Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.5/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_5/2017

Urteil vom 11. April 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Bodenmann, Waisenhausstrasse 17, 9000 St.
Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 14. Dezember 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1969 geborene A.________ meldete sich im Februar 1999 wegen
Rückenproblemen, Unterleibsschmerzen, Schwindelgefühl und Herzproblemen
erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle St.
Gallen verneinte nach medizinischen Abklärungen mit Verfügung vom 18. August
1999 einen Leistungsanspruch. Nach einem weiteren Leistungsgesuch und gestützt
auf ein Gutachten des Dr. med. B.________, Facharzt für Gastroenterologie FMH,
vom 15. September 2004, verneinte die IV-Stelle erneut einen Anspruch auf
Leistungen der Invalidenversicherung (Verfügung vom 14. Dezember 2004, sowie
Einspracheentscheid vom 7. März 2005). Die dagegen erhobene Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 21. November 2005
ab.

A.b. Nachdem sich A.________ im August 2011 erneut zum Bezug von IV-Leistungen
angemeldet und die IV-Stelle verschiedene Arztberichte zu den Akten genommen
hatte, veranlasste sie eine polydisziplinäre Begutachtung bei der Swiss Medical
Assessment- and Business-Center AG (SMAB), Bern. Gestützt auf das
SMAB-Gutachten vom 10. Oktober 2013 verneinte die IV-Stelle einen
Rentenanspruch (Verfügung vom 27. Februar 2014).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 14. Dezember 2016 teilweise gut und sprach A.________
ab 1. Mai 2012 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu.

C. 
Die IV-Stelle St. Gallen führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und
die Verfügung vom 27. Februar 2014 zu bestätigen. Zudem sei der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu erteilen.
 A.________ lässt Abweisung der Beschwerde beantragen. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht die rentenverneinde
Verfügung vom 27. Februar 2014 aufhob und eine halbe Rente der
Invalidenversicherung zusprach.

3.

3.1. Die Vorinstanz erachtete das SMAB-Gutachten vom 10. Oktober 2013 als voll
beweiswertig und qualifizierte die attestierte Arbeitsfähigkeit von 50 % als
schlüssig begründet und nachvollziehbar. Sodann sei bei der depressiven Störung
von einer eigenständigen Erkrankung auszugehen und sie sei nicht als reaktive
Begleiterscheinung der ebenfalls diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung
zu sehen. Die beschriebenen Einschränkungen im Alltag durch die depressive
Störung seien verständlich erörtert worden und würden nicht in den vorhandenen
psychosozialen Belastungsfaktoren aufgehen. Die fehlende Compliance werde zwar
im Gutachten mit einem klar geringen Leidensdruck begründet, dafür sei jedoch
die fehlende Motivation verantwortlich, weshalb die Gutachter zu einer
psychiatrisch-therapeutischen Behandlung rieten. Bei entsprechender Behandlung
sei eine 100%-ige Arbeitsfähigkeit möglich. Insgesamt vermöge die Einschätzung
der Arbeitsfähigkeit zu überzeugen. Da die Verwaltung zum Verfügungszeitpunkt
kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren durchgeführt habe, könne der Versicherten
nicht entgegen gehalten werden, sie habe keine konsequente Therapie befolgt.
Gestützt darauf berechnete die Vorinstanz einen Invaliditätsgrad von gerundet
52 % und sprach der Versicherten ab 1. Mai 2012 eine halbe Rente der
Invalidenversicherung zu.

3.2. Beschwerdeweise wird vorgebracht eine leichte- bis mittelgradige
depressive Störung gelte gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts einzig dann
als invalidisierender Gesundheitsschaden, wenn sie therapieresistent sei.
Gestützt auf das Gutachten der SMAB sei aber gerade nicht von einer
Therapieresistenz auszugehen. Die Argumentation, man könne dies der
Beschwerdegegnerin nicht entgegenhalten, weil kein Mahn- und
Bedenkzeitverfahren durchgeführt worden sei, verletze Bundesrecht.

4. 

4.1. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit anhand der normativ vorgegebenen
Kriterien ist sowohl Aufgabe der begutachtenden Ärzte als auch der Organe der
Rechtsanwendung. Beide prüfen die Arbeitsfähigkeit je aus ihrer Sicht. Zunächst
erfolgt eine Folgenabschätzung aus medizinischer Warte. Diese bildet
anschliessend wichtige Grundlage für die juristische Beurteilung, welche
Arbeitsleistung der versicherten Person noch zugemutet werden kann (BGE 141 V
281 E. 5.2.1). Die Rechtsanwender prüfen dabei die medizinischen Angaben frei,
insbesondere daraufhin, ob die Ärzte sich an die massgebenden normativen
Rahmenbedingungen gehalten haben. Das heisst, ob sie ausschliesslich
funktionelle Ausfälle berücksichtigt haben, welche Folgen der gesundheitlichen
Beeinträchtigung sind (Art. 7 Abs. 2 ATSG), und ob die
versicherungsmedizinische Zumutbarkeitsbeurteilung auf objektivierter Grundlage
erfolgt ist (Art. 7 Abs. 2 ATSG). Auf diese Weise wird eine einheitliche und
rechtsgleiche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit gesichert (BGE 141 V 281 E.
5.2.2).

4.2. Leichte bis mittelgradige depressive Störungen rezidivierender oder
episodischer Natur fallen praxisgemäss einzig dann als invalidisierende
Krankheiten in Betracht, wenn sie erwiesenermassen therapieresistent sind
(statt vieler: BGE 140 V 193 E. 3.3). Nur in dieser - seltenen, da nach
gesicherter psychiatrischer Erfahrung Depressionen im Allgemeinen therapeutisch
gut angehbar sind - gesetzlich verlangten Konstellation ist den normativen
Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 ATSG für eine objektivierende Betrachtungs- und
Prüfungsweise Genüge getan (vgl. dazu auch BGE 141 V 281 E. 3.7.1). Ein solcher
Sachverhalt muss überwiegend wahrscheinlich und darf nicht lediglich nicht
auszuschliessen sein. Zudem muss die Therapie in dem Sinne konsequent gewesen
sein, als die aus fachärztlicher Sicht indizierten zumutbaren (ambulanten und
stationären) Behandlungsmöglichkeiten in kooperativer Weise optimal und
nachhaltig ausgeschöpft worden sind (BGE 140 V 193 E. 3.3, 137 V 64 E. 5.2).

5. 

5.1. Zu Recht unbestritten ist die im SMAB-Gutachten vom 10. Oktober 2013
diagnostizierte rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode
(ICD-10 F33.1). Wie die Vorinstanz ausführte, ist das Gutachten vollständig und
nachvollziehbar. Die Experten erklärten schlüssig, weshalb im
Gutachtenszeitpunkt die depressive Symptomatik im Vordergrund stehe, jedoch
keine Züge einer gemischten ängstlich-depressiven Störung mehr aufweise. Weiter
hielt das kantonale Gericht fest, die Diagnose einer somatoformen
Schmerzstörung sei gestützt auf das Gutachten zwar gerechtfertigt, da die
geklagten Beschwerden der Versicherten nicht erklärbar seien und psychosoziale
Belastungsfaktoren und eine dysfunktionale Schmerzverarbeitungsstörung eine
Rolle spielten, jedoch hätten die Gutachter richtigerweise daraus keine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gefolgert. Weiter fänden sich weder in der
Expertise noch in den anderen Berichten Hinweise, wonach es sich bei der
depressiven Störung um eine reaktive Begleiterkrankung der diagnostizierten
somatoformen Störung handle. Es seien die durch die Depression bedingen
psychischen Einschränkungen - deutliche Einschränkung der Affektregulation,
Psychomotorik und Antrieb - die die Arbeitsfähigkeit zu 50 % beeinträchtigten.

5.2. Entgegen den Ausführungen im vorinstanzlichen Entscheid ist bei
depressiven Störungen im mittelgradigen Bereich die invalidisierende Wirkung
besonders sorgfältig zu prüfen. Es darf nicht unbesehen darauf geschlossen
werden, eine solche Störung vermöchte eine voraussichtlich bleibende oder
längere Zeit dauernde (teilweise) Erwerbsunfähigkeit zu bewirken (Urteil 9C_484
/2012 vom 26. April 2013 E. 4.3.2.2; vgl. E. 6.4.2 hienach). Psychische
Störungen der hier interessierenden Art sind nur als invalidisierend zu werten,
wenn sie schwer und therapeutisch nicht (mehr) angehbar sind, was voraussetzt,
dass keine therapeutische Option mehr und somit eine Behandlungsresistenz
besteht (BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 299 f.). An der bundesgerichtlichen
Praxis, wonach leichte bis mittelschwere Störungen aus dem depressiven
Formenkreis in der Regel therapierbar sind und invalidenversicherungsrechtlich
zu keiner Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führen (vgl. Urteile 9C_836/2014
vom 23. März 2015, 9C_474/2013 vom 20. Februar 2014 E. 5.4, 9C_696/2012 vom 19.
Juni 2013 E. 4.3.2.1, 9C_250/2012 vom 29. November 2012 E. 5, 9C_736/2011 vom
7. Februar 2012 E. 4.2.2.1 sowie 9C_917/2012 E. 3.2 vom 14. August 2013) hat
BGE 141 V 281 nichts geändert. Selbst das kantonale Gericht anerkannte aufgrund
des Gutachtens eine fehlende Therapie-Compliance und einen fehlenden
Leidensdruck der Versicherten, da sie weder die Medikamente einnehme noch sich
psychiatrisch behandeln lasse. Weiter räumte die Vorinstanz einer möglichen
Behandlung Erfolgsaussichten ein, da die Gutachter von einer gesundheitlichen
Besserung des psychopathologischen Befundes bei entsprechender Therapie
ausgingen. Ausweislich der Expertise und der übrigen medizinischen Akten sowie
nach den insoweit zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz besteht
offensichtlich keine Therapieresistenz. Vielmehr handelt es sich um eine
mittelgradige Depression mit guten Chancen auf einen Behandlungserfolg, weshalb
kein invalidisierender Gesundheitsschaden besteht. Die Vorinstanz verletzte
Bundesrecht, indem sie die attestierte Arbeitsunfähigkeit ohne Anwendung der
normativen Rahmenbedingungen übernahm.

5.3. Zu korrigieren sind weiter die Ausführungen des kantonalen Gerichts,
wonach der Versicherten ihr Nichtbefolgen einer konsequenten antidepressiven
Therapie nicht entgegengehalten werden dürfe, da die Verwaltung kein Mahn- und
Bedenkzeitverfahren nach Art. 21 Abs. 4 ATSG durchgeführt habe. Es erkannte
damit nicht, dass das Kriterium der Behandelbarkeit nicht in Zusammenhang mit
der Therapiebereitschaft und einer allfälligen, damit einhergehenden Verletzung
der Mitwirkungspflicht der versicherten Person zu sehen ist, sondern mit dem
Gesundheitsschaden als solchen, beziehungsweise dem Schweregrad der psychischen
Störung. Gemäss E. 4.3.1.2 des BGE 141 V 281 gelten Behandlungserfolg oder
-resistenz bei somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren
psychosomatischen Leiden konsequenterweise als wichtige Schweregradindikatoren.
Den hier interessierenden leichten bis mittelschweren depressiven Erkrankungen
fehlt es dementsprechend, solange sie therapeutisch angehbar sind, an einem
hinreichenden Schweregrad der Störung, um diese als invalidisierend anzusehen.
Das Verhalten der versicherten Person spielt zu diesem Zeitpunkt insofern keine
massgebende Rolle. Im Rahmen der Schadenminderungspflicht wäre die Versicherte
zwar gehalten, das ihr Mögliche und Zumutbare vorzukehren. Nach der
Rechtsprechung gilt im Gebiet der Invalidenversicherung ganz allgemein der
Grundsatz, dass die invalide Person, bevor sie Leistungen verlangt, alles ihr
Zumutbare selber vorzukehren hat, um die Folgen einer Gesundheitsschädigung
bestmöglich zu mildern (BGE 113 V 22 E. 4a). Der in Art. 21 Abs. 4 ATSG
vorgesehene Kürzungs- bzw. Verweigerungstatbestand erfasst aber gerade erst ein
nach Eintritt des Versicherungsfalles liegendes Verhalten der versicherten
Person (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N. 133 zu Art. 21 ATSG).
Erst dann darf die Verwaltung im Rahmen der Schadenminderungspflicht und nach
Durchführung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens therapeutische Massnahmen
einfordern. Hat die Versicherte keinen Anspruch auf Leistungen der
Invalidenversicherung, weil sie an keinem invalidisierenden Gesundheitsschaden
leidet, greift das Mahn- und Bedenkzeitverfahren nicht. Denn es drohen ihr
nicht aufgrund eines zu sanktionierenden Fehlverhaltens Leistungen vorenthalten
zu werden, auf die sie ohne das ihr vorgeworfene Verhalten - hier die fehlende
Compliance hinsichtlich einer konsequenten Depressionstherapie - Anspruch
hätte. Dass ihr eine solche Therapie unzumutbar wäre, wird im Übrigen nicht
vorgebracht und ergibt sich auch nicht aus den Akten.

5.4. Unter diesen Umständen ist bei Fehlen einer therapieresistenten
invalidisierenden psychischen Störung kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren nach
Art. 7b Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 4 Satz 2 ATSG durchzuführen
(Urteil 8C_165/2016 vom 29. August 2016 E. 6). Das vorinstanzlich zitierte
Urteil 9C_391/2016 vom 4. November 2016 E. 3.4 führt zu keinem anderen Schluss.
Der diesem zu Grunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich insoweit vom
vorliegenden, als dort eine rentenbegründende Erkrankung vorlag (Angststörung,
Persönlichkeitsstörung, keine verselbstständigte Depression), weshalb eine
Verweigerung der Invalidenrente erst in Betracht kam, wenn sich die Versicherte
nach korrekt durchgeführtem Mahn- und Bedenkzeitverfahren gemäss Art. 21 Abs. 4
ATSG geweigert hätte, sich einer zumutbaren Psychopharmakatherapie zu
unterziehen. Unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil 9C_391/2016 wurde im
Urteil 9C_682/2016 vom 16. Februar 2017 in E. 3.2 sodann festgehalten, dass
eine Leistungsverweigerung oder -kürzung mit der Begründung, die Versicherte
schöpfe ihre Behandlungsressourcen nicht aus, ein Vorgehen nach Art. 21 Abs. 4
ATSG voraussetze. Diese Aussage kann nur im Zusammenhang mit einer
Gesundheitsschädigung gesehen werden, die einen hinreichenden Schweregrad
aufweist, um überhaupt invalidisierend zu sein, wobei dort eine anhaltende
wahnhafte Störung (ICD-10 Ziff. F22.0) und eine paranoide Schizophrenie (ICD-10
Ziff. F20.0) vorlagen. Dem entgegen ist hier kein Gesundheitsschaden mit
invalidenversicherungsrechtlich relevanter Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
gegeben, weshalb überhaupt kein Anspruch auf Rentenleistungen begründet werden
könnte, der bei fehlender Mitwirkung im Sinne einer Therapie der Verweigerung
oder Kürzung von Leistungen zugänglich wäre. Daher ergibt sich hieraus
ebenfalls nichts anderes. Die Vorinstanz verletzte demnach Bundesrecht, indem
sie ausführte, die Weigerung sich behandeln zu lassen, könne der
Beschwerdegegnerin mangels durchgeführtem Mahn- und Bedenkzeitverfahren nicht
angelastet werden. Die Beschwerde ist begründet.

6.

6.1. Mit dem Urteil in der Hauptsache wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um
Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.

6.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten von der
unterliegenden Beschwerdegegnerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2016 wird aufgehoben und die Verfügung der
IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 27. Februar 2014 bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 800.- werden
der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
zurückgewiesen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. April 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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