Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.546/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_546/2017  
 
 
Urteil vom 27. Februar 2018  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione. 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 15. Juni 2017 (IV.2016.00823). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ meldete sich am 7. März 2006 unter Hinweis auf Schmerzen und
eine Depression bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach
Beizug der Unfallakten sowie weiteren beruflich-erwerblichen und medizinischen
Abklärungen veranlasste die IV-Stelle des Kantons Zürich eine Begutachtung bei
Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Gutachten vom
22. September 2006). Mit Verfügung vom 7. Februar 2006 sprach ihr die IV-Stelle
eine ganze Invalidenrente (samt Kinderrenten) ab dem 1. Oktober 2005 zu.  
 
A.b. Anlässlich einer von Amtes wegen durchgeführten Revision ordnete die
IV-Stelle im September 2008 eine polydisziplinäre Begutachtung beim
medizinischen Zentrum Römerhof (MZR) an. Die IV-Stelle sistierte in der Folge
die laufende Rente, nachdem eine Strafuntersuchung gegen A.________ u. a. wegen
Widerhandlung gegen Art. 70 IVG in Verbindung mit Art. 87 AHVG zum Nachteil der
IV-Stelle eingeleitet worden war (Verfügung vom 3. Dezember 2008). Nachdem das
Bezirksgericht Zürich A.________ vom Verdacht des mehrfachen Betrugs und der
mehrfachen Urkundenfälschung freigesprochen hatte (Entscheid vom 26. August
2009) und das Obergericht auf eine dagegen geführte Berufung der Verwaltung
nicht eingetreten war (Beschluss vom 20. Januar 2010), richtete die IV-Stelle
die Invalidenrente weiter aus. Die vorgesehene Begutachtung am MZR fand nicht
statt.  
 
A.c. Im Rahmen einer weiteren revisionsweisen Überprüfung der Invalidenrente im
Jahr 2011 liess die IV-Stelle A.________ bei der Ärztlichen
Begutachtungsinstitut (ABI) GmbH, Basel, allgemeininternistisch, psychiatrisch,
orthopädisch und neurologisch begutachten (Expertise vom 16. Mai 2012). Mit
Vorbescheid vom 14. August 2012 sah die Verwaltung die Einstellung der
Invalidenrente vor, worauf die Versicherte u. a. ein Parteigutachten des Dr.
med. C.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, einbrachte.
Die Verwaltung liess A.________ nochmals polydisziplinär begutachten (Expertise
der Swiss Medical Assessment and Business-Center [SMAB] AG, St. Gallen, vom 7.
Juli 2015). Mit Verfügung vom 28. Juni 2016 stellte die IV-Stelle die bis dahin
ausgerichteten Rentenleistungen ein, da sie gestützt auf die medizinischen
Abklärungen seit 1. Dezember 2009 in ihrer angestammten Tätigkeit als
Verkäuferin/Kassiererin vollständig arbeitsfähig sei.  
 
B.   
Die dagegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 15. Juni 2017 ab. 
 
C.   
A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei ihr in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids die
bisherige Invalidenrente weiterhin auszurichten. Überdies seien ihr die Kosten
für das Gutachten des Dr. med. C.________ in der Höhe von Fr. 6'918.-
zurückzuerstatten. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG
; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist
aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde ans Bundesgericht zu prüfen, ob der
angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell-
und beweisrechtlichen Grundlagen (u.a.) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht die Verfügung vom 28.
Juni 2016, wonach kein Rentenanspruch mehr besteht, bestätigte. 
 
3.  
 
3.1.  
 
3.1.1. Die Vorinstanz erkannte dem polydisziplinären SMAB-Gutachten vom 7. Juli
2015 vollen Beweiswert zu. Gestützt darauf bestehe aus somatischer Sicht ohne
Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit ein panvertebrales Schmerzsyndrom mit/bei
rumpfmuskulärem Globaldefizit, anamnestisch Status nach Dekompression und
Spondylodese L5/S1 am 12. Juni 2013, im aktuellen Verlaufs-MRI der BWS und LWS
vom 7. April 2015 beschriebenen mehrfachen Hämangiom-Wirbel insbesondere Th9,
im operierten Segment L5/S1 regelrechten Verhältnissen ohne Neurokompression.
Diagnostiziert seien ferner akzentuierte histrionische Wesenszüge ohne Hinweise
für eine krankhafte Persönlichkeitsstörung, ein Status nach fraglicher Commotio
cerebri und fraglicher Distorsion der HWS am 27. Oktober 2004, Kopfschmerzen
unklarer Ätiologie, DD: vasomotorisch, psychogen, bei Medikamentenübergebrauch,
Übergewicht sowie Status nach Hysterektomie 2012. Die Gutachter würden weiter
ausführen, einer Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit entgegenstehende
somatische Befunde seien nicht gegeben, Unfallfolgen würden keine mehr
vorliegen. Die Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit als Kassiererin
sei aus gutachtlicher Sicht nicht eingeschränkt. Auch andere leichte,
rückenadaptierte Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen seien vollständig zumutbar.
Die psychiatrische Gutachterin Frau Dr. med. D.________ habe ferner auf
Inkonsistenzen in der gesamten Befunderhebung hingewiesen und histrionische,
dramatisierende Elemente, die keiner affektiven Erkrankung entsprechen würden,
festgestellt und ausgeführt, eine somatoforme Schmerzstörung könne nicht
diagnostiziert werden, da es dafür an den psychodynamisch relevanten
tiefenpsychologischen Kriterien mangle. Das SMAB-Gutachten stimme überdies, so
die Vorinstanz, mit den Ergebnissen im Gutachten des ABI vom 16. Mai 2012
überein. Selbst bei Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung ändere sich im
Lichte der diesbezüglich nach BGE 141 V 281 beachtlichen Standardindikatoren
nichts an der ab Mai 2012 bestehenden 100%-igen Arbeitsfähigkeit.  
 
3.1.2. Die Vorinstanz bejahte einen Revisionsgrund (Art. 17 Abs. 1 ATSG), da
die SMAB-Gutachter dargelegt hätten, dass die im Zeitpunkt der Vorbegutachtung
durch Dr. med. E.________ diagnostizierte mittelgradige agitierte depressive
Episode mit somatischem Syndrom und Angstattacken in Übereinstimmung mit dem
ABI-Gutachten zwischenzeitlich remittiert sei.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin vermag nicht darzutun, inwiefern diese
Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unrichtig (unhaltbar, willkürlich)
sein sollen (E. 1). Was sie dagegen vorbringt, beschränkt sich im Wesentlichen
auf die Darlegung ihrer eigenen, von der Vorinstanz abweichenden
Beweiswürdigung und Schilderung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse, was nicht
genügt (BGE 140 V 405 E. 4.1 S. 414). Nicht nachvollziehbar ist namentlich der
Einwand, das psychiatrische Gutachten der SMAB sei nicht verwertbar, weil es
absolut mangelhaft ausgefallen sei, indem es die psychische Problematik
schlicht negiere; die beobachteten Verhaltensauffälligkeiten würden als
irrelevant abgetan. Die Expertin äusserte sich vielmehr eingehend in
Auseinandersetzung mit den Vorakten und der erhobenen Befundlage zu den
psychischen Beschwerden. Sie begründete nachvollziehbar, weshalb sie
insbesondere weder eine somatoforme Schmerzstörung, noch ein depressives Leiden
oder eine posttraumatischen Belastungsstörung feststellen konnte. Wie die
Beschwerdeführerin weiter selbst angibt, sah die Expertin die beschriebenen
akzentuierten histrionischen und dramatisierenden Wesenszüge als nicht
krankheitswertig und als damit ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit an, wobei
sie auf zahlreiche Inkonsistenzen im Verhalten hinwies. Damit bedurfte es auch
keiner weiteren Ausführungen zum zeitlichen Verlauf oder zur Frage, ob dieses
Verhalten bewusstseinsnah oder -fern sei, wie gerügt wird. Soweit die
Versicherte erneut bemängelt, Frau Dr. med. D.________ habe fehlerhaft
festgehalten, Dr. med. C.________ habe eine posttraumatische Belastungsstörung
diagnostiziert, stellte die Vorinstanz willkürfrei fest, die Gutachterin habe
lediglich bemerkt, dass diese Diagnose auch in der Expertise des Dr. med.
F.________ erwähnt werde. Nicht durchzudringen vermögen schliesslich die
Vorbringen zum Bericht der G.________, vom 13. Januar 2017. Soweit er nicht
einen nach Erlass der Verfügung vom 28. Juni 2016 eingetretenen Sachverhalt
betrifft, hat die Vorinstanz in bundesrechtskonformer Beweiswürdigung die
Gründe dargelegt, weshalb dieser ärztliche Bericht mit der Diagnose einer
fraglichen Pseudoarthrose L5/S1 nicht geeignet ist, den Beweiswert des
SMAB-Gutachtens in orthopädischer Hinsicht zu schmälern, nachdem der
operierende Dr. med. H.________, Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie,
spezialisiert auf Wirbelsäulenchirurgie, am 8. Mai 2015 stabile Verhältnisse
festgestellt und eine Pseudoarthrose mit grosser Wahrscheinlichkeit aufgrund
der neu angefertigten Magnetresonanzbilder ausgeschlossen hatte, worauf auch
der begutachtende Dr. med. I.________, Facharzt für Orthopädie und
Traumatologie, bereits hinwies. Anhaltspunkte für eine massgebliche
Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt der Rentenaufhebung vermag die Beschwerdeführerin
nicht zu liefern. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit Abstellen auf das
SMAB-Gutachten ist in allen Teilen bundesrechtskonform. Das kantonale Gericht
durfte demnach auch auf weitere Abklärungen ohne Verletzung des rechtlichen
Gehörs verzichten und von einer revisionsrechtlich relevanten Verbesserung des
Gesundheitszustands in psychischer Hinsicht ausgehen.  
 
4.   
Damit bleibt es bei der vorinstanzlich festgestellten vollständigen
Arbeitsfähigkeit ab Mai 2012 für die angestammte Tätigkeit als Mitarbeiterin im
Verkauf wie auch für eine andere leidensangepasste Tätigkeit, womit kein
invalidisierender Gesundheitsschaden mehr vorliegt. Es hat demzufolge beim
angefochtenen Entscheid sein Bewenden. 
 
5.   
Dies gilt auch in Bezug auf die Kosten des Privatgutachtens des Dr. med.
C.________ vom 14. Oktober 2013. Die Ausführungen im Gutachten waren nach dem
Gesagten für die Beurteilung des Streitgegenstandes weder erforderlich noch
entscheidrelevant. Das kantonale Gericht verneinte daher zu Recht eine
massgebende Bedeutung der Expertise mit Anspruch auf entsprechende
Kostenvergütung (Art. 61 lit. g ATSG). 
 
6.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 27. Februar 2018 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla 

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