Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.599/2017
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_599/2017  
 
 
Urteil vom 14. März 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione. 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Laur, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
 
BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich, Obstgartenstrasse 21, 8006 Zürich. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich 
vom 13. Juni 2017 (IV.2015.01211). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1960 geborene A.________ war seit 1. Oktober 1999 im Umfang von 60 % als
Sachbearbeiterin tätig. Am 20. Dezember 2011 meldete sie sich unter Hinweis auf
ein Burnout durch Mobbing bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an.
Die IV-Stelle des Kantons Zürich nahm erwerbliche und medizinische Abklärungen
vor. Unter anderem gestützt auf ein durch die BVK Personalvorsorge Kanton
Zürich (BVK) in Auftrag gegebenes Gutachten der Frau Dr. med. B.________, FMH
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 3. September 2012, verneinte sie mit
Verfügung vom 22. August 2013 einen Leistungsanspruch. Die BVK sprach der
Versicherten zuvor mit Verfügung vom 14. Januar 2013 eine ganze Invalidenrente
nach BVG mit Wirkung ab 1. Januar 2013 zu. Die von der BVK und A.________ gegen
die Verfügung vom 22. August 2013 erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. Januar 2015
ab. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten hiess das Bundesgericht teilweise gut und hob den Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 2015 auf. Die
Sache wurde zu ergänzender Abklärung und neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Urteil 8C_150/2015 vom 6.
November 2015). 
 
B.   
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich holte in der Folge bei Dr.
med. C.________, Leitender Arzt, Psychiatrie D.________, ein Gerichtsgutachten
(vom 22. Juli 2016) mit ergänzenden Ausführungen vom 14. Februar 2017 ein. Mit
Entscheid vom 13. Juni 2017 wies das Gericht die Beschwerde abermals ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und der Verfügung
vom 22. August 2013 seien ihr die gesetzlichen Leistungen auszurichten;
insbesondere sei ihr ab 1. Juni 2012 eine ganz Invalidenrente zuzusprechen. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Versicherte
bekräftigt mit Eingabe vom 29. Januar 2018 ihren Antrag auf Zusprechung einer
ganzen Invalidenrente im Rahmen des gewährten rechtlichen Gehörs zu den
zwischenzeitlich ergangenen Urteilen 8C_841/2016 und 8C_130/2017 vom 30.
November 2017, je zur Publikation bestimmt. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (
Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art.
105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher
Tatsachen und die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG. Bei der konkreten
Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (Urteil 8C_590/2015 vom 24.
November 2015 E. 1, nicht publ. in BGE 141 V 585). 
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat sich zunächst unter Würdigung der Expertise des
Dr. med. C.________ vom 22. Juli 2016 (einschliesslich der Ausführungen vom 14.
Februar 2017) mit der gesundheitlichen Situation der Versicherten
auseinandergesetzt. Dr. med. C.________ habe eine nicht näher bezeichnete
Angststörung (ICD-10 F41.9) mit phobischen Anteilen und Panikattacken und eine
mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1) diagnostiziert. Zur
Arbeitsfähigkeit habe er ausgeführt, die Versicherte sei aufgrund der
Angststörung, die "nur schon beim Gedanken an jegliche Tätigkeit auf dem ersten
Arbeitsmarkt aktiviert" werde, vollständig arbeitsunfähig. Nachdem med. pract.
E.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Regionaler Ärztlicher
Dienst (RAD) der IV-Stelle, am 26. August 2016 zur Expertise Stellung genommen
hatte, ersuchte das kantonale Gericht Dr. med. C.________ um ergänzende
Ausführungen, die abermals seitens des RAD durch Frau Dr. med. F.________,
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, am 7. April 2017 gewürdigt
wurden. Der RAD sei - so das kantonale Gericht - zum Schluss gekommen, die
Diagnosen seien nicht nachvollziehbar. Auch das Gericht folgte dem Gutachten
nicht. Es führte dazu aus, auch wenn an der Verwertbarkeit des
Gerichtsgutachtens gewisse Zweifel bestünden, bedeute dies nicht ohne Weiteres,
dass ein neues Gutachten einzuholen sei, denn der Untersuchungsgrundsatz gelte
nicht schrankenlos. Es sei daher zu prüfen, wie es sich im Verfügungszeitpunkt
(August 2013) mit dem geklagten Gesundheitsschaden im Lichte der verfügbaren
Beurteilungselemente verhalte. Die Versicherte habe sich bis zum
Arbeitskonflikt im Jahr 2011 gemäss dem Gutachter auf sehr hohem kognitiven
Niveau ohne jedwelche Auffälligkeiten bewegt. Ihr Funktionsniveau und ihre
Ressourcen seien bis zu diesem Konflikt sehr hoch gewesen. Danach habe sie mit
einem klassischen Vermeidungsverhalten und zunehmenden funktionellen
Einschränkungen reagiert. Dr. med. C.________ habe festgehalten, der
dysfunktionale Bewältigungsversuch bestehe darin, "möglichst nur schon den
Gedanken an Arbeit zu vermeiden"; es handle sich um eine schwerstgradige,
pathologische, extreme existenzielle Angst, die sich initial auf alles, "was
mit Arbeit zu tun hat" bezogen und sich nun auf viele Bereiche des Lebens
ausgeweitet habe. Die Angststörung werde "nur schon beim Gedanken an jegliche
Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt aktiviert". Das kantonale Gericht führte
weiter aus, der im Jahr 2012 behandelnde Psychiater Dr. med. G.________,
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, habe die Beeinträchtigungen als
behandelbar eingestuft (Bericht vom 6. März 2012) und auch der Gutachter Dr.
med. C.________ habe die Notwendigkeit einer Behandlung unterstrichen. Die
Behandlungsoptionen seien indessen nicht ausgeschöpft, indem die Versicherte
die psychiatrische Behandlung im Jahr 2013 unter dem Eindruck, diese belaste
sie mehr als ihr gut tue, aufgegeben habe. Die Vorinstanz gelangte gestützt
hierauf zum Schluss, dass die dysfunktionale Bewältigung eines
Arbeitskonflikts, die sich im Verfügungszeitpunkt (August 2013) als eine
Aversion ausschliesslich gegen Erwerbsarbeit bei in den anderen Lebensbereichen
intaktem Funktionsniveau manifestiere, könne, nachdem diese als
behandlungswürdig und behandelbar eingestuft, jedoch nicht adäquat bzw.
genügend therapiert worden sei, keine versicherungsrelevante Beeinträchtigung
der Arbeitsfähigkeit begründen. Die IV-Stelle habe daher zu Recht einen
Anspruch auf Invalidenrente verneint.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt,
indem sie die Therapierbarkeit des Leidens als Ausschlussgrund für den Anspruch
auf IV-Leistungen angeführt habe, zumal auch kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren
nach Art. 21 Abs. 4 ATSG durchgeführt worden sei. Die Versicherte habe die
psychiatrische Therapie ferner nicht wegen des fehlenden Leidensdrucks oder
mangels eines Willens abgebrochen, sondern aus Angst, noch ernsthafter zu
erkranken, da ihrer Überzeugung nach die Therapie ihr mehr geschadet als
genutzt habe. Überdies seien die Auswirkungen einer depressiven Störung im
gesundheitlichen Gesamtkontext zu beurteilen. Die Vorinstanz habe in
willkürlicher Weise nicht auf das Gerichtsgutachten abgestellt. Dr. med.
C.________ habe eine schwerstgradige Angststörung und eine depressive Störung
diagnostiziert, wobei er übereinstimmend mit den medizinischen Vorakten
(Bericht des Dr. med. G.________ und lic. phil. H.________, Psychologe FSP, vom
6. März 2012 und Gutachten der Frau Dr. med. B.________ vom 3. September 2012)
festgestellt habe, dass die Versicherte bei der Vorstellung, sich den
Anforderungen einer Arbeitssituation zu stellen und dabei nicht zu genügen,
psychisch und kognitiv derart - mit Verlust der Affektkontrolle - dekompensiere
und blockiere, dass sie nicht mehr handlungsfähig sei. Bei Zweifel an der
Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen sei ferner nicht auf
Beweislosigkeit zu schliessen, sondern ein weiteres Gutachten einzuholen oder
bei der Gutachtensperson ergänzend nachzufragen. Die Vorinstanz habe weiter den
Aktenberichten des RAD gleiche Beweiskraft beigemessen wie dem
Gerichtsgutachten, was die bundesrechtlichen Regeln über die Beweiswürdigung
verletze und zu eine offensichtlich falschen Beweiswürdigung geführt habe,
vielmehr hätte sie auf das voll beweiskräftige Gerichtsgutachten abstellen
müssen.  
 
3.  
 
3.1. Im Raum steht die Frage, ob das vorinstanzlich eingeholte
Gerichtsgutachten des Dr. med. C.________ den Anforderungen an ein
beweiskräftiges Gutachten genügt, was die Beschwerdeführerin bejaht und die
IV-Stelle verneint hat. Die Vorinstanz stellte ebenfalls nicht darauf ab und
wich sowohl in der medizinischen Beurteilung der Leiden wie auch hinsichtlich
der daraus abgeleiteten Arbeitsunfähigkeit vom Gutachten ab.  
 
3.2. Das Gericht weicht bei Gerichtsgutachten nicht ohne zwingende Gründe von
der Einschätzung der medizinischen Experten ab, deren Aufgabe es ist, ihre
Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen, um einen
bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen. Ein Grund zum Abweichen kann
vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise widersprüchlich ist oder wenn ein vom
Gericht eingeholtes Obergutachten in überzeugender Weise zu anderen
Schlussfolgerungen gelangt. Eine divergierende Beurteilung kann ferner
gerechtfertigt sein, wenn gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer
Fachexperten dem Gericht als triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des
Gerichtsgutachtens in Frage zu stellen, sei es, dass es die Überprüfung durch
einen Oberexperten für angezeigt hält, sei es, dass es ohne Oberexpertise vom
Ergebnis des Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (BGE 125 V
351 E. 3b/aa S. 352 f. mit Hinweis; SVR 2015 UV Nr. 4 S. 13, 8C_159/2014 E.
3.2; Urteil 9C_278/2016 vom 22. Juli 2016 E. 3.2.3).  
 
3.3. In den Berichten des RAD werden triftige Gründe genannt, die die
Schlüssigkeit und Beweiskraft des Gerichtsgutachtens des Dr. med. C.________ in
Frage zu stellen vermögen, indem der Psychiater med. pract. E.________ im
Bericht vom 26. August 2016 zusammenfassend ausführte, dass sich das Gutachten
in der versicherungspsychatrischen Gesamtschau in der Bewertung der
biografischen Fakten unausgewogen, in der Darstellung des positiven
Funktionsbildes als unvollständig und bei den psychosozialen Belastungen als
undifferenziert erweise. Die daraufhin gerichtlich gestellten Ergänzungsfragen
beantwortete der Experte am 14. Februar 2017, ohne dass er die bestehenden
Unklarheiten ausräumen konnte, wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanz
ergibt. Sie erwog, der Gutachter habe offensichtlich die Lebensgeschichte und
Fakten selektiv, mit Blick auf deren Eignung, die gestellte Diagnose zu
belegen, angeführt. Die vom RAD-Arzt vorgenommene entgegengesetzte Würdigung
sei von mindestens ebenbürtiger Plausibilität. Gleiches gelte für die Frage, ob
die nach dem Arbeitskonflikt unternommenen Reisen als Fluchtreaktion und
pathologisches Vermeidungsverhalten die Beurteilung des Gutachters bestätigten,
oder ob sie nicht eher auf ein ausserhalb des Erwerbsbereichs unter Beweis
gestelltes beachtliches positives Funktionsniveau schliessen liessen. Auch sei
die ärztliche Kritik des RAD zutreffend, es würden im Gutachten detaillierte
Angaben zum Tagesverlauf fehlen, wobei bemerkenswert sei, dass die Versicherte
selbst nicht auf das später die Diagnose beherrschende Thema Angst zu sprechen
gekommen sei, die auch vorgängig in den medizinischen Berichten und Gutachten
nicht erwähnt worden sei. Angaben bezüglich Familienanamnese, Beziehungsfrage,
Freizeit/Hobbies sowie medizinische Massnahmen fänden sich verstreut und unter
anderen Titeln oder als beiläufige Bemerkung und seien in diesem Sinne nur
indirekt abgehandelt worden. Mit der RAD-Ärztin Dr. med. F.________ fehlten
Aussagen über Wohn- und finanzielle Verhältnisse, Beziehungsnetz/-gestaltung,
Ressourcen/Stärken, krankheitsspezifische Faktoren (Aggravation,
Selbstlimitierung) und über das Belastungsprofil. Des Weiteren ergibt sich aus
den vorinstanzlichen Erwägungen, dass auch die diagnostischen Überlegungen des
Dr. med. C.________ zumindest insoweit nicht nachvollziehbar sind, als er zum
Schluss gelangte, dass aufgrund des hohen Funktionsniveaus vor der
Dekompensation keine Persönlichkeitsstörung vorgelegen haben könne, es sich
aber de facto um eine Störung aus dem Persönlichkeitsbereich handle, was aber
gemäss ICD-10-Klassifikationssystem "nicht direkt" kodiert werden könne,
weshalb "gleichsam eine Übersetzung" der Diagnose notwendig sei. Dass dieser
Argumentation nicht gefolgt werden kann, legte Frau Dr. med. F.________
schlüssig dar, da das ICD-10-Klassifikationssystem entweder eine
Persönlichkeitsstörung oder aber akzentuierte Persönlichkeitszüge kenne. Diese
in wesentlichen Teilen nicht nachvollziehbaren Feststellungen im
Gerichtsgutachten sind bedeutsam für die rechtliche Würdigung der
fachärztlichen Einschätzung einer psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit von
100 % nach Massgabe von BGE 141 V 281. Auf ein nicht schlüssiges
Gerichtsgutachten darf das Gericht in seiner Beweiswürdigung nicht abstellen.
Hier liegen gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen oder Indizien vor, die
die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Es ist willkürlich,
wenn das Gericht der Expertise weder in Bezug auf den medizinischen Sachverhalt
noch hinsichtlich der daraus abgeleiteten Arbeitsunfähigkeit folgt, aber
einzelne Feststellungen im Gutachten heranzieht, um hieraus eigene
Schlussfolgerungen zu ziehen und sich somit dennoch in rechtserheblicher Weise
auf die Darlegungen im Gutachten abstützt, um einen invalidisierenden
Gesundheitsschaden zu verneinen (vgl. BGE 129 I 49 E. 4 S. 57 f.). Die
Expertise erlaubt es aufgrund der aufgezeigten Mängel nicht, das tatsächlich
erreichbare Leistungsvermögen der Versicherten aus rechtlicher Sicht
einzuschätzen. Bei dieser Sach- und Rechtslage wäre das kantonale Gericht
vielmehr gehalten gewesen, in Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes, ein
neues psychiatrisches Gerichtsgutachten einzuholen, das sich zu den psychischen
Leiden der Versicherten und deren funktionellen Auswirkungen nach den Vorgaben
von BGE 141 V 281 äussert (vgl. dazu die erwähnten Urteile 8C_130/2017 und
8C_841/2016 vom 30. November 2017). Beweislosigkeit liegt namentlich erst dann
vor, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes
anhand einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die
Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 138 V 218
E. 6 S. 221; 117 V 261 E. 3b S. 264 mit Hinweis). Bei der gegebenen Aktenlage
kann nicht gesagt werden, es seien bereits alle Möglichkeiten fachgerechter
Exploration ausgeschöpft worden (vgl. BGE 140 V 290 E. 4.1 S. 296). Die Sache
ist demnach zur Ergänzung des Sachverhalts im Sinne des soeben Dargelegten und
zu neuem Entscheid über die Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
 
4.   
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung oder an die Vorinstanz zu erneuter
Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der
Gerichtskosten als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1
BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im
Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235;
Urteil 9C_405/2015 vom 18. Januar 2016 E. 6.1 mit Hinweisen, nicht publ. in:
BGE 142 V 58, aber in: SVR 2016 IV Nr. 9 S. 26). Damit wird die
Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren kostenpflichtig. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Juni 2017 wird
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der BVK Personalvorsorge des Kantons Zürich,
dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 14. März 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben