Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.623/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_623/2017  
 
 
Urteil vom 24. April 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Fäh, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen 
vom 13. Juli 2017 (IV 2014/196). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1962 geborene A.________ war von Mai 2000 bis November 2001 als
Industrielackierer bei der B.________ AG tätig. Wegen einer Gehirnerschütterung
meldete er sich im Dezember 2001 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen, worunter
ein polydisziplinäres Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS)
Ostschweiz, St. Gallen, vom 9. September 2003, sprach ihm die IV-Stelle des
Kantons         St. Gallen mit Verfügungen vom 18. März 2004 und 1. Juni 2005
ab    1. November 2001 eine halbe Invalidenrente und ab 1. Januar 2004 eine
Dreiviertelsrente zu. Im Zuge eines im Dezember 2012 von Amtes wegen
eingeleiteten Revisionsverfahrens liess ihn die IV-Stelle polydisziplinär am
Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB), Basel, begutachten. Gestützt auf
die Expertise vom 24. September 2013 hob die IV-Stelle die Rente in Anwendung
von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des Bundesgesetzes über
die Invalidenversicherung vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes
Massnahmenpaket [SchlB IVG]) auf (Verfügung vom 13. Dezember 2013). Am 20.
Dezember 2013 widerrief die IV-Stelle ihre Verfügung, wegen mangelhafter
Zustellung. Mit Verfügung vom 11. März 2014 hob die IV-Stelle die Rente von
A.________ auf den ersten Tag des zweiten Monats nach Zustellung der Verfügung
auf. 
 
B.   
Die dagegen geführte Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 13. Juli 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle
zu verpflichten, ihm weiterhin eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung
zuzusprechen. Eventualiter sei eine neue Begutachtung in Auftrag zu geben.
Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Lit. a Abs. 1 SchlB IVG betreffend die Überprüfung von Renten, die bei
pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne
nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, ist im hier angefochtenen
sowie im Entscheid der Vorinstanz vom    12. Mai 2015 (E. 1) unter Hinweis auf
die hiezu ergangene Rechtsprechung (BGE 139 V 547 E. 10.1 S. 568) zutreffend
wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.  
 
2.   
Streitig ist, ob das kantonale Gericht die von der IV-Stelle am 11. März 2014
verfügte Aufhebung der bisherigen Rente zu Recht bestätigte. Aufgrund der
Erwägungen der Vorinstanz steht fest und ist im Übrigen unbestritten geblieben,
dass die Voraussetzungen für eine Rentenüberprüfung nach lit. a Abs. 1 SchlB
IVG vorliegen. Ebenfalls unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer in einer
leidensangepassten Tätigkeit aus somatischer Sicht in seiner Arbeitsfähigkeit
nicht eingeschränkt ist. Umstritten ist einzig das psychiatrische Teilgutachten
des Dr. med. C.________, wonach der Beschwerdeführer an einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung mit Selbstlimitierung und Behinderungstendenzen
(ICD-10 F45.4) sowie an akzentuierten narzisstischen Persönlichkeitszügen
(ICD-1073.1) leide, ohne dass diese Diagnosen einen Einfluss auf die
Arbeitsfähigkeit haben. 
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass nach altem Verfahrensstandard eingeholte
Gutachten nicht per se ihren Beweiswert verlieren. Vielmehr ist im Rahmen einer
gesamthaften Prüfung des Einzelfalls mit seinen spezifischen Gegebenheiten und
den erhobenen Rügen entscheidend, ob ein abschliessendes Abstellen auf die
vorhandenen Beweisgrundlagen vor Bundesrecht standhält (BGE 141 V 281 E. 8   S.
309). 
 
3.  
 
3.1. Gestützt auf die Beurteilung des Experten Dr. med. C.________ sowie auf
die Behandlungsunterlagen der Psychiatrischen Klinik D.________ (vom Dezember
2013 bis April 2014; Schreiben vom 16. November 2016) und der Stellungnahme des
ZMB dazu vom 17. Februar 2017 stellte die Vorinstanz fest, die psychische
Belastung des Beschwerdeführers werde vor allem durch die Rentensituation
verursacht. Eine regelmässige Behandlung in der Klinik D.________ habe nicht
stattgefunden, sondern es seien lediglich drei Gespräche geführt worden, bei
welchen ebenfalls die Rentenaufhebung thematisiert worden sei. Die vom
Neuropsychiater Dr. med. E.________ festgehaltene Diagnose einer paranoiden
Schizophrenie habe anlässlich der Begutachtung im ZMB nicht bestätigt werden
können. Sodann sei weder durch die behandelnde Psychiaterin an der Klinik
D.________ noch durch andere involvierte Ärzte je eine Diagnose aus dem
schizophrenen Formenkreis gestellt worden. Insgesamt könne deshalb auf das
psychiatrische Teilgutachten abgestellt und basierend darauf eine
Indikatorenprüfung gemäss BGE 141 V 281 vorgenommen werden. Daraus resultiere,
dass der Beschwerdeführer ab Juni 2013 zumindest für adaptierte Tätigkeiten mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit in somatischer wie psychischer Hinsicht voll
arbeitsfähig sei. Nach durchgeführtem Einkommensvergleich bestätigte die
Vorinstanz die verfügte Rentenaufhebung.  
 
3.2. Beschwerdeweise wird geltend gemacht, die Vorinstanz habe den Sachverhalt
unrichtig festgestellt und eine willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen. Das
kantonale Gericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer
nicht regelmässig in psychiatrischer Behandlung gewesen sei und habe die
Berichte der behandelnden Psychiaterin med. pract. F.________ zu Unrecht nicht
berücksichtigt. Er leide entgegen den vorinstanzlichen Feststellungen und dem
fehlerhaften psychiatrischen Teilgutachten an einer nicht überwindbaren
psychiatrischen Krankheit.  
 
4.   
Die vorinstanzliche Abhandlung des Beweisthemas anhand von Indikatoren
entspricht den Vorgaben von BGE 141 V 281 wie auch BGE 143 V 418 und ist
rechtlich korrekt. Die in diesem Kontext erfolgten Beweiswürdigungen und
Tatsachenfeststellungen sind auch nicht offensichtlich unrichtig (d.h.
unhaltbar, willkürlich: BGE 135 II 145      E. 8.1 S. 153) und daher für das
Bundesgericht verbindlich (E. 1.1). Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde
bildete die Inanspruchnahme von Therapiemöglichkeiten nur einen Aspekt in der
durchgeführten Indikatorenprüfung. Die Vorinstanz berücksichtigte danebst
namentlich erhebliche Inkonsistenzen im Verhalten, die anlässlich der
Begutachtung festgestellt worden sind, eine fehlende psychiatrische
Komorbidität und lediglich leichte körperliche Begleiterkrankungen sowie einen
grossen sekundären Krankheitsgewinn. Sodann vermag der Beschwerdeführer nicht
aufzuzeigen, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich
unrichtig sein sollen, hält sie doch die Häufigkeit der psychiatrischen
Gespräche in der Schweiz zutreffend fest und verneint auch nicht, dass er in
Mazedonien einen Neuropsychiater aufgesucht hat. Nicht bestritten ist, dass er
jeweils ein halbes Jahr in der Schweiz und in Mazedonien lebt. Die Behauptung,
die Vorinstanz habe den undatierten und im Juni 2017 eingereichten Bericht der
behandelnden Psychiaterin med. pract. F.________ nicht berücksichtigt, ist
aktenwidrig, weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Anzufügen bleibt
einzig, dass die Vorinstanz nachvollziehbar begründet hat, weshalb diese
Einschätzung der psychischen Beschwerden und ihrer funktionellen Auswirkungen
nicht überzeugt und daher den Beweiswert des psychiatrischen Teilgutachtens
nicht in Frage zu stellen vermag. Sie hat demnach die medizinische Aktenlage,
insbesondere auch das Teilgutachten des Dr. med. C.________, in nicht zu
beanstandender Weise willkürfrei gewürdigt und durfte dem Gutachten des ZMB
insgesamt Beweiskraft beimessen, da dieses eine schlüssige Beurteilung auch im
Lichte der massgeblichen Indikatoren erlaubt. Damit erübrigt sich auch eine
erneute Begutachtung, wie eventualiter beantragt. Das kantonale Gericht hat zu
Recht einen relevanten Gesundheitsschaden ausgeschlossen. Gegen die
Invaliditätsbemessung wendet der Beschwerdeführer nichts ein. Folglich hat es
gestützt darauf bundesrechtskonform die Renteneinstellung bestätigt. 
 
5.   
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach 
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt
die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann
ihm wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht gewährt werden (Art. 64 BGG;
BGE 138 III 217      E. 2.2.4 S. 218). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, Abteilung II, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 24. April 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla 

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