Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.477/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

[displayimage]                  
8C_477/2017, 8C_494/2017          

 
 
 
Urteil vom 21. November 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin, 
Gerichtsschreiberin Schüpfer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
8C_477/2017 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
8C_494/2017 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400
Winterthur, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
8C_477/2017 
Invalidenversicherung (Revision), 
 
8C_494/2017 
Invalidenversicherung (vorinstanzliches Verfahren), 
 
Beschwerden gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich 
vom 31. Mai 2017 (IV.2014.00992). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1969 geborene A.________ erlernte vorerst den Beruf einer
Confiserieverkäuferin, führte diese Tätigkeit während zwei Jahren nach der
Ausbildung weiter aus und arbeitete ab 1989 als Tramführerin. Am 19. Juli 1992
erlitt sie bei einem Sturz einen Kopfanprall. Mit Datum vom 24. Januar 1996
meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, lehnte mit Verfügung
vom 31. Juli 1997 bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 32 % die
Ausrichtung einer Rente ab. 
Am 10. April 2002 meldete sich die Versicherte mit Hinweis auf einen am 3. Juli
2000 erlittenen Unfall erneut zum Bezug einer Rente an. Die IV-Stelle klärte
die medizinischen Verhältnisse unter anderem durch Einholung eines
polydisziplinären Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle der
Universitätskliniken Basel (Medas Basel) vom 23. Oktober 2003 ab. Sie sprach
A.________ mit Verfügung vom 15. Oktober 2004 rückwirkend ab 1. April 2001 bei
einem Invaliditätsgrad von 52 % eine halbe Invalidenrente zu. Die Versicherte
erhob dagegen Einsprache. Die IV-Stelle traf in der Folge weitere Abklärungen
und versuchte den Fall mit der zuständigen Unfallversicherung (Suva) zu
koordinieren. 
Mit Eingabe vom 4. August 2009 ersuchte die Versicherte um Erhöhung der halben
Invalidenrente. Im weiteren Verlaufe des Abklärungsverfahrens zog A.________
ihre - immer noch hängige - Einsprache gegen die Verfügung vom 15. Oktober 2004
mit Schreiben vom 8. April 2011 zurück. Die IV-Stelle liess die Versicherte
erneut polydisziplinär untersuchen. Die Expertise vom 19. Juni 2013 der
Ärztliches Begutachtungsinstitut Basel GmbH (ABI) schloss auf eine
uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit als Tramführerin. Gestützt darauf verfügte
die IV-Stelle am 1. September 2014 die revisionsweise Einstellung des
Rentenanspruchs per 31. Oktober 2014. 
 
B.   
Dagegen erhob A.________ Beschwerde, welche das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich nach Einholung eines Gerichtsgutachtens (Medas Zentralschweiz
vom 30. Januar 2017) mit Entscheid vom 31. Mai 2017 abwies (Dispositiv-Ziffer
1), wobei es die IV-Stelle verpflichtete, die Kosten der Expertise von Fr.
22'178.70 zu erstatten (Dispositiv-Ziffer 3). 
 
C.  
 
C.a. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Verfahren 8C_477/2017) und stellt den Antrag, in Aufhebung des angefochtenen
Entscheides sei ihr weiterhin mindestens eine halbe Rente auszurichten.  
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
C.b. Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Verfahren 8C_494/2017) mit dem Antrag, Dispositiv-Ziffer 3 des
vorinstanzlichen Entscheids sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die
Kosten des Gerichtsgutachtens nicht durch die IV-Stelle zu tragen seien.
Eventuell seien ihr die Kosten des Gutachtens nur im Umfang des geltenden
Tarifs für Medas-Gutachten zu überbinden. Der Beschwerde sei aufschiebende
Wirkung zu erteilen.  
Das Sozialversicherungsgericht und das BSV verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die beiden Beschwerden richten sich gegen ein und denselben vorinstanzlichen
Entscheid. Zwar werden unterschiedliche Punkte angefochten; einerseits der
Rentenanspruch (Dispositiv-Ziffer 1), andererseits die Überbindung der Kosten
des Gerichtsgutachtens und deren Höhe (Dispositiv-Ziffer 3). Da beiden
Beschwerden jedoch der nämliche Sachverhalt zugrunde liegt, rechtfertigt es
sich, die Verfahren 8C_477/2017 und 8C_494/2017 zu vereinigen und in einem
einzigen Urteil zu erledigen. 
 
2.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.   
Bezüglich der materiellen Leistungen ist im Verfahren 8C_477/2017 streitig und
zu prüfen, ob das kantonale Gericht die Aufhebung des Rentenanspruchs per Ende
Oktober 2014 zu Recht geschützt hat. 
 
4.  
 
4.1. Ändert sich der Invaliditätsgrad eines Rentenbezügers erheblich, so wird
die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend
erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur
Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen
Verhältnissen seit Zusprechung der Rente, die geeignet ist, den
Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen. Insbesondere ist die
Rente bei einer wesentlichen Änderung des Gesundheitszustandes revidierbar.
Weiter sind, auch bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand, veränderte
Auswirkungen auf den Erwerbs- oder Aufgabenbereich von Bedeutung; dazu gehört
die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder Anpassung
an die Behinderung. Hingegen ist die lediglich unterschiedliche Beurteilung
eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts im revisionsrechtlichen
Kontext unbeachtlich (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. mit Hinweisen).  
 
4.2. Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG kann die IV-Stelle jederzeit auf formell
rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese
zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
ist. Mit der gleichen (substituierten) Begründung kann die Beschwerdeinstanz
die zunächst auf Art. 17 ATSG gestützte Rentenaufhebung schützen (SVR 2011 IV
Nr. 20 S. 53, 9C_303/2010 E. 4).  
Eine wiedererwägungs- oder revisionsweise verfügte Rentenherabsetzung oder
-aufhebung lässt sich sodann in Anwendung der Schlussbestimmungen der Änderung
des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket; nachfolgend:
SchlB) schützen (Urteile 9C_766/2016 vom 3. April 2017 E. 1.1.2; 9C_880/2015
vom 21. Mai 2016 E. 3.1). Die Zulässigkeit einer substituierten Begründung gilt
in jedem möglichen Verhältnis unter den in Betracht fallenden Rückkommenstiteln
(Revision nach SchlB, materielle Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG, prozessuale
Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG [vgl. auch Art. 61 lit. i ATSG; Art. 45 ff.
VGG und Art. 121 ff. BGG] und Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG). 
 
5.   
Das kantonale Gericht erkannte in Würdigung der medizinischen Aktenlage, es sei
auf das umfassend und nachvollziehbar begründete Gerichtsgutachten vom 30.
Januar 2017 abzustellen. Demnach habe der Unfall vom 19. Juli 1992 keine
ernsthafte Kopfverletzung bewirkt und derjenige vom 3. Juli 2000 zu keiner
schwerwiegenden Verletzung im Bereich der Halswirbelsäule geführt. Eine
Instabilität des Segmentes C2/3 der Wirbelsäule sei nicht nachgewiesen.
Indessen sei ein Teil der Beschwerden auf ein zervikozephales Syndrom
zurückzuführen, welches insofern als somatisch zu gelten habe, als es zumindest
teilweise einem leicht degenerativ veränderten Segment zuzuordnen sei. In
psychiatrischer Hinsicht habe der Experte Dr. med. B.________ die Diagnose von
psychologischen Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten
Erkrankungen (ICD-10: F54) gestellt. Damit liege kein psychisches Leiden mit
Krankheitswert vor. Auch bezüglich Einschätzung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit
sei auf das Gerichtsgutachten abzustellen. Demnach sei die Versicherte in ihrer
vorherigen Tätigkeit als Tramführerin nicht mehr arbeitsfähig. Hingegen sei sie
in einer angepassten Tätigkeit, das heisst in ihrem erlernten Beruf als
Confiserieverkäuferin und in jeder administrativen Tätigkeit mit der
Möglichkeit zur Wechselbelastung ohne stundenlangem Arbeiten vor dem Computer,
vollumfänglich arbeitsfähig. Da sich ihr Gesundheitszustand seit der
Rentenzusprache nicht wesentlich verändert habe - und diese damals auch nicht
zweifellos unrichtig gewesen sei -, könne der Rentenanspruch nicht
revisionsweise oder mittels einer Wiedererwägung aufgehoben werden. Indessen
führe eine Rentenüberprüfung im Lichte von lit. a Abs. 1 SchlB 6. IV-Revision
zum Schluss, dass die Versicherte seit mindestens Juni 2014 zu 100 %
arbeitsfähig sei. Die Vorinstanz ermittelte bei einem hypothetischen
Valideneinkommen von Fr. 94'282.- und einem zumutbaren Invalideneinkommen von
Fr. 59'033.- einen Invaliditätsgrad von 37 %. Entsprechend bestätigte sie die
angefochtene Verfügung im Ergebnis und wies die Beschwerde ab. 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerdeführerin macht in Bezug auf die substituierte Begründung
gestützt auf die Schlussbestimmung der 6. IV-Revision geltend, diese
Gesetzesbestimmung sei zu Unrecht angewandt worden.  
 
6.1.1. Vorerst wird argumentiert, gemäss lit. a Abs. 1 SchlB 6. IV-Revision
müsse eine Überprüfung innert drei Jahren nach Inkrafttreten eingeleitet
werden. Da das Rentenrevisionsverfahren mittels Gesuch vom 4. August 2009
bereits eingeleitet gewesen sei, lit. a Abs. 1 SchlB 6. IV-Revision indessen
erst am 1. Januar 2012 in Kraft trat, könne unter diesem Titel keine Revision
des Rentenanspruchs begründet werden.  
In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend,
die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben
(BGE 141 V 657 E. 3.5.1 S. 661 mit Hinweisen). Zu welchem Zeitpunkt das
Rentenrevisionsverfahren, welches in die Verfügung vom 1. September 2014
mündete, eingeleitet wurde, spielt dabei keine Rolle. Das ergibt sich auch aus
dem Kontext von BGE 140 V 15. Demnach bildet der 1. Januar 2012 bei
Revisionsverfahren, welche noch vor Inkrafttreten der 6. IV-Revision
eingeleitet wurden, einen fiktiven Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der
massgebenden Rentenbezugsdauer von maximal 15 Jahren (lit. a Abs. 4 SchlB
IV-Revision). Damit wird die Anwendung der genannten Schlussbestimmung auch für
Fälle, in welchen ein - ordentliches - Revisionsverfahren bereits vor dem 1.
Januar 2012 eingeleitet worden war, bestätigt. Unbestritten ist, dass die
Versicherte mit Jahrgang 1969 bei der Einleitung, beziehungsweise per 1. Januar
2012 das 55. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hatte (lit. a Abs. 4 SchlB 6.
IV-Revision), dass sie ihre Rente bei Inkrafttreten der Schlussbestimmung noch
nicht 15 Jahre bezog und dass die Revisionsverfügung innert drei Jahren nach
Inkrafttreten der Bestimmung erfolgte. Gemäss Feststellung der Vorinstanz ist
die Beschwerdeführerin sicherlich seit Juni 2014 zu 100 % arbeitsfähig. Die
Rente wurde per Ende Oktober 2014 aufgehoben. Der zu Rechtsfolgen führende
Tatbestand verwirklichte sich also im Jahre 2014. Zu jenem Zeitpunkt war lit. a
Abs. 1 SchlB 6. IV-Revision in Kraft. Damit sind die formellen Voraussetzungen
für eine revisionsweise Überprüfung beziehungsweise Aufhebung erfüllt. 
 
6.1.2. Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, es liege ein sogenannter
untrennbarer Mischsachverhalt vor. Das heisst, es sei unmöglich festzustellen,
wie gross der Anteil der organisch bedingten Beschwerden bei der
Rentenzusprechung war. Folglich sei eine Revision in Anwendung der genannten
Schlussbestimmung nicht möglich.  
Das kantonale Gericht stellte in tatsächlicher Hinsicht fest, die
Rentenverfügung vom 15. Oktober 2004 habe auf dem Gutachten der Medas Basel vom
23. Oktober 2003 beruht. Dessen Hauptdiagnose lautete auf Somatisierungsstörung
gemäss ICD-10:F45.0 und damit auf ein pathogenetisch-ätiologisch unklares
syndromales Beschwerdebild im Sinne der Schlussbestimmung. Allenfalls mochte
damals der rheumatologische Teilgutachter, Dr. med. Grünwald, in der Tätigkeit
als Tramführerin und in Verweistätigkeiten eine leicht reduzierte
Arbeitsfähigkeit attestiert haben. Das ändert jedoch nichts daran, dass das
Gutachtergremium in der Gesamtbeurteilung zusammenfassend zum Schluss gekommen
war, es lägen keine somatischen Befunde vor, die geeignet wären, die geltend
gemachten Einschränkungen zu erklären. Daher lautete ihre Diagnose auf eine
anhaltende Somatisierungsstörung. Die Experten führten ausdrücklich aus, die im
rheumatologischen Teilgutachten angenommene Arbeitsunfähigkeit sei zu hoch.
Eine reduzierte Arbeitsfähigkeit als Tramführerin habe - trotz geringer
objektiver Befunde - aus Rücksicht auf die Passagiere bestanden. Eine
reduzierte Arbeitsfähigkeit in einer körperlich leichten Tätigkeit in
Wechselbelastung habe sich einzig aus psychiatrischer Sicht aufgrund der
Somatisierungsstörung ergeben. Es steht damit fest, dass die Rentenverfügung
vom 15. Oktober 2004 aufgrund eines pathogenetisch-ätiologisch unklaren
Beschwerdebildes ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurde, womit
der Anwendung von lit. a der SchlB zur 6. IV-Revision auch in materieller
Hinsicht nichts im Wege steht. 
 
6.2.  
 
6.2.1. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Weiteren, der neurochirurgische
Teilgutachter, Dr. med. C.________, habe im Gerichtsgutachten eine angepasste
Tätigkeit, wie beispielsweise jene als Confiserieverkäuferin, nur als möglich,
anfangs stundenweise, sukzessive steigernd auf 100 % empfohlen, weshalb im
angefochtenen Entscheid zumindest für den relevanten Zeitpunkt ab September
(recte: November) 2014 von einer zu hohen Arbeitsfähigkeit ausgegangen worden
sei.  
Dabei handelt es sich um eine appellatorische Kritik an der
Sachverhaltsbeurteilung des kantonalen Gerichts. Dieses hat in Anlehnung an die
Gesamtbeurteilung im Gerichtsgutachten in tatsächlicher Hinsicht festgestellt,
die Versicherte sei in ihrer angestammten Tätigkeit arbeitsunfähig, in einer
leidensangepassten, entsprechend dem gutachterlich definierten Belastungsprofil
jedoch 100 % einsatzfähig. Die durch das kantonale Gericht getroffenen
Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen
gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich
verbindlich. Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs.
1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden
Verfahren im Recht gelegenen ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die
rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der
medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses
der trotz eventueller gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden
Arbeitsfähigkeit zu korrigieren. Die Beschwerdeführerin vermag nicht
stichhaltig darzulegen, weshalb die Feststellungen der Vorinstanz
offensichtlich unrichtig oder in Verletzung bundesrechtlicher Beweisgrundsätze
ergangen sein sollen. Dass das kantonale Gericht auf die Gesamtbeurteilung des
Expertengremiums der Medas Zentralschweiz und nicht auf die Einschätzung eines
einzelnen Teilgutachters abgestellt hat, verletzt jedenfalls kein Bundesrecht.
Die in der Beschwerde erhobenen Einwände begründen keine vom angefochtenen
Entscheid abweichende Beurteilung. 
 
6.3. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin den vom kantonalen Gericht
vorgenommenen Einkommensvergleich. Unbestritten ist dabei das Valideneinkommen
von Fr. 94'282.-.  
 
6.3.1. Bei der Ermittlung des hypothetischen Invalideneinkommens habe das
kantonale Gericht - laut Beschwerde - angesichts der im Gerichtsgutachten
angeführten Einschränkungen zu Unrecht auf den Sektor "Produktion" und dort auf
das Kompetenzniveau 2 der Tabelle TA1 der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung
2012 des Bundesamtes für Statistik (LSE) abgestellt.  
 
6.3.1.1. Die Frage nach der bei einem Einkommensvergleich anzuwendenden Tabelle
der LSE stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar (BGE
132 V 393 E. 3.3 S. 399). Soweit es hingegen um das Vorliegen von
Voraussetzungen geht, die - wie eine spezifische Ausbildung oder weitere
Qualifikationen - für die Wahl einer bestimmten LSE-Tabelle bedeutsam sein
können, handelt es sich um Feststellungen tatsächlicher Art, an die das
Bundesgericht grundsätzlich (vgl. E. 1) gebunden ist (Urteil 8C_255/2007 vom
12. Juni 2008 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 V 322). Dasselbe gilt für die
Wahl der zutreffenden Stufe (Anforderungsniveau [nunmehr Kompetenzniveau] 1 und
2, 3 oder 4; SVR 2008 IV Nr. 4 S. 9, I 732/06 E. 4.2.2; Urteil 8C_678/2015 vom
9. Juni 2016 E. 5.3 mit Hinweisen) und des zu berücksichtigenden
Wirtschaftszweigs oder Totalwertes (Urteil 8C_944/2011 vom 17. April 2012 E.
1.2 mit Hinweis).  
 
6.3.1.2. Entgegen der Rüge der Beschwerdeführerin hat das kantonale Gericht bei
der Bemessung des Invalideneinkommens auf das Total des Zentralwerts in
sämtlichen Wirtschaftszweigen des pivaten Sektors und nicht nur auf Tätigkeiten
in der Produktion abgestellt. In tatsächlicher Hinsicht hielt es fest, der
Beschwerdeführerin seien bezüglich Rücken- und Halswirbelsäule nicht belastende
Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Positionswechseln, ohne Überkopfarbeiten und
ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm zu 100 % zumutbar. Damit sei
nicht nur der erlernte Beruf einer Confiserieverkäuferin, sondern jede
administrative Tätigkeit mit der Möglichkeit zur Wechselbelastung und nicht
stundenlangem Arbeiten vor dem Computer ideal. Ebenfalls als das Bundesgericht
bindende Sachverhaltsfeststellung ist dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen,
dass die Versicherte Berufs- und Fachkenntnisse im Bereich Verkauf und in der
Administration (Fundbüro) hat. Das im kantonalen Entscheid zugrunde gelegte
Kompetenzniveau 2 (praktische Tätigkeiten wie Verkauf/Pflege/Datenverarbeitung
und Administration/Bedienen von Maschinen etc.) lässt sich demnach nicht
beanstanden. Weshalb der Beschwerdeführerin Tätigkeiten mit dem genannten
Kompetenzniveau nicht zugänglich sein sollen, nur weil sie der Arbeitswelt
jahrelang nicht mehr angehörte, ist nicht nachzuvollziehen. Da es sich bei der
Wahl eines bestimmten Kompetenzniveaus um eine Rechtsfrage handelt, stellt es
auch keinen Mangel dar, wenn im angefochtenen Entscheid ausgeführt wird, für
die Versicherte kämen "eher" entsprechende Tätigkeiten in Frage als solche im
Kompetenzniveau 1. Es geht damit nicht um beweisbare Tatsachen, welche ein
bestimmtes Beweismass erfordern würden. Vielmehr zeigt die gewählte
Formulierung, dass dem Entscheid, welche der LSE-Tabellen Anwendung findet,
naturgemäss immer auch ein gewisses Ermessen und ein Abwägen innewohnen. Mit
Blick auf das medizinische Zumutbarkeitsprofil, die geringen objektivierbaren
Defizite und die festgestellten beruflichen Erfahrungen der Versicherten hat
das kantonale Gericht mit dem Abstellen auf den Zentralwert im Total für
Frauen, Kompetenzniveau 2 der LSE 2012 von seinem Beurteilungsspielraum der
zumutbarerweise noch in Betracht fallenden Tätigkeiten und der entsprechenden
Wahl des massgebenden Ausgangslohnes keinen rechtsfehlerhaften Gebrauch
gemacht.  
 
6.3.2. Weiter rügt die Beschwerdeführerin, dass die Vorinstanz keinen Abzug vom
ermittelten statistischen Lohn vornahm.  
 
6.3.2.1. Die Frage, ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter)
Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei zu
prüfende Rechtsfrage dar (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72; Urteil 8C_652/2008 vom 8.
Mai 2009 E. 4, nicht publ. in: BGE 135 V 297). Wird das Invalideneinkommen -
wie hier unbestrittenermassen - auf der Grundlage von statistischen Werten
ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert (Tabellenlohn) allenfalls zu
kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und
berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter,
Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad
Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können. Ein (behinderungsbedingt oder
anderweitig begründeter) Abzug kann aber nur vorgenommen werden, wenn im
Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die versicherte Person wegen
eines oder mehrerer der genannten Kriterien ihre gesundheitlich bedingte
(Rest-) Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit
unterdurchschnittlichem Erfolg erwerblich verwerten kann (BGE 135 V 297 E. 5.2
mit Hinweisen; Urteil 8C_379/2011 vom 26. August 2011 E. 4.2.2). Der Abzug darf
25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301; 126 V 75 E. 5b/bb-cc S.
80).  
 
6.3.2.2. Wie das kantonale Gericht zutreffend ausführt, ist der
Beschwerdeführerin in einer medizinisch-theoretisch angepassten Arbeit eine
vollschichtige Tätigkeit ohne zusätzlichen Pausenbedarf oder anderweitige
Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit zumutbar. Das im Gerichtsgutachten
ausdrücklich formulierte Zumutbarkeitsprofil (vgl. E. 6.3.1.2 hievor) lässt
keinen Raum für weitere Einschränkungen, wie sie die Beschwerdeführerin für
angezeigt hält. Es bietet ein genügend breites Spektrum an zumutbaren
Verweisungstätigkeiten. Weitere Faktoren (vgl. E. 6.3.2.1), die einen Abzug vom
tabellarisch ermittelten Invalideneinkommen rechtfertigen würden, werden nicht
geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.  
 
6.4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorbringen in der Beschwerde nicht
geeignet sind, den angefochtenen Entscheid als bundesrechtswidrig erscheinen zu
lassen.  
 
7.   
Im Verfahren 8C_494/2017 ist streitig, ob das kantonale Gericht mit der
Überbindung der Kosten des Gerichtsgutachtens an die IV-Stelle und -
gegebenenfalls - mit deren Höhe Bundesrecht verletzte. 
 
7.1. Erachtet das kantonale Versicherungsgericht eine fachärztliche
Begutachtung als notwendig, entfällt indessen mit Blick auf die Wahrung der
Verfahrensfairness eine Rückweisung der Sache zu diesem Zweck an die IV-Stelle,
können dieser die Kosten der Abklärungsmassnahme auferlegt werden (Art. 45 Abs.
1 ATSG; BGE 137 V 201 E. 4.4.2 S. 265; zur Höhe der Vergütung der Kosten von
medizinischen Gerichtsgutachten Urteil 8C_113/2017 vom 29. Juni 2017 [zur
Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmt]). Voraussetzung ist, dass ein
Zusammenhang besteht zwischen dem Untersuchungsmangel seitens der Verwaltung
und der Notwendigkeit, eine Gerichtsexpertise anzuordnen. Dies trifft
namentlich zu bei einem manifesten Widerspruch zwischen den verschiedenen
ärztlichen Beurteilungen, ohne dass die IV-Stelle diesen durch objektiv
begründete Argumente entkräftet hat, oder wenn zur Klärung der medizinischen
Situation notwendige Aspekte unbeantwortet geblieben sind oder auf eine
Expertise abgestellt wurde, welche den Anforderungen an den Beweiswert
ärztlicher Gutachten (vgl. dazu BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) nicht genügt. Hat
hingegen die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz nach Art. 43 Abs. 1 ATSG
respektiert und ihre Auffassung auf objektive konvergente Grundlagen oder auf
die Ergebnisse einer rechtsgenüglichen Expertise gestützt, ist die Überbindung
der Kosten des Gerichtsgutachtens nicht gerechtfertigt (BGE 140 V 70 E. 6.1 S.
75; 139 V 496; Urteil 9C_348/2017 vom 10. August 2017 E. 2).  
 
7.2.  
 
7.2.1. Die IV-Stelle macht vorerst geltend, die Einholung der Gerichtsexpertise
sei nicht erforderlich gewesen, da die vorhandenen medizinischen Akten,
insbesondere das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten der Ärztlichen
Begutachtungsinstitut GmbH (ABI) vom 19. Juni 2013), genügenden Aufschluss zur
Beurteilung der sich stellenden Rechtsfrage geboten hätten. Sie sei ihrer
Untersuchungspflicht nachgekommen. Da eine gerichtliche Begutachtung nicht
notwendig gewesen sei, könnten ihr auch nicht die damit angefallenen Kosten
überbunden werden.  
 
7.2.2. Die Vorinstanz verweist im angefochtenen Entscheid auf die
Instruktionsverhandlung vom 15. April 2015. Demnach habe sie die Einholung
eines Gerichtsgutachtens als notwendig erachtet, weil die Frage nach den
Auswirkungen der Segmentstörung gestützt auf die Aktenlage ungenügend abgeklärt
gewesen sei. Das von der IV-Stelle eingeholte Gutachten der ABI vom 19. Juni
2013 habe insbesondere in seiner Beurteilung der somatisch bedingten
Beeinträchtigungen und der sich daraus ergebenden Einschränkungen nicht
überzeugt.  
 
7.3.  
 
7.3.1. Aus den Feststellungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid lässt
sich kein konkreter Grund entnehmen, weshalb die Ausführungen betreffend die
Segmentstörung im Administrativgutachten nicht überzeugend sein sollten, und
was gegen den Beweiswert des Gutachtens spräche. Sie weist zwar auf ihre
Erwägung 3.3.2 hin. Indessen werden an dieser Stelle die psychiatrische
Beurteilung im Gerichtsgutachten gewürdigt und Feststellungen über den
diesbezüglichen Gesundheitszustand der Versicherten getroffen. Eine
Auseinandersetzung mit dem Administrativgutachten, insbesondere bezüglich
dessen Beurteilung der somatisch bedingten Beeinträchtigungen und der sich
daraus ergebenden Einschränkungen fehlt. Ebenso wenig geht eine konkrete
Begründung aus dem Protokoll der Instruktionsverhandlung vom 15. April 2015
hervor. In der Beschwerde wird geltend gemacht, anlässlich der
Instruktionsverhandlung habe das Gericht angeführt, ein unabhängiges
Gerichtsgutachten ermögliche der Versicherten vor dem Hintergrund der
unverrückbaren Überzeugung, sie leide an einer Instabilität der
Halswirbelsäule, eventuell eine bessere Akzeptanz. Eine solche Begründung lässt
sich dem Protokoll der Instruktionsverhandlung nicht entnehmen. Ihr wird von
Seiten der Vorinstanz hingegen auch nicht widersprochen. Diese hat auf eine
Vernehmlassung im bundesgerichtlichen Verfahren verzichtet.  
 
7.3.2. Zwar lagen im Verfügungszeitpunkt sich widersprechende ärztliche
Auffassungen bezüglich der Instabilität der Halswirbelsäule vor. Indessen haben
sich sowohl der orthopädische als auch der neurologische Gutachters der ABI
ausdrücklich und ausführlich mit dieser Fragestellung befasst. Dem
angefochtenen Entscheid fehlt es an einer Begründung, für eine Unterlassung der
IV-Stelle. Unter diesen Umständen können die Voraussetzungen für eine ganze
oder auch bloss teilweise Überbindung der Kosten des Gerichtsgutachtens auf die
IV-Stelle, welcher namentlich keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes
vorgeworfen werden kann, nicht als gegeben erachtet werden. Die Beschwerde ist
begründet.  
 
7.4. Mit dem Entscheid in der Sache ist die Frage der aufschiebenden Wirkung
der Beschwerde gegenstandslos.  
 
8.   
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Versicherten auferlegt (Art. 66
Abs. 1 BGG). Die IV-Stelle hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung
(vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 8C_477/2017 und 8C_494/2017 werden vereinigt. 
 
2.   
Die Beschwerde der A.________ (8C_477/2017) wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Beschwerde der IV-Stelle (8C_494/2017) wird gutgeheissen. Dispositiv-Ziffer
3 des Entscheides des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31.
Mai 2017 wird aufgehoben. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden A.________ auferlegt. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. November 2017 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer 

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