Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.677/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_677/2017  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione. 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, vertreten durch Advokat Alexander Pfeiffer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, 5000
Aarau, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Rückforderung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
22. August 2017 (VBE.2017.231). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, geboren 1973, war für folgende unterdessen zufolge Konkurses
gelöschte Unternehmungen als Gerüstemonteur tätig: vom 1. März 2012 bis 22.
Oktober 2012 für die B.________ GmbH vom 23. Oktober 2012 bis 31. Mai 2013 für
die C.________ GmbH und ab 1. Juni 2013 für die D.________ AG. A.________
meldete sich am 26. August 2013 zur Arbeitsvermittlung an und beantragte die
Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung, die ihm die Öffentliche
Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau rückwirkend ab 2. September 2013 gewährte.
 
 
A.b. Mit Verfügung vom 29. Juli 2015 lehnte die Arbeitslosenkasse den Anspruch
des A.________ auf Arbeitslosenentschädigung rückwirkend ab 2. September 2013
ab. Diese Verfügung blieb unangefochten. Gestützt darauf forderte sie mit einer
weiteren Verfügung vom 11. Januar 2016 die für die Monate September 2013 bis
August 2014 und Oktober 2014 bis März 2015 ausgerichtete
Arbeitslosenentschädigung im Betrage von insgesamt Fr. 69'208.15 zurück. Daran
hielt sie auf Einsprache hin fest (Entscheid vom 14. März 2016). Das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die dagegen erhobene Beschwerde
mit Entscheid vom 25. Oktober 2016 teilweise gut und wies die Sache zu weiteren
Abklärungen und neuer Entscheidung an die Kasse zurück.  
 
A.c. Mit Verfügung vom 17. November 2016 forderte die Arbeitslosenkasse von
A.________ erneut die für die Monate September 2013 bis August 2014 und Oktober
2014 bis März 2015 ausgerichtete Arbeitslosenentschädigung von total Fr.
69'208.15 zurück. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 7.
Februar 2017 ab.  
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 22. August 2017 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Eventualiter sei die
Rückforderung zu erlassen. Zudem ersucht er um Erteilung der aufschiebenden
Wirkung. 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und das Staatssekretariat für
Wirtschaft (SECO) verzichten auf eine Vernehmlassung. Mit Eingabe vom 15.
November 2017 reichte der Beschwerdeführer eine zusätzliche Stellungnahme ein. 
 
D.   
Mit Verfügung vom 5. Dezember 2017 hat die Instruktionsrichterin der Beschwerde
die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
und Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter Berücksichtigung der Begründungspflicht (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S.
236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie
die Rückforderung der Arbeitslosenkasse in der Höhe von Fr. 69'208.15
bestätigte. 
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 95 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 ATSG sind
unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten. Zu Unrecht bezogene
Geldleistungen, die auf einer formell rechtskräftigen Verfügung beruhen, können
unabhängig davon, ob die zur Rückforderung Anlass gebenden Leistungen förmlich
oder formlos verfügt worden sind, nur zurückgefordert werden, wenn entweder die
für die Wiedererwägung (wegen zweifelloser Unrichtigkeit und erheblicher
Bedeutung der Berichtigung) oder die für die prozessuale Revision (wegen
vorbestandener neuer Tatsachen oder Beweismittel) bestehenden Voraussetzungen
erfüllt sind (Art. 53 ATSG; BGE 130 V 318 E. 5.2 in fine S. 320; 129 V 110 E.
1.1; Urteil 8C_652/2015 vom 17. Mai 2016 E. 3, publ. in: SVR 2016 ALV Nr. 11 S.
29).  
 
3.2. Die Vorinstanz hat die von der Beschwerdegegnerin aufgrund einer
prozessualen Revision verfügte Rückforderung von Arbeitslosenentschädigungen
geschützt.  
Gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG müssen formell rechtskräftige Verfügungen und
Einspracheentscheide in Revision gezogen werden, wenn die versicherte Person
oder der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen
entdeckt oder Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich
war. Diese sog. prozessuale Revision kommt auch bei formlosen, rechtsbeständig
gewordenen Leistungszusprechungen zur Anwendung (BGE 143 V 105 E. 2.1 S. 107
mit Hinweisen). 
 
4.   
 
4.1. Im angefochtenen Entscheid wird im Wesentlichen erwogen, mit Verfügung vom
29. Juli 2015 habe die Arbeitslosenkasse erkannt, es bestünden begründete
Zweifel, ob die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Arbeitsverhältnisse
bestanden hätten. Ferner sei nicht nachgewiesen, dass der während der
Bemessungsperiode behaupteterweise erzielte Lohn die Mindestgrenze des
versicherten Verdienstes erreicht habe. Die Beschwerdegegnerin sei daher mit
der fraglichen Verfügung auf die ab 2. September 2013 gewährte
Arbeitslosenentschädigung zurückgekommen und habe einen Anspruch auf diese
rückwirkend abgelehnt. Diese Verfügung sei unangefochten in Rechtskraft
erwachsen. Mit Verfügung vom 17. November 2016 respektive Einspracheentscheid
vom 7. Februar 2017 habe die Beschwerdegegnerin einzig die zufolge der
rückwirkenden Leistungseinstellung zu Unrecht ausgerichtete
Arbeitslosenentschädigung zurückgefordert. Soweit der Beschwerdeführer eine
Verletzung seines rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit den von der
Beschwerdegegnerin angeführten Rückkommensgründen und dem Rückkommenstitel der
Revision geltend mache, hätten diese Vorbringen in einer gegen die
leistungsaufhebende Verfügung vom 29. Juli 2015 gerichteten Einsprache geltend
gemacht werden müssen. Nachdem die Verfügung vom 29. Juli 2015 unangefochten in
Rechtskraft erwachsen sei, seien diese als verspätet zu erachten und daher
nicht mehr zu hören. Da gemäss Art. 25 Abs. 1 ATSG unrechtmässig bezogene
Leistungen zurückzuerstatten seien, sei die Rückforderung der
Beschwerdegegnerin nicht zu beanstanden.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Arbeitslosenkasse habe (immer noch) nicht
beurteilt, ob die festgestellte Unrechtmässigkeit zweifellos unrichtig sei bzw.
ob die Voraussetzungen des Rückkommenstitels gegeben seien. Die Vorinstanz habe
ihm die Überprüfung des angefochtenen Einspracheentscheids verweigert.
Insbesondere seien die Voraussetzungen des Rückkommenstitels nicht überprüft
worden. Auch sei das kantonale Gericht auf die von ihm mit Bezug auf den
Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin gerügte Gehörsverletzung nicht
eingegangen, was ihrerseits eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle.
Zudem habe die Vorinstanz die Bestimmungen von Art. 95 Abs. 1 AVIG und Art. 25
ATSG willkürlich angewendet. Hätte sie sich mit der zweifellosen Unrichtigkeit
und den Voraussetzungen der Wiedererwägung oder Revision auseinandergesetzt, so
hätte sie festgestellt, dass keine Wiedererwägungsgründe gemäss Art. 53 ATSG
gegeben seien und eine Rückforderung daher unzulässig sei. Zudem handle es sich
bei der Verfügung vom 29. Juli 2015 um eine nichtige Feststellungsverfügung.  
 
5.   
Vorweg ist auf den Einwand des Beschwerdeführers einzugehen, wonach es sich bei
der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 29. Juli 2015 um eine unzulässige und
daher nichtige Feststellungsverfügung handle. 
 
5.1.  
 
5.1.1. Durch eine rechtsgestaltende Verfügung werden verbindlich Rechte und
Pflichten des Privaten festgesetzt, geändert oder aufgehoben (HÄFELIN/MÜLLER/
UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., Rz. 884, S. 197). Durch die
feststellende Verfügung werden keine neuen Rechte und Pflichten begründet,
geändert oder aufgehoben. Die feststellende Verfügung dient lediglich der
Klärung der Rechtslage, indem das Bestehen, das Nichtbestehen oder der Umfang
von verwaltungsrechtlichen Rechten und Pflichten verbindlich festgestellt wird
(HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 889, S. 198 mit Hinweis auf BGE 135 II 60,
74). Nicht rechtsgestaltend wirkt die Verfügung dort, wo sie die Rechtslage
lediglich feststellt (MARKUS MÜLLER in: Kommentar zum Bundesgesetz über das
Verwaltungsverfahren, 2008, S. 85).  
 
5.1.2. Rechtsprechungsgemäss setzt der Erlass einer Feststellungsverfügung im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. b und Art. 25 VwVG unter anderem voraus, dass
keine rechtsgestaltende Verfügung denselben Zweck erfüllen kann. Ist ein
Feststellungsentscheid ergangen, ohne dass diese Voraussetzung erfüllt ist, ist
er durch die Rechtsmittelinstanz aufzuheben (Urteil 9C_143/2012 vom 22. März
2012 E. 4.2 mit Hinweis auf BGE 135 II 60 E. 3.3.2 S. 75; 132 V 257 E. 1 S.
259; 129 V 289 E. 3.3 S. 292; 126 II 514 E. 3f S. 520; Urteil 2C_803/2008 vom
21. Juli 2009 E. 4.2.2; Urteil C 334/05 vom 18. Mai 2006 E. 2.2 mit Hinweisen).
 
 
5.2. Eine nichtige Verfügung bedarf keiner Anfechtung. Die Nichtigkeit betrifft
eine Rechtsfrage, die jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von
Amtes wegen geprüft wird (Urteil 9C_923/2015 vom 9. Mai 2016 E. 4.1.1. mit
Hinweis auf BGE 139 II 243 E. 11.2 S. 260; Urteil 5A_351/2015 vom 1. Dezember
2015 E. 4.3).  
Fehlerhafte Verwaltungsakte sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur
anfechtbar, und sie werden durch Nichtanfechtung bzw. bei verspäteter
Anfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit, d.h. absolute Unwirksamkeit einer
Verfügung wird nur angenommen, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer
wiegt, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn
zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft
gefährdet wird. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen Ausnahmefällen die
Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge. Die Anordnung muss geradezu sinnlos,
sittenwidrig oder willkürlich sein (WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen
Verwaltungsrechts, Bd. I, Rz. 2616 ff. mit zahlreichen Hinweisen aus der
Rechtsprechung). Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich funktionelle und
sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwer wiegende Verfahrensfehler
in Betracht (Urteil 9C_923/2015 vom 9. Mai 2016 E. 4.1.2 mit Hinweis auf BGE
139 II 243 E. 11.2 S. 260; 132 II 21 E. 3.1 S. 27). 
 
5.3.   
 
5.3.1. Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 teilte die Arbeitslosenkasse dem
Beschwerdeführer mit, anlässlich einer erneuten Kontrolle seiner Unterlagen sei
festgestellt worden, dass die ihm gewährte Arbeitslosenentschädigung aus
rechtlichen Gründen unter Umständen nicht gerechtfertigt sei, weshalb
weitergehende Abklärungen erforderlich seien. Der Beschwerdeführer wurde
daraufhin ersucht, weitere Unterlagen einzureichen. Mit Verfügung vom 29. Juli
2015 lehnte die Arbeitslosenkasse den Anspruch des Beschwerdeführers auf
Arbeitslosenentschädigung ab 2. September 2013 ab. Zur Begründung führte sie
insbesondere aus, aufgrund der vorliegenden Unterlagen bestünden begründete
Zweifel, dass das geltend gemachte Arbeitsverhältnis mit der D.________ AG
respektive B.________ GmbH in den den Jahren 2012 und 2013 tatsächlich in
dieser Form bestanden habe. Zudem sei nicht zweifelsfrei nachgewiesen, dass der
Lohn die Mindestgrenze des versicherten Verdienstes erreicht habe. Folglich
müsse der ab 2. September 2013 geltend gemachte Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung abgelehnt werden.  
 
5.3.2. Da die Arbeitslosenkasse aufgrund der vom Beschwerdeführer nachträglich
eingereichten Unterlagen dessen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung
rückwirkend verneinte, nahm sie mit der fraglichen Verfügung eine prozessuale
Revision gemäss Art. 53 Abs. 1 ATSG vor. Wie im Folgenden zu zeigen ist, kann
die Frage mit der Vorinstanz offen gelassen werden, ob es sich dabei, wie vom
Beschwerdeführer geltend gemacht, um eine Feststellungsverfügung handelt oder
ob in der vorliegenden Konstellation die Verfügung rechtsgestaltender Natur
ist, da damit das Recht auf Arbeitslosenentschädigung abgewiesen wird.  
 
5.3.3. Nach dem Dargelegten ist die Verfügung vom 29. Juli 2015 somit selbst
dann nicht nichtig, wenn es sich dabei um eine Feststellungsverfügung und nicht
um eine (negative) Leistungsverfügung gehandelt haben sollte. Die genannte
Verfügung ist nicht mit einem besonders schwerwiegenden Mangel behaftet, der
überdies offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist. Der Umstand, dass
die Arbeitslosenkasse es unterliess, ihre Verfügung vom 29. Juli 2015 als
prozessuale Revision oder Wiedererwägung der am 31. Oktober 2013 ergangenen
formlosen Leistungsverfügung zu bezeichnen, ist kein schwerwiegender Mangel. In
der genannten Verfügung wird aufgezeigt, dass aufgrund der ab dem 8. Mai 2015
eingeforderten weiteren Unterlagen erkennbar war, dass die
Leistungsvoraussetzungen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben
waren und daher die Voraussetzungen für eine prozessuale Revision erfüllt sind.
Es handelt sich damit tatsächlich und erkennbar um die Aufhebung eines
Leistungsanspruchs nach Prüfung eines Rückkommenstitels. Dass die damit
vorgenommene Gewichtung des Leistungsanspruchs in tatsächlicher oder
rechtlicher Hinsicht, mithin inhaltlich qualifiziert falsch oder willkürlich
wäre, tritt nicht offensichtlich oder in leicht erkennbarer Weise zutage. Der
erkennbare Mangel besteht einzig darin, dass vorweg nur dargelegt wurde, dass
die Voraussetzungen für die Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung nicht
erfüllt waren und nicht gleichzeitig auch eine Leistungsverfügung in Form der
Rückforderung der zu Unrecht bezahlten Taggelder erging. Es lag jedoch keine
derartige Fehlerhaftigkeit vor, welche die Verfügung nichtig machen würde. Der
geltend gemachte Mangel springt nicht ins Auge. Offensichtlich ist ein Fehler,
der auch einer durchschnittlich, nicht juristisch gebildeten Person auffallen
sollte (WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., Rz. 2622), was vorliegend nicht der Fall
ist. Die Verfügung vom 29. Juli 2015 erweist sich daher nur als anfechtbar und
nicht als nichtig. Da eine Anfechtung unterblieb erwuchs sie in Rechtskraft.  
 
6.   
Weiter rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Entscheid stehe im
Widerspruch zum ersten Entscheid der Vorinstanz vom 25. Oktober 2016, mit
welchem die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen worden sei, damit
diese die Voraussetzungen des Rückkommenstitels prüfe. Mit dem angefochtenen
Entscheid verhalte sich die Vorinstanz widersprüchlich und
rechtsmissbräuchlich, was einen Verstoss gegen Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3
BV) bedeute. 
 
6.1. Beim Entscheid der Vorinstanz vom 25. Oktober 2016 handelte es sich um
einen Zwischenentscheid, der das Verfahren nicht abschloss, da damit die
Rückerstattung der Arbeitslosenentschädigung noch nicht abschliessend beurteilt
worden war. Die Vorinstanz ist an die Vorgaben ihres eigenen
Rückweisungsentscheids gebunden (Urteil 8C_3/2013 vom 24. Juli 2013 E. 3.5 mit
Hinweis auf BGE 133 V 477 E. 5.2.3 S. 484; 128 III 191 E. 4a S. 194; SVR 2012
UV Nr. 14 S. 51, 8C_190/2011 E. 4, nicht publ. in: BGE 138 V 161; Urteil 2C_232
/2012 vom 23. Juli 2012 E. 1.6). Vorliegend ist indessen zu berücksichtigen,
dass das kantonale Gericht schon im erwähnten Entscheid festgehalten hatte, die
Unrechtmässigkeit der Leistungsausrichtung könne nicht überprüft werden, da
diese bereits mit in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 29. Juli 2015
festgestellt worden sei. Mit Bezug auf die Frage der Rechtskraft der Verfügung
vom 29. Juli 2015 hat sich die Vorinstanz somit nicht widersprüchlich
verhalten, sondern im Gegenteil ihren bereits im ersten Entscheid vertretenen
Standpunkt bestätigt. Allerdings verkannte sie in ihrem ersten Entscheid vom
25. Oktober 2016, dass es sich bei der Verfügung vom 29. Juli 2015 um eine
prozessuale Revision und damit um den Rückkommenstitel für die Rückforderung
handelte. Deshalb wies sie die Sache an die Beschwerdegegnerin zurück, damit
diese die Voraussetzungen des Rückkommenstitels prüfte. Die Beschwerdegegnerin
verwies in der gestützt auf den Entscheid vom 25. Oktober 2016 ergangenen
Verfügung vom 17. November 2016 diesbezüglich erneut auf die rechtskräftige
Verfügung vom 29. Juli 2015. Auch im Einspracheentscheid vom 7. Februar 2017
hielt die Beschwerdegegnerin vorweg fest, dass sie mit der rechtskräftigen
Verfügung vom 29. Juli 2015 über einen Rechtstitel für ihre Rückforderung
verfüge und die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Tatsachen (Lohnfluss und
Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung) nach erneuten Abklärungen als
nicht erwiesen zu betrachten seien. Auch wenn die Vorinstanz an ihren ersten
Entscheid vom 25. Oktober 2016 gebunden war, änderte dies nichts daran, dass
die rechtskräftige Verfügung vom 29. Juli 2015 den Rückkommenstitel für die
Rückforderung bildete und auf diesen nicht mehr zurückgekommen werden konnte,
was im angefochtenen Entscheid zutreffend so festgehalten wird. Im Übrigen ist
zwar die Vorinstanz, nicht aber das Bundesgericht an einen vorinstanzlichen
Rückweisungsentscheid gebunden, weshalb es eine unzutreffende vorinstanzliche
Rechtsauffassung korrigieren kann, auch wenn der Zwischenentscheid nicht
selbständig angefochten werden kann (BGE 133 V 477 E. 5.2.3 S. 484).  
 
6.2. Da somit die Verfügung der Arbeitslosenkasse vom 29. Juli 2015 in
Rechtskraft erwachsen ist, kann - wie die Vorinstanz zutreffend ausführte - die
Rechtmässigkeit dieses Rückkommenstitels im heutigen Zeitpunkt nicht mehr
überprüft werden. Das kantonale Gericht legte daher zu Recht dar, der
Beschwerdeführer hätte seine Vorbringen gegen die prozessuale Revision durch
Anfechtung der Verfügung vom 29. Juli 2015 geltend machen müssen. Die
Verneinung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Arbeitslosenkasse
verstösst damit nicht gegen Bundesrecht. Aus demselben Grunde musste sich auch
das kantonale Gericht nicht mehr mit den betreffenden Vorbringen des
Beschwerdeführers auseinandersetzen. Demnach hat die Vorinstanz weder das
rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt noch sonst gegen Bundesrecht
verstossen, indem sie sich mit den Vorbringen zum Rückkommenstitel der
prozessualen Revision nicht auseinandersetzte.  
 
7.   
Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die Rückerstattungsforderung
sei verwirkt. Die Arbeitslosenkasse habe seine Beitragszeit im Oktober 2013
untersucht und kontrolliert. Aus dem bei der Sozialversicherungsanstalt Aargau
angeforderten Auszug aus dem individuellen Konto (IK-Auszug) von November 2013
sei ersichtlich gewesen, dass sein Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge
nicht bezahlt gehabt habe. Auch wenn die Leistungsausrichtung auf einen Fehler
der Verwaltung zurückzuführen sei, wäre es der Beschwerdegegnerin bei
pflichtgemässer Aufmerksamkeit möglich gewesen, der Sache bereits im November
2013 genauer nachzugehen, was sie unterlassen habe. Die relative Frist von
einem Jahr sei daher im November 2014 abgelaufen. 
 
7.1. Gemäss Art. 25 Abs. 2 erster Satz ATSG verwirkt der Rückforderungsanspruch
mit dem Ablauf eines Jahres, "nachdem die Versicherungseinrichtung davon
Kenntnis erhalten hat". Unter dieser Wendung ist der Zeitpunkt zu verstehen, in
welchem die Verwaltung bei Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte
erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (BGE
139 V 6 E. 4.1 S. 8 mit Hinweisen). Dies ist der Fall, wenn alle im konkreten
Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sind, aus deren Kenntnis sich der
Rückforderungsanspruch dem Grundsatz nach und in seinem Ausmass gegenüber einem
bestimmten Rückerstattungspflichtigen ergibt (Urteil 9C_454/2012 vom 18. März
2013 E. 4; nicht publ. in BGE 139 V 106). Geht die unrechtmässige
Leistungsausrichtung auf einen Fehler des Versicherungsträgers zurück, beginnt
die einjährige Verwirkungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem er bei
Beachtung der ihm zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die
Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (Urteil 8C_824/2007 vom 15.
Mai 2008 E. 3.2.2 mit Hinweis auf BGE 124 V 380 E. 1).  
 
7.2. Die einjährige relative Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn der
Versicherungsträger seinen Fehler hätte entdecken können bzw. entdeckt hat und
nicht bereits zum Zeitpunkt seines ursprünglichen unrichtigen Handelns (Urteil
8C_777/2011 vom 1. Mai 2012 E. 5.3; 9C_482/2009 vom 19. Februar 2010 E. 3.3.2;
BGE 124 V 380 E. 1 S. 383). Die Arbeitslosenkasse musste aus dem IK-Auszug vom
14. November 2013, aus welchem hervorging, dass für den Beschwerdeführer keine
Sozialverversicherungsbeiträge entrichtet worden waren, nicht zwingend
schliessen, dass der Beschwerdeführer auch nicht gearbeitet und keinen Lohn
bezogen hatte. Immerhin lagen ihr Lohnabrechnungen der D.________ AG und der
C.________ GmbH, Arbeitgeberbescheinigungen und ein Arbeitsvertrag vor. Erst
zufolge einer erneuten Kontrolle ergaben sich für die Beschwerdegegnerin
Hinweise auf mögliche Fehler, weshalb sie vom Beschwerdeführer mit Schreiben
vom 8. Mai 2015 diverse zusätzliche Unterlagen verlangte. Nach Vorliegen dieser
Abklärungen stand für die Arbeitslosenkasse fest, dass die Voraussetzungen für
eine Rückerstattung gegeben waren. Das kantonale Gericht verletzte mit der
Erkenntnis, die Rückforderungsverfügung vom 11. Januar 2016 sei innerhalb der
einjährigen relativen Frist von Art. 25 Abs. 2 ATSG ergangen, kein Bundesrecht.
 
Demnach hat es beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden. 
 
8.   
Ein allfälliger Erlass der Rückforderung war mangels entsprechender Verfügung
nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens, weshalb auf den
Eventualantrag - wie schon im vorinstanzlichen Verfahren - bereits aus diesem
Grund nicht einzutreten ist. Hinzu kommt, dass er in der Beschwerde auch nicht
begründet wird. 
 
9.   
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Amt für Wirtschaft und
Arbeit (AWA) des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben