Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.725/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_725/2017  
 
 
Urteil vom 4. Mai 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Betschart. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Rechtsanwalt Markus Dormann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG, 
Postfach, 8085 Zürich Versicherung, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug 
vom 24. August 2017 (S 2016 119). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geb. 1957, war bei der B.________ GmbH angestellt und über die
Arbeitgeberin bei der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend Zürich)
gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 22. April
2010 stürzte sie in einem Lift und zog sich ein Schädelhirntrauma Grad 1, eine
Thoraxkontusion sowie eine LWS-Kontusion zu. Am 21. Februar 2013 verletzte sie
sich an der rechten Hand, als am Schalter der Poststelle die Sicherheitsscheibe
heruntergelassen wurde. Der gleichentags aufgesuchte Hausarzt, Dr. med.
C.________, Facharzt FMH für Allgemeinmedizin, diagnostizierte einen Status
nach Kontusion des Handgelenks und behandelte die Beschwerden mit
Schmerzmitteln. Seit diesem Vorfall arbeitet die Versicherte nicht mehr. Am 12.
März 2014 wurde sie von Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Chirurgie,
speziell Handchirurgie, untersucht. Sodann liess die Zürich die Versicherte
durch die Swiss Medical Assessement- and Business-Center AG (nachfolgend SMAB
AG) polydisziplinär begutachten. Im Gutachten vom 24. November 2014 verneinten
die Experten eine Arbeitsunfähigkeit und die Unfallkausalität der von der
Versicherten weiterhin geltend gemachten Beschwerden. In der Folge nahm Dr.
med. E.________, Chirurgie FMH, speziell Handchirurgie, auf Veranlassung von
A.________ am 18. Juni 2015 eine handchirurgische Begutachtung vor, und kam zum
Ergebnis, dass die Versicherte aufgrund eines posttraumatischen, Komplexen
Regionalen Schmerzsyndroms (Complex Regional Pain Syndrome, CPRS Typ I) in der
angestammten Tätigkeit zu 100 % und in einer Verweistätigkeit zu 40 %
arbeitsunfähig sei. Die Gutachter der SMAB AG nahmen am 21. September 2015 zu
dieser Expertise Stellung. Mit Verfügung vom 22. März 2016 stellte die Zürich
die Leistungen für das Ereignis vom 22. April 2010 per 30. November 2016
(Heilbehandlungen) bzw. per 13. Mai 2010 (Taggelder) und für das Ereignis vom
21. Februar 2014 per 31. Oktober 2014 (Heilbehandlung) bzw. 12. März 2013
(Taggelder) ein und verneinte einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung. Daran hielt sie im Einspracheentscheid vom 30. August
2016 fest. 
 
B.   
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die dagegen erhobene Beschwerde mit
Entscheid vom 24. August 2017 ab. 
 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragt im Wesentlichen, die Sache sei in Aufhebung des angefochtenen
Entscheids zur Einholung eines gerichtlichen Gutachtens und neuem Entscheid an
die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Bundesgericht holte die vorinstanzlichen Akten ein. Ein Schriftenwechsel
wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht im
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280). Es
ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache
massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen zutreffend dargelegt,
worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).  
 
2.2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem
sie die Einstellung der Versicherungsleistungen bestätigte. Im Zentrum steht
dabei die Frage, ob sie auf die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens
verzichten durfte. Die beantragte Begutachtung soll sich nur auf das behauptete
CRPS und dessen Kausalzusammenhang mit dem Ereignis vom 21. Februar 2013
beziehen. Demgegenüber gelten die Folgen des Vorfalls vom 22. April 2010 gemäss
der Vorinstanz als ausgeheilt. Dies beanstandet auch die Beschwerdeführerin
nicht, weshalb sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.  
 
3.  
 
3.1. In einlässlicher Würdigung der medizinischen Aktenlage erkannte das
kantonale Gericht dem Gutachten der SMAB AG vom 24. November 2014 vollen
Beweiswert zu. Insbesondere setzte es sich vertieft mit der Expertise des Dr.
med. E.________ auseinander und kam zum Schluss, diese vermöge nicht zu
überzeugen und enthalte keine konkreten Indizien, die gegen die Zuverlässigkeit
des Gutachtens der SMAB AG sprächen. Gemäss der Expertise der SMAB AG und deren
Stellungnahme vom 21. September 2015 zum Gutachten des Dr. med. E.________
bestehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein Kausalzusammenhang zwischen
dem Ereignis vom 21. Februar 2013 und den geklagten gesundheitlichen
Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin. Zudem sei das Unfallereignis banal
und daher nicht geeignet, eine psychische Störung zu verursachen (vgl. BGE 115
V 133). In antizipierter Beweiswürdigung sei somit auf die Einholung des
beantragten Gerichtsgutachtens zu verzichten. Im Übrigen handle es sich bei der
Expertise der SMAB AG nicht um ein Parteigutachten, sondern um ein im Verfahren
nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten, dem gegenüber dem Konsilium des Dr.
med. E.________ ein erhöhter Beweiswert zukomme.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich auf die Rüge, dass es willkürlich
sei, dem von der Beschwerdegegnerin eingeholten Gutachten einen erhöhten
Beweiswert zukommen zu lassen. Denn die Unfallversicherung werde, selbst wenn
sie in amtlicher Funktion ein Gutachten erstellen lasse, spätestens im
Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht Partei und habe ausserdem ein
erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse (nämlich so wenige Leistungen wie
möglich ausrichten zu müssen). Deswegen sei auch das Gutachten der SMAB AG als
Parteigutachten zu werten, und wegen der Widersprüche zum Gutachten des Dr.
med. E.________ sei die Vorinstanz anzuweisen, ein unabhängiges Gutachten
einzuholen.  
 
3.3. Dieser Einwand vermag nicht überzeugen. Nach ständiger Rechtsprechung
handelt ein Sozialversicherer im Verwaltungsverfahren nicht als Partei, sondern
als zur Neutralität und Objektivität verpflichtetes Organ des Gesetzesvollzugs,
solange kein Beschwerdeverfahren angehoben ist. Nach Eintritt der
Rechtshängigkeit wird der Versicherer zwar im prozessualen Sinne zur Partei; er
ist lite pendente indessen weiterhin der Objektivität verpflichtet und hat
daher nicht auch im materiellen Sinn Parteieigenschaft (BGE 137 V 210 2.2.2 S.
232; 136 V 376 E. 4.1.2 S. 378 mit Hinweisen). Weder aus der formellen
Parteistellung noch aus der Legitimation zur Erhebung von Beschwerden in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten darf gefolgert werden, dass die
Beweiserhebungen des Sozialversicherers im nichtstreitigen Verwaltungsverfahren
Parteihandlungen wären (BGE 137 V 210 E. 1.3.2    S. 226; 136 V 376 E. 4.2.2 S.
380). Auf dieser Rechtslage beruht sodann auch die Judikatur über die
Beweiskraft versicherungsmedizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351;
BGE 122 V 157). Bei formell einwandfreien und materiell schlüssigen (das heisst
beweistauglichen und beweiskräftigen) medizinischen Entscheidungsgrundlagen des
Versicherungsträgers (Administrativgutachten) besteht daher nach der
Rechtsprechung kein Anspruch auf eine gerichtliche Expertise (BGE 135 V 465 E.
4 S. 467 ff.; zum Ganzen: BGE 137 V 210 2.2.2 S. 232; 136 V 367 E. 4.1.2 S. 378
mit Hinweisen). Diese im Rahmen der Invalidenversicherung ergangene
Rechtsprechung gilt auch für die obligatorische Unfallversicherung (Urteil
8C_240/2016 vom 13. Juli 2016 E. 5.2).  
 
3.4. Auf ein im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten ist
rechtsprechungsgemäss abzustellen, wenn nicht konkrete Indizien gegen die
Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470). Ein
Parteigutachten besitzt demgegenüber zwar nicht den gleichen Rang wie ein vom
Gericht oder vom Versicherungsträger nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht
eingeholtes Gutachten. Es verpflichtet indessen das Gericht, den von der
Rechtsprechung aufgestellten Richtlinien für die Beweiswürdigung folgend, zu
prüfen, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassung und Schlussfolgerungen
des vom Gericht oder vom Versicherungsträger förmlich bestellten Gutachters
derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (vgl. BGE 125 V 351 E.
3c S. 354). Vorliegend hat die Vorinstanz in ihrer ausführlichen
Beweiswürdigung dargelegt, dass das Gutachten des Dr. med. E.________ keine
konkreten Anhaltspunkte enthält, die Zweifel an der Expertise der SMAB AG und
deren Stellungnahme vom         21. September 2015 zum Gutachten des Dr. med.
E.________ wecken würden. Die Beschwerdeführerin setzt sich mit diesen -
zutreffenden - Ausführungen nicht auseinander, so dass es damit sein Bewenden
hat. Im Ergebnis durfte die Vorinstanz von der Einholung eines gerichtlichen
Gutachtens absehen, ohne Bundesrecht zu verletzen.  
 
4.   
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren
mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 BGG) zu
erledigen. 
 
5.   
Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Mai 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Betschart 

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