Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.488/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_488/2017            

 
 
 
Urteil vom 27. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch Urs Schaffhauser und Thomas Muri, Rechtsanwälte, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 3. Abteilung, vom
19. Mai 2017 (5V 16 315). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Der 1979 geborene A.________ war bei der Firma B.________, Forst- und
Lohnarbeiten, angestellt und damit bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch unfallversichert. Am 12. Juni
2008 verunfallte er beim Holzen. Das Spital C.________ diagnostizierte am 14.
Juni 2008 Kontusionen der Schulter links und des Beckenkamms links. Die Suva
erbrachte Heilbehandlung und Taggeld. Ein MRI der Lendenwirbelsäule (LWS) vom
30. Oktober 2008 zeigte einen Tumor, der am 20. April 2009 operativ entfernt
wurde. Mit Verfügung vom 6. September 2010 bzw. Einspracheentscheid vom 26.
November 2010 stellte die Suva die Leistungen per 30. September 2010 ein. Dies
bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (heute Kantonsgericht
Luzern) mit Entscheid vom 12. März 2012. Auf Beschwerde des Versicherten hin
hob das Bundesgericht diesen Entscheid sowie den Einspracheentscheid der Suva
auf und wies die Sache an diese zurück, damit sie, nach erfolgter Abklärung im
Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge. Im Übrigen wies
es die Beschwerde ab (Urteil 8C_341/2012 vom 15. November 2012). Die Suva holte
Gutachten des Dr. med. D.________, Facharzt Orthopädische Chirurgie und
Traumatologie des Bewegungsapparates FMH, FA Vertrauensarzt FMH
(freischaffend), vom 26. Februar 2014 und der Dres. med. E.________, Leitender
Arzt Neurologie, sowie F.________, Oberarzt Orthopädie, und G.________,
Chefarzt Orthopädie, Spital H.________, vom 8./15. September 2015 ein. Mit
Verfügung vom 20. April 2016 stellte sie die Leistungen per 30. September 2010
ein, was sie mit Einspracheentscheid vom 30. Juni 2016 bestätigte. 
 
B.   
Die hiergegen geführte Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid
vom 19. Mai 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt der
Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien ihm die gesetzlichen
Leistungen zuzusprechen, insbesondere eine Rente und eine
Integritätsentschädigung. 
 
Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1
S. 389). 
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen bezüglich des für die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 UVG)
erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem
Unfall und dem Gesundheitsschaden im Allgemeinen (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111
f.) und bei psychischen Unfallfolgen im Besonderen (BGE 115 V 133) richtig
dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Wegfall der Unfallkausalität bei
Erreichen des Zustands, wie er vor dem Unfall oder auch ohne diesen bestanden
hätte (Status quo sine vel ante; SVR 2016 UV Nr. 18 S. 55, 8C_331/2015 E.
2.1.1), den Fallabschluss (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4 S. 113 ff.),
den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 138 V 218
E. 6 S. 221) und den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232,
125 V 351 E. 3a S. 532). Darauf wird verwiesen. 
 
3.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Leistungseinstellung per 30. September 2010
vor Bundesrecht standhält. 
 
3.1. Das Bundesgericht erwog mit Urteil 8C_341/2012 E. 6.2, da Suva und
Vorinstanz die Kausalität der Beschwerden des Versicherten bis 30. September
2010 bejaht hätten, müsse deren Dahinfallen überwiegend wahrscheinlich
nachgewiesen sein. Die Beweislast liege bei der Suva. Bevor sich aber die
Beweislastfrage stelle, sei der Sachverhalt im Rahmen des
Untersuchungsgrundsatzes richtig und vollständig zu klären. Die Sache sei
demnach an die Suva zurückzuweisen, damit sie ein Gutachten anordne und danach
über den Leistungsanspruch neu verfüge.  
 
3.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, die Gutachten des Dr. med.
D.________ vom 26. Februar 2014 sowie der Dres. med. E.________, F.________ und
G.________ vom 8./15. September 2015 erfüllten die praxisgemässen Anforderungen
an eine medizinische Beurteilungsgrundlage, weshalb darauf abgestellt werden
könne. Gestützt hierauf liessen sich die Beschwerden des Versicherten weder
organisch-bildmorphologisch nachweisen noch neurologisch erklären. Zwar habe PD
Dr. med. I.________, Chefarzt Orthopädie, Spital C.________, im Bericht vom 28.
November 2008 die Schmerzen auf eine traumatische Spondylarthrose
zurückgeführt, doch sei diese Auffassung von keinem der nachfolgend
behandelnden Ärzte oder Gutachter bestätigt worden. Auch die von Frau Dr. med.
J.________, Oberärztin Rheumatologie, Spital C.________, in den Berichten vom
26. Mai und 23. Dezember 2010 festgehaltenen Gesundheitsschäden -
Wirbelsäulenfehlform/Fehlhaltung (leichte Hyperlordose der LWS),
Verdachtsdiagnose eines Facettengelenkssyndroms oder eines Baastrup-Phänomens -
würden von den Gutachtern aufgrund der typisch fehlenden Klinik und der
fehlenden bildmorphologischen Korrelate nicht unterstützt. Überdies lasse sich
den übrigen medizinischen Berichten - bis zur erhobenen interdisziplinären
Begutachtung - für die geklagten Beschwerden ebenfalls kein organisch
hinreichend nachweisbares Korrelat entnehmen. Der Fallabschluss per 30.
September 2010 sei rechtens, da keine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes mehr zu erwarten gewesen sei. Die Adäquanzprüfung sei nach
der Praxis zu den psychischen Unfallfolgen vorzunehmen. Der Unfall vom 12. Juni
2008 sei als mittelschwer im engeren Sinn zu qualifizieren. Da keines der
sieben Adäquanzkriterien nach BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140 erfüllt sei, sei
die adäquate Unfallkausalität der vom Versicherten geklagten Beschwerden zu
verneinen. Eine Prüfung der natürlichen Unfallkausalität erübrige sich somit.
Demnach habe die Suva die Leistungen zu Recht per 30. September 2010
eingestellt.  
 
4.   
Strittig ist als Erstes, ob beim Beschwerdeführer bei Fallabschluss am 30.
September 2010 objektiv (hinreichend) nachweisbare organische Unfallfolgen
bestanden, bei denen sich die natürliche und adäquate Kausalität weitgehend
decken (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 112). Hiervon kann erst gesprochen werden, wenn
die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt werden
und die angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich auf breiter Basis
anerkannt sind (BGE 138 V 248 E. 5.1 S. 251). 
 
4.1. Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers, das Bundesgericht habe im
Rückweisungsurteil 8C_341/2012 auf die Berichte des PD Dr. med. I.________ vom
28. November 2008 und der Dres. med. K.________, FMH Chirurgie, Suva-Kreisarzt,
Luzern, vom 14. April 2009 sowie L.________, Chefarzt Innere Medizin, und
J.________, Oberärztin Rheumatologie, Spital C.________, vom 2. Juni 2010
verwiesen, wonach objektiv nachweisbare organische traumatische Ursachen für
seine Beschwerden vorlägen, hat das Bundesgericht eine unfallbedingte, objektiv
(hinreichend) nachweisbare organische Ursache des Gesundheitsschadens des
Versicherten nicht bejaht, sondern die Sache diesbezüglich zur weiteren
Abklärung an die Suva zurückgewiesen (zur Verbindlichkeit bundesgerichtlicher
Rückweisungsurteile vgl. BGE 135 III 334 E. 2 S. 335; Urteil 8C_236/2017 vom
24. Juli 2017 E. 5.2).  
 
4.2.  
 
4.2.1. Der Beschwerdeführer rügt weiter, weder Dr. med. D.________ im Gutachten
vom 26. Februar 2014 noch die Dres. med. E.________, F.________ und G.________
im interdisziplinären Gutachten vom 8./15. September 2015 hätten sich zum
Bericht des PD Dr. med. I.________ vom 28. November 2008 geäussert, worin seine
Schmerzen auf eine traumatisierte Spondylarthrose L5/S1, mithin auf eine
objektivierbare Ursache, zurückgeführt worden seien. Falsch und wider die
Aktenlage sei demnach die vorinstanzliche Feststellung, wonach die
Schlussfolgerungen des PD Dr. med. I.________ im Gutachten vom 8./15. September
2015 nicht bestätigt worden seien.  
 
4.2.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Orthopädische Chirurg und
Traumatologe Dr. med. D.________ im Gutachten vom 26. Februar 2014 auf den
Bericht des PD Dr. med. I.________ vom 28. November 2008 verwies und ausführte,
dieser erscheine ihm für die Beurteilung von Bedeutung. Weiter legte er dar,
die schmerzhafte Zone des Versicherten auf Höhe L4 bis S1/Beckenkamm sei unter
anderem in diesem Bericht erwähnt worden. Dr. med. D.________ zog ein MRI des
Beckens vom 20. November 2013 bei. Er kam zum Schluss, die geklagten
Rückenbeschwerden seien nicht muskulo-skelettaler, sondern neurologischer
Natur. Aufgrund der Untersuchung und der Befunde der bildgebenden Verfahren
könne im muskulo-skelettalen Bereich kein Befund festgestellt werden, der
überwiegend wahrscheinlich auf eine unfallkausale Veränderung zurückzuführen
sei. Eine Darstellung dieser Nervenschädigung sei bildgebend nicht möglich.  
Dr. med. E.________, der den Versicherten zusätzlich elektrophysiologisch
untersuchte, stellte im Teilgutachten vom 8. September 2015 ebenfalls fest, im
objektiven neurologischen und elektrophysiologischen Befund fänden sich keine
fassbaren Auffälligkeiten. Weitere Abklärungen seien neurologischerseits nicht
erforderlich. Auch die Dres. med. G.________ und F.________ konstatierten im
orthopädischen Teilgutachten vom 15. September 2015, die Schmerzursache könne
aus orthopädischer und neurologischer Sicht nicht strukturell nachgewiesen
werden. Da die Dres. med. E.________, G.________ und F.________ vom Gutachten
des Dr. med. D.________ vom 26. Februar 2014 Kenntnis hatten, worin auf den
Bericht des PD Dr. med. I.________ vom 28. November 2008 Bezug genommen wurde,
ist es entgegen dem Versicherten nicht nötig, sie mit dem letztgenanntem
Bericht zu konfrontieren. 
 
4.2.3. Der Versicherte bringt weiter vor, aus den Gutachten der Dres. med.
E.________, F.________ und G.________ vom 8./15. September 2015 gehe nicht
hervor, ob für die geklagten Beschwerden kein organisch nachweisbares Korrelat
bestehe oder ob es einfach nicht mehr bestehe. Auch dieser Einwand verfängt
nicht. Denn aus diesen Gutachten und demjenigen des Dr. med. D.________ vom 26.
Februar 2014 ergibt sich, dass die Gutachter unfallbedingte strukturelle
Läsionen als Ursache für die Schmerzen des Versicherten auch aufgrund
bildgebenden/apparativen Verfahren verneinten, die bereits vor dem
Fallabschluss per 30. September 2010 durchgeführt wurden.  
 
4.2.4. Insgesamt ist demnach mit der Vorinstanz auf die Gutachten des Dr. med.
D.________ vom 26. Februar 2014 sowie der Dres. med. E.________, F.________ und
G.________ vom 8./15. September 2015 abzustellen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470;
zum berechtigten Verzicht auf weitere Abklärungen siehe BGE 136 I 229 E. 5.3 S.
236, antizipierte Beweiswürdigung). Somit bestanden zum Zeitpunkt des
Fallabschlusses keine objektiv nachweisbare organische Unfallfolgen.  
 
5.   
Der Beschwerdeführer macht geltend, in der Verfügung vom 6. September 2010 habe
die Suva die Leistungseinstellung per Ende September 2010 damit begründet,
seine Beschwerden seien ausschliesslich krankhafter Natur. In der Verfügung vom
20. April 2016 habe sie damit argumentiert, es liege kein organisch
nachweisbares Korrelat für die geklagten Rückenbeschwerden vor. Diese von der
Vorinstanz unterstützte Vorgehensweise stelle ein "venire contra factum
proprium" ("widersprüchliches Verhalten") dar. Diese Rüge ist nicht
stichhaltig. Denn die Suva hatte den Sachverhalt aufgrund des
bundesgerichtlichen Rückweisungsurteils 8C_341/2012 neu abzuklären. Wenn sie
gestützt hierauf ihren Standpunkt änderte, ist dies nicht zu beanstanden. 
 
6.   
Mangels organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen ist die adäquate
Unfallkausalität der Beschwerden des Versicherten unbestrittenermassen nach der
Praxis zu den psychischen Unfallfolgen zu prüfen (BGE 138 V 248 E. 4 S. 250,
115 V 133). Dabei kann offen gelassen werden, ob der Gesundheitsschaden bei
Fallabschluss per 30. September 2010 noch natürlich unfallkausal war (BGE 135 V
465 E. 5.1 S. 472). 
 
6.1.  
 
6.1.1. Die Adäquanzprüfung ist bei Anwendung der Praxis zu den psychischen
Unfallfolgen auf jenem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem von der Fortsetzung der
auf die somatischen Leiden gerichteten ärztlichen Behandlung keine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwartet werden kann (Art. 19 Abs. 1
UVG; BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116). Dies bestimmt sich namentlich nach Massgabe
der zu erwartenden Steigerung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit,
soweit unfallbedingt beeinträchtigt, wobei die durch weitere Heilbehandlung zu
erwartende Besserung ins Gewicht fallen muss. Unbedeutende Verbesserungen
genügen nicht. Diese Frage ist prospektiv zu beurteilen (RKUV 2005 Nr. U 557 S.
388, U 244/04 E. 3.1; Urteil 8C_303/2017 vom 5. September 2017 E. 6.1 und E.
6.3.1).  
 
6.1.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, laut den Gutachten der Dres. med.
E.________, F.________ und G.________ vom 8./15. September 2015 sei von einer
weiteren medizinischen Behandlung keine namhafte Besserung seines
Gesundheitszustandes mehr zu erwarten. Die Gutachter hätten sich jedoch nicht
dargetan, ab wann dies gelte. Der Fallabschluss per 30. September 2010 sei
somit willkürlich und verfrüht.  
 
Der Gutachter Dr. med. E.________ legte am 8. September 2015 dar, aus
neurologischer Sicht sei keine namhafte Besserung zu erwarten. Er teile die
Meinung des Dr. med. M.________, Leitender Arzt, Wirbelsäulenchirurgie, Spital
C.________, vom 29. April 2010, wonach operative Massnahmen therapeutisch nicht
sinnvoll seien. Auch die orthopädischen Gutachter Dres. med. G.________ und
F.________ schlossen sich am 15. September 2015 dieser Auffassung des Dr. med.
M.________ an. Hieraus ergibt sich, dass der Fallabschluss per 30. September
2010 nicht zu beanstanden ist. Der Beschwerdeführer führt keine medizinische
Stellungnahme an, der sich bezogen auf diesen Zeitpunkt die Prognose einer zu
erwartenden gesundheitlichen Besserung mit der Folge einer erheblichen
Steigerung der Arbeitsfähigkeit entnehmen liesse (vgl. auch Urteil 8C_303/2017
E. 6.3.3). Unbehelflich ist seine pauschale Berufung auf die Berichte der Dres.
med. N.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 13. Oktober 2009 und O.________,
Facharzt für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie, Suva-Kreisarzt, Luzern,
vom 28. Januar 2010, wonach sich seine Beschwerden verschlimmert hätten. 
 
6.2. Die Unfallschwere ist aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den
sich dabei entwickelnden Kräften zu beurteilen. Irrelevant sind die
Unfallfolgen oder Begleitumstände, die nicht direkt dem Unfallgeschehen
zugeordnet werden können; solchen Faktoren ist gegebenenfalls bei den
Adäquanzkriterien Rechnung zu tragen (BGE 140 V 356 E. 5.1 S. 359; Urteil 8C_41
/2016 vom 23. Juni 2016 E. 4.1). Der Versicherte wendet ein, die Suva sei dabei
zu behaften, dass sie im strittigen Einspracheentscheid vom 30. Juni 2016 den
Unfall vom 12. Juni 2008 als mittelschwer im Grenzbereich zu den schweren
Ereignissen eingestuft habe. Dem kann nicht gefolgt werden, da die
Unfallschwere eine vom Bundesgericht frei zu prüfende Rechtsfrage ist (vgl.
Urteil 8C_41/2016 E. 4.3.2).  
 
6.3.  
 
6.3.1. Im Bericht des Spitals C.________ vom 14. Juni 2008, wo der Versicherte
vom 12. bis 15. Juni 2008 hospitalisiert war, wurde festgehalten, er sei am 12.
Juni 2008 am Holzen gewesen, als ein Seil eines Spanngeschirrs gerissen und er
von diesem an der linken Hüfte getroffen worden sei. Er sei nach eigenen
Angaben ca. 2 m durch die Luft geflogen und auf die linke Schulter geprallt. In
der Schadensmeldung vom 15. Juli 2008 wurde angegeben, beim Spannen des
Tragseils hätten sich das Spannseil und damit auch die Spanngarnitur gelöst.
Diese sei ca. 10 m bergwärts gefahren und habe den Versicherten erwischt. Dr.
med. P.________, Facharzt für Allg. Medizin FMH, zu dem der Versicherte
unmittelbar nach dem Unfall gebracht wurde, legte im Zeugnis vom 20. August
2008 dar, nachdem sich eine Verankerung des Holztransportseils gelöst und den
Versicherten getroffen habe, sei er einige Meter weg geschleudert worden.  
 
Der Versicherte rügt im Wesentlichen, die Suva hätte abklären müssen, mit
welchen Kräften ein unter 12 t Spannkraft gelöstes Spannseil und eine
Spanngarnitur, die rund 10 m bergwärts gefahren sei, auf seinen Körper gewirkt
hätten. Gleiches gelte betreffend seine Flugweite nach dem Treffer an seinem
Körper. 
 
6.3.2. Die Vorinstanz qualifizierte den Unfall vom 12. Juni 2008 als
mittelschwer im engeren Sinn. Sie stützte sich dabei auf diverse
bundesgerichtliche Urteile, in denen gleich entschieden wurde betreffend
Unfällen, bei denen die versicherte Person stürzte oder von einem Gegenstand
getroffen wurde (Urteile 8C_202/2014 vom 9. Juli 2014 E. 4.1, 8C_871/2014 vom
24. Juni 2015 E. 4, 8C_546/2013 vom 24. September 2013 E. 3.2, 8C_945/2012 vom
15. März 2013 E. 3.2, 8C_715/2009 vom 30. März 2010 E. 6.2, 8C_57/2008 vom 16.
Mai 2008 E. 8.1). Zu ergänzen ist, dass das Bundesgericht auch folgende Unfälle
als mittelschwer im engeren Sinn taxierte: Eine PW-Lenkerin wollte auf einer
Kreuzung nach links abbiegen, wobei sie noch mit ca. 20 km/h fuhr. Sie übersah
die auf dem Motorrad entgegenkommende versicherte Person, die mit ca. 60-70 km/
h unterwegs war und mit dem Auto kollidierte. Diese stürzte zu Boden, von wo
aus es sie nochmals in hohem Bogen auf die Wiese katapultierte, wo sie liegen
blieb (Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni 2014 E. 6.1 f.). In einem anderen Fall
stand die versicherte Person zwischen einer Steinsäge und einem an einem Kran
hängenden, schwankenden Bagger, als dieser sie touchierte und zweimal - im
Bereich der rechten Schulter und des Brustkorbs - gegen die Steinsäge drückte
(Urteil 8C_387/2007 vom 25. Februar 2008 Sachverhalt lit. A. und E. 5.2). In
diesem Lichte ist die vorinstanzliche Einstufung des Unfalls des
Beschwerdeführers vom 12. Juni 2008 nicht zu beanstanden.  
 
6.4. Bei der gegebenen Unfallschwere könnte die Adäquanz nur bejaht werden,
wenn mindestens drei der sieben Adäquanzkriterien in einfacher Form erfüllt
wären oder eines besonders ausgeprägt vorläge (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140;
SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7, 8C_398/2012 E. 5.2.3 und 6 Ingress). Unbestritten ist,
dass die beiden Kriterien der ärztlichen Fehlbehandlung, welche die
Unfallfolgen erheblich verschlimmert, sowie des schwierigen Heilungsverlaufs
und der erheblichen Komplikationen nicht erfüllt sind.  
 
6.5. Ob besonders dramatische Begleitumstände oder eine besondere
Eindrücklichkeit des Unfalls vorliegen, beurteilt sich objektiv und nicht
aufgrund des subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person (
BGE 140 V 356 E. 5.6.1 S. 366). Zu beachten ist, dass jedem mindestens
mittelschweren Unfall eine gewisse Eindrücklichkeit eigen ist, welche somit
noch nicht für eine Bejahung des Kriteriums ausreichen kann (nicht publ. E.
3.5.1 des Urteils BGE 137 V 199; SVR 2013 UV Nr. 3 S. 7 E. 6.1). Es wird nur
das Unfallgeschehen an sich und nicht die dabei erlittene Verletzung
betrachtet. Der nachfolgende Heilungsprozess wird nicht einbezogen (Urteil
8C_285/2016 vom 22. Juli 2016 E. 9.1). Im Lichte der bundesgerichtlichen
Kasuistik (hierzu vgl. Urteil 8C_996/2010 vom 14. März 2011 E. 8.1; ALEXANDRA
RUMO-JUNGO/ANDRÉ PIERRE HOLZER, Bundesgesetz über die Unfallversicherung [UVG],
4. Aufl. 2012, S. 69 f.) hat die Vorinstanz das Kriterium zu Recht verneint.  
 
6.6. Entgegen dem Beschwerdeführer hat sie auch richtig erkannt, dass das
Kriterium der Schwere oder besonderen Art der erlittenen Verletzungen,
insbesondere ihrer erfahrungsgemässen Eignung, eine psychische Fehlentwicklung
auszulösen, nicht erfüllt ist (vgl. auch Urteil 8C_137/2014 vom 5. Juni 2014
Sachverhalt lit. A und E. 7.2). Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann er aus
seinem pauschalen Vorbringen, er habe ein schweres
Becken-Anprall-Rotationstrauma erlitten und die Prellmarke sei noch ein Jahr
später sichtbar gewesen.  
 
6.7. Die Vorinstanz hat zutreffend erwogen, dass bei der Prüfung der
Adäquanzkriterien nach BGE 115 V 133 die Folgen der organisch nicht
ausgewiesenen Beschwerden nicht in die Beurteilung miteinzubeziehen sind; dies
gilt auch für das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der physisch
bedingten ärztlichen Behandlung (SVR 2009 UV Nr. 20 S. 75, 8C_533/2008 E. 5.2;
Urteil 8C_903/2009 vom 28. April 2010 E. 4.6). Zudem hielt die Vorinstanz fest,
dass der Versicherte am 15. Juni 2008, also drei Tage nach dem Unfall, aus dem
Spital C.________ entlassen und danach noch physiotherapeutisch und
medikamentös behandelt worden sei, weshalb das Kriterium nicht erfüllt sei.
Unbehelflich ist sein pauschaler Einwand, er sei auch neun Jahre nach dem
Unfall auf medizinische Behandlung und (phasenweise) auf eine hohe
Schmerzmitteldosis angewiesen. Denn abgesehen davon, dass der Zeitraum bis zum
Fallabschluss am 30. September 2010 massgebend ist (E. 6.1.1 hiervor), genügen
Physiotheapie und medikamentöse Schmerzbekämpfung nicht zur Bejahung des
Kriteriums (vgl. zum Ganzen auch Urteil 8C_860/2015 vom 30. Juni 2016 E. 4.4)  
 
6.8. Bezüglich des Kriteriums der körperlichen Dauerschmerzen ist massgebend,
ob bis zum Fallabschluss per 30. September 2010 über den gesamten Zeitraum
andauernde Beschwerden vorlagen (RKUV 2005 Nr. U 549 S. 241, U 380/04 E. 5.2.6;
Urteil 8C_765/2014 E. 11.4). Gegen die vorinstanzliche Verneinung dieses
Kriteriums erhebt der Versicherte keine stichhaltigen Einwände.  
 
6.9. Die Vorinstanz legte dar, weshalb das Kriterium des Grades und der Dauer
der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit, das sich nicht allein auf das
Leistungsvermögen im angestammten Beruf bezieht (Urteil 8C_765/2014 E. 11.7),
bis zum Fallabschluss am 30. September 2010 nicht erfüllt ist. Der
Beschwerdeführer erhebt auch diesbezüglich keine substanziierten Rügen, die
einen gegenteiligen Schluss zuliessen.  
 
Demnach haben Suva und Vorinstanz die Unfalladäquanz des Gesundheitsschadens
des Beschwerdeführers per 30. September 2010 zu Recht verneint. 
 
7.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG
). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 27. November 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar 

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