflichten, ihm eine Invalidenrente nach den gesetzlichen Bestimmungen,
mindestens aber aufgrund eines Invaliditätsgrades von 10 %, zu leisten;
eventualiter seien weitere Abklärungen zum Gesundheitszustand sowie
insbesondere zur Frage nach dem Zeitpunkt des medizinischen Endzustands zu
tätigen und es sei im Anschluss daran erneut über den Anspruch auf weitere
Leistungen zu entscheiden. 
 
Die Suva und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1.  
 
1.1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff.
BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG
) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhaltes gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
1.1.2. Im vorliegenden Fall ist mit dem Anspruch auf Rente eine Geldleistung
streitig. Soweit eventualiter der Fallabschluss in Zweifel gezogen wird, geht
es bei den Taggeldern um eine Geldleistung und bei der Heilbehandlung um eine
Sachleistung der Unfallversicherung. Rechtsprechungsgemäss prüft das
Bundesgericht den Sachverhalt bei einer derartigen Konstellation frei, soweit
er für beide Rechtsverhältnisse erheblich ist. Die eingeschränkte Kognition
gilt in solchen Fällen nur, soweit Tatsachen ausschliesslich die Sachleistung
betreffen (SVR 2014 UV Nr. 32 S. 106, 8C_834/2013 E. 2.2.2).  
 
1.2. Des Weiteren wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG) und ist weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur geltend gemachte Rügen, sofern
allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen,
also auch solche, die im letztinstanzlichen Verfahren nicht (mehr) aufgeworfen
werden, zu klären (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).  
 
2.   
Der Unfallversicherer hat den Fall unter Einstellung von Heilbehandlung und
Taggeld sowie Prüfung des Anspruchs auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung abzuschliessen, wenn von der Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr
erwartet werden kann und allfällige Eingliederungsmassnahmen der
Invalidenversicherung abgeschlossen sind (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E.
4.1 S. 113). Die Besserung bestimmt sich namentlich nach Massgabe der zu
erwartenden Steigerung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, soweit
unfallbedingt beeinträchtigt, wobei die durch weitere Heilbehandlung zu
erwartende Besserung ins Gewicht fallen muss. Unbedeutende Verbesserungen
genügen nicht. Diese Frage ist prospektiv zu beurteilen (RKUV 2005 Nr. U 557 S.
388, U 244/04 E. 3.1; Urteil 8C_285/2016 vom 22. Juli 2016 E. 7.1). 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer hatte im Rechtsmittelverfahren vor dem kantonalen
Gericht (vor der Rückweisung der Angelegenheit durch das Bundesgericht mit
Urteil 8C_43/2017 vom 1. Juni 2017) einen Bericht des Prof. Dr. med.
B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des
Bewegungsapparates FMH, vom 22. Juni 2016 einreichen und gestützt darauf
geltend machen lassen, der medizinische Endzustand sei noch nicht erreicht und
der Rentenentscheid sei verfrüht erfolgt. Hatte er vorher noch eine
Invalidenrente auf der Basis einer mindestens 17%igen Erwerbseinbusse
gefordert, so hielt er daran lediglich noch eventualiter fest und beantragte
nun in der Hauptsache, die Suva sei zu verpflichten, weitere medizinische
Abklärungen vorzunehmen, weiterhin Taggelder zu leisten und die Heilungskosten
zu übernehmen.  
 
Das Bundesgericht hielt im Urteil 8C_43/2017 fest, die Vorinstanz hätte diesen
Bericht des Prof. Dr. med. B.________ berücksichtigen müssen, da der streitige
Rentenanspruch insgesamt, namentlich auch hinsichtlich der Frage, ob ein
solcher zufolge Erreichens des medizinisch-therapeutischen Endzustandes
überhaupt schon entstehen konnte, der uneingeschränkten richterlichen
Überprüfung durch das kantonale Gericht unterlegen sei. Denn es sei keineswegs
von der Hand zu weisen, dass dieser Bericht Rückschlüsse auf die
gesundheitliche Entwicklung im für die Beurteilung relevanten Zeitraum bis zum
Einspracheentscheid vom 3. Juni 2016 zulasse und konkrete Empfehlungen zur
Verbesserung des Gesundheitszustandes enthalte (E. 2.3.3). Das kantonale
Gericht werde im Rahmen der Rückweisung Gelegenheit haben, sich mit dieser
fachärztlichen Einschätzung auseinanderzusetzen. Dabei habe es dem Umstand
Rechnung zu tragen, dass die Leistungseinstellung seitens der Suva allein auf
den kreisärztlichen Einschätzungen beruhe. Bei dieser Ausgangslage sei zu
betonen, dass bei Entscheiden gestützt auf versicherungsinterne ärztliche
Beurteilungen, die im Wesentlichen oder ausschliesslich aus dem Verfahren vor
dem Sozialversicherungsträger stammen, strenge Anforderungen an die
Beweiswürdigung zu stellen seien (E. 3.2). 
 
3.2. Im angefochtenen Entscheid werden nunmehr alle vorliegenden medizinischen
Unterlagen einer eingehenden Würdigung unterzogen und daraus gefolgert, die
Beurteilungen von Kreisarzt Dr. med. C.________, Facharzt Orthopädische
Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 28. Juli und 18.
Dezember 2015 und des Facharztes für Chirurgie, med. pract. D.________,
Suva-Versicherungsmedizin, Kompetenzzentrum, vom 18. August 2016 seien voll
beweiswertig. Demgegenüber vermöge die Einschätzung des Prof. Dr. med.
B.________ vom 22. Juni 2016 keine auch nur geringen Zweifel an der
Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit der kreisärztlichen Ausführungen zu
wecken, die sich eingehend mit dem Versicherten persönlich, den medizinischen
Akten und bildgebenden Abklärungen sowie den Ausführungen von Prof. Dr. med.
B.________ auseinandersetzten. Wenn die Suva gestützt darauf davon ausgehe,
spätestens seit 29. Februar 2016 liege ein Endzustand vor, und den Fall auf
dieses Datum hin abschliesse, sei dies nicht zu beanstanden. Der
Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt des Unfalls (bzw. bereits seit April 2013)
arbeitslos gewesen, weshalb das Valideneinkommen - unbestrittenermassen -
anhand der Tabellen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes
für Statistik (LSE) zu ermitteln sei. Massgebend sei der totale
Durchschnittslohn aller Wirtschaftssektoren, Männer, nach Tabelle TA1, LSE
2014, wobei offen bleiben könne, ob auf das Kompetenzniveau 1 oder 2
abzustellen sei. Gleiches gelte für das Invalideneinkommen, da der
Beschwerdeführer seit dem Unfall keine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Er
sei im Rahmen des kreisärztlichen Belastungsprofils zu 100 %, mithin
vollschichtig, arbeitsfähig. Der Umstand allein, dass nur noch leichte bis
mittelschwere Arbeiten zumutbar seien, bilde keine Grundlage für einen
zusätzlichen Abzug vom Tabellenlohn. Weil der Versicherte über eine
Niederlassungsbewilligung C verfüge, weitere Merkmale für einen
leidensbedingten Abzug jedoch nicht ersichtlich seien, sei ein 5%iger Abzug vom
Tabellenlohn vorzunehmen. Bei auf derselben Berechnungsgrundlage basierendem
Validen- und Invalideneinkommen resultiere ein rentenausschliessender
Invaliditätsgrad von 5 %.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer verweist auf die bundesgerichtliche Erwägung, wonach
eine Sachleistung in der Form von Heilbehandlung mit Blick auf den Bericht des
Prof. Dr. med. B.________ vom 22. Juni 2016 durchaus in Betracht kommen könnte
(Urteil 8C_43/2017 vom 1. Juni 2017 E. 3.1). Er bemängelt, dass die Vorinstanz
wiederum nur auf die schon vorliegenden versicherungsinternen Stellungnahmen
abgestellt hat und wirft ihr vor, sie habe Bundesrecht verletzt, indem sie den
Sachverhalt nur ungenügend abgeklärt und den Rentenentscheid einseitig auf die
verwaltungsinternen ärztlichen Beurteilungen abgestützt habe, obwohl Zweifel an
der internen Beurteilung bestehen würden.  
 
Es trifft zu, dass das Bundesgericht auf die strengen Anforderungen an die
Beweiswürdigung bei Entscheiden gestützt auf versicherungsinterne ärztliche
Beurteilungen aufmerksam gemacht hat (vgl. E. 3.1 in fine hiervor). Die
Würdigung der medizinischen Akten überliess es allerdings dem kantonalen
Gericht. Ebenso wenig äusserte es sich - entgegen der Behauptung des
Beschwerdeführers - abschliessend zur Notwendigkeit weiterer Abklärungen
(Urteil 8C_43/2017 vom 1. Juni 2017 E. 3.2). Im angefochtenen Entscheid werden
die medizinischen Akten, diesmal unter Einbezug des Berichts des Prof. Dr. med.
B.________ vom 22. Juni 2016, nunmehr umfassend analysiert. Die Vorinstanz legt
schlüssig dar, aus welchen Gründen die Angaben dieses Arztes keine auch nur
geringen Zweifel an der Zuverlässigkeit der versicherungsinternen
Stellungnahmen wecken können. Sie erklärt gestützt auf die Beurteilung des med.
pract. D.________ vom 18. August 2016 insbesondere stringent, dass die
nachträglich von Prof. Dr. med. B.________ postulierte Entzündung der
Patellarsehne gestützt auf den MRI-Bericht vom 2. Juni 2016 nicht zu bestätigen
ist. Aus dem Einwand des Versicherten, wonach auch med. pract. D.________ bei
gezielter physiotherapeutischer Behandlung und Trainingstherapie möglicherweise
eine Besserung der Beschwerden erwarte, weshalb auch dieser Suva-Arzt keinen
medizinischen Endzustand angenommen habe, kann ebenfalls nichts zu seinen
Gunsten abgeleitet werden. Die Besserung gemäss Art. 19 Abs. 1 UVG bestimmt
sich nämlich in erster Linie nach Massgabe der zu erwartenden Steigerung oder
Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (vgl. E. 2 hiervor). Nicht eine weit
entfernte Möglichkeit eines positiven Resultats einer Fortsetzung der
ärztlichen Behandlung, sondern eine prognostisch ins Gewicht fallende Besserung
des Gesundheitszustandes ist erforderlich (BGE 134 V 109 E. 4.3 S. 115; SVR
2017 UV Nr. 40 S. 138, 8C_43/2017 E. 2.3.1; Urteil 8C_142/2017 vom 7. September
2017 E. 4; je mit Hinweisen). Dass der Versicherte von einer Physio-/
Trainingstherapie möglicherweise profitieren kann, genügt praxisgemäss nicht
(Urteil 8C_39/2018 vom 11. Juli 2018 E. 5.1 mit Hinweisen). Bei einer
vollständig konsolidierten Fraktur, erhaltener Funktionalität des Knies (im
"Normbereich") und 100%iger Arbeitsfähigkeit in einer körperlich leichten bis
mittelschweren Beschäftigung (ohne Arbeiten im Knien, in der Hocke, auf Leitern
und Gerüsten, ohne häufiges Treppensteigen und schnelles Laufen) ist mithin der
vorinstanzliche Schluss zulässig, dass weitere medizinische Behandlungen keine
namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwarten lassen. Durch den
Verzicht auf die Einholung eines Gerichtsgutachtens oder weiterer
fachärztlicher Stellungnahmen hat das kantonale Gericht folglich kein
Bundesrecht verletzt. 
 
4.2. In zweiter Linie macht der Beschwerdeführer geltend, das kantonale Gericht
hätte den 10%igen Leidensabzug beim Invalideneinkommen, wie er im
Einspracheentscheid vorgenommen worden sei, nicht korrigieren dürfen.  
 
4.2.1. Praxisgemäss können persönliche und berufliche Merkmale der versicherten
Person wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder
Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad einen auf höchstens 25 %
begrenzten Leidensabzug von dem nach den LSE-Tabellenlöhnen zu ermittelnden
Invalideneinkommen rechtfertigen, soweit anzunehmen ist, dass die trotz des
Gesundheitsschadens verbleibende Leistungsfähigkeit infolge eines oder mehrerer
dieser Merkmale auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (vgl. Art. 16 ATSG) nur mit
unterdurchschnittlichem Einkommen verwertet werden kann (BGE 135 V 297 E. 5.2
S. 301).  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer räumt selber ein, dass sich noch kein Abzug
rechtfertigt, soweit ihm nur noch körperlich leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten zumutbar seien. Denn die LSE-Tabellenlöhne, Kompetenzniveau 1
(einfache Tätigkeiten körperlicher und handwerklicher Art) und Kompetenzniveau
2 (praktische Tätigkeiten wie Verkauf/Pflege/Datenverarbeitung und
Administration/Bedienen von Maschinen und elektronischen Geräten/
Sicherheitsdienst/Fahrdienst), umfassen bereits eine Vielzahl von leichten und
mittelschweren Tätigkeiten. In concreto ist ohne Weiteres davon auszugehen,
dass dem Anforderungs- und Belastungsprofil entsprechende
Verweisungstätigkeiten (vgl. E. 4.1 hiervor) auf dem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt angeboten werden. Das erwerbliche Leistungsvermögen ist durch die
gesundheitlichen Beschwerden nicht in einem solchen Mass beschränkt, dass der
Versicherte sich überwiegend wahrscheinlich mit einem geringeren Lohn begnügen
müsste, als voll leistungsfähige und entsprechend überall einsetzbare
Arbeitnehmer. Das kantonale Gericht hat zutreffend festgestellt, dass sich die
geringe Einengung des Tätigkeitsspektrums nicht lohnsenkend auswirkt.  
 
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich - ohne weitere Spezifizierung -
geltend macht, ein Abzug sei auch vorzunehmen, weil er seine berufliche
Tätigkeit wechseln müsse, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Dies bereits
deshalb, weil eine angestammte Tätigkeit bei nicht abgeschlossener
kaufmännischer Lehre und anschliessender Beschäftigung als temporärer
Betriebsarbeiter und kaufmännischer Angestellter in verschiedenen Betrieben
sowie als Chauffeur und zuletzt Sauerstoff-Techniker/Sachbearbeiter nicht
eruiert werden kann. Zur Zeit des Unfallereignisses am 30. Juli 2014 bestand
zudem seit April 2013 eine Arbeitslosigkeit. 
 
4.3. Da der Versicherte über die Niederlassungsbewilligung C verfügt,
berücksichtigt das kantonale Gericht beim Invalideneinkommen gleichwohl einen
Abzug von immerhin 5 %. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht zulässig, da das
Valideneinkommen und das Invalideneinkommen hier auf derselben tabellarischen
Berechnungsgrundlage fussen. Der Aufenthaltsstatus wirkt sich bei dieser
Konstellation nämlich nicht nur beim Invalideneinkommen, sondern auch beim
Valideneinkommen gleichermassen zusätzlich lohnsenkend aus. Ein entsprechender
Abzug wegen der Niederlassungsbewilligung C müsste somit entweder sowohl beim
Validen- als auch beim Invalideneinkommen oder aber bei keinem der beiden
berücksichtigt werden. Weiterungen erübrigen sich allerdings, da der Wegfall
des 5%igen Abzugs ohne Einfluss auf das Ergebnis bleibt. Ebenfalls nicht
entscheidrelevant ist, dass der Lohnunterschied mit Blick auf die bisherige
Erwerbsbiographie wohl nach der Tabelle TA12 (LSE 2014; Monatlicher Bruttolohn,
Schweizer/innen und Ausländer/innen, nach beruflicher Stellung und Geschlecht,
Privater Sektor) zu berechnen wäre (während das kantonale Gericht die
LSE-Tabellenlöhne für den privaten und den öffentlichen Sektor zusammen
beizog). Im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt fällt der Lohn von Männern mit
Niederlassungsbewilligung C gestützt auf Tabelle TA12 lediglich um 3 % geringer
aus (vgl. Urteile 9C_418/2017 vom 30. Oktober 2017 E. 4.5.2 und 9C_449/2015 vom
21. Oktober 2015 E. 4.2.4). Ob dem - bei anderer Ausgangslage - mit einem Abzug
Rechnung zu tragen wäre, braucht an dieser Stelle nicht beantwortet zu werden.
 
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. August 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz 

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