Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.669/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_669/2017  
 
 
Urteil vom 14. Februar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Rothenbühler, und dieser
substituiert durch Rechtsanwalt Thomas Locher, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
 Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, Bundesgasse 35, 3011
Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
12. Juli 2017 (VV.2016.228/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ arbeitete bei der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft
(nachfolgend: Mobiliar) und war bei dieser für die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Am 25. Januar 2012
stürzte sie beim Skifahren auf die linke Schulter. Die von der Versicherten am
Folgetag aufgesuchte Frau Dr. med. B.________, Allgemein- und Sportmedizin,
stellte eine Schwellung sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit fest. Der
Röntgenbefund zeigte keine ossären Läsionen. Sie legte einen immobilisierenden
Verband an und verordnete entzündungshemmende Salben und Schmerzmittel. In der
Folge unterzog sich A.________ einer Physiotherapie und am 10. Mai 2012 einer
intraartikulären Injektion durch Dr. med. C.________, Orthopädische Chirurgie
FMH. Dieser schloss die Behandlung am 21. Juni 2012 ab. 
Im Januar 2013 begab sich A.________ erneut in ärztliche Behandlung wegen
Schmerzen im Bereich des Schlüsselbeins verbunden mit einem Kribbeln in der
linken Hand. Am 24. September 2013 wurde sie in der Klinik D.________ durch Dr.
med. E.________, Chefarzt Orthopädie, operiert (Schulterarthroskopie). Am 12.
August 2014 erfolgte bei Diagnose einer Frozen shoulder eine weitere Operation.
Es verblieb jedoch eine Bewegungseinschränkung. A.________ holte eine
Zweitmeinung in der Klinik F.________ ein, wo sie am 9. Februar 2016 erneut
operiert wurde. Die Mobiliar holte eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes
Dr. med. G.________, orthopädische Chirurgie FMH, vom 25. Januar 2016 ein.
Gestützt darauf stellte sie ihre Leistungen mit Verfügung vom 25. April 2016
und Einspracheentscheid vom 5. Juli 2016 rückwirkend per Ende Januar 2013 ein,
verzichtete indessen auf eine Rückforderung der danach noch erbrachten
Leistungen. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
mit Entscheid vom 12. Juli 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die
Angelegenheit an die Mobiliar zurückzuweisen, damit sie ein externes Gutachten
veranlasse und über die unfallversicherungsrechtlichen Leistungsansprüche
erneut entscheide. 
Die Mobiliar schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die durch das kantonale Gericht geschützte
Leistungseinstellung durch den Unfallversicherer wegen Erreichens des Status
quo sine per Ende Januar 2013 gestützt auf die Aktenbeurteilung seines
beratenden Arztes vor Bundesrecht standhält. 
 
3.   
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die
Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 UVG, zu dem dafür
vorausgesetzten natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang (BGE 134 V 109 E.
2.1 S. 111 f.) sowie zum Beweiswert von Aktengutachten (SVR 2010 UV Nr. 17 S.
63, 8C_239/2008 E. 7.2; SZS 2008 S. 393, I 1094/06 E. 3.1.1 in fine; Urteil U
10/87 vom 29. April 1988 E. 5b, nicht publ. in: BGE 114 V 109, aber in: RKUV
1988 Nr. U 56 S. 366; Urteil 8C_780/2016 vom 24. März 2017 E. 6.1) zutreffend
dargelegt. Es wird darauf verwiesen. Zu ergänzen ist, dass Berichten
versicherungsinterner medizinischer Fachpersonen dem Grundsatz nach zwar stets
Beweiswert zuerkannt wurde, jedoch kommt ihnen praxisgemäss nicht dieselbe
Beweiskraft zu wie einem gerichtlichen oder einem im Verfahren nach Art. 44
ATSG vom Versicherungsträger in Auftrag gegebenen Gutachten. Soll ein
Versicherungsfall ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden,
so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch
nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der
versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen
vorzunehmen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f.; 125 V 351
E. 3a und b [insb. ee] S. 352 ff.). Anzufügen ist des Weiteren, dass die vom
Unfallversicherer einmal anerkannte Leistungspflicht entfällt, wenn dieser
nachweist, dass der Gesundheitszustand wieder hergestellt ist, wie er
unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (Status quo ante) oder wie er sich
nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne
Unfall früher oder später eingestellt hätte (Status quo sine; SVR 2016 UV Nr.
18 S. 55, 8C_331/2015 E. 2.1.1). 
 
4.   
Nach der Vorinstanz ist der gestützt auf die Akten ergangene Bericht des Dr.
med. G.________ voll beweiskräftig. Gestützt darauf sei davon auszugehen, dass
der Status quo sine - unter Berücksichtigung einer Schulterkontusion mit
Zerrungen und prellungsbedingten Schwellungen - sechs bis acht Wochen nach dem
Skiunfall vom 25. Januar 2012 beziehungsweise - unter Annahme einer Aktivierung
eines stummen Vorzustandes (Arthrose im AC- [Acromioclavicular-, Schultereck-]
Gelenk durch einen degenerativ stark veränderten Discus articularis) nach einem
weitgehend beschwerdefreien Intervall ohne Arztkonsultationen seit Juni 2012 -
allerspätestens im Januar 2013 erreicht gewesen sei. Dass die Beschwerden
danach zugenommen hätten, sei nicht den anlässlich des Sturzes erlittenen
Verletzungen zuzuschreiben. 
Die Versicherte bringt dagegen vor, dass die verbleibenden Beschwerden auf
unfallbedingte Befunde zurückzuführen seien, und beruft sich dabei namentlich
auf die Berichte des Dr. med. E.________ vom 30. November 2015 und des Dr. med.
H.________, Klinik F.________, vom 12. April und vom 7. September 2016. 
 
5.  
 
5.1. Die Vorinstanz erachtete die Einschätzung des Vertrauensarztes Dr. med.
G.________ vom 25. Januar 2016, wonach der Status quo sine spätestens im Januar
2013 eingetreten sei, als überzeugend. Zum einen habe die Röntgenuntersuchung
vom 1. Februar 2012 keine ossären Verletzungen oder Hinweise auf eine Luxation
ergeben. Zum andern sei anlässlich der Schulterarthroskopie vom 24. September
2013 (nebst unspezifischen Veränderungen an der Bursa [Schleimbeutel])
insbesondere ein stark degenerativ veränderter Discus articularis im AC-Gelenk
vorgefunden worden. Hingegen habe sich die gestützt auf die
Magnetresonanztomografie vom 2. April 2013 erhobene Verdachtsdiagnose einer
(allenfalls unfallbedingten) Labrumläsion nicht bestätigt. Auch eine
Sehnenverletzung sei nicht festgestellt worden (Operationsbericht des Dr. med.
E.________ vom 24. September 2013). Ein nachweisbares organisches, auf den
Unfall zurückzuführendes Substrat, das mit einem operativen Eingriff hätte
behandelt werden müssen, habe nicht vorgelegen.  
 
5.2. Dass Dr. med. G.________ gemäss einer Aktennotiz vom 5. Juni 2014 bereits
damals zu Rate gezogen und zu einer für die Beschwerdeführerin ungünstigen
Schlussfolgerung gelangt war, schliesst dessen späteren Beizug als
Vertrauensarzt praxisgemäss nicht aus (BGE 132 V 93 E. 7.2.2 S. 110; SVR 2013
IV Nr. 30 S. 87, 8C_978/2012 E. 5.3.2). Der die Mobiliar beratende Arzt
äusserte sich in seinem Bericht vom 25. Januar 2016 eingehend zu den
vorgenommenen Untersuchungen mittels bildgebender Abklärungen. Insbesondere
wird ausführlich begründet, dass die erst anlässlich der ersten Arthroskopie
festgestellten Befunde, namentlich am Discus articularis, nicht unfall-,
sondern altersentsprechend degenerativ bedingt seien, während sich die zuvor
aufgrund der bildgebenden Untersuchung vom 2. April 2013 vermuteten, mit dem
Unfall erklärbaren Läsionen nicht bestätigt hätten. Dr. med. E.________
erachtete den zerschlissenen Discus articularis in seiner Stellungnahme vom 30.
November 2015 als "passend" zu einer AC-Traumatisierung mit lateraler
Krafteinwirkung. Aufgrund dieser Formulierung lässt sich nicht auf eine
überwiegend wahrscheinliche Unfallfolge schliessen, zumal diese Zwischenscheibe
(Knorpel) nach den Ausführungen des Dr. med. G.________ bei den meisten über
40-Jährigen kaum mehr oder nur noch stark verändert vorhanden sei. Im
Operationsbericht selber wird zwar als Diagnose ein "posttraumatisches"
Impingement aufgeführt, ohne dass jedoch zum Kausalzusammenhang mit dem Unfall
weiter Stellung genommen würde. Weitere ärztliche Berichte, die sich
ausführlich zur Unfallkausalität äussern würden, finden sich nicht in den
Akten. Dies gilt insbesondere auch für die Stellungnahme des Dr. med.
H.________ vom 12. April 2016.  
 
5.3. Dass das kantonale Gericht aufgrund der Stellungnahmen, auf die sich die
Beschwerdeführerin beruft, keine auch nur geringen Zweifel an der Beurteilung
des Vertrauensarztes ausmachen konnte und gestützt darauf sowie nach
einlässlicher Würdigung der medizinischen Aktenlage davon ausgegangen ist, dass
sich durch den Unfall ein stummer Vorzustand vorübergehend verschlimmert habe,
spätestens im Januar 2013 jedoch der Status quo sine eingetreten sei, lässt
sich nicht beanstanden. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes liegt
nicht vor und es bestand kein Anspruch auf Einholung eines Gerichtsgutachtens.
 
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der
unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. Februar 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo 

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