Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.483/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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8C_483/2017            

 
 
 
Urteil vom 3. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schmid, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG, Bahnhofstrasse 13, 7302 Landquart, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Philipp, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (unfallähnliche Körperschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft 
vom 20. April 2017 (725 16 375 / 92). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren 1989, arbeitete seit dem 1. Januar 2015 als Logistiker bei
der B.________ AG und war bei der ÖKK Kranken- und Unfallversicherungen AG
(nachfolgend: ÖKK) für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie
Berufskrankheiten versichert. Am 24. Mai 2016 meldete die Arbeitgeberin, dass
er sich am 22. Mai 2016 beim (American) Football-Spiel das Knie verdreht habe
und zu 50 Prozent arbeitsunfähig sei. Dr. med. C.________, FMH Orthopädische
Chirurgie, sportmedizinisches Center D.________, diagnostizierte in seinem
Bericht vom 23. Mai 2016 einen traumatischen Knorpelschaden am lateralen
Femurcondylus, eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes sowie eine
Quetschung des lateralen Meniskus am rechten Knie bei Status nach vorderer
Kreuzband-Ersatzplastik vor sechs Jahren. Er operierte den Versicherten am 21.
Juni 2016. Gestützt auf die Einschätzung ihres Vertrauensarztes lehnte die ÖKK
ihre Leistungspflicht mit Verfügung vom 9. August 2016 und Einspracheentscheid
vom 13. Oktober 2016 ab. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit
Entscheid vom 20. April 2017 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die ÖKK zu
verpflichten, die gesetzlichen Leistungen für das Ereignis vom 22. Mai 2016 zu
erbringen. Eventuell sei die Streitsache zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung
an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die ÖKK lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht die Leistungspflicht der
ÖKK für die Folgen des Ereignisses vom 22. Mai 2016 unter dem Rechtstitel einer
unfallähnlichen Körperschädigung zu Recht verneint hat. 
 
3.   
Nach Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des UVG vom 25. September
2015, in Kraft getreten am 1. Januar 2017, werden Versicherungsleistungen für
Unfälle, die sich vor dem Inkrafttreten der Änderung ereignet haben, nach
bisherigem Recht gewährt (AS 2016 4375 ff., 4387). Es gelangen daher Art. 9
Abs. 2 UVV in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 UVG in der bis zum 31. Dezember 2016
geltenden Fassung zur Anwendung. 
 
4.   
Das kantonale Gericht stellte bezüglich des Hergangs des Ereignisses vom 22.
Mai 2016 fest, nach den "Aussagen der ersten Stunde", das heisst gestützt auf
die Angaben in der Unfallmeldung und im Fragebogen vom 28. Mai 2016, sei von
einem schnellen Richtungswechsel im Verlauf eines American Football-Spiels ohne
direkten Kontakt mit Drittpersonen auszugehen. Von diesen Angaben sei der
Versicherte später deutlich abgewichen. Nach Erhalt der formlosen Ablehnung der
Leistungspflicht habe er am 28. Juni 2016 erklärt, dass er einem Gegenspieler
habe ausweichen müssen, der "seine Hände an ihm gehabt habe". Danach habe er
ein kleines "Knartschen" im Knie bemerkt, es habe sofort gezwickt und er sei zu
Boden gegangen. Beim Aufstehen habe er einen Schmerz und ein dauerndes
"Klicken" im Knie vernommen und habe sich vom Arzt am Spielfeldrand behandeln
lassen müssen. In der Beschwerde habe er den Vorfall als abrupten
Richtungswechsel im vollen Lauf geschildert. Diese späteren Beschreibungen des
Vorfalls seien ausser Acht zu lassen. Der zu beurteilende schnelle
Richtungswechsel sei nicht als unfallähnlicher Vorfall zu qualifizieren. Ob
sich der Versicherte eine Listenverletzung nach Art. 9 Abs. 2 UVV zugezogen
habe und ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem fraglichen Ereignis und den
geklagten Beschwerden bestehe, liess das kantonale Gericht offen. 
 
5.   
Der Versicherte sieht das unfallähnliche Ereignis mit dem schnellen und
abrupten Richtungswechsel beim American Football-Spiel als gegeben. Ein solches
Manöver erfolge bei dieser Sportart immer nur zu dem Zweck, einem Gegenspieler
zu entkommen, sei es, diesem auszuweichen oder einen nachfolgenden Gegner
abzuschütteln. Die dazu erforderliche plötzliche und ruckartige Bewegung, bei
der er sich das Knie verdreht habe, erfülle die bei unfallähnlichen Ereignissen
verlangten Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des Unfallversicherers.
Bei den beiden vom behandelnden Arzt festgestellten Diagnosen des lateralen
Meniskusrisses sowie der partiellen Ruptur des vorderen Kreuzbandes handle es
sich um Listenverletzungen. Diese Verletzungen hätten eine Teilnahme am
American Football-Spiel nicht zugelassen, weshalb auch der kausale Zusammenhang
mit dem abrupten Richtungswechsel zu bejahen sei. 
 
6.  
 
6.1. Die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 9 Abs. 2 UVV in der
bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung setzt voraus, dass die Verletzung,
wie in Art. 4 ATSG vorgesehen, auf eine plötzliche, nicht beabsichtigte
schädigende Einwirkung eines äusseren Faktors zurückzuführen ist. Bei den
unfallähnlichen Körperschädigungen im Sinne dieser Bestimmung entfällt im
Vergleich zu den eigentlichen Unfällen nach Art. 4 ATSG einzig das
Tatbestandselement der Ungewöhnlichkeit des auf den Körper einwirkenden
äusseren Faktors (BGE 139 V 327 E. 3.1 S. 328; 129 V 466 E. 2.2 S. 467; 123 V
43 E. 2b S. 44 f.). Alle übrigen Begriffsmerkmale eines Unfalls müssen hingegen
auch bei unfallähnlichen Körperschädigungen erfüllt sein. Dies gilt namentlich
für das Erfordernis des auf den menschlichen Körper einwirkenden äusseren
Faktors, worunter ein ausserhalb des Körpers liegender, objektiv
feststellbarer, sinnfälliger - eben unfallähnlicher - Einfluss auf den Körper
zu verstehen ist (BGE 129 V 466 E. 2.2 S. 467; vgl. auch BGE 139 V 327 E. 3.3.1
S. 329). Die schädigende Einwirkung kann auch in einer körpereigenen Bewegung
bestehen (BGE 129 V 466 E. 4.1 S. 468 f. mit Hinweisen), doch gilt das
Auftreten von Schmerzen allein noch nicht als äusserer Faktor im Sinne der
Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 UVV. Ein solcher ist also nicht gegeben, wenn
die versicherte Person einzig das (in zeitlicher Hinsicht erstmalige) Auftreten
von Schmerzen angibt, aber keine gleichzeitig mitwirkende äussere Komponente zu
benennen vermag (BGE 129 V 466 E. 4.2.1 S. 469 f.). Für die Annahme der
schädigenden Einwirkung eines äusseren Faktors auf den menschlichen Körper ist
ein Geschehen erforderlich, das sich in einer allgemein gesteigerten
Gefahrenlage abspielt und dem überdies ein erhöhtes Gefährdungspotenzial
innewohnt (vgl. BGE 129 V 466 E. 4.2.2 S. 470). Ein solches Geschehen kann auch
in einer körpereigenen Bewegung gesehen werden, sofern diese eine physiologisch
normale und psychologisch beherrschte Beanspruchung übersteigt (Urteil 8C_555/
2016 vom 13. Juni 2017 E. 2.3, zur Publikation vorgesehen).  
 
6.2. Nach der Rechtsprechung gilt insbesondere das Fussballspiel als ein
Geschehen mit einem gesteigerten Gefährdungspotenzial, denn es wird dabei eine
Vielzahl von nicht alltäglichen Bewegungen wie etwa abruptes Beschleunigen und
Stoppen, Seitwärts- und Rückwärtslaufen, Drehen, Strecken, Schiessen des Balls,
Hochspringen beim Kopfball, die den gesamten Körper mannigfach belasten,
ausgeführt. Es stellt auch für einen geübten Fussballspieler nicht eine
alltägliche Lebensverrichtung wie etwa das blosse Bewegen im Raum dar (SVR 2008
UV Nr. 12 S. 38, U 71/07 E. 6.2; Urteile U 469/06 vom 26. Juli 2007 E. 5.4; U
611/06 vom 12. März 2007 E. 5.1). Diese Bewegungsabläufe sind aber nicht in
ihrer Gesamtheit als besonders risikoreich einzustufen, gibt es dabei doch auch
einzelne Aktivitäten, welchen ohne Hinzutreten besonderer Vorkommnisse kein
erhebliches Gefährdungspotenzial innewohnt. Dazu ist nach der Rechtsprechung
das blosse Rennen auf dem Spielfeld zu zählen. Ist es dabei zu einer Verletzung
gekommen, ohne dass der Versicherte gestolpert, ausgerutscht, mit einem
Gegenspieler auch nur in Kontakt geraten wäre und auch keine unkontrollierte
Bewegung wie etwa ein Fehltritt vorlag, ein hinzukommendes äusseres Element im
ganzen Geschehensablauf also nicht auszumachen ist, lässt sich die Annahme
einer unfallähnlichen Schädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVV nicht
rechtfertigen (Urteil 8C_172/2015 vom 23. April 2015 E. 3.2).  
Als unfallähnliches Ereignis qualifizierte das Bundesgericht neben den
genannten risikoreichen Bewegungen beim Fussballspiel etwa auch einen
Ausfallschritt beim Tennis, der für diese Sportart charakteristisch sei und bei
sportlicher Spielweise auf sandiger Unterlage mit einer entsprechenden
Rutschbewegung zum Ball hin das Knie besonders strapaziere (Urteil U 368/05 vom
21. Dezember 2005 E. 3.1). Gleich entschied es hinsichtlich der Aufschlag- und
Spurtbewegung beim "Serve-and-Volley-Spiel" im Tennis, bei der eine Ruptur der
Achillessehne auftrat (Urteil U 398/06 vom 21. November 2006 E. 3.2.1), aber
auch bezüglich eines Absprungs zum "grand jeté" im Rahmen einer grossen
Sprungkombination im Ballett, denn von einem gleichmässigen Bewegungsablauf
konnte nicht gesprochen werden (Urteil 8C_155/2017 vom 22. Mai 2017 E. 6.2).
Dem "normalen" Joggen sprach es nicht generell ein gesteigertes
Gefährdungspotenzial zu, denn es beinhalte einen gleichmässigen Bewegungsablauf
im Rahmen einer physiologisch normalen und psychologisch beherrschten
Beanspruchung des Körpers und es fehle an plötzlichen, ruckartigen und
unkontrollierten Bewegungen (Urteil 8C_118/2008 vom 23. Oktober 2008 E. 3.3).
Anders beurteilte das Bundesgericht den Fall des Joggers, der mit voller Wucht
in ein für ihn nicht einsehbares Loch auf dem Jogging-Weg "getabst" war und als
Folge davon einen Schlag aufs Knie erlitt (Urteil 8C_637/2016 vom 13. Dezember
2016 E. 4.1 und 4.2). 
Steht fest, dass eine Verletzung auf eine plötzliche sowie heftige körpereigene
Bewegung und somit auf ein objektiv feststellbares, sinnfälliges Ereignis
anlässlich der Ausübung einer erhöht risikogeneigten Sportart zurückzuführen
ist, hat sich das gesteigerte Gefährdungspotenzial realisiert und bedarf es zur
Bejahung der Leistungspflicht gestützt auf Art. 9 Abs. 2 UVV keiner weiteren
besonderen Umstände (SVR 2008 UV Nr. 12 S. 38, U 71/07 E. 6.2; Urteil U 611/06
vom 12. März 2007 E. 5.1). 
 
6.3. Es ist zunächst unbestritten, dass sich der Vorfall im Rahmen eines
American Football-Spiels in einer Wettkampf-Situation zugetragen hat. Die zum
Fussballspiel entwickelten Grundsätze finden angesichts der in vielerlei
Hinsicht vergleichbaren Bewegungen (insbesondere abruptes Beschleunigen und
Stoppen, Seitwärts- und Rückwärtslaufen) auch bei dieser Sportart Anwendung. Es
ist dabei von einer allgemein gesteigerten Gefahrenlage auszugehen.  
Das kantonale Gericht stützte sich auf die Angaben in der Unfallmeldung und im
Fragebogen vom 28. Mai 2016 und ging von einem schnellen Richtungswechsel im
Spielverlauf ohne direkten Kontakt mit Drittpersonen aus. Nach der von der
Arbeitgeberin ausgefüllten Unfallmeldung habe sich der Versicherte "beim
Footballspielen das Knie verdreht". Dies wird bestätigt im Bericht des
behandelnden Arztes vom 23. Mai 2016, der anamnestisch ein
Kniedistorsionstrauma anführt. Gemäss seinen eigenen Angaben im Fragebogen vom
28. Mai 2016 habe der Versicherte "einen schnellen Richtungswechsel gemacht,
bei dieser Aktion hat es 'gezwickt' im Knie". Mit der Vorinstanz ist gestützt
auf diese "Aussagen der ersten Stunde" von einem schnellen Richtungswechsel
während des Wettkampfs im Rahmen eines American Football-Spiels auszugehen.
Zusätzlich geht aus diesen Aussagen hervor und ist zu berücksichtigen, dass
sich der Versicherte dabei das rechte Knie verdreht hat. Diese Bewegung ist mit
Blick auf die vom Bundesgericht beurteilten vergleichbaren Fälle als Geschehen
mit erhöhtem Gefährdungspotenzial zu qualifizieren. Entgegen der Ansicht des
kantonalen Gerichts wird sie im Verlauf des Wettkampfs beim American Football
nicht gleichmässig, das heisst im Rahmen einer physiologisch normalen und
psychologisch beherrschten Beanspruchung des Körpers erfolgen. 
Dies bestätigen auch die nachträglichen Ergänzungen des Versicherten zum
Geschehensablauf. Sie sind als nicht zu bemängelnde Präzisierungen zu
akzeptieren. Nur Widersprüche zu den Aussagen der ersten Stunde wären
rechtsprechungsgemäss unbeachtlich (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47; 115 V 133 E. 8c
S. 143; RKUV 1988 Nr. U 55 S. 361 E. 3b/aa; Urteile 8C_637/2016 vom 13.
Dezember 2016 E. 3.2 und 4.2; 8C_843/2015 vom 26. Februar 2016 E. 4.2; C 29/07
vom 10. März 2008 E. 4.1). Es ist nachvollziehbar, dass der von Beginn an
geschilderte schnelle Richtungswechsel im vollen Lauf erfolgte und dazu diente,
einem Gegenspieler auszuweichen, der "seine Hände an ihm gehabt habe". Gerade
weil es letztlich nicht zu einem Zusammenprall mit dem Gegenspieler gekommen
ist, ist davon auszugehen, dass beim Ausweichmanöver eine unkoordinierte
Bewegung stattgefunden hat. Dr. med. C.________ vermerkte zudem im
Operationsbericht vom 24. Juni 2016, dass die sofortige Behandlung auf dem
Spielfeld ein blockiertes Kniegelenk gezeigt habe, was ebenfalls für eine
solche unkoordinierte Bewegung spricht. 
Angesichts der erlittenen Verletzung hat sich das erhöhte Gefährdungspotenzial
(abrupter Richtungswechsel beim Ausweichmanöver) im Rahmen der allgemein
gesteigerten Gefahrenlage beim American Football-Spiel realisiert. Das
Geschehen ist deshalb als unfallähnliches Ereignis zu qualifizieren. 
 
6.4. Der behandelnde Arzt Dr. med. C.________ diagnostizierte eine
Knorpelläsion im Bereich des lateralen Femurcondylus, einen massiven
intraartikulären Erguss, eine Partialruptur des vorderen Kreuzbandes bei Status
nach Kreuzband-Ersatzplastik sowie - anlässlich der Operation - einen Riss des
lateralen Meniskus (Berichte vom 23. Mai 2016, vom 16. Juni 2016 und vom 24.
Juni 2016). Beim Kreuzband- und beim Meniskusriss handelt es sich um
Listenverletzungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. d beziehungsweise lit. g UVV
(in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung; vgl. zu den Bandläsionen
RKUV 1990 Nr. U 112 S. 373 E. 2b).  
Nach Einschätzung des Vertrauensarztes der ÖKK hätten keine frischen
substanziellen Schädigungen, sondern vorbestehende degenerative Veränderungen
(Gonarthrose) vorgelegen. Praxisgemäss genügt es für die Bejahung des
natürlichen Kausalzusammenhangs, wenn das schädigende Geschehen eine
Teilursache bildet. Nach der Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 UVV in der bis zum
31. Dezember 2016 geltenden Fassung bestand der Zweck des Instituts der
unfallähnlichen Körperschädigung nicht darin, krankhafte oder degenerative
Körperschäden von der obligatorischen Unfallversicherung auszuschliessen,
sondern darin, die oft schwierige Abgrenzung zwischen Unfall und Krankheit
zugunsten der Versicherten zu vermeiden. Ein degenerativer oder pathologischer
Vorzustand schliesst daher eine unfallähnliche Körperschädigung nicht aus,
sofern ein unfallähnliches Ereignis den vorbestehenden Gesundheitsschaden
verschlimmert oder manifest werden lässt. Tritt bei den in Art. 9 Abs. 2 lit. a
bis h UVV abschliessend erwähnten Verletzungen eine schädigende äussere
Einwirkung wenigstens im Sinne eines Auslösungsfaktors zu den (vor- oder
überwiegend) krankhaften oder degenerativen Ursachen hinzu, liegt eine
unfallähnliche Körperschädigung vor (BGE 139 V 327 E. 3.1 S. 328; 129 V 466 E.
2.1 S. 466 f.; 123 V 43 E. 2b S. 45; Urteile 8C_407/2013 vom 8. November 2013
E. 4, SZS 2014 S. 161; 8C_763/2015 vom 11. Juli 2016 E. 3.3; seit 1. Januar
2017: Art. 6 Abs. 2 UVG; Markus Hüsler, Erste UVG-Revision: wichtigste
Änderungen und mögliche Probleme bei der Umsetzung, SZS 2017 S. 26 ff., S. 32
ff., S. 35; Dubs/Soltermann/Manfredini, Knieschmerzen - Unfall oder Erkrankung?
Neue Herausforderungen für die Ärzteschaft durch die UVG-Revision 2017,
Schweizerische Ärztezeitung 2016 S. 1741 ff.). Diese Voraussetzung ist hier
nach den vorstehenden Erwägungen erfüllt. Die in der bildgebenden
MR-Untersuchung vom 23. Mai 2016 gezeigte Gonarthrose mit Knorpeldefekt
schliesst daher den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem unfallähnlichen
Ereignis und den erwähnten Listenverletzungen nicht aus. Auch hat dieses
Ereignis die Gonarthrose beziehungsweise den Knorpelschaden manifest werden
lassen. Dass es sich bei den Listenverletzungen lediglich um unbeachtliche
Nebenbefunde handle, wie die Beschwerdegegnerin geltend macht, findet selbst in
der Stellungnahme des Vertrauensarztes keine Stütze. 
 
6.5. Damit sind sämtliche Voraussetzungen für eine Leistungspflicht des
Unfallversicherers gestützt auf Art. 9 Abs. 2 UVV erfüllt und die ÖKK hat für
die Folgen des Ereignisses vom 22. Mai 2016 die gesetzlichen
Versicherungsleistungen zu erbringen.  
 
7.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
Prozessausgang entsprechend dem unterliegenden Unfallversicherer auferlegt (
Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG); des Weiteren hat er dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 20. April 2017 und
der Einspracheentscheid der ÖKK vom 13. Oktober 2016 werden aufgehoben. Die ÖKK
hat A.________ für das Ereignis vom 22. Mai 2016 die gesetzlichen
Versicherungsleistungen zu erbringen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, zurückgewiesen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 3. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo 

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