Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.603/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_603/2017  
 
 
Urteil vom 20. März 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione. 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Györffy, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 9. Juni 2017 (IV.2015.000839). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________, gelernter Metallbauschlosser, arbeitete seit 1. Januar 2001
als Tankrevisor bei der B.________ AG und war dadurch bei der Suva
obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert.
Am 27. März 2005 erlitt er einen Arbeitsunfall, am 12. Dezember 2005 sowie am
21. Mai 2006 einen Autounfall. Die Suva erbrachte jeweils die gesetzlichen
Leistungen. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 25. März
2008 stellte sie die Versicherungsleistungen betreffend die Verkehrsunfälle per
sofort ein. Mit Verfügung vom 20. Juni 2008 sprach sie A.________ aufgrund
durch den Unfall vom 27. März 2005 verursachter Schulterbeschwerden ab 1. Juni
2008 eine Rente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 21% sowie eine
Integritätsentschädigung basierend auf einer Integritätseinbusse von 7,5% zu.
Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 11. Januar 2011 fest, was das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. August 2012
bestätigte.  
 
A.b. Am 11. April 2006 hatte sich A.________ bei der Invalidenversicherung
unter Hinweis auf Schulterbeschwerden, eine HWS-Distorsion sowie eine
Arbeitskrankheit zum Leistungsbezug angemeldet. Die IV-Stelle des Kantons
Zürich traf Abklärungen in medizinischer und erwerblicher Hinsicht, zog die
Akten der Suva bei und holte namentlich ein polydisziplinäres Gutachten der
MEDAS Interlaken GmbH vom 17. Januar 2012 ein. Mit Vorbescheid vom 28. März
2012 stellte sie in Aussicht, dem Versicherten für die Zeit ab März bis August
2006 eine ganze und für die Zeit ab September 2006 bis Mai 2007 eine
Dreiviertelsrente zuzusprechen. Dagegen erhob A.________ Einwand und reichte
einen Bericht des behandelnden Dr. med. C.________, Facharzt FMH für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 21. September 2012 ein. Nach der
Beantwortung von Zusatzfragen der IV-Stelle durch die MEDAS Interlaken vom 14.
bzw. 27. November 2012 sowie der Einreichung weiterer Arztberichte, namentlich
eines Verlaufsberichts des Dr. med. C.________ vom 29. Juli 2013 durch den
Versicherten, holte die IV-Stelle ein weiteres polydisziplinäres Gutachten der
MEDAS Ostschweiz, St. Gallen, vom 26. Juni 2014 ein. Mit Verfügungen vom 16.
Juni 2015 sprach sie A.________ für die Zeit ab 1. März bis 31. Oktober 2006
eine ganze und für die Zeit ab 1. November 2006 bis 31. Juli 2007 eine
Dreiviertelsrente zu.  
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 9. Juni 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab 1.
November 2006 eine ganze Rente zuzusprechen, eventualiter sei die Sache an das
kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses nach Vornahme weiterer
Abklärungen erneut über den Rentenanspruch entscheide. Zudem ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG).  
Die Beschwerde führende Partei, welche die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz anfechten will, muss substanziiert darlegen, inwiefern die
Voraussetzungen einer Ausnahme gemäss Art. 105 Abs. 2 BGG gegeben sind und das
Verfahren bei rechtskonformer Ermittlung des Sachverhalts anders ausgegangen
wäre; andernfalls kann ein Sachverhalt, der vom im angefochtenen Entscheid
festgestellten abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1
S. 18 mit Hinweisen). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie
die von der Beschwerdegegnerin verfügte Herabsetzung der bisherigen ganzen auf
eine Dreiviertelsrente per 31. Oktober 2006 und deren Aufhebung per 31. Juli
2007 bestätigte. 
 
Die hiefür massgebenden Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Entscheid
zutreffend dargelegt worden. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass sich der
Sachverhalt teilweise vor dem Inkrafttreten der 5. IV-Revision am 1. Januar
2008 verwirklicht hat, weshalb bis 31. Dezember 2007 auf die damals geltenden
Bestimmungen und ab 1. Januar 2008 auf die neuen Normen der 5. IV-Revision
abzustellen ist (BGE 130 V 445). Dies ist jedoch - wie das kantonale Gericht
dargelegt hat - ohne Belang, weil diese Revision keine substanziellen
Änderungen bei der Invaliditätsbemessung gebracht hat (vgl. Urteil 8C_106/2013
vom 31. Mai 2013 E. 2). Weiter hat die Vorinstanz die Bestimmungen und
Grundsätze zu den Begriffen der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung
mit Art. 8 Abs. 1 ATSG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zum Anspruch auf
eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) und zu den bei einer rückwirkend
zugesprochenen abgestuften oder befristeten Rente analog anwendbaren
Bestimmungen der Rentenrevision (BGE 133 V 263 E. 6.1 S. 263; 131 V 164 E. 2.2
S. 165) zutreffend dargelegt. Richtig sind schliesslich die Ausführungen zum
Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE
137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3 S. 352 mit
Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der gesamten
medizinischen Aktenlage, insbesondere gestützt auf das polydisziplinäre
Gutachten der MEDAS Ostschweiz vom 26. Juni 2014, welches im Wesentlichen an
dasjenige der MEDAS Interlaken vom 17. Januar 2012 anknüpfe, festgestellt, der
Beschwerdeführer sei in der angestammten Tätigkeit vollumfänglich
arbeitsunfähig. Körperlich leichte Tätigkeiten ohne stärkere kraftmässige
Beanspruchungen des rechten dominanten Armes und ohne Arbeiten über
Schulterhöhe, welche kein räumliches Sehen erfordern, seien dem Versicherten
mit gewissen Einschränkungen indes seit August 2006 zu 50% mit einer
Leistungsminderung von 10% und seit Mai 2007 zu 100% mit einer
Leistungsminderung von 20% zumutbar. Die Vorinstanz ging bei diesen
Feststellungen gestützt auf das Gutachten vom 26. Juni 2014 davon aus, dass die
Arbeitsfähigkeit durch die Schulterbeschwerden und eine Störung des
visuo-optischen Systems eingeschränkt werde, wohingegen die Nebendiagnosen wie
dysfunktionale Krankheitsverarbeitung, redzidivierende depressive Störung,
gegenwärtig remittiert, Tabak- und Alkoholabusus usw. keinen wesentlichen
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit hätten.  
 
3.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen,
namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind
im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1.2 hievor).
Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es
nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren
aufliegenden ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch
begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz
gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu
korrigieren.  
 
3.3. Die Vorbringen des Beschwerdeführers zeigen keine offensichtliche
Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf:  
 
3.3.1. Das kantonale Gericht hat die medizinische Aktenlage pflichtgemäss
gewürdigt. Wie es dargelegt hat, erfüllen das polydisziplinäre Gutachten der
MEDAS Ostschweiz vom 26. Juni 2014 und auch dasjenige der MEDAS Interlaken vom
17. Januar 2012 die von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen; sie
beruhen auf eigenen Untersuchungen, eingehender Anamneseerhebung und setzen
sich insbesondere auch mit den anderen medizinischen Berichten auseinander.  
 
3.3.2. Auf ein im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholtes Gutachten ist
rechtsprechungsgemäss abzustellen, wenn nicht konkrete Indizien gegen die
Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470; vgl. auch
Urteil 8C_5/2018 vom 2. März 2018 E. 5). Solche vermag der Versicherte nicht
darzutun, zumal er weitgehend die bereits vorinstanzlich erhobenen Einwendungen
wiederholt, mit denen sich das kantonale Gericht einlässlich auseinandergesetzt
hat. Soweit der Beschwerdeführer wiederum das Fehlen einer neuropsychologischen
Abklärung rügt, ist mit der Vorinstanz darauf hinzuweisen, dass es
grundsätzlich den begutachtenden Ärztinnen und Ärzte überlassen ist, über Art
und Umfang der aufgrund der konkreten Fragestellung erforderlichen
Untersuchungen zu befinden (vgl. Urteile 8C_639/2011 vom 5. Januar 2012 E.
4.3.4, 8C_362/2010 vom 11. März 2011 E. 4.2.1). Vorliegend hat die IV-Stelle
eine umfassende Abklärung in den Bereichen Allgemeine/Innere Medizin,
Neurologie, Psychiatrie und Rheumatologie als notwendig erachtet, wobei der
neurologische Teilgutachter eine aktuelle Anamnese sowie einen vollständigen
neurologischen Status erhob und die geklagten neuropsychologischen Störungen
mitberücksichtigte. Die Kritik des Beschwerdeführers gründet sodann fast
ausschliesslich auf den Berichten des behandelnden Dr. med. C.________.
Diesbezüglich hat das kantonale Gericht zu Recht auf die Erfahrungstatsache
hingewiesen, wonach behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche
Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (
BGE 135 V 465 E. 4.5 S. 470; 135 V351 E. 3a/cc S. 353; Urteil 8C_180/2017 vom
21. Juni 2017 E. 4.4.2 mit weiteren Hinweisen). Zudem hat es aufgezeigt, dass
dessen Aussagen teilweise eher als jene eines Interessenvertreters und nicht
als solche eines objektiven medizinischen Experten zu qualifizieren sind, so
dass deren Beweiswert erheblich geschmälert ist (SVR 2016 UV Nr. 27 S. 89 E.
4.2 mit Hinweisen, 8C_448/2015).  
 
3.4. Zusammenfassend beruhen die vorinstanzlichen Annahmen zum
Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Versicherten weder auf
offensichtlich unrichtigen noch auf sonstwie rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellungen. Weil von zusätzlichen medizinischen
Abklärungsmassnahmen keine neuen entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten
sind, konnte und kann auf weitergehende medizinische Erhebungen und Gutachten
verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.
mit Hinweis).  
 
4.   
Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung und namentlich der Zeitpunkt von
Rentenreduktion bzw. Rentenaufhebung werden nicht substanziiert bestritten.
Soweit der Beschwerdeführer die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit auf dem
freien Arbeitsmarkt anzweifelt, sind mit dem kantonalen Gericht im Hinblick auf
die beruflich-erwerblichen Auswirkungen der ermittelten gesundheitlichen
Einschränkungen keine Gründe erkennbar, welche es dem Versicherten
verunmöglichten, seine verbliebene Arbeitskraft auf dem - hier relevanten -
ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten. Zu einer näheren Prüfung der
Invaliditätsbemessung besteht kein Anlass. Damit hat es beim angefochtenen
Entscheid sein Bewenden. 
 
5.   
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren ist wegen
Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer sind
demnach die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. März 2018 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch 

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