Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.530/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
8C_530/2017  
 
 
Urteil vom 19. Dezember 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Fritz Dahinden, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.
Gallen 
vom 24. Juli 2017 (UV 2016/48). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1961, war als Geschäftsführer der Einzelfirma B.________
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von
Unfällen versichert, als er am 12. Dezember 2014 einen Unfall meldete, der sich
an demselben Tag ereignet hatte. Die Suva erbrachte die gesetzlichen
Leistungen. Mit Verfügung vom 18. März 2015, bestätigt mit Einspracheentscheid
vom 1. Juni 2015, lehnte die Suva ihre Leistungspflicht für das nicht
unfallkausale Nierenleiden ab, bejahte sie jedoch für die geklagten
Ellbogenbeschwerden; A.________ liess dagegen Beschwerde erheben. Am 29. Mai
2015 hatte A.________ die Suva über den Behandlungsabschluss und seine volle
Arbeitsfähigkeit per 1. Juni 2015 informiert, teilte aber bereits am 19. Juni
2015 eine Verschlechterung seit Erfüllung des vollen Arbeitspensums mit. Mit
Verfügung vom 14. Januar 2016, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 13. Juni
2016, lehnte die Suva ihre Leistungspflicht bezüglich der Ellbogenbeschwerden
ab    28. April 2015 ab, verzichtete aber auf eine Rückforderung der danach
erbrachten Leistungen. 
 
B.   
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 24. Juli 2017 gut, hob den Einspracheentscheid vom
13. Juni 2016 auf und verpflichtete die Suva, A.________ vom 15. Januar bis 29.
Februar 2016 Taggelder bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % sowie die
Heilbehandlung für die Zeit von 15. Januar bis 8. April 2016 auszurichten. 
 
C.   
Die Suva führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben. 
A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde, eventualiter auf Rückweisung der
Sache an die Suva oder die Vorinstanz zu weiteren medizinischen Abklärungen,
schliessen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an    (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig ist, ob die Vorinstanz zu Recht unter Aufhebung des
Einspracheentscheids vom 13. Juni 2016, die Suva verpflichtet hat, dem
Versicherten vom 15. Januar bis 29. Februar 2016 Taggelder bei einer
Arbeitsunfähigkeit von 50 % sowie die Heilbehandlung für die Zeit vom 15.
Januar bis 8. April 2016 auszurichten. 
 
3.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über das anwendbare Recht
(Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015,
AS 2016 4375, 4387), den Unfallbegriff (Art. 4 ATSG) und die
Leistungsvoraussetzung des natürlichen Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E.
3.1 S. 181 mit Hinweisen), namentlich bei Dahinfallen der kausalen Bedeutung
einer unfallbedingten Ursache (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 45; 1994 Nr. U 206 S.
326      E. 3b), zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die allgemeinen
beweisrechtlichen Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E.
5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), speziell bei versicherungsinternen Ärzten
(BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 469). Darauf wird verwiesen. 
Anzufügen bleibt, dass nach der Rechtsprechung bei Berichten von Hausärzten und
behandelnden Fachärzten zu berücksichtigen ist, dass diese sich in erster Linie
auf die Behandlung konzentrieren, in einem auftragsrechtlichen Verhältnis zum
Patienten stehen und im Zweifelsfall deshalb eher zu Gunsten ihrer Patienten
aussagen (BGE 135 V 465 E. 4.5 S. 470). Dennoch kann nicht auf eine Beurteilung
einer versicherungsinternen Fachperson abgestellt werden, wenn diese durch
einen begründeten und nachvollziehbaren Bericht eines behandelnden Arztes in
Zweifel gezogen wird (BGE 135 V 465 E. 4.6 S. 471). 
 
4.   
Zum Ereignis vom 12. Dezember 2014 finden sich in den Akten verschiedene
geschilderte Abläufe. 
 
4. In der Unfallmeldung vom 12. Dezember 2014 wird der Unfallhergang wie folgt
geschildert:  
 
"Boden reinigen, vorbereiten zum Bodenlegen. Beim Treppen hinunter gehen,
Fehltritt mit Zwick in den Rücken. So starke Schmerzen, dass ich kaum gehen
konnte. Mein Vater hat mich in Gossau mit dem Auto geholt und in die Klinik
C.________ gebracht." 
 
4. Im ersten Bericht der erstbehandelnden Klinik C.________ vom 12. Dezember
2014 wird festgehalten, der Patient komme mit akuten Schmerzen im LWS-Bereich
nach einem falschen Treppentritt vor einer Stunde, wobei keine Ausstrahlung in
die Beine vorliege. Im zweiten Bericht vom 12. Dezember 2014 vermerkte die
Klinik, der Versicherte sei - wie bereits am Morgen - erneut wegen starken
Rückenschmerzen gekommen, welche er seit einem Vertreten auf der Treppe habe,
und diagnostizierte eine akute Lumbalgie; die klinische Untersuchung und das
Röntgenbild am Morgen seien unauffällig gewesen und nach der analgetischen
Behandlung sei es ihm anfänglich besser gegangen, bis er Magenkrämpfe bekommen
und erbrochen habe. Im Bericht vom 13. Dezember 2014 wird ein Nieren-infarkt
rechts mit akuter Niereninsuffizienz und anamnestisch und klinisch keine
Thrombus/Embolieprädisposition sowie ein Status nach schwerem Schädelhirntrauma
als Kind diagnostiziert. Der Patient sei am 13. Dezember 2014 nach erstmaliger
Konsultation am 12. Dezember 2014, wozu auf den separaten Bericht verwiesen
werde, mit stärksten Schmerzen und Übelkeit in die Notaufnahme gekommen. Die
Schmerzangabe betreffe bei der aktuellen Konsultation den Bereich der rechten
Flanke und des Unterbauchs. Zur weiteren Diagnostik und Therapie werde der
Versicherte in die nephrologische Klinik des Spitals D.________ überwiesen.  
 
4. Im Austrittsbericht vom 22. Dezember 2014 diagnostizierte das Spital
D.________, wo sich der Versicherte vom 13. bis 19. Dezember 2014 stationär
aufgehalten hatte, einen akuten Niereninfarkt rechts am 12. Dezember 2014 bei
Nierenarteriendissektion, eine Niereninsuffizienz KDIGO G2, einen sporadischen
Herpes Zoster, eine Hypercholesterinämie und einen Katarakt links. Der
Versicherte habe vor einem Jahr einen schweren Sikunfall erlitten; es sei zu
einem stumpfen Bauch-/Flankentrauma gekommen. Vor einer Woche habe er auf der
Treppe einen Fehltritt gemacht, sich aber noch abfangen können und sei dabei
mit der Flanke an eine Wand geprallt; fünf Minuten danach sei es zu stärksten
Flankenschmerzen rechtsseitig und Übelkeit mit Erbrechen gekommen. Es sei in
der Folge eine zweimalige Vorstellung in der Klinik C.________ erfolgt, wo er
mit Verdacht auf Lumbago und analgetischer Therapie entlassen worden sei. Bei
Persistenz der Schmerzen, welche nicht mit einem Wirbelsäulentrauma zu erklären
gewesen seien und klinischem Verdacht auf Appendizitis habe ein Abdomen CT
einen Niereninfarkt rechts sowie den Verdacht auf einen Thrombus in der rechten
Nierenarterie ergeben. Der Versicherte solle in den nächsten sechs bis acht
Wochen nach Entlassung keine Lasten von mehr als 10 kg heben, um eine lokale
Belastung und Druckanstieg zu verhindern, und sei bis 31. Januar 2015 voll
arbeitsunfähig.  
 
4. Am 18. Februar 2015 schilderte der Versicherte gegenüber dem
Aussendienstmitarbeiter der Suva das Unfallgeschehen vom 6. Dezember 2013 als
Skiunfall, als er im Tiefschnee unterwegs gewesen sei und plötzlich beide Skis
wegen der Schneebeschaffenheit gestoppt hätten und er nach vorne aus den
Bindungen katapultiert worden und auf einer eisigen Stelle aufgeprallt sei. Am
12. Dezember 2014 sei er während der Arbeit eine Treppe hinuntergegangen; aus
unerklärlichen Gründen sei er irgendwie ins Straucheln geraten und habe
gedroht, zwei bis drei Stufen hinunter zu stürzen. Er habe aber einen Sturz
gerade noch verhindern können, indem er sich unterhalb der Treppe an einer Wand
seitlich abgefangen habe. Er sei dabei mit angelegtem rechtem Arm seitlich
gegen die Wand geprallt (= Körper nach links abgedreht und mit rechtem Arm und
rechter Flanke gegen Wand). Im Rahmen der Spitalbehandlung seien an seinem
rechten Arm im Bereich des Ellbogens diverse Nadelstiche gesetzt worden, meist
um Blutentnahmen durchzuführen. Im Laufe der Zeit habe er dann
belastungsabhängige Beschwerden im Bereich des rechten Ellbogens gespürt, wegen
welcher er nun bei Dr. med. E.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie
und Traumatologie des Bewegungsapparates, Orthopädie F.________, abgeklärt
werde. Die Beschwerden im rechten Ellbogen seien nach wie vor vorhanden; er
werde gleichentags noch von Dr. med. E.________ untersucht. Beim Unfall vom 12.
Dezember 2010 sei seine rechte Schulter betroffen gewesen und er sei damals von
Dr. med. E.________ operiert worden; danach sei es ihm ausgezeichnet gegangen
und es seien auch Sportarten wie Badminton wieder problemlos möglich gewesen.
Die aktuellen Ellbogenbeschwerden stünden für ihn nicht in einem Zusammenhang
mit dem damaligen Unfall. Zwar habe er aktuell auch ein leichtes Ziehen in der
rechten Schulter verspürt, dies sei jedoch im Rahmen der Ellbogenbeschwerden zu
vernachlässigen. Auf Grund der vielen Schmerzmedikamente habe er den
Ellbogenbeschwerden anfänglich nicht so grosse Bedeutung beigemessen, erst nach
den diversen Blutentnahmen und der mehrheitlichen Ruhestellung des rechten
Armes sowie Absetzung der Schmerzmedikamente seien diese Beschwerden in den
Vordergrund getreten. Ein Zusammenhang mit dem Unfall von 2010 sei aber
auszuschliessen.  
 
4. Dr. med. E.________ diagnostizierte in seinem Bericht vom 4. März 2015 eine
posttraumatische Epikondylitis humeri radialis und hielt als Unfallhergang was
folgt fest:  
 
"Am 12.12.2014 bei der Arbeit auf Treppe gestürzt und mit Schulter und vor
allem Ellbogen an Wand angeprallt. Schmerzen im gesamten Oberarm. Gleichzeitig
auch Kontusion der Flanke.... Nachwievor vor allem Ellbogenschmerzen. Diese
sind bis dato persistent und stören beim Heben von Lasten. Schmerzen am
Ellbogen lateral am Epikondylus mit Ausstrahlung in den Vorderarm." 
Seinen Berichten vom 10. April 2015 und vom 29. April 2015 sind keine weiteren
Angaben über den Geschehensablauf zu entnehmen. 
 
4. In der Einspracheergänzung vom 30. April 2015 liess der Versicherte durch
seinen Rechtsvertreter ausführen, er sei ausserdem an einem Mauerknick
unterhalb der Treppe aufgeprallt; dieser Anprall am Mauerknick sei rechtsseitig
erfolgt.  
 
4. Frau Dr. med. G.________, Fachärztin für orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates, Orthopädie F.________, machte in ihrem
ersten Bericht vom 11. Mai 2015 keine Ausführungen zum Unfallhergang, sondern
ging ohne Weiteres davon aus, dass der schmerzhafte Ellbogen Folge des
Ereignisses vom 12. Dezember 2014 sei. Ihren Berichten vom 8. Juni 2015, vom
24. Juli 2015, vom 1. September 2015, vom 23. Dezember 2015 sind keine Aussagen
zum Ablauf des Geschehens zu entnehmen. Einzig in jenem vom 25. Januar 2016 an
die Suva hielt sie fest, der Versicherte gebe an, die Schmerzen im Ellbogen
seien nach einer Prellung am 12. Dezember 2014 zustande gekommen und die
Beschwerden seien immer stärker geworden; sie äusserte sich jedoch nicht aus
ärztlicher Sicht zu dieser Annahme des Versicherten. Im Schreiben vom 25.
Januar 2016 an den Rechtsvertreter des Versicherten machte sie keine
Ausführungen zum Unfallhergang und konstatierte einzig, die Restbeschwerden
seien auf das Ereignis vom 12. Dezember 2014 zurückzuführen, da keine anderen
Ursachen erkennbar seien.  
 
4.3. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das
Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem
Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht gilt, soweit das Gesetz
nicht etwas Abweichendes vorsieht, der Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360). Bei sich widersprechenden
Angaben der versicherten Person über den Unfallhergang ist auf die Beweismaxime
hinzuweisen, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in
der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere Darstellungen, die
bewusst oder unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher
oder anderer Art beeinflusst sein können. Wenn die versicherte Person ihre
Darstellung im Laufe der Zeit wechselt, kommt den Angaben, die sie kurz nach
dem Unfall gemacht hat, meistens grösseres Gewicht zu als jenen nach Kenntnis
einer Ablehnungsverfügung des Versicherers (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47 mit
Hinweisen). Der Grundsatz, wonach die ersten Aussagen nach einem schädigenden
Ereignis in der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere
Darstellungen, stellt eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu
berücksichtigende Entscheidungshilfe dar. Sie kann nur zur Anwendung gelangen,
wenn von zusätzlichen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind
(RKUV 2004 Nr. U 524 S. 546 f., U 236/03 E. 3.3.4; Urteile 8C_196/2017
vom      28. Juli 2017 E. 4.2 und 8C_637/2016 vom 13. Dezember 2016         E.
3.2).  
 
4.4. Bei einer Gesamtbetrachtung der wiedergegebenen Abläufe des Ereignisses
vom 12. Dezember 2014 fällt auf, dass anfänglich nur von Schmerzen im Rücken
(Unfallmeldung vom 12. Dezember 2014) resp. im LWS-Bereich (Berichte der Klinik
C.________ vom 12. Dezember 2014) die Rede war. Im Austrittsbericht des Spitals
D.________ vom 22. Dezember 2014 wird erwähnt, der Versicherte habe den
drohenden Sturz auffangen können und sei dabei mit der Flanke an die Wand
geprallt. Anlässlich der Besprechung mit dem Aussendienstmitarbeiter vom 18.
Februar 2015 wird erstmals ein Abfangen mit Auswirkungen in den Ellbogen
geltend gemacht. In diesem Zusammenhang spricht der Versicherte auch von
mehreren Nadelstichen zur Blutentnahme in der Region des rechten Ellbogens und
dass er in der Folge belastungsabhängige Schmerzen verspürt habe. Im Rahmen der
Einspracheergänzung vom 30. April 2015 werden dann weitere Details (Mauerknick)
nachgereicht, die den Hergang des Ereignisses immer dramatischer erscheinen
lassen. Insbesondere wird ursprünglich kein Anprall an der Wand und auch dieser
zuerst in Zusammenhang mit der Flanke und nicht mit dem Ellbogen geschildert.
Bei beidem - wie auch beim erst Monate später erwähnten Mauerknick, an welchem
der Anprall letztlich stattgefunden haben soll - handelt es sich jedoch um
derart augenfällige Umstände im Ablauf des Geschehens, dass nicht
nachvollziehbar ist, weshalb sie nicht bereits zu Beginn erwähnt wurden. Daran
ändert auch der Einwand nichts, der Versicherte habe angesichts der im
Vordergrund stehenden Nierenproblematik die Schmerzen im Ellbogen gar nicht
wahrgenommen. Ebenso unbehelflich ist der Einwand, der Versicherte habe die
Unfallmeldung nicht selbst verfasst, zumal diese in der "Ich"-Form verfasst
ist. Denn auch gegenüber den Ärzten der erstbehandelnden Klinik C.________ hat
der Versicherte anlässlich dreier Konsultationen einen anderen Unfallhergang
geschildert, als er nunmehr geltend machen will; es ist nicht davon auszugehen,
dass gleich mehrere Ärzte trotz anderslautender Aussagen des Versicherten einen
unzutreffenden Ablauf festgehalten haben.  
 
4.5. Nach dem Gesagten erachtet das Bundesgericht es entgegen der Vorinstanz
nicht als erwiesen, dass der Versicherte am 12. Dezember 2014 mit dem rechten
Ellbogen gegen die Wand geprallt ist. Somit ist der in der Unfallmeldung vom
12. Dezember 2014 dargelegte Ablauf der massgebende. Nachdem die Suva aber
anfänglich die Leistungspflicht für die Ellbogenbeschwerden anerkannte, bleibt
zu prüfen, ob gestützt auf die medizinischen Akten und ausgehend davon, dass
kein wesentlicher Anprall des Ellbogens am 12. Dezember 2014 stattgefunden hat,
eine über den 14. Januar 2016 hinausgehende Leistungspflicht für die
Ellbogenbeschwerden besteht.  
 
5.  
 
5.1. Für die medizinische Beurteilung sind die folgenden Berichte zu
berücksichtigen:  
 
5.1.1. Dr. med. E.________ diagnostizierte in seinem Bericht vom 4. März 2015
eine posttraumatische Epikondylitis humeri radialis und geht dabei von einem
Anprall des Versicherten am 12. Dezember 2014 mit seinem rechten Ellbogen an
der Wand aus.  
 
5.1.2. Frau med. pract. H.________, Fachärztin für Chirurgie, Kreisärztin,
Suva, kam am 17. März 2015 zum Schluss, betreffend die Epicondylitis sei die
Unfallkausalität überwiegend wahrscheinlich, da der Versicherte ein
Anpralltrauma an die Wand beschreibe; anfänglich sei zwar keine Behandlung
erfolgt und echtzeitlich seien auch keine Hämatome, Schwellungen etc.
beschrieben.  
 
5.1.3. Frau Dr. med. I.________, Fachärztin für Radiologie, Radiologie
K.________, hielt in ihrer Beurteilung vom 28. April 2015 zum gleichentags
erstellten MRI des rechten Ellbogens fest, es liege eine mässige Epikondylitis
humeri radialis mit Reizzustand der myxoid imponierenden gemeinsamen
Extensorsehnenaponeurose, Reizzustand des Ligamentum collaterale radii und der
angrenzenden Plica vor; zudem sei ein fibrovaskuläres Reizgewebe in Regio der
Bursa olecrani als mögliches Korrelat einer abgelaufenen aktuell nicht floride
entzündlich veränderten Bursitis olecrani bei diskreten Insertionstendinose und
minimaler Insertionstendinose bei ansonsten regelhafter MRI-Befund des rechten
Ellbogengelenkes, insbesondere auch keine traumaassozierte Fraktur/bone bruise
resp. Chondropathie gegeben.  
 
5.1.4. Frau Dr. med. G.________ diagnostizierte am 11. Mai 2015 eine
Epikondylitis humeri radialis rechts sowie ein leichtes Supinatorlogen-Syndrom
rechts; dabei ging sie davon aus, dass der Versicherte nach seinem Unfall vom
12. Dezember 2014 auch einen schmerzhaften Ellbogen gehabt habe, der anfänglich
nicht im Vordergrund gestanden sei. In der Folge behandelte sie den
Versicherten mittels Infiltrationen. In ihrem Schreiben vom 25. Januar 2016
verneinte Frau Dr. med. G.________ das Vorliegen eines Vorzustands oder
degenerativer Erkrankungen ohne dies zu begründen, sondern führte lediglich an,
andere Ursachen als der Sturz vom 12. Dezember 2014 seien nicht erkennbar.  
 
5.1.5. Dr. med. L.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates, Kreisarzt, Versicherungsmedizin Suva,
schloss in seiner Kurzbeurteilung vom 12. Januar 2016 auf eine vorübergehende
Verschlimmerung der vorbestehenden Enthesiopathie bei Zustand nach Prellung;
der Status quo sine sei spätestens im Zeitpunkt der Erstellung des MRI vom 28.
April 2015 erreicht, unfallbedingt betrage die Arbeitsunfähigkeit 0 %. In
seinem ausführlichen Bericht vom 9. März 2016 hielt Dr. med. L.________ fest,
da das rechte Ellbogengelenk, das rechte Schultergelenk und die rechte Flanke
in den Notfallberichten gar nicht erwähnt würden, sei eine relevante
Gewalteinwirkung anlässlich des Ereignisses vom 12. Dezember 2014
auszuschliessen; angesichts der im Austrittsbericht vom 22. Dezember 2014
aufgeführten Nebendiagnosen sei davon auszugehen, dass der Versicherte
allumfassend und ganzheitlich untersucht und beurteilt worden sei, so dass
nicht gesagt werden könne, nur die internistische Problematik mit dem
Niereninfarkt habe im Vordergrund gestanden und alle übrigen
Begleiterkrankungen seien vernachlässigt worden. Eine schmerzhafte
Ellbogenproblematik tauche erstmals anlässlich der Besprechung vom 18. Februar
2015 auf und werde wie selbstverständlich als posttraumatisch bezeichnet,
obwohl von einer zweimonatigen symptomfreien Brückenzeit ausgegangen werden
müsse. Dr. med. E.________ schildere in seinen Berichten die klassische
Symptomatik eines Tennisellbogens. Frau Dr. med. I.________ beschreibe die
bildgebenden Befunde mit den typischen Zeichen einer verschleissbedingten
Veränderung der Strecksehnenaponeurose, eines verschleissbedingten
entzündlichen Reizzustandes des Ligamentum collaterale radii, der Plica und des
vor dem Olecranon gelegenen Schleimbeutelgewebes. Damit interpretiere Frau Dr.
med. I.________ das Ganze als morphologischen Ausdruck einer reaktiven
Entzündung mit verschleissbedingten Veränderungen des Ellbogengelenkes; von
einer traumatisch bedingten strukturellen Veränderung sei genauso wenig die
Rede wie von einer traumatisch bedingten Rissbildung oder anderweitigen
unfallspezifischen Folgen. Sowohl aus den Berichten des Dr. med. E.________ als
auch jenen von Frau Dr. med. G.________ sei nicht ersichtlich, aus welchem
Grund die typische klassische Symptomatik einer überlastungsbedingten
Ansatzerkrankung als Unfallfolge angesehen werde. Frau Dr. med. G.________
halte in ihren Berichten vom 11. Mai und 8. Juni 2015 eine andere Ursache,
nämlich ein sogenanntes Supinatorlogen-Syndrom, für möglich. Zusammenfassend
resultiere mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keine richtungsgebende
Verschlimmerung des Vorzustandes durch das Ereignis vom 12. Dezember 2014 und
der Status quo sine sei spätestens bei Erstellung des MRI vom 28. April 2015
eingetreten.  
 
5.2. Dr. med. E.________ geht in seinen Berichten davon aus, dass der
Versicherte beim Ereignis vom 12. Dezember 2014 mit dem rechten Ellbogen an der
Wand angeprallt sei und die Epikondylitis dadurch verursacht worden sei. Keinem
seiner Berichte ist jedoch eine Begründung zu entnehmen, weshalb die
Ellbogenbeschwerden unfall- und nicht krankheitsbedingt seien. Damit kann
seiner medizinischen Einschätzung nicht gefolgt werden. Dasselbe gilt auch für
Frau Dr. med. G.________. So gibt sie weder in ihrem Schreiben vom 25. Januar
2016 noch in einem anderen Bericht eine auch nur im Ansatz nachvollziehbare
oder überzeugende Begründung dafür, weshalb die Ellbogenbeschwerden allein
durch das Ereignis vom 12. Dezember 2014 ausgelöst worden sein sollen.
Namentlich setzen sich weder    Dr. med. E.________ noch Frau Dr. med.
G.________ mit dem Befund von Frau Dr. med. I.________ auseinander. Damit geht
ihre Beurteilung nicht über eine auf der unzulässigen Beweismaxime "post hoc
ergo propter hoc" (BGE 119 V 335 E. 2b/bb S. 341; SVR 2008 UV Nr. 11 S. 34 E.
4.2.3, U 290/06; vgl. auch Urteil 8C_260/2016 vom 13. Juli 2016 E. 5.2)
beruhenden Einschätzung hinaus. Demgegenüber legt Dr. med. L.________ in seiner
Beurteilung einlässlich und nachvollziehbar dar, weshalb gestützt auf die
gesamte medizinische Aktenlage davon auszugehen ist, dass durch das Ereignis
höchstens eine vorübergehende Verschlimmerung eines krankhaften Vorzustandes
entstanden sei, wobei diese spätestens bei Erstellung des MRI aus
unfallversicherungsrechtlicher Sicht keinen Einfluss auf die Arbeitsunfähigkeit
mehr gehabt habe. Ob damit bereits zu einem früheren als dem von der Suva
verfügten Zeitpunkt eine Einstellung der Leistungen gerechtfertigt gewesen
wäre, ist angesichts von Art. 107 Abs. 1 BGG nicht zu prüfen. Die Berichte des
Dr. med. E.________ und der Frau Dr. med. G.________ sind nicht geeignet, die
Schlussfolgerungen des Dr. med. L.________ in Zweifel zu ziehen (BGE 135 V 465
E. 4.5 S. 470 und E. 4.6 S. 471). Die verweigerte Leistungserbringung nach dem
14. Januar 2016 ist nicht zu beanstanden. Der vorinstanzliche Entscheid ist
somit aufzuheben und der Einspracheentscheid der Suva vom 13. Juni 2016 im
Ergebnis zu bestätigen.  
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Suva hat keinen Anspruch auf
eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons St. Gallen, Abteilung III, vom 24. Juli 2017 wird aufgehoben und der
Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) vom
13. Juni 2016 bestätigt. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, Abteilung III, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Dezember 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold 

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