Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.486/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_486/2017            

 
 
 
Urteil vom 15. September 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
 A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
24. Mai 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1971 geborene A.________ war als arbeitslos gemeldete Person bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen
versichert, als es am 29. September 2010 zu einer Kollision des Autos, in dem
sie sich befand, mit einem anderen Personenwagen kam. Die Versicherte suchte
noch am Unfalltag Dr. med. B.________ auf, welcher in der Folge eine
HWS-Distorsion ohne Frakturen diagnostizierte. Die Suva anerkannte ihre
Leistungspflicht und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Damit war die
Versicherte weiterhin bei der Suva gegen die Folgen von Unfällen versichert,
als sie am 24. Juli 2011 zu Hause eine Treppe hinunterstürzte. Nach
medizinischen Abklärungen verneinte die Suva mit Verfügung vom 3. Juli 2012
eine Leistungspflicht über den 31. Juli 2012 hinaus; die Anstalt kam jedoch auf
Einsprache der Versicherten hin auf diese Verfügung zurück, hob diese am 14.
Dezember 2012 auf und erbrachte weitere Leistungen. Mit Verfügung vom 7. Januar
2016 und Einspracheentscheid vom 28. November 2016 stellte die Suva ihre
Leistungen per 14. Februar 2016 ein, da die weiterhin geltend gemachten
Beschwerden nicht mehr adäquat kausal durch ein versichertes Ereignis
verursacht würden. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau mit Entscheid vom 24. Mai 2017 ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt A.________, die Suva sei unter Aufhebung des
Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, ihre
Leistungen auch über den 14. Februar 2016 hinaus zu erbringen. Im Weiteren sei
die Suva zu verpflichten, alle seit dem Unfall vom 29. September 2010
angefallenen Heilbehandlungskosten sowie insbesondere auch die Kosten für den
Rollstuhl zu übernehmen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen, zu denen die zuständige
Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung
genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und
insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 131 V 164 E. 2.1, 125 V 412 E. 1a S.
414 mit Hinweisen).  
 
2.2. Mit Verfügung vom 7. Januar 2016 und Einspracheentscheid vom 28. November
2016 stellte die Suva ihre Leistungen per 14. Februar 2016 ein, da die
weiterhin geltend gemachten Beschwerden nicht mehr adäquat kausal durch ein
versichertes Ereignis verursacht würden. Auf die Beschwerde der Versicherten
ist mithin nur insoweit einzutreten, als mit ihr auch über den 14. Februar 2016
hinaus Leistungen der Unfallversicherung verlangt werden. Nicht zum
Streitgegenstand gehört demgegenüber die Frage, in welchem Umfang in der Zeit
zwischen dem Unfall vom 29. September 2010 und dem 14. Februar 2016
Heilbehandlungsleistungen geschuldet waren und ob die Suva für die Kosten des
in dieser Zeit angeschafften Rollstuhls aufzukommen hat. Soweit diese Fragen
betreffend, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
3.   
Die Zusprechung von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung setzt
grundsätzlich das Vorliegen eines Berufsunfalles, eines Nichtberufsunfalles
oder einer Berufskrankheit voraus (Art. 6 Abs. 1 UVG). Der Unfallversicherer
haftet jedoch für einen Gesundheitsschaden nur insoweit, als dieser nicht nur
in einem natürlichen, sondern auch in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum
versicherten Ereignis steht (BGE 129 V 177 E. 3 S. 181). Dabei spielt die
Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen
Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers im Bereich
organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle, da sich
hier die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität deckt (BGE 134 V
109 E. 2 S. 111 f.; 127 V 102 E. 5b/bb S. 103). Objektivierbar sind
Untersuchungsergebnisse, die reproduzierbar sind und von der Person des
Untersuchenden und den Angaben des Patienten unabhängig sind. Von organisch
objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen kann somit erst dann gesprochen werden,
wenn die erhobenen Befunde mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt
wurden und die hiebei angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich
anerkannt sind (BGE 138 V 248 E. 5.1 S. 251; 134 V 109 E. 7 ff. S. 118 ff.;
vgl. auch BGE 117 V 359 E. 5 S. 361 ff.). Den objektiven Nachweis einer
Unfallkausalität nicht zu erbringen vermag eine Untersuchung des
kraniozervikalen Übergangs, insbesondere der Ligmenta Alaria, mittels einer
funktionellen Magnetresonanztomographie (BGE 134 V 231 E. 5 S. 232 ff.).
Dasselbe gilt auch für "upright-MRI" (vgl. Urteil 8C_238/2009 vom 3. November
2009 E. 3.2.2), dynamische Posturographien (vgl. Urteil 8C_416/2010 vom 29.
November 2010 E. 3.4) und kinesiologische Elektromyographien (vgl. Urteil
8C_310/2011 vom 5. September 2011 E. 4.5.2). 
 
4.   
 
4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten
und unter Bezugnahme auf das Gutachten der Kliniken C.________ vom 19. Juli
2015 erwogen, die über den 14. Februar 2016 anhaltend geklagten Beschwerden
seien nicht auf im Sinne der Rechtsprechung organisch hinreichend nachweisbare
Unfallfolgen zurückzuführen. Bildgebend nachgewiesen sei einzig eine
Wurzelschädigung C8 links; es sei aber nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass diese Schädigung auf
ein versichertes Ereignis zurückzuführen sei. Die Vorinstanz verneinte im
Weiteren in Anwendung der Praxis von BGE 115 V 133 die Adäquanz eines
Kausalzusammenhanges zwischen den beiden Unfällen und den organisch nicht
hinreichend nachgewiesen Unfallfolgen.  
Die Beschwerdeführerin bringt ihrerseits vor, ihre Beschwerden seien durch die
organisch nachgewiesen Unfallfolgen erklärbar, so dass sich eine Prüfung der
Adäquanz nach BGE 115 V 133 erübrige. 
 
4.2. Soweit die Beschwerdeführerin zunächst zum Nachweis organischer
Unfallfolgen auf den Bericht des Dr. D.________, Spezialarzt FMH für
Otorhinolaryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie, vom 6. Februar 2012
verweist, ist festzuhalten, dass dieser Arzt seine Beurteilung auf Verfahren
stützt, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. E. 3 hievor)
nicht geeignet sind, den objektiven Nachweis einer Unfallkausalität zu
erbringen. Somit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit dem genannten
Bericht.  
 
4.3. Bildgebend nachweisbar war der linksseitige paraspinale Abszess. Dieser
wurde bereits vor einiger Zeit abgeleitet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine
medizinische Fachperson die über den 14. Februar 2016 hinaus geklagten
Beschwerden als Folgen dieses Abszesses gewertet hätte, so dass die Frage, ob
er seinerseits Folge eines versicherten Ereignisses war, nicht näher geprüft zu
werden braucht.  
 
4.4. Betreffend der linksseitigen sensomotorischen Hemisymptomatik verweist die
Versicherte in erster Linie auf den Bericht des Dr. med. E.________, FMH für
Neurologie, vom 27. Januar 2012. Auch dieser Arzt räumt indessen ein, dass die
bildgebenden Abklärungen mit MRI der Neuraxis keinen Befund erbrachten. Somit
ist auch diesbezüglich nicht von einem im Sinne der Rechtsprechung objektiv
nachgewiesenen Gesundheitsschaden auszugehen.  
 
4.5. Was schliesslich die Probleme mit der Blase und dem Darm sowie das Asthma
bronchiale angeht, so legt die Versicherte nicht dar, dass diese
gesundheitlichen Probleme von einer medizinischen Fachperson als im Sinne der
Rechtsprechung objektiv nachgewiesene Unfallfolgen betrachtet worden wären.
Dass die Gutachter der Kliniken C.________ nicht weiter auf diese Leiden
eingehen, spricht somit nicht gegen die Zuverlässigkeit ihrer Schlüsse in Bezug
auf die im vorliegenden Verfahren streitigen Belange.  
 
4.6. Somit bestanden in der Zeit ab dem 14. Februar 2016 keine objektiv
nachweisbaren Unfallfolgen mehr. Für andere Unfallfolgen wäre die
Unfallversicherung nur dann leistungspflichtig, wenn sie auch adäquat kausal
durch den Unfall verursacht worden wären, wobei die Adäquanz eines allfälligen
Kausalzusammenhanges speziell zu prüfen ist. Gemäss den von der
Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestrittenen vorinstanzlichen Erwägungen
führt die spezielle Prüfung im Sinne von BGE 115 V 133 im vorliegenden Fall zu
einer Verneinung der Adäquanz. Damit bestehen Einsprache- und kantonaler
Gerichtsentscheid zu Recht; die Beschwerde der Versicherten ist abzuweisen,
soweit auf sie einzutreten ist.  
 
5.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 15. September 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold 

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