Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.49/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_49/2017

Urteil vom 28. Februar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Frésard, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Gehring,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 28. November 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1955 geborene A.________ ist als Aufzugskontrolleur tätig und dadurch bei
der Schweizerischen Unfallversicherung (Suva) gegen Unfallfolgen sowie
Berufskrankheiten versichert. Gemäss Schadenmeldung vom 15. Oktober 2014
verspürte er am 24. Januar 2014 beim manuellen Herunterdrehen einer
Beförderungsanlage im linken Unterarm einen Schmerz. Dr. med. B.________,
Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, Klinik
C._________, diagnostizierte eine Epikondylopathie humeri radialis links
("Tennisellbogen") mit MR-tomographisch ausgeprägter Degeneration des tiefen
Sehnenblattes der Extensor carpi radialis Sehnen links (Bericht vom 28. August
2014), die er am 24. September 2014 operativ versorgte. Die Suva-Kreisärztin
Frau Dr. med. D.________, Fachärztin für Chirurgie, verneinte in ihrer
Stellungnahme vom 4. Dezember 2014 das Vorliegen eines unfallbedingten
Schadens. Sowohl anlässlich der Erstkonsultation bei Dr. med. B.________ als
auch bei der Indikation für ein MRI seien kein Trauma erwähnt worden. Zudem
liege eine weitere Unfallmeldung vom 20. März 2014 des Versicherten ohne
Erwähnung des zeitlich früheren Geschehens bezüglich des Ellbogens vor. Die
Ellbogenbeschwerden seien erst neun Monate später gemeldet worden, weshalb die
Veränderungen im Bereich des Ellbogens überwiegend wahrscheinlich degenerativer
Natur seien. Dies bestätigte die Ärztin in einer weiteren Stellungnahme vom 21.
Januar 2015. Mit Verfügung vom 10. März 2015 verneinte die Suva ihre
Leistungspflicht, da zwischen den linksseitigen Ellbogenbeschwerden und dem
gemeldeten Ereignis vom 10. März 2015 kein natürlicher Kausalzusammenhang
bestehe. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 5. Mai 2015 fest.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 28. November 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Suva zu
verpflichten, die gesetzlichen Leistungen (insbesondere Heilbehandlung und
Taggeld allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt Rente und
Integritätsentschädigung) zu erbringen.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht im
Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236; 138 I 274 E. 1.6 S. 280).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Im Einspracheentscheid vom 5. Mai 2015 sind die Bestimmungen und Grundsätze
über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art.
6 UVG) unter anderem vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
Unfall und eingetretenem Schaden (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen)
richtig wiedergegeben. Sodann legte das kantonale Gericht die Grundsätze
betreffend den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125
V 351 E. 3 S. 352 ff.) zutreffend dar. Darauf wird verwiesen. Hervorzuheben
ist, dass bei Entscheiden gestützt auf versicherungsinterne ärztliche
Beurteilungen, die im Wesentlichen oder ausschliesslich aus dem Verfahren vor
dem Sozialversicherungsträger stammen, strenge Anforderungen an die
Beweiswürdigung zu stellen sind: Bestehen auch nur geringe Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen, ist eine
versicherungsexterne medizinische Begutachtung im Verfahren nach Art. 44 ATSG
oder ein Gerichtsgutachten anzuordnen (BGE 135 V 465 E. 4 S. 467 ff.; 122 V 157
E. 1d S. 162 f.).

3.

3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die gemeldeten Beschwerden in Form einer
Epikondylopathie humeri radialis links einen Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung begründen.

3.2. Die Vorinstanz erwog, es sei erstellt, dass der Beschwerdeführer schon vor
dem gemeldeten Ereignis vom 24. Januar 2014 an Schmerzen im linken Arm gelitten
habe. Im Jahr 1999 sei er bereits wegen einer linksseitigen Epikondylitis
zweimal mit Steroid-Injektionen therapiert worden. Weiter habe der operierende
Dr. med. B.________ in seinem Bericht an den Hausarzt med. pract. E.________,
Praxis Dr. med. F.________, vom 28. August 2014 festgehalten, der Versicherte
klage seit mehr als einem Jahr über zunehmende Schmerzen am linken Epikondylus
radialis, wobei die Schmerzen in den letzten sechs Monaten intensiv zugenommen
hätten. Ungewöhnlich sei, dass Dr. med. B.________ in diesem Zusammenhang kein
Unfallereignis erwähnt habe, wenn der Versicherte die erhebliche Schmerzzunahme
klar mit diesem verknüpfen könne. Sämtliche Ärzte berichteten sodann von
erheblichen degenerativen Befunden am operierten Ellenbogen. Dr. med.
B.________ selbst habe in seinem zweiten Operationsbericht vom 15. Januar 2015
festgehalten, er habe bei der ersten Operation degenerativ rupturierte
Extensorensehnen angetroffen, ohne auf ein Unfallereignis Bezug zu nehmen. Erst
im Bericht zuhanden des Beschwerdeführers vom 9. April 2015 habe er von einem
unfallkausalen Symptomverlauf gesprochen, was widersprüchlich und nicht
schlüssig sei. Bei einem durch einen Unfall erlittenen Sehnenriss und einem
Verlust des Seitenbandes wäre wohl eher von einer sofortigen Beeinträchtigung
auszugehen mit einer unmittelbar darauf folgenden Arbeitsunfähigkeit, was hier
nicht der Fall gewesen sei. PD Dr. med. G.________, Facharzt für Chirurgie,
Suva Versicherungsmedizin, habe dementsprechend in seiner Aktenbeurteilung vom
13. Juli 2015 ausführlich dargelegt, dass der intraoperativ vorgefundene
partielle Abriss mit inkompletter Desinsertion der Extensorensehen am
Epikondylus radialis und die Teilläsion des radialen Kollateralbandes mit dem
krankhaften Zustand einer Tendinose am Epikondylus radialis durchaus mit einer
Degeneration vereinbar seien. Seine Darlegungen stimmten mit denjenigen der
Frau Dr. med. D.________ überein, die sich mit den Ausführungen des Dr. med.
B.________ insoweit deckten, als dieser, ausser in seinem Bericht vom 9. April
2015, ebenfalls von degenerativen Befunden und langjährigen Schmerzen des
Versicherten gesprochen habe. Bildgebend und während der Operation sei
ebenfalls ein degeneratives Geschehen zutage getreten. Damit sei das
beschriebene Ereignis vom 24. Januar 2014 nicht überwiegend wahrscheinlich
kausal für die geklagten Ellbogenbeschwerden, weshalb keine Leistungspflicht
der Suva bestehe.

3.3. Der Beschwerdeführer vermag nichts einzuwenden, was zu einem anderen
Ergebnis führen würde. Vorab ist die Einreichung der chirurgischen Beurteilung
des Dr. med. G.________ vom 13. Juli 2015 und des zweiten Operationsberichts
des Dr. med. B.________ vom 15. Januar 2015 im Rahmen des erstinstanzlichen
Beschwerdeverfahrens rechtsprechungsgemäss zulässig, da es sich dabei um
punktuelle und nicht um umfassende Abklärungen wie eine medizinische
Begutachtung mit Mitwirkung der versicherten Person oder einer vergleichbaren
zeitraubenden Beweismassnahme handelt (z.B. Urteile 8C_899/2014 vom 28. Mai
2015 E. 3.2 und 8C_284/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 5.3 ff. mit weiteren
Hinweisen). Die Akten wurden dem Versicherten zusammen mit der
Beschwerdeantwort der Suva vor Durchführung des zweiten Schriftenwechsels
zugestellt und er konnte sich im Rahmen der Replik dazu äussern. Das rechtliche
Gehör und der Untersuchungsgrundsatz wurden somit nicht verletzt.
Weiter geht die Rüge fehl, das kantonale Gericht habe den Sachverhalt unrichtig
festgestellt, indem es ihm gestützt auf einen medizinischen Bericht vom 12.
Oktober 1999 vorwerfe, er habe aktenwidrig behauptet, vor dem Unfallereignis
beschwerdefrei gewesen zu sein. Die Vorinstanz führte aus, der Beschwerdeführer
habe den Umstand nicht wirklich bestritten, dass bereits vor dem Unfallereignis
eine Epikondylitis humeri ulnaris links mit zweimaliger Infiltration vorgelegen
habe, wie dies in einem in der chirurgischen Beurteilung des Dr. med.
G.________ erwähnten, bei der Suva aktenkundigen Bericht vom 12. Oktober 1999
dokumentiert sei. Dies ist nicht zu beanstanden. So hielt der Versicherte in
seiner Beschwerdeantwort vor Vorinstanz fest, hieraus lasse sich keine
jahrelange chronische Schmerzproblematik ableiten: "Aus dieser Behandlung vor
15 Jahren nun ein jahrelanges, chronisches Leiden konzipieren zu wollen,
welches zu einem Sehnenriss geführt haben soll, funktioniert nicht." Im Übrigen
wies auch Dr. med. B.________ in seinem Operationsbericht vom 25. September
2014 und dem Austrittsbericht vom 29. September 2014 bei der Diagnose auf einen
Status nach Steroid-Infiltration subkutan links hin. Ebenso wenig hat die
Vorinstanz insofern den Sachverhalt unrichtig festgestellt, als sie erwog,
sämtliche Ärzte seien von degenerativen Befunden ausgegangen. Zutreffend ist,
dass alle involvierten Ärzte, einschliesslich Dr. med. B.________, von
erheblichen degenerativen Befunden am linken Ellbogen berichteten. Im
Operationsbericht vom 15. Januar 2015 führte Dr. med. B.________ unter der
Rubrik "Indikation" aus, "Nach oben beschriebener Erstoperation im August 2014
bei degenerativ rupturierten Extensorensehnen kommt es erneut zu einer
Insuffizienz der Sehneninsertion mit ausgeprägtem Erguss und radial instabilem
Ellbogen." Mit der Vorinstanz stellte er einen unfallkausalen Zusammenhang erst
mit dem Bericht an den Versicherten vom 9. April 2015 her. Dass es sich bei den
ein degeneratives Geschehen festhaltenden Äusserungen des Arztes lediglich um
ein Missgeschick handeln soll, wie der Beschwerdeführer einwendet, ist nicht
stichhaltig. Im Operationsbericht vom 25. September 2014 und im
Austrittsbericht vom 29. September 2014 stellte Dr. med. B.________ die
Diagnose einer Degeneration und subtotalen Desinsertion der Sehnen des Extensor
carpi radialis brevis und Extensor digitorum communis am Epikondylus humeri
radialis links mit partieller Ruptur des Ligamentum collaterale radiale am
linken Ellbogen. Ein Hinweis auf ein Unfallgeschehen oder eine unfallbedingte
Verschlimmerung des Leidens fehlt bei beiden Dokumenten. Vor diesem Hintergrund
und in Würdigung sämtlicher medizinischer Akten vermochte Dr. med. B.________
im Bericht vom 9. April 2015 - dies, wie soeben dargelegt, im Widerspruch zu
seinen übrigen Angaben - nicht überzeugend darzutun, dass der Symptomverlauf,
der intraoperative Befund der abgerissenen Extensorensehnen an der Crista
humeri radialis sowie die fehlenden muskulären Veränderungen der
Extensorenmuskeln auf einen überwiegend wahrscheinlichen Kausalzusammenhang mit
dem gemeldeten Ereignis schliessen liessen.
Demgegenüber legte Dr. med. G.________ in seiner Beurteilung vom 13. Juli 2015
eingehend und schlüssig dar, dass eine chronische Epikondylopathie mit einer
partiellen oder gar vollständigen Extensorensehnenruptur an ihrem Ansatz am
Epikondylus einhergehen und zusätzlich im weiteren Verlauf auch das laterale
Kollateralband mit degenerativem Prozess mitbeteiligt und teillädiert sein
könne. Nach der aktuellen Literatur sei auch der Operationsbefund mit der
subtotalen Desinsertion des Extensorapparates keine Seltenheit. Weiter sei die
von Dr. med. B.________ erwähnte, bildgebend erhobene Muskelqualität kein
Argument für eine frische, traumatische Läsion. An der Beweiskraft der
Beurteilung des Dr. med. G.________ ändert auch der Umstand nichts, dass es
sich um eine reine Aktenbeurteilung handelt, da der Befund nicht strittig ist,
sondern bloss dessen medizinische Beurteilung in Bezug auf die Kausalitätsfrage
(SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63 E. 7.2, 8C_239/2008).

3.4. Zusammenfassend durfte die Vorinstanz, ohne Bundesrecht zu verletzen,
gestützt auf die übereinstimmenden und nachvollziehbaren Berichte der
Suva-Ärzte Frau Dr. med. D.________ und Dr. med. G.________ davon ausgehen,
dass die chronische Epikondylopathie nicht überwiegend wahrscheinlich natürlich
(teil-) kausal auf das Geschehen vom 24. Januar 2014 zurückzuführen ist. Die
inkonsistenten Ausführungen des behandelnden Dr. med. B.________ vermögen daran
keine Zweifel zu wecken und können damit ihrerseits keine natürlich kausale
Bedeutung des Ereignisses vom 24. Januar 2014 für die geklagten Beschwerden mit
dem erforderlichen Beweisgrad begründen. Nicht zu beanstanden ist bei dieser
Sachlage schliesslich, dass - in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136 I 229
E. 5.3 S. 236) - von zusätzlichen Abklärungen abgesehen wurde. Eine
Bundesrechtswidrigkeit ist darin ebenso wenig zu sehen wie eine in
medizinischer Hinsicht unvollständige Sachverhaltsfeststellung. Die Vorinstanz
hat daher eine Leistungspflicht der Suva für das geltend gemachte Leiden zu
Recht verneint.

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Februar 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Frésard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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