Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.643/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_643/2017            

 
 
 
Urteil vom 4. Dezember 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hübscher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung; Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
16. August 2017 (VBE.2017.84). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1966 geborene A.________ war bei der B.________ & Co AG als Hilfsarbeiter
angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(Suva) gegen die Folgen von Unfällen obligatorisch versichert. Am 3. Januar
1993 verletzte er sich bei einem Sturz von einem Stuhl an der rechten Schulter.
Laut kreisärztlichem Untersuchungsbericht des Dr. med. C.________ vom 10.
November 1993 konnte die Behandlung unter dem Vorbehalt einer allfälligen
Zunahme der Beschwerden bei voller Arbeitsfähigkeit abgeschlossen werden. 
Auf Rückfallmeldung vom 4. April 1997 hin holte die Suva unter anderem den
kreisärztlichen Untersuchungsbericht des Dr. med. D.________, Spezialarzt FMH
für Orthopädische Chirurgie, vom 26. Mai 1997 sowie die ärztliche Beurteilung
des Dr. med. C.________ vom 28. August 1998 ein. Mit Verfügung vom 8. September
1998 verneinte sie einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung. 
 
Am 30. Juni 2015 meldete der Versicherte unter anderem unter Auflage der von
der Invalidenversicherung eingeholten Expertise der ABI, Aerztliches
Begutachtungsinstitut GmbH, vom 10. Februar 2014 erneut einen Rückfall an.
Gemäss Auskünften des Kreisarztes E.________, Facharzt für Chirurgie, Suva, vom
24. März 2016 ergaben die Anamnese sowie die von ihm durchgeführte klinische
Untersuchung zusammenfassend, dass die geltend gemachte Verschlimmerung der
seit 1998 bestehenden, unfallbedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen
nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit bestätigt werden
konnte. Mit Verfügung vom 25. April 2016 hielt die Suva fest, es liege weder
eine unfallbedingte Erwerbseinbusse noch eine erhebliche Schädigung der
körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität vor. Auf Einsprache hin
holte sie die Beurteilung der Dr. med. F.________, Fachärztin für Chirurgie,
Mitglied FMH, Suva Versicherungsmedizin, vom 14. Dezember 2016 ein, wonach
aktuell eine unfallkausale, mässig ausgeprägte Arthrose am rechten
Schultergelenk (Instabilitäts-Omarthrose) bestand, die einen Integritätsschaden
von 10 % begründete. Mit Einspracheentscheid vom 9. Januar 2017 sprach die Suva
dem Versicherten eine Integritätsentschädigung gestützt auf eine
Integritätseinbusse von 10 % zu. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab. 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 16. August 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen, dass er ab 1. April 2015
Anspruch auf eine Invalidenrente der obligatorischen Unfallversicherung auf der
Basis eines Invaliditätsgrades von 20 % habe; eventualiter sei die Sache an das
kantonale Gericht zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Ferner wird um die
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege ersucht. 
 
Das Bundesgericht ordnet keinen Schriftenwechsel an. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder
Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung hingegen
ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG
).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Ablehnung eines Rentenanspruchs gemäss
angefochtenem Gerichtsentscheid vor Bundesrecht standhält. Im Einzelnen geht es
darum, ob die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, der unfallbedingte
Gesundheitszustand habe sich seit Erlass der Verfügung vom 8. September 1998
bis zum Zeitpunkt des Einspracheentscheids vom 9. Februar 2017 nicht in einem
den Anspruch auf eine Invalidenrente begründenden Ausmass (vgl. Art. 18 Abs. 1
UVG) verändert.  
 
2.2. Gemäss Art. 11 UVV werden die Versicherungsleistungen auch für Rückfälle
und Spätfolgen gewährt. Rückfälle und Spätfolgen stellen besondere
revisionsrechtliche Tatbestände dar (BGE 118 V 293 E. 2d S. 297). Ändern sich
die tatsächlichen Verhältnisse nach einem verfügten Fallabschluss, entfällt die
Möglichkeit einer Rentenrevision gemäss Art. 22 Abs. 1 UVG (heute: Art. 17 Abs.
1 ATSG), weil sich diese Bestimmung auf die Revision laufender Renten bezieht.
Eine Anpassung an geänderte unfallkausale Verhältnisse kann im Bereich der
obligatorischen Unfallversicherung aber dadurch bewirkt werden, dass ein
Rückfall oder Spätfolgen des seinerzeit rechtskräftig beurteilten
Unfallereignisses geltend gemacht werden. Dieses Vorgehen entspricht dem in der
Invalidenversicherung bestehenden Institut der Neuanmeldung im Sinne von Art.
87 Abs. 4 IVV (heute: Art. 87 Abs. 3 IVV; vgl. RUMO-JUNGO/HOLZER,
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung
[UVG], 4. Aufl. 2012, S. 79 mit Hinweis auf RKUV 1994 Nr. U 189 S. 138, U 119/
92 E. 3a).  
 
2.3. Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen zur Revision der
Invalidenrente und die in diesem Zusammenhang anwendbaren Grundsätze zutreffend
dargelegt (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 mit Hinweisen; zum
massgeblichen Vergleichszeitpunkt: BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114). Richtig sind
auch seine Erwägungen zum Beweiswert medizinischer Unterlagen. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass einer neuen ärztlichen Einschätzung, die sich
nicht hinreichend darüber ausspricht, inwiefern im Vergleich zur früheren
Beurteilung eine effektive Veränderung des Gesundheitszustands eingetreten ist,
für die Belange der Rentenrevision kein genügender Beweiswert zukommt (Urteil
9C_137/2017 vom 8. November 2017 E. 3.1; Bestätigung von SVR 2012 IV Nr. 18 S.
81, 9C_418/2010 sowie des Urteils 9C_710/2014 vom 26. März 2015).  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat nach ausführlicher Darstellung der medizinischen
Akten erwogen, zwischen den Parteien sei unbestritten, dass die Omarthrose
(Arthrose im Schultergelenk) rechts ursprünglich nicht vorgelegen habe und erst
im Laufe der Zeit entstanden sei. Uneinig seien sie sich hingegen bezüglich der
Frage, ob damit eine revisionsrechtlich erhebliche Veränderung des
Gesundheitszustands und damit der Arbeitsfähigkeit eingetreten sei. Gemäss den
Vorbringen des Versicherten sei dabei auf das Gutachten der ABI vom 10. Februar
2014 abzustellen, wonach eine Leistungsminderung in einer den körperlichen
Beeinträchtigungen angepassten Erwerbstätigkeit von 20 % bestehe. Die Suva
mache geltend, die Auskünfte des Kreisarztes E.________ vom 24. März 2016 und
der Dr. med. F.________ vom 14. Dezember 2016 seien massgeblich. Die Vorinstanz
ist zum Schluss gelangt, dass Kreisarzt E.________ sich nicht mit der von den
Sachverständigen der ABI eingeschätzten Leistungsminderung von 20 %
auseinandersetze und zudem Ausführungen zur Entwicklung und Schwere der
Omarthrose unterlasse, weshalb seine Beurteilung der strittigen
Arbeitsfähigkeit unzureichend sei. Hiegegen lege Dr. med. F.________ anhand der
von ihr zitierten umfangreichen ärztlichen Akten schlüssig dar, dass sich die
Beweglichkeit und Belastbarkeit der rechten Schulter seit 1998 - im Übrigen in
Übereinstimmung mit den klinischen Befunden des Kreisarztes E.________ und den
Sachverständigen der ABI - nicht wesentlich geändert habe.  
 
3.2. Die Vorbringen des Beschwerdeführers erschöpfen sich darin, die mit der
kantonalen Beschwerde geltend gemachten und vom vorinstanzlichen Gericht
eingehend entkräfteten Argumente zu wiederholen. Dem nicht zu beanstandenden
kantonalen Entscheid ist einzig beizufügen, dass nach der Rechtsprechung im
Rahmen der revisionsweise vorzunehmenden neuen Einschätzung des
Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit selbst eine zum bestehenden
Beschwerdebild hinzugetretene Schulterproblematik einer Rentenaufhebung nicht
entgegen steht (vgl. BGE 141 V 9 E. 5 und 6). Überhaupt übersieht der
Beschwerdeführer mit dem Einwand, er sei gemäss Expertise der ABI vom 10.
Februar 2014 nunmehr zu 20 % in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt, dass die
Suva diesem Umstand bereits mit der Verfügung vom 8. September 1998 Rechnung
getragen hatte. Inwiefern eine Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen
eingetreten sein soll, vermag der Beschwerdeführer damit nicht darzutun,
weshalb seine offensichtlich unbegründete Beschwerde mit summarischer
Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid bezüglich der
geltend gemachten Zusprechung einer Invalidenrente abzuweisen ist (Art. 109
Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG).  
 
4.   
Das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde
abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. Dezember 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Grunder 

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