Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.514/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_514/2017            

 
 
 
Urteil vom 9. Oktober 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Rente; Invaliditätsgrad), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug 
vom 5. Juli 2017 (S 2017 36). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1988 geborene A.________ war als Telematiker bei der B.________ AG
angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 10. Juni 2013
erlitt er bei einem Selbstunfall auf der Autobahn ein Polytrauma und zog sich
dabei unter anderem eine Trümmerfraktur des 3. Lendenwirbelkörpers und mehrere
Frakturen am Becken zu. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form
von Heilbehandlung und Taggeld. Nach Abklärungen in medizinischer und
erwerblicher Hinsicht sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 12.
Dezember 2016 eine Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 14 %
rückwirkend ab dem 1. Juni 2016 sowie eine Integritätsentschädigung basierend
auf einer entsprechenden Einbusse von 20 % zu. Mit Einsprache ersuchte
A.________ um je eine höhere Rente und Integritätsentschädigung. Die Suva hiess
diese unter Berücksichtigung einer chirurgischen Beurteilung der Dr. med.
C.________, Fachärztin für Chirurgie FMH ihrer Abteilung Versicherungsmedizin
vom 6. Februar 2017 teilweise gut und sprach dem Versicherten ab dem 1. Juni
2016 eine Rente von 38 % zu. An der Höhe der Integritätsentschädigung hielt sie
fest (Entscheid vom 13. Februar 2017). 
 
B.   
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 5. Juli 2017 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
stellt den Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm eine
Rente auf der Basis eines Invaliditätsgrades von 52 % auszurichten. Eventuell
sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Das
Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den Einspracheentscheid vom 13.
Februar 2017, womit dem Versicherten eine Invalidenrente bei einem
Invaliditätsgrad von 38 % zugesprochen wurde, zu Recht geschützt hat. 
Das kantonale Gericht hat die für die Leistungspflicht des Unfallversicherers
massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es wird darauf
verwiesen. 
 
3.   
Im angefochtenen Entscheid wird bezüglich der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit
auf die Angaben im Bericht vom 6. Februar 2017 der Dr. med. C.________ und das
dort ausgeführte Zumutbarkeitsprofil abgestellt. Demnach sind dem
Beschwerdeführer leichte Arbeiten mit der Option, abwechselnd sitzend, gehend
und stehend zu arbeiten in einem zeitlich reduzierten Pensum von 70 % zumutbar,
soweit damit kein Arbeiten in der Höhe, in der Kälte, in Zwangshaltungen, mit
Gewichten über 5 kg oder unter Stössen und Vibrationen verbunden sind. Das
kantonale Gericht bestätigte unter Berücksichtigung eines sogenannten
Leidensabzuges von 10 % den von der Suva ermittelten Invaliditätsgrad von 38
%. 
 
4.   
Der Beschwerdeführer rügt, in der Verfügung vom 12. Dezember 2016 sei die Suva
als Ausgangswert für die Bestimmung des Invalideneinkommens von Fr. 58'676.-
ausgegangen, wohingegen im Einspracheentscheid ein solches von Fr. 67'052.-
herangezogen worden sei. Richtigerweise sei auf den Betrag von Fr. 58'676.-
abzustellen und diesen an die zumutbare Arbeitsfähigkeit anzupassen und danach
ein Abzug von 20 % vorzunehmen. 
 
4.1. Den vorinstanzlichen Erwägungen ist vollumfänglich beizupflichten. Der
medizinische Sachverhalt ist, insbesondere auch bezüglich der dem Versicherten
zumutbaren Arbeitsfähigkeit, genügend abgeklärt. Darin sind sich alle Ärzte
einig. Wie im Folgenden dargelegt wird, ist dem kantonalen Gericht auch
hinsichtlich des ermittelten Invaliditätsgrades zu folgen. Der Beschwerdeführer
bringt nichts vor, was zu einem vom angefochtenen Entscheid abweichenden
Ergebnis führen könnte. Mit den mehrheitlich bereits im kantonalen Verfahren
erhobenen Einwendungen hat sich die Vorinstanz einlässlich auseinandergesetzt.
 
 
4.2.  
 
4.2.1. Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung
primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die
versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben,
namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens
keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit
aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder Tabellenlöhne
gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen
Lohnstrukturerhebungen (LSE) oder die in der von der Schweizerischen
Unfallversicherung (Suva) geführten Dokumentation über Arbeitsplätze (DAP)
erfassten Zahlen herangezogen werden (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 mit
Hinweisen).  
 
4.2.2. Der Beschwerdeführer hat nach seinem Unfall keine Erwerbstätigkeit mehr
aufgenommen. Die Suva legte ihrer Verfügung vom 12. Dezember 2016 für die
Bemessung des hypothetischen Invalideneinkommens DAP-Unterlagen zu Grunde und
ermittelte dabei ein Invalideneinkommen von Fr. 58'676.-. Im Rahmen des
Einspracheverfahrens hielt Dr. med. C.________ dafür, es sei entgegen der
kreisärztlichen Beurteilung - mit welcher eine 100%ige Arbeitsfähigkeit in
einer angepassten Tätigkeit attestiert worden war - bezüglich dem zeitlichen
und leistungsmässigen Umfang auf die Beurteilung der behandelnden Ärzte am
Zentrum D.________ abzustellen, welche ein Pensum von 70 % als zumutbar
erachteten. Da bei drei der fünf ausgewählten DAP-Arbeitsplätzen eine
Teilzeittätigkeit nicht möglich war, konnten diese nicht mehr zur Ermittlung
des Invalideneinkommens herangezogen werden. Entsprechend stützte sich die Suva
im Einspracheentscheid bezüglich des Invalideneinkommens auf die LSE 2014
(Tabelle TA1, Total Männer, Kompetenzniveau 1). Wie dargelegt (vgl. E. 4.2.1
hievor), kann die Unfallversicherung für die Festsetzung des hypothetischen
Invalideneinkommens entweder auf Tabellenlöhne gemäss LSE oder auf DAP-Zahlen
abstellen. Im Beschwerdeverfahren ist es Sache des angerufenen Gerichts, die
Rechtskonformität der DAP-Invaliditätsbemessung zu prüfen. Genügt sie den
rechtsprechungsgemässen Anforderungen gemäss BGE 129 V 472 nicht, hat es einen
Tabellenlohnvergleich gestützt auf die LSE vorzunehmen (BGE 129 V 472 E. 4.2.2
in fine S. 481). Vorliegend hat die Suva im Einspracheverfahren erkannt, dass
wegen der geänderten Anforderungen an einen angepassten Arbeitsplatz
(Teilzeittätigkeit muss möglich sein) der DAP-Lohnvergleich nicht mehr
rechtskonform durchgeführt werden kann. Entsprechend hat sie das
Invalideneinkommen mittels der LSE bestimmt. Das kantonale Gericht bestätigte
den sich daraus ergebenden Ausgangswert von Fr. 67'052.- daher zu Recht.  
 
4.3. Weiter wird geltend gemacht, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt,
indem sie den Abzug von 10 % vom Tabellenlohn bestätigte. Der Beschwerdeführer
macht einen solchen von 20 % geltend.  
 
4.3.1. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen
Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert
(Tabellenlohn) allenfalls zu kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen
werden, dass persönliche und berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der
Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie
und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können. Ein
(behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug kann aber nur
vorgenommen werden, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die
versicherte Person wegen eines oder mehrerer der genannten Kriterien ihre
gesundheitlich bedingte (Rest-) Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Erfolg erwerblich verwerten kann (
BGE 135 V 297 E. 5.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_379/2011 vom 26. August 2011 E.
4.2.2). Der Abzug darf 25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 126
V 75 E. 5b/bb-cc S. 80; vgl. auch Urteil 8C_319/2017 vom 6. September 2017 E.
3.2 mit Hinweis).  
Ob ein behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter Abzug vom Tabellenlohn
vorzunehmen ist, stellt eine frei überprüfbare Rechtsfrage dar (BGE 132 V 393
E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_604/2011 vom 23. Januar 2012 E. 4.2.1). Die Festlegung
der Höhe eines solchen Leidensabzugs hingegen beschlägt eine typische
Ermessensfrage, welche angesichts der dem Bundesgericht zukommenden
Überprüfungsbefugnis letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist
(Art. 95 und 97 BGG), wo das kantonale Gericht sein Ermessen rechtsfehlerhaft
ausgeübt hat, also bei Ermessensüberschreitung oder -unterschreitung bzw. bei
Ermessensmissbrauch als Formen rechtsfehlerhafter (Art. 95 lit. a BGG)
Ermessensbetätigung (BGE 132 V 393 E. 2.2 S. 396 und E. 3.3 S. 399).
Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn eine Behörde zwar im Rahmen des ihr
eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber von unsachlichen, dem Zweck der
massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine
Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür oder rechtsungleicher Behandlung,
das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit
verletzt (BGE 123 V 150 E. 2 S. 152 mit Hinweisen; zum Ganzen: Urteil 8C_64/
2008 vom 4. Februar 2009 E. 3.2). 
 
4.3.2. Das kantonale Gericht erwog, lohnmindernd sei zu berücksichtigen, dass
der Versicherte nunmehr nur noch eine leichte Arbeit in Wechselbelastung mit
Einschränkungen der Belastbarkeit der Lendenwirbelsäule ausüben könne, und dass
er zudem auf eine Teilzeittätigkeit in einem Pensum von 70 % angewiesen sei. Es
bestätigte den bereits von der Suva vorgenommenen Abzug von 10 %. Der
Beschwerdeführer beruft sich insbesondere darauf, die medizinisch ausgewiesenen
zahlreichen Einschränkungen würden die Ausübung seines erlernten Berufes als
Telematiker erheblich einschränken, weshalb ein höherer Abzug gerechtfertigt
sei. Die Notwendigkeit eines Berufswechsels wurde indessen bereits
berücksichtigt, indem bei der Ermittlung des hypothetischen Invalideneinkommens
auf das - niedrigste - Kompetenzniveau 1 der LSE 2014 abgestellt wurde. Auch
die weiteren medizinisch begründeten Einschränkungen, wie beispielsweise die
Notwendigkeit genügender Erholungszeit, wurde mit dem reduzierten Arbeitspensum
von 70 % berücksichtigt. Beide Faktoren können daher nicht ein zweites Mal beim
Abzug vom Tabellenlohn miteinbezogen werden. Auch wenn der Beschwerdeführer
Gerichtsurteile anführt, die seines Erachtens Fälle mit medizinischen
Einschränkungen betreffen, die mit seinen eigenen vergleichbar sind und bei
denen ein höherer Abzug gewährt worden ist, begründet dies noch keine
rechtsfehlerhafte Ausübung des vorinstanzlichen Ermessens (vgl. E. 4.3.1
hievor). Auch von einer Gehörsverletzung wegen ungenügender Begründung kann in
diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Im Übrigen werden die Feststellungen
des kantonalen Gerichts zu den erwerblichen Auswirkungen nicht beanstandet und
geben keinen Anlass zu Weiterungen. Der Invaliditätsgrad beträgt gestützt
darauf 38 %.  
 
5.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem
Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Oktober 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer 

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